Berlinale Tipps: Was wäre Kino ohne Sitznachbarn?

Der Sitznachbar im Kinosaal ist ein verhasstes, oft gedisstes Wesen – in vielen Fällen mit Recht. Jeder Kinogänger kann Geschichten über hustende, riechende, schniefende, kraspelnde, kauende, rülpsende, röchelnde, räuspernde, labernde, hampelnde Zeitgenossen erzählen, die abgrundtiefen Ekel und pochende Kopfschmerzen erzeugen. Für eine repräsentative Auswahl konsultiere der geneigte Leser den Artikel der verehrten Kollegin im Berlinale-Countdown von morgen. Ich aber möchte heute eine Lanze für den Sitznachbar brechen.

Denn was das Kino ohne Sitznachbar ist, musste ich mehr als einmal während meiner traurigen Jugend in der noch traurigeren niedersächsischen Kleinstadt E. in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfahren. Das Kino ohne Sitznachbar ist nämlich ein Nichts. Und das kommt so. Hatte sich nämlich auf die Kinoleinwände der wie gesagt sehr traurigen niedersächsischen Kleinstadt E. einmal ein nicht-mainstreamiger Film verirrt – das passierte etwa einmal im Monat entweder im „Welttheater“ oder im „Deli“ (so hießen die Kinos in der sehr traurigen niedersächsischen Kleinstadt E. in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und so heißen sie sogar noch heute) – dann ging das bange Warten los: Man saß zu zweit oder dritt im Saal und hoffte, dass noch irgendwer kam, damit man mindestens zu fünft war: Dann ließ sich der Filmvorführer, nörgelnd zwar aber immerhin, herab, den Streifen auch zu zeigen. Ansonsten blieb die Leinwand dunkel.

Und zum Schluss was Besinnliches: Jeder ist ein Sitznachbar, in jedem Kino überall auf der Welt.

Kommentare ( 1 )

ach...wie schön. eine hommage an den sitznachbar! (auch wenn niedersächsischen kleinstädte nicht sonderlich gut dabei wegkommen ; )

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