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Januar 2011

Berlinale Tipps: Toiletten-Tipps für ihn

Toiletten, genauer gesagt Männertoiletten, genauer gesagt Urinale (vulgo Pinkelbecken) sind ein Ort der Begegnung der besonderen Art – erst recht auf der Berlinale. Die Zustände dort sind in der Regel beklagenswert (zuviele Männer zur gleichen Zeit am selben Ort) aber nicht uninteressant, denn auf der Berlinale sind schließlich viele besonders hippe Leute unterwegs. Am Urinal leiden aber oft gerade besonders hippe Leute unter ganz besonderen Problemen.

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Berlinale Tipps: Sitznachbarn - Rascheln, Reiben, Rumgerutsche

Wer im Kino allergisch auf jede Bewegung seines Sitznachbarn reagiert, der sei das Problem, nicht sein Nachbar. Das hat mir neulich ein Freund erklärt, als ich ihm die Geschichte mit den Geräuschen erzählte: Regelmäßig sitze ich im Kino neben Menschen, die sich über die gesamte Dauer des Filmes a) die Hände reiben, b) die gestärkten Hemdärmel rauf und runter streichen oder c) sich ausgiebig die Kopfhaut kratzen. Die dabei entstehenden Geräusche empfinde ich auf eine etwas widerliche Art intim, und in jedem Fall störend und überhaupt…ich hatte mich ja noch gar nicht beschwert über die Popcorn-Raschler, die Tuschler, die Kicherer, die Kopfnicker, die In-der-Tasche-Kramer, die Bonbon-Auswickler oder Räusperer. Der Freund fand mich dennoch überempfindlich und empfahl mir, mich einfach ganz auf den Film einzulassen. Das wolle ich ja gerade tun, rief ich aufgeregt, nichts lieber als das: Eskapismus und Versinken, aber das klappte nicht, bei diesem Winterhaut-auf-Winterhaut-Kratzen.

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42 Filme bewerben sich um den First Feature Award

42 Filme aus den Sektionen Wettbewerb, Panorama, Forum, Generation und erstmals auch zwei Beiträge aus der Perspektive Deutsches Kino konkurrieren in diesem Jahr um den Preis für den Besten Erstlingsfilm. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert und wird von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) gestiftet. Das Preisgeld teilen sich Regisseur und Produzent des Preisträgerfilms. Die Gewinner werden am 19. Februar bei der offiziellen Preisverleihungsgala im Berlinale Palast bekannt gegeben.

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Berlinale Tipps: Was wäre Kino ohne Sitznachbarn?

Der Sitznachbar im Kinosaal ist ein verhasstes, oft gedisstes Wesen – in vielen Fällen mit Recht. Jeder Kinogänger kann Geschichten über hustende, riechende, schniefende, kraspelnde, kauende, rülpsende, röchelnde, räuspernde, labernde, hampelnde Zeitgenossen erzählen, die abgrundtiefen Ekel und pochende Kopfschmerzen erzeugen. Für eine repräsentative Auswahl konsultiere der geneigte Leser den Artikel der verehrten Kollegin im Berlinale-Countdown von morgen. Ich aber möchte heute eine Lanze für den Sitznachbar brechen.

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Berlinale Tipps: Pressekonferenzen Fragen

Journalisten Fragen, eine Welt für sich. Wenn in einer PK mit George Clooney eine Frau aufsteht und sich anpreist (sie war hübsch) und sagt, sie liebe "unter anderem" Filme, dann mag das als Fan-Irrsinn angesichts des schönen Mannes noch angehen.Trotzdem fragt man sich: Wie bekommt so jemand an eine Akkreditierung für ein Filmfestival?

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"Mit einem Taxi nach....Berlin" - TAXI DRIVER in restaurierter Fassung auf der Berlinale

35 Jahre nach seiner Pemiere ist ein Klassiker der Filmgeschichte auf der Berlinale zu sehen: Martin Scorseses TAXI DRIVER (1976) mit Robert DeNiro.
Das 35mm-Negativ wurde gescannt und bearbeitet und wird in dieser Version im Rahmen von "Berlinale Special" zu sehen sein.

Autor und Regisseur Paul Schrader, der das Drehbuch zu TAXI DRIVER schrieb und angeblich mal eine Weile in seinem Auto gewohnt hat, als es mit seinen Filmen nicht so lief, wird die Weltpremiere der restaurierten Fassung zusammen mit dem Restaurator Grover Crisp von Sony Pictures in Berlin präsentieren.

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Kinovorführungen der alten Klassiker in digitalisierten Fassungen immer größer geworden. Die Berlinale zeigte z.B. "PAT GARRETT JAGT BILLY THE KID" in einer Digitalfassung vor vollem Berlinale Palast. Die Leute wollen nach all dem DVD-Shoppen, Leihen, Kopieren und Gucken auf dem Rechner oder Fernseher die alten Streifen doch auch mal als Kinofilm sehen. Das Erlebnis ist eben doch anders.

Gastbeitrag zu Stuttgart 21 in der Perspektive

Die Perspektive Deutsches Kino ist in Sachen politischer Aktualität in diesem Jahr allen anderen Sektionen weit voraus. Der Dokumentarfilm STUTTGART 21 – DENK MAL! findet seinen Weg direkt aus dem Schneideraum auf die Berlinale zu seiner Uraufführung bei der Perspektive Deutsches Kino: Freitag, 18. Februar, um 16.30 Uhr im Cinemaxx 3 am Potsdamer Platz.

Die beiden jungen Filmemacher Lisa Sperling und Florian Kläger zeigen in ihrem Regiedebüt STUTTGART 21 - DENK MAL! die Entwicklung einer der größten Bürgerinitiativen in Deutschland seit vielen Jahren. Im Anschluss an den Film findet eine Diskussionsrunde mit den Filmemachern, Produzent Peter Rommel, Publikum und Gästen über Bürgerprotest und sich veränderndes Demokratieverständnis statt.

Berlinale Countdown 2011: Ingrid und Ingmar Bergman

Bergman und Bergman. Einmal Ingrid, einmal Ingmar. Zwei Namen, die sich nur durch eine Silbe unterscheiden. Wie oft bei Filmgesprächen hat jemand wohl schon die eine gehört obwohl der andere gemeint war. "Ingrid Bergman?" - "Neiiiiin....Innnnngmaaaar!!!"

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Berlinale Countdown 2011: Ingmar & Orson - zwei Giganten zwei Welten

Bergman gegen Welles: 60 zu 10

Beide geboren mitten im oder am Ende des 1. Weltkriegs. Beide schrieben Filmgeschichte im 20. Jahrhundert, waren dabei tief verwurzelt im Theater, inszenierten in den 40ern Shakespeare, waren sich später aber nicht zu schade, für das Fernsehen zu arbeiten. Beide sind Autorenfilmer par exellence - der eine, Ingmar, aus dem staatlich geförderten Film-Kleinstland Schweden, gilt als der Grübler des europäischen Kinos, der andere, Orson aus dem Mutterland des Films und des knallharten Wettbewerbs, den USA, gilt als Erneuerer und Wunderkind. Und: Sie mochten die Filme des jeweils anderen überhaupt nicht.

Bergman über Welles: „Ein total überschätzter Filmemacher, ein Betrug, total leer. CITIZEN KANE, DER GLANZ DES HAUSES AMBERSON, total langweilig!“ Welles über Bergman: „Es gibt eine ganze Anzahl Bergman oder Antonioni Filme, da wäre ich lieber tot, als die bis zum Ende anzuschauen.“

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Berlinale Countdown 2011: "Persona" von Ingmar Bergman

Bergman goes surreal

Eine Schauspielerin (Liv Ullmann) schweigt plötzlich auf der Bühne, macht dann nach einer Minute weiter. Sie habe einen schrecklichen Lachanfall in sich gespürt, sagt sie. Am nächsten Morgen aber spricht sie gar nicht mehr. Sie kommt in eine Klinik, wo sie auf die Krankenschwester (Bibi Anderson) trifft, die das Schweigen nicht aushält und ein Gespräch beginnt, bei dem sie sich immer mehr offenbart und zeigt, wer eigentlich kaputt ist.
Die Krankenschwester ist eine Schauspielerin ihres Lebens. Sie konnte nur nie so viel reden. Endlich hört jemand zu, aber er spricht nicht. Wer da an Psychoanalyse denkt, liegt wohl richtig.

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Panorama: Newcomer, indische Rapper und Politik

Von Vampiren und anderen bösen und spannenden und schönen Fremden

Da sind die Erstlinge wie der Film der Israelin Michal Aviad Lo Roim Alaich (Invisible), der laut Haaretz von zwei Frauen erzählt, einer linken Aktivistin und einer Fernseh Produzentin, die herausfinden, beide vom gleichen Mann vergewaltigt worden zu sein. Der ewige palästinensisch-israelischen Konflikt ist hier (hoffentlich) nur im Hintergrund.

In También la lluvia (Even the Rain) hat Berlinale Liebling Gael García Bernal aus einer ganzen Dorfgemeinschaft von Indios Darsteller für ein Eroberungsdrama über Columbus zu casten. Ein Film im Film in klassischer Manier. Hier der TRAILER.

Auch ein Erstling ist der Film der Französin Céline Sciamma, deren Tomboy vom „Heranwachsen eines Jungen im Mädchenkörper erzählt“ (Zitat Berlinale). Auf Filmwebsites hört sich die Geschichte anders an: Ein Mädchen zieht in eine neue Nachbarschaft und findet keine Freunde, bis sie sich als Jungen ausgibt und dabei ein Mädchen kennenlernt, die ihr Geheimnis zunächst nicht erkennt. Beides spannend.

Im französischen Beitrag Dernier étage gauche gauche (Top Floor Left Wing) von Angelo Cianci geht es um die bereits integrierte aber marginalisierte Generation arabischer Jugendlichen - die allerdings in einer Geiselnahme in der Banlieu endet. Hier der TRAILER.

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Berlinale Countdown 2011: "Das Schweigen" von Ingmar Bergman

Seelenqualen im Hotel

"Das Schweigen" bildete 1963 mit den Filmen "Wie in einem Spiegel" (1960/1961) und "Licht im Winter"(1961) den Abschluss einer Trilogie, in der sich Bergman nach eigenen Worten mit den Alpträumen seiner Jugend und den für ihn angstbesetzten Instanzen Vater und Gott auseinandergesetzt hat. Im Zentrum des Films stehen die Schwestern Ester und Anna, die sich gemeinsam mit Annas kleinem Sohn auf der Rückreise aus dem Urlaub befinden. Wegen einer Erkrankung Annas müssen die drei ihre Heimreise unterbrechen und einige Tage in einem düsteren Grandhotel irgendwo in einem fiktiven südländischen Land verbringen, in dem niemand ihre Sprache versteht. Dieser Aufenthalt mündet in einem erbitterten Psychoduell zwischen den beiden Schwestern.

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Berlinale 2011: Viele Debüts im Wettbewerb

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Zoë Kravitz in Yelling to the sky von Victoria Mahoney

Auffällig viele Erstlingswerke haben es in diesem Jahr in den Wettbewerb geschafft. Wie das Beispiel "Margin Call" von JC Chandor zeigt, geht dies nicht zwingend einher mit dem Verzicht auf Starbesetzung. Mit Jeremy Irons, Kevin Spacey, Demi Moore und Paul Bettany bietet Chandor mit seinem Thriller über die Mitarbeiter einer Investmentbank in der beginnenden Finanzkrise jede Menge Schauspielprominenz.

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Berlinale Countdown 2011: "Wilde Erdbeeren" von Ingmar Bergman

Irgendwann mit 15 oder 16 erwachte mein Interesse am europäischen Autorenkino. Ich war überwältigt von Angelopoulos »Reise nach Kythera« und »Der Bienenzüchter«. Wim Wenders »Himmel über Berlin« machte mich sprachlos. Dann wurde ein Meisterwerk des größten Regisseurs aller Zeiten angekündigt. Die Neugier war groß. Von Ingmar Bergman hatte ich bis dahin nicht viel gehört. »Wilde Erdbeeren« versprach vom Titel her ein erotisches Sujet, dem man gerade in diesem Alter nicht abgeneigt ist.

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Forum Expanded 2011: Kunst und Kino

Auch in diesem Jahr lotet das Forum Expanded den Grenzbereich zwischen Kunst und Kino aus. 42 Künstler, Filmemacher, Performer und Musiker aus 16 Ländern präsentieren filmische Arbeiten in Ausstellungen, in Screenings, im Radio und auf der Bühne. Dazu gehören unter anderem die Ausstellung Parallel Worlds im Salon Populaire (Kunstsaele Berlin), die Audiobeiträge Screen Off und die Reihe History Lessons mit Filmen und Gesprächen, die die Weitergabe des filmischen Erbes zum Thema machen.

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Deutschlandpremiere von "The King´s Speech"

Als Teil des offiziellen Programms zeigt Berlinale Special im Kino International und im Friedrichstadtpalast aktuelle Werke zeitgenössischer Filmemacher sowie filmische Portraits herausragender Persönlichkeiten, unter anderem als Deutschlandpremiere THE KING’S SPEECH von Tom Hooper mit Golden Globe-Gewinner Colin Firth in der Hauptrolle als stotternder King George VI.

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Berlinale-Jury ist vollzählig!

Prominente Truppe unter dem Vorsitz Isabella Rossellinis

Unter dem Vorsitz der Schauspielerin, Produzentin und Regisseurin Isabella Rossellini wird die Internationale Jury auf der 61. Berlinale über den Goldenen Bären und die Silbernen Bären entscheiden, sowie über den Alfred-Bauer-Preis.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Liv Ullmann

Liv Ullmann wird am 16. Dezember 1938 in Tokio geboren, wo ihr Vater als Ingenieur tätig ist. Die norwegische Familie zieht in den Jahren des 2. Weltkrieges nach Kanada und kehrt erst nach dessen Ende zurück nach Norwegen. Liv Ullmann beginnt eine Schauspielausbildung, und 1966 lernt sie Ingmar Bergman kennen. Unter seiner Regie gelingt ihr mit dem Film PERSONA der internationale Durchbruch. Viel entscheidender jedoch - für beide - ist der Beginn einer außergewöhnlichen filmischen und emotionalen Verbindung.

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Berlinale Countdown 2011: Kindheit bei Bergman

Kinderloses Kindheitselend

Die Abwesenheit von Kindern in Bergmans Filmen ist auffällig. Ausnahme FANNY UND ALEXANDER (1982), in dem ein Kind die Hauptrolle spielt. Sonst tauchen Kinder lediglich am Rande auf. Die Irrelevanz ihrer Bedürfnisse für den Verlauf der Handlung bzw. für die Entscheidung der Erwachsenen ist nicht zu übersehen.
Bergmans eigene Kindheit wird zu einem Schlüssel seines Werks und Bergman hat in zahlreichen Interviews über seinen Hass und seine tragische Kindheit erzählt. In seinen Filmen taucht sie wieder auf: Bei der Frage von Fiktion und Wahrheit, die man ihm als Kind austreiben wollte und bei der Frage der Unschuld des Kindes und eines Gefühls von Freiheit, die vom Erwachsenen durch Schuldgefühle zerstört wird. Für Peter-Pan-haftes oder Kindheitskomödien ist Bergman jedenfalls nicht bekannt geworden.

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Berlinale Countdown 2011: "Fanny und Alexander" von Ingmar Bergman

Schon als ich FANNY UND ALEXANDER zum ersten Mal sah, selber fast noch Kind, haben mich am stärksten die Häuser und Räume in diesem Film fasziniert. Das weihnachtliche geschmückte Familiendomizil in Uppsala. Die kargen Zimmer im Bischofssitz. Und nicht zuletzt das verwunschene Innere von Isaks Haus, voller Marionetten und geheimnisvoller Zimmer. Die verschwenderische Breite, mit der diese Räume gezeigt werden, zeichnet die Erzählweise des ganzen Filmes aus.

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Berlinale-Countdown 2011: Ingmar, Woody, Nat Ackerman und der Tod

„The voice of genius!“ Mit diesem Ausruf beginnt Woody Allen seine Besprechung von Bergmans Autobiographie The Magic Lantern, die er im September 1988 für die New York Times schrieb. Dann lässt er Bergman selbst zu Wort kommen, der immer wieder über die existenziellen Katastrophen seines Lebens berichtet: Das Trauma der Schulbesuche, die Bergman im wahrsten Sinne des Wortes zum Kotzen brachten, die brutalen Eltern, der Hass auf Bruder und Schwester, die häufigen Gedanken an Selbstmord. Allens Fazit: Mit diesem Hintergrund ist man gezwungen ein Genie zu werden.

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Berlinale 2011: Wettbewerbsprogramm steht

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Kevin Spacey im Wettbewerbsbeitrag Margin Call

Auch das Wettbewerbsprogramm der diesjährigen Berlinale ist nun komplett. Die Starquote bei den Regisseuren ist zwar nicht sonderlich hoch, aber das muss nicht unbedingt ein Nachteil für das Niveau der Filme sein. Auffällig sind die vielen Debüts, aber auch die Abwanderung von einigen Regisseuren aus den Nebensektionen in den Wettbewerb.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Humor

Vom Tod und dem Penis

Ingmar Bergman und Humor? Soll wohl ein Witz sein? Nein, nicht ganz.

Wer sich bei Bergman an die humorfreie Zone zerrütteter Ehen, bedrohliche Schwarzweißbilder von Uhren ohne Zeiger und ebenso humorfreie Bilder glücklich in der Natur herum springender junger Maiden erinnert, erinnert zwar richtig, aber er blendet auch einiges aus:
Die derben Witze in der Familie von FANNY UND ALEXANDER (bevor der humorfeindliche Pastor dort Einzug hält) etwa, oder DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT, als Komödie beworben und bei den Filmfestspielen von Cannes mit dem Großen Preis für den „besten poetischen Humor“ ausgezeichnet (was auch immer man sich darunter vorzustellen hat).

Doch der Schalk Bergmans lauert auch anderswo.

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Berlinale 2011: Programm des Forum ist komplett

Das Forum hat heute sein Programm für die Berlinale 2011 bekannt gegeben. Neben vielen internationalen, hierzulande eher unbekannten Filmemachern, sind auch drei deutsche Ausnahmeregisseure mit dabei. Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler haben im Rahmen des gemeinsamen Projekts "Dreileben" je einen TV-Film in der Länge von 90 Minuten realisiert: Petzold Etwas Besseres als den Tod, Graf Komm mir nicht nach und Hochhäusler Eine Minute Dunkel. Neben vielen Welt- und Europapremieren werden in einer kleinen Forums-Retrospektive auch acht Werke des japanischen Regisseurs Minoru Shibuya (1907-1980) gezeigt.

Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Fernsehen

Fernsehen ist die Fortsetzung des Kinos mit anderen Mitteln

Der Übergang vom Kino zum Fernsehen verlief bei Bergman über die Zweitauswertung. Seine Fernsehserie SZENEN EINER EHE (1973) kam erst ins Kino, nachdem das Drama wortwörtlich halb Schweden gesehen hatte. Die Serie wurde Bergmans größter Publikumserfolg und hat seinen späteren Rückzug aus dem Kino vielleicht sogar unterstützt.
Sein zweiter großer Erfolg für das Fernsehen, FANNY UND ALEXANDER (1982), ist in der fünfstündigen Fernsehfassung eine Art Seelenkarte des Bergmanschen Motiv-Kosmos. Ein solches Werk wäre im Kino nicht vorführbar gewesen. Die dreistündige Kinofassung erscheint dagegen zugleich zu lang und zu kurz.

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Berlinale Countdown 2011: "Szenen einer Ehe" von Ingmar Bergman

Mit "Szenen einer Ehe" mit Liv Ullmann und Erland Josephson in den Hauptrollen lieferte Ingmar Bergman 1973 einen eindringlichen Film über das Scheitern einer Ehe. Dabei wird das Geschehen in erster Linie aus der Sicht der Rechtsanwältin Marianne dargestellt, die zuschauen muss, wie ihre vermeintliche Vorzeige-Ehe zum Naturwissenschaftler Johan zerbricht, nachdem er eine andere Frau kennengelernt hat. Was folgt, ist ein quälendes Wechselspiel aus Vorwürfen, (Selbst-)zerfleischung, Wutausbrüchen, Erkenntnis und kurzen Wiederannäherungen, eben die ganz Skala menschlicher Gefühle bei einer schmerzhaften Trennung.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Religion

Ingmar Bergman wuchs als Sohn eines protestantischen Pastors auf und erzählte oft, dass seine frühesten Kindheitserinnerungen die an „Licht und Tod“ gewesen seien. Von der Orgelempore beobachtete er fasziniert Andachten und Trauergottesdienste und mit ebensolcher Faszination begleitete er seinen Vater auf dessen Touren zu kleinen Landgemeinden.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Theater

Laterna Magica und Puppenspiel

Der schwedische Regisseur war von Anfang an vom Kino ebenso fasziniert wie vom Theater. Aus seiner Kindheit erzählte Bergman prägende Erlebnisse: Zum einen der Bildprojektor, eine Laterna Magica, die sein älterer Bruder Weihnachten 1927 geschenkt bekam, und die der kleine Ingmar gegen hundert Zinnsoldaten eintauschte, um sich immer wieder denselben Film, „Frau Holle“, anzusehen. Zum anderen führte der kleine Ingmar Puppenspiele von Strindberg-Stücken (!) auf: Bei diesen Ein-Kind-Produktionen sprach er alle Rollen und war gleichzeitig für die Ausstattung und Beleuchtung zuständig. Später soll er dann im Keller des elterlichen Wohnhauses seine ersten Stücke einstudiert haben.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman in München

Dieser unausstehliche Skandinavier

Von 1976 bis 1981 erlebte Ingmar Bergman als Regisseur am Residenztheater in München eine ambivalente Zeit. Sein damaliger Entschluss Schweden zu verlassen und dann für fünf Jahre in München zu arbeiten und leben, fiel ihm alles andere als leicht und war das direkte Resultat seiner Probleme mit der schwedischen Steuerfahndung. In seiner im DDR Verlag Volk und Welt erschienenen Autobiographie "Mein Leben" schreibt er zu diesem ungewollten Exil: "Mir ist klar, dass ich damit ein großes Risiko eingehe. Die Ausübung meines Berufs ist möglicherweise so stark mit meiner Umwelt und mit meiner Sprache verbunden, dass ich jetzt, in meinem achtundfünfzigsten Lebensjahr, keine Umstellung mehr schaffe..."

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Panorama-Dokus: schwul, politisch, anders

Die Dokumentarfilme im diesjährigen Panorama-Programm versprechen spannende Filmstunden. Besonders interessant dürfte Angélique Bosios Doku über drei Pioniere des schwulen Kinos werden: THE ADVOCATE FOR FAGDOM nimmt Bruce La Bruce, John Waters und Gus Van Sant unter die Lupe. Kaspars Gobas HOMO@LV widmet sich dem Thema Schwulsein in Lettland – ein bislang cineastisch durchaus unterbelichtetes Sujet.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Finanzamt

"Noli turbare circulos meos." Stört mir nicht meine Kreise. Dies sind die Worte des Archimedes von Syrakus, als ihn 212 v. Chr. römische Soldaten gefangen nehmen wollen, während er geometrische Figuren in den Sand zeichnet. Wie der griechische Mathematiker muss sich auch Bergman gefühlt haben: Als Polizisten ihn am 30. Januar 1976 auffordern, seine Theaterprobe von Strindbergs Totentanz zu unterbrechen, erwidert er, sie könnten bis zur Mittagspause warten und zwischenzeitlich eine Tasse Kaffee trinken. Er muss jedoch sofort mitkommen. Das war tragisch, aber doch glimpflicher als bei Archimedes, der ob seiner stoischen Reaktion auf der Stelle erschlagen wurde.

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Sechs Spielfilme und fünf Dokus bei der 10. Perspektive

Die Perspektive Deutsches Kino geht mit elf Filmen – allesamt Weltpremieren – in ihr zehntes Jahr. Auf dem Perspektive-Programm der Berlinale 2011 stehen sechs Spielfilme und fünf Dokumentarfilme. Dabei sind auch wieder einige sogenannte mittellange Filme. Die Perspektive wird 2011 zum zweiten Mal von einem Dokumentarfilm eröffnet. Das Thema: deutscher Punk aus Hamburg. In ihrem Regiedebut mit dem Titel UTOPIA LTD. folgt Sandra Trostel der Band 1000 Robota, die seit 2008 eine EP und zwei Alben veröffentlicht hat, von den Anfängen auf dem Weg ins Musikbusiness.
Zwei Filme der Perspektive nehmen erstmals am Wettbewerb „Bester Erstlingsfilm“ teil: DIE AUSBILDUNG von Dirk Lütter und LOLLIPOP MONSTER von Ziska Riemann.

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Berlinale Countdown 2011: Bergman und Fellini

Die Kippe in den Tortellini

Es sollte eine Zusammenarbeit der Filmgiganten werden: Der amerikanische Produzent Martin Poll wollte Ingmar Bergman, Federico Fellini und Akira Kurosawa 1969 für einen gemeinsamen Episodenfilm gewinnen, TRE STORIE DI DONNE. Jeder der Regisseure sollte für eine von drei Frauengeschichten verantwortlich zeichnen.

Nachdem Kurosawa frühzeitig abgesprungen war, blieben noch Bergman und Fellini übrig. Man traf sich in Cinecittà, wo Fellini gerade SATYRICON drehte. Georg Seeßlen schildert dieses Treffen – das nicht das erste der beiden Regisseure war – als eine Reihe von Missverständnissen, die vor allem eines zeigte: Die charakterliche Inkompatibilität dieser beiden Visionäre des europäischen Kinos.

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17 interessante Facetten von Ingmar Bergman

Festivalblog zur Berlinale-Retrospektive

Der Schwede Ingmar Bergman war einer der großen Visionäre des Kinos. Über Jahrzehnte hinweg prägt er mit seinen unverwechselbaren, eindringlichen Filmen den europäischen Autorenfilm. Mit existentialistischer Schärfe und moralischem Anspruch lotete Bergman Wohl und Wehe der bürgerlichen Gesellschaft aus – und fand dafür beeindruckende Bilder. Auf der diesjährigen Berlinale ist die Retrospektive dem 2007 gestorbenen Regisseur gewidmet.

Festivalblog hat dies zum Anlass genommen, ein kleines Panoptikum über Ingmar Bergman zu erstellen: In 17 Texten haben wir verschiedene interessante Facetten des Filmemachers beleuchtet – bekannte und weniger bekannte. Es geht ebenso um „Bergman und das Theater“ wie um „Bergman und das Finanzamt“. Sein Verhältnis zur Religion wird beleuchtet, und sein Humor.

Insgesamt ergibt sich so ein vielfältiges Bild, zusammengesetzt aus lesenwerten Vignetten über den schwedischen Film- und Theaterregisseur. Aber lesen Sie selbst: Ab 11. Januar an dieser Stelle.

Halbes Panorama Programm ist bekannt - bunt und spannend

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Die Hälfte des Panorama Programms ist nun bekannt. Mit dabei ein paar alte Bekannte und viele Newcomer, die allesamt in ihren Debuts jemanden auf die Reise schicken, ein beliebtes Thema und ganz psychologisch erklärt vermutlich passendes Lebensgefühl am Anfang einer Filmkarriere.

Viel Action und Thriller gibt es, ein wenig sozialkritisches Autorenkino klassischer europäischer Machart und aus Korea.
Das Spielfilmprogramm ist bis jetzt - anders als in den vergangenen Jahren - auffällig ohne homosexuelle Themen besetzt. Wohingegen sämtliche Dokumentarfilme bis auf den über Mikhail Khodorkovsky mit Homosexualität aus aller Welt zu tun haben.

Der Regisseur von Die Letzte Kriegerin und einem älteren Bond Film, Lee Tamahori, zeigt im Panorama: The Devils Double. Der Film klingt allerdings nach splatteriger Irak-Krieg Rechtfertigung: ein Doppelgänger von Saddams Sohn erlebt Sex&Gewaltorgien im Palast des Diktators. Um zu wissen, was das für Leute waren, braucht man aber nur die Einrichtung der Paläste im Kontrast zum Leben der Leute draußen zu betrachten...

In Bu-dang-geo-rae (The Unjust) von Seung-wan Ryoo geht es um einen Staatsanwalt, der einen Fall wieder aufrollt, in dem jemand offenbar zu unrecht verurteilt wurde. Der Regisseur ist bekannt für seine guten Action-Szenen und berüchtigt für eindimensionale Drehbücher. Mal sehen, wie er diese Talente kombiniert.

Chang-Pi-Hae (Ashamed) von Soo-hyun Kim aus Korea scheint eine typische, Zwei-Verkettungen-verketten-sich-Geschichte zu sein: ein lebensmüdes Mädchen führt ein Model aufs Dach und will sie springen sehen, während sie unten wartet und ein Taschendieb ersticht einen Polizisten und flieht, wird aber von einem abstürzenden Model gestoppt. Dazwischen warten vermutlich traurige Lebensweisheiten.

Noch mehr Panorama:

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