Blog-Artikel von Christian Caravante

30.01.20 6:00

Berlinale 1999

Diesmal scheint's zu klappen. Ein Jahr vor der Jahrtausendwende, vor dem Umzug an den Potsdamer Platz (nach langem, langem Gezerre) stimmen Atmosphäre und Filme quer durch die Sektionen, die Politik schaut genauer auf die Berlinale und scheint zu wissen, was sie daran hat, ein Bundeskanzler sitzt im Kino.
Natürlich auch die gewohnheitsmäßige Schelte für dies und jenes oder gleich die ganze Berlinale gibt es - aber auch das typisch: es soll sich alles ändern, immer, sofort - und wenn es das dann tut, gefällt es keinem, so hatte man sich das nicht vorgestellt.

Der Bundesbeauftragte für Kultur mahnt daher mehr „Haupstadt Qualität“ des Festivals an und die Kritiker und Stadtmarketing Leute flippen aus. Da hat er wohl einen Punkt getroffen. Allerdings nicht was die Filme angeht: Sie erfüllen die Erwartungen: allen voran auch deutsche Filme: Aimee und Jaguar von Max Färberböck und Andreas Dresens Nachtgestalten sind schöne Werke, die noch dazu in Berlin spielen. Das hat die Nabelschaustadt gern.

Und dann DER Film für mich in diesem Jahr: A thin red line von Terrence Malick, der mich damals im wahrsten Sinne sprachlos und alle anderen Filme vergessen machte für den Rest des Abends. Der Goldene Bär hoch verdient, wie ich finde.
Unter den vielen guten Filmen bleibt noch Shakespeare in Love von John Madden in Erinnerung - stark erzählt und bewegend - bei aller hollywoodesker Glattheit. Anders dann Mifune - Dogma 3 von Søren Kragh-Jacobsen, ironisch, witzig, direkt und einfach.

Und die ersten Zeichen eines Trends sind spürbar: der Dokumentarfilm erlebt eine neue Blüte: der bewegende, tieftraurige Film Frau Zwilling und Herr Zuckermann ist nur der erste einer ganzen Reihe von Filmen über ein verschwindendes Jahrhundert und ihre Menschen.

28.01.20 6:00

Berlinale 1997

Puh - das hörte einfach nicht auf: Etatkürzungen, Zank über den Festivalleiter wie überhaupt über die Zukunft des Festivals. Nebenbei dummes Gerede von Politikern, deren geistiger Horizont in Detmold oder Fürstenfeldbruck gut regiert hätte, ja im Berliner Kiezmief jahrzehntelang ausgereicht hatte, aber nun verantwortlich war für Hauptstadt-Kultur. Und so begann man an der Berlinale in einer gefährlichen Mischung aus Großmannssucht und Ignoranz herumzudoktorn.
Am Ende wurde beschlossen: de Hadeln bleibt doch, die Berlinale zieht in die Daimler City am Potsdamer Platz (auch wenn alles noch nicht fertig war, die Kinos ohne Betreiber und der Festspielpalast ohne Konzept) sowie Forum und Wettbewerb bleiben Teil einer gemeinsamen Veranstaltung im Winter (was tatsächlich in Frage stand).

Die italienische Filmkrise wurde nun auch der Berlinale offenbar, als man die angebotenen Filme allesamt ablehnte, sie fast als Beleidigung ansah, da 90 Prozent Fernsehproduktionen mit eben diesem Niveau waren. David Lynchs Lost Highway ging lieber nach Cannes, und so war es auch mit einigen anderen erhofften Wettbewerbsteilnehmern. Es kamen amerikanische Großproduktionen: The People vs. Larry Flynt von Milos Forman, der auch den Goldenen Bären gewann, William Shakespeare's Romeo & Juliet von Baz Luhrmann, Anthony Minghellas Der Englische Patient und Tim Burtons Mars Attacks!, dazu The Crucible von Nicholas Hynter und die übliche Mischung aus dem Rest der Welt, bei der der Film Der Fluss von Tsai Ming-liang herausstach und den Spezialpreis der Jury (Silberner Bär) gewann. Es war ja die inzwischen zum Glück vergessene Zeit der deutschen Komödie, wobei der Wettbewerbsbeitrag Das Leben ist eine Baustelle von Wolfgang Becker noch zu den besseren gehört.

Im Panorama wurde Brassed Off zum Publikumsliebling, ein Film über die Identitätskrise der letzten europäischen Arbeiterklasse: eine Bergarbeiterkapelle in England mitten im industriellen Abschwung.

Spürbar im Anflug, trotz Stars und großer Filme, bereits eine neue Krise - die gefühlt hundertste der Berlinale, die das nächste Jahr bestimmen sollte.

26.01.20 6:00

Berlinale 1995

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Regisseur Richard Linklater präsentiert zusammen mit den Hauptdarstellern Julie Delpy und Ethan Hawke "Before Sunrise" (Quelle: Berlinale)

Jubiläen - 25 Jahre Forum, 45 Jahre Berlinale - und nachher meinten viele, dass gerade die Jubiläumsjahre oft daneben gehen. Das wollen wir für diesen 60sten Geburtstag nicht hoffen. 1995 jedenfalls war das Nölen und Quengeln sehr einhellig. Es ging um fehlende Stars (ja, wieder!), um Geld, Organisation, sogar um technische Fragen wie den Umbau eines Kinos. Außerdem machte man sich die Presse zum Feind, weil das neue Medienzentrum im Tiergarten gar nicht gut ankam. Dazu der Dauerbrenner Berliner Kulturpolitik und dazu die berühmte Mauer in den Köpfen. Darüber hinaus machten sich die Sektionen Konkurrenz ohne es zu wollen, und man hörte immer wieder den Satz über Panorama- oder Forumsfilme: „Die könnten aber auch im Wettbewerb laufen“ - was die meisten aber aus formalen Gründen eben nicht konnten. Identitätssuche allenthalben also.

Dabei gab es durchaus schöne Filme: Richard Linklaters Before Sunrise, heute fast ein Klassiker der Generation 80er/90er, Quiz Show von Robert Redford, dazu Smoke und Blue in the Face von Wayne Wang und Paul Auster. Gewonnen hat den Goldbären ein Franzose: Bertrand Tavernier L‘Appât - Der Lockvogel - das erste Mal übrigens seit 30 Jahren, auch wenn Frankreich meist in allen Sektionen einen große Rolle spielte.

Im Panorama lag thematisch wie so oft ein Schwerpunkt auf Homosexualität. Die Sektion hatte seit 1992 einen neuen Leiter, Wieland Speck, der die Traditionen fortsetzen wollte und sich wohl auch Hoffnung machte, ebenso viele Talente zu entdecken wie der im Vorjahr verstorbene Manfred Salzgeber, der unter anderem Pedro Almodóvar, Detlev Buck und Gus Van Sant einem größeren Publikum bekannt gemacht hatte.

25.01.20 6:00

Berlinale 1994

Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem großen Bruder auf der anderen Seite des Atlantiks. Wieder mal. Die Europäer wollen in 15 Punkten den europäischen Film „retten“ gegenüber der Star- und Dollarpower. Sicher ist: es kommen seit Jahrzehnten viele gute Filme aus Europa. Aber deswegen von einer Filmindustrie zu sprechen wäre wohl übertrieben. Zum Glück. Denn statt industrieller Fertigung gilt: Vielfalt statt Einfalt. Trotzdem lassen sich die Verantwortlichen in Europa von Amerika Erfolg definieren: Einspielergebnisse und dreistellige Millionenausgaben für einen Film, dazu Starpower, die um den ganzen Planeten reicht. Dabei kann man nur verlieren. T

Die Berlinale kann in diesem Jahr wie zum Trotz durch Qualtiät beeindrucken: Ken Loachs Ladybird, Ladybird Krzysztof Kieslowskis Drei Farben: Weiß, Alain Resnais’ Doppelpack Smoking - No Smoking und Jim Sheridans Goldbären-Gewinner In the Name of the Father waren europäisches Kino par excellence. Dazu die ewigen Franzosen Eric Rohmer und Jacques Rivette, sowie Brian de Palma, Peter Weir, Bernardo Bertolucci und andere.

Was sich aber nach der Wende außer neuer Filmländer (das Panorama etwa nannte eine Programmschiene "Blick nach Osten") auch geändert hatte, war die Rolle Berlins: Noch nicht die flotte Hipster-Metropole von heute und nicht mehr Frontstadt mit Sonderetats und -rolle, kürzte man der Berlinale gehörig die Gelder und das Festival wurde fortan von acht (!) Mitarbeitern gestemmt. Ein Witz im Vergleich zu Cannes und Venedig. Der Qualität der Filme tat es keinen Abbruch und ebenso nicht dem glamourösen Empfang für Sophia Loren, die den Goldenen Bären für ihr Lebenswerk erhielt.

20.01.20 6:00

Berlinale 1989

Die Forum-Zuschauer „müssen sowieso irgendeine Sorte Masochisten sein, um die Filme sehen zu wollen. Das Bier in Berlin ist nicht besonders gut, und es dauert eine Ewigkeit, bis man endlich eines hat. Glücklicherweise haben sie in der Stadt auch noch andere Getränke.“ Aki Kaurismäki
Worauf es am Ende ankommt: gute Filme und Getränke. Die gab es irgendwo auch in diesem Jahr, von dem wohl im Februar noch keiner ahnen konnte, was am Ende als neue Weltordnung übrig blieb. Auch nicht all die feinsinnigen Künstler, deren Filme im Forum sich nicht um Zukunft, sondern vor allem um Vergangenheitsbewältigung (viel Adolfnazi und die Folgen) drehten.
Dem DDR-Bonzen mit dem tollen Titel „Vorsitzender der Hauptverwaltung Film der DDR“ Horst Pehnert verlieh man gerade noch rechtzeitig zusammen mit einem Russen und Amerikaner einen Preis, weil sie sich um die Kooperation zwischen Ost und West zugunsten des Festivals verdient gemacht hatten.

Sieger des Berlinale im gefühlt hundertsten „Schicksalsjahr der Deutschen“ nach 71/14/18/33/45/54/68 usw. war ein Film über Autismus (was man natürlich auch politisch verstehen kann!) Rain Man von Barry Levinson.
Dass auch die USA filmisch wieder einmal Selbstreinigung qua Film betrieben (den osteuropäischen Filmgepflogenheiten darin um ein paar Jahrzehnte voraus), war in Mississippi Burning zu sehen, für den Gene Hackman auch einen Darstellerpreis erhielt.

Dies war das letzte Filmfestival vor dem Ende der Welt, wie wir sie kannten. All die Kalten-Krieger-Kämpfe in der Frontstadt Berlin, die diplomatischen Verwicklungen, ideologischen Zänke zwischen Künstlern und Politikern, die Boykotte und Agitprop Filme gegen dies und gegen das, die fast nach UNO klingende Nachkriegs-Formel auf der Berlinale „Filme zum Wohle der Völkerverständigung“ zeigen zu wollen und die ewigen Streitereien über eben diesen Anspruch - sie endeten ein halbes Jahr später. Nur noch ein Filmfestival war die Berlinale ab 1990 - wenn auch von da an in einer der dynamischsten Städte Europas, an der Nahtstelle der neuen Ordnung und mitten drin im Alten/Neuen Europa.

11.01.20 6:00

Berlinale 1980

Beginn Afghanistan Krieg der Sowjetunion - Grünen gründen sich - Streik auf der Danziger Werft und Gründung Solidarność - Ronald Reagan wird Präsident der USA - BRD wird Fußball Europameister in Italien - Reinhold Messner allein auf dem höchsten Berg - Zauberwürfel kommt in die Läden

30. Geburtstag der Berlinale - normalerweise Moment einer Rückschau. Dazu blieb kaum Zeit. Im Vorjahr hatte es mal wieder politisch motivierten Knatsch um einen Film gegeben und der Ostblock zog Filme und Delegierte zurück - Boykott scheint der Trend auch dieses Jahres, in dem der Westen die Olympischen Spiele in Moskau nicht besuchen wird. Auch der neue Leiter Moritz de Hadeln muss auf Filme der Billy Wilder Hommage (z.B. One Two Three) verzichten, weil die Nerven im Osten blank liegen.

Forum und Wettbewerb werden organisatorisch endlich als gleichberechtigte Teile eines Ganzen behandelt. Das Forumsprogramm wurde 1980 ausgeweitet und legte seinen Schwerpunkt auf Dokumentarfilm und brasilianische Filme und sammelte einige Experimentalfilme ein - ganz getreu dem formulierten Anspruch Filme nicht nach Unterhaltungswert oder Kunstform auszuwählen, sondern Filme, die „der Erforschung der Wirklichkeit, der Kommunikation und der Reflexion“ dienen. Was dazu führte, dass jemand sogar die fragwürdigen Filme „auf interessante Weise misslungen fand“ - was man wohl als Kompliment verstehen darf.
Sieger dieses Jahres waren Heartland von Richard Pearce und Werner Schroeters Palermo oder Wolfsburg, wobei vor allem letzterer Preis für Zustimmung und Aufsehen sorgte, weil er alles andere als leicht und zugänglich war.

09.01.20 6:00

Berlinale 1978

Aldo Moro wird entführt und ermordet - erstes Retortenbaby wird geboren - erster Deutscher im All - Johannes Paul II wird Papst - Spanien bekommt Verfassung und beendet Diktatur endgültig - erste Folgen von „Dallas“ laufen - Reinhold Messner als erster ohne Sauerstoff auf dem Mount Everest - Regenbogenfahne wird erfunden

Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt man. Im Falle der Berlinale führte es zu Gefrierbrand und erhöhtem Kaffeekonsum: denn in diesem Jahr fand die Berlinale zum ersten Mal nicht im Sommer, sondern im Februar statt, um den zeitlichen Abstand zum Konkurrenten Cannes zu vergrößern. Frierende Schönheiten am roten Teppich, Pudelmützen und gebückte Haltung bei den Wegen zwischen den Vorstellungen gehörten von da an zur Berlinale, wie die Nörgelei über den Wettbewerb - der allerdings in diesem Jahr Mut bewies und das Gemeinschaftsprojekt Deutschland im Herbst zeigte - eine Auseinandersetzung mit dem RAF Terror. Dazu gab es vom großartigen John Cassavetes Opening Night mit Gena Rowlands zu sehen - ein Autorenfilm par exellence, der so auch im Forum hätte laufen können. Die Öffnung des Wettbewerbs war also gelungen und mit Steven Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art, der außer Konkurrenz gezeigt wurde, blieb man dem massentauglichen Geschmack dennoch treu.
Im Forum hatte man in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf Filme von Frauen gelegt - bis heute ja eher eine Rarität im männerdominierten Filmgeschäft. Mit dabei der Erstling von Margarethe von Trotta, Das zweite Erwachen der Christa Klages.

Der Goldene Bär ging nicht an einen, sondern an alle spanischen Beiträge, eine Art Begrüßungsgeschenk an die junge Demokratie. Und obwohl Winter und lange dunkel: 1978 startete auch das Kinderfilmfest zum ersten Mal und die meist ausverkauften Vorstellungen gaben der Festivalleitung recht, die Berlinale um zukünftige Kinogeher zu erweitern.

02.01.20 6:00

Berlinale 1971

Frauen in der Schweiz dürfen wählen - Bafög erfunden - Greenpeace gegründet - erste Comutertomographie wird gemacht - Eddy Merckx wird zum dritten Mal Toursieger - Frazier schlägt Ali

Nach dem Knall im Jahr zuvor, den zum Teil absurden Verleumdungen und Sitzstreiks und Schreidebatten packt die Berlinale es im Folgejahr: das „Forum“, ehemals Gegenfestival, wird in die Berlinale integriert, wo von nun an Filme unter den zeitgeisttypischen Schlagworten Erneuerung, Öffnung und kritischer Diskurs gezeigt werden sollten.
Die heute so typische Festivalatmosphäre wurde erst in diesem Jahr geboren. eben nicht nur Filmschau und Glamour, sondern im Anschluss an den Film stattfindende Gespräche mit den Machern, überhaupt die kritische Auseinandersetzung mit den oft politischen Filmen vom Rand der Filmwelt.
Diskurs ohne Wertung, keine Preise - der wertfreie Raum der Kunst im Film. Die Positionen der „Filmschau“-Vertreter und der jungen Generation, die den Film als gesellschaftliche, politische Kraft begriffen, die auch Debatten und Konflikte zeigen, statt sie unter Glamour und Stars und Festivalbrimborium zu verstecken. Mancher sprach von einem Neuanfang des Festivals, was sicher geschah, war eine Verjüngung und ein - wenn auch widerwilliges - Einlenken der Festivalleitung, dass parallel ein zeitgemässeres, angriffslustigeres Kino existierte, als das im offiziellen Wettbewerb zu sehende. Doch der gesellschaftliche Generationenkonflikt spiegelte sich auch im Festival und sorgte für Konflikte zwischen den Machern des kleinen Forums und des großen Bruders.
Eher nebensächlich geriet in diesem "alles neu Jahr" daher der Wettbewerb, der wenigstens ohne Skandale über die Bühne ging, was den Verantwortlichen nach dem Katastrophenjahr 1970 sehr recht gewesen sein dürfte. Goldener Bär: Vittorio de Sicas Il Giardino dei finzi contini, ein Film über den Faschismus - ein Thema, das auch in Italien lange geschlummert hatte, bevor es filmisch offen angegangen wurde.

29.12.19 6:00

Berlinale 1967

Schah von Persien besucht BRD, Ohnesorg wird erschossen - 6 Tage Krieg Israel gegen seine Nachbarn - Che Guevara wird erschossen - Start des Farbfernsehens in der BRD - Beatles veröffentlichen Srgt. Pepper - Elvis heiratet

Und schon wieder die Strukturen: die Berlinale wird GmbH innerhalb der Berliner Festspiele. Das mögen sie, an Strukturen basteln. Aufgrund immer wieder auftauchender diplomatische Probleme (siehe 1965) die u.a. eine Beteiligung der Ostblockstaaten am Festival verhindert hatten, wird also das staatliche Festival scheinbar privatisiert. Denn man wollte gern Filme aus dem Ostblock, bis auf einen: aus der DDR. In der offiziellen politischen Sprachregelung gab es sie nicht, obwohl man sich in den ersten Jahren noch bemüht hatte, die DDR Bürger ins Festivalgeschehen einzubinden. Aber weil ja ganz dem Zeitgeist entsprechend auch das Private politisch wird in den 60ern (und die neue GmbH innerhalb der Festspiele wieder von Bund und Land getragen wird) schickt kein Staat Osteuropas (außer Jugoslawien) einen Film. Kalter Krieg auch hier.

Nach dem ermutigenden Jahr 1965 nun schon wieder Stillstand sowohl künstlerisch als auch in den Debatten um Struktur und Inhalte. Die Filme dieses Jahres weitgehend vergessen, der Sieger Le Départ von Jerzy Skolimowski, Sonderpreis der Jury immerhin an einen alten Bekannten: Eric Rohmer für La Collectionneuse; ebenso der Film von Michael Lentz mit dem auf die Berlinale Querelen programmatischen Titel: Alle Jahre wieder. Ansonsten ein Jahr zum Vergessen, obwohl doch das Jahr VOR dem großen Knall 1968. Wo sind die Künstler, die gesellschaftliche Entwicklungen früher spüren als der Mainstream? Nicht auf dieser Berlinale jedenfalls.


27.12.19 6:00

Berlinale 1965

Erste Schlacht zwischen Nord-Südvietnam - Malcom X wird ermordet - Ludwig Erhard wird Bundeskanzler - Bob Dylans „Like a Rolling Stone“ erscheint

Neue Organisation, neue Strukturen und veränderte Auswahl der Wettbewerbsfilme in diesem Jahr - voll im Zeitgeist also: Reformhaus Berlinale. Die sehr internationalistische, zugleich dem Grand Prix ähnelnde Jurymethode („Germany two points, Allemand deux point“), dass nämlich die Teilnehmerländer einen Vertreter in die Jury schicken, wurde abgeschafft und die Berlinale wählt nun ihre Jury selbst aus. Wie schon in der Vergangenheit war es unmöglich, das Filmfestival allein auf Grundlage künstlerischer Kriterien zu veranstalten: die Regierungen von Bund und Land redeten hinein, diplomatische Verwicklungen aufgrund eines provokanten politischen Films sollten in der Frontstadt Berlin auf jeden Fall vermieden werden und die Überkompensationsdemokraten in Bonn bekamen Bauchschmerzen, den Film eines „befreundeten“ Landes abzulehnen. Die Situation hatte aber auch einen positiven Effekt: weil man den Wettbewerb sauber halten wollte, rutschten skandalträchtige oder schwierige Filme in eine andere Sektion, genannt „Informationsschau“ - die Geburt der heutigen Sektionen wie Panorama, Perspektive usw. Dennoch wurde im Eröffnungsfilm Paris vu Par von einem Jungen das Foto Konrad Adenauers vom Tisch gefegt - dass er ihm auch noch die Augen ausstach, wurde rausgeschnitten - zu viel Revolte der Jugend.

Mit Filmen von Jean-Luc Godard, Satyajit Ray, Agnès Varda, Roman Polanski und Jean-Marie Straub/Danièle Huillet hatte das Programm Potential für ausreichend Debatten. Mitte der 60er Jahre schwimmt die Berlinale also voll im im Strom des Zeitgeists, der sich allmählich in allen Bereichen ausbreitete: schicke kurze Kleider, endlose Debatten, politischer und künstlerischer Konfrontationskurs der Jungen. Agnès Vardas Le Bonheur ist dabei ein schönes Beispiel, weil er sowohl formal in seinen eigenartigen Schnitten, der kontrapunktischen Mozartmusik und auch inhaltlich (die klassische Ménage à Trois als Utopie der Liebe) neue Formen suchte und ohne erhobenen Zeigefinger seine Figuren dabei beobachtet, wie sie versuchen Mensch zu sein.

Goldener Bär am Ende für Godards Alphaville, eine Art Science-Fiction-Noir. Er erzählt von einer Gesellschaft mit Ähnlichkeit zur gegenwärtigen aber zu einer technokratischen Diktatur verkommen. Eine Warnung.
Veränderungswille und Konfliktbereitschaft, die diese Berlinale wie eine Ouvertüre zum beginnenden Protest und der Neujustierung der Gesellschaft in den folgenden Jahren erscheinen lassen. Das Festival scheint den Namen „Gegenwartsschau des Films“ in diesem Jahr tatsächlich zu verdient zu haben.

15.12.19 7:00

Berlinale 1953

Aller guten Dinge sind 3 - mit der dritten Berlinale und ersten Anzeichen von Routine anstelle der „dynamischen Improvisation“, gibt es auch schon eine Krise. Aufgrund von Kürzungsdrohungen des Senats tritt Alfred Bauer als Leiter zurück - und dann wieder an. Gary Cooper kommt zu Besuch und macht sich mit seinen Attacken gegen den Kommunistenjäger McCarthy in der geteilten Stadt Berlin nicht nur Freunde. Zumal einen Tag vor Berlinalebeginn am 17. Juni 1953 - bis 1990 als Tag der Deutschen Einheit begangen - der erste Aufstand des Ostens gegen seine Diktatur losbricht. Das Festival verliert durch die folgende Abriegelung der Grenzen viele Zuschauer.

Keine Jury, sondern noch immer das Publikum wählte die Sieger, den Film Le Salair de la peur (Lohn der Angst) von Henri Clouzot - und damit einen Film, der tatsächlich bis heute Bestand hat - jedenfalls als spannendes Drama, nicht gerade als Filmkunst.
Die Sehnsucht der Organisatoren und Zuschauer nach Wiederaufstieg des deutschen Films ließ zugleich die Leerstelle spüren, die Krieg und Zerstörung hinterlassen hatten. Denn was in diesem Jahr an deutschen Filmen zu sehen war, erhielt vernichtende Kritiken. Wobei das Lamento über die deutschen Beiträge ja eigentlich bis heute Tradition hat und vielleicht typisch deutsche Nabelschau ist.

Etwas anderes, das sich ebenfalls bis heute nicht geändert hat, ist, dass der Senat die Berlinale als Prestige nutzt, ganz ganz stolz auf sie ist, aber wenig zu ihrem Gelingen beiträgt. Unterschied: damals wurde der Festivalleitung noch viel unverschämter dazwischenregiert und alles Künstlerische war auch politisch, und das hieß in Berlin Kalter Krieg - eine Tatsache, die Alfred Bauer immer wieder in den ersten Jahren zu schaffen machte.

14.12.19 7:00

Berlinale 1952

Sowjetunion bietet Wiedervereinigung Deutschlands an - Gründung der EVG und EGKS (Vorläufer der EU) - Königin Elisabeth II von England wird gekrönt - Koreakrieg geht weiter - Ab Dezember regelmäßiges Fernsehen, nur 1000 Haushalte registriert

Trennung, Abgrenzung und ein veritabler Minderwertigkeitskomplex bestimmen diese zweite Berlinale. Freude hätte Freud an der Haltung der Festivalleitung und der diversen Debattenteilnehmer gehabt, die einem amerikanischen Film und ganz persönlich Orson Welles eine „antideutsche Haltung“ vorwarfen. Gerade mal sieben Jahre nach dem Krieg eine bizarre Einstellung und Tonlage, die aber dem Maulhalten!-Weitermachen-Geist der Zeit entsprach. Aber die neuen Deutschen lechzten auch danach, sich das Schulterklopfen vom großen Bruder USA abzuholen, ohne den in Berlin "der Russe" herrschen würde.

Liest man Protokolle aus der Zeit, wird die Festivalorganisation sprachlich und logistisch angegangen wie der vergangene Krieg und ist nicht frei von aus der Nazi-Zeit vertraut klingenden Worthülsen, wie ja auch der Vorwurf "antideutsch" nicht ohne Vorgeschichte ist. Dazu irritiert im Jahre Zwei der Berlinale ein Dschungel aus politischen und künstlerischen Gremien, Verwaltungen und bürokratischen Institutionen, die verhandeln, debattieren und eine Richtung für die Berlinale suchen. Dieses Durcheinander ist ein Spiegel für das ganze Land irgendwo zwischen Wirtschaftwunder und Schuldkomplex. Bei der Selbstsuche dabei ist auch der „Ausschuss für Volksbildung“, in dem u.a. die Frage diskutiert wird, wie man der „Arbeiterklasse“ Filmkultur nahe bringen soll und ob man im Wedding wirklich Filme zeigen kann - kann der Arbeiter Kunst verstehen?

Die Berlinale hat sich noch nicht gefunden, noch keine gefestigte Identität, die über „Wir-wären-gern-wieder-wer“ und bürokratische Debatten hinausgeht. Dabei wurden durchaus Filme gezeigt, die heute Klassiker sind: darunter „Rashomon“ von Akira Kurosawa. Dieser allerdings, wie manch anderer, wurde von Kritikern und Publikum nicht als wertvoll erkannt. Die märchenhafte Geschichte, die ein und denselben Vorfall aus drei Perspektiven beschreibt und den Wahrheitsanspruch von Erzählung negiert, wird sicher verwirrend für ein noch immer autoritätsgläubiges und nach dem Sinn suchendes Publikum gewesen sein.

Skandal der Berlinale: ein schwedischer Film von Arne Mattson, in dem eine nackte Brust zu sehen ist; Sieger der Berlinale: eben dieser Film "Hon Dansade en Sommar" (Sie tanzten nur einen Sommer) - das vielleicht schon ein erstes ermutigendes Zeichen und irgendwie prophetisch für die Stadt Berlin - was es mal war und einige Jahrzehnte später wieder sein würde.

17.02.16 14:30

Berlinale 2016: CAMPO A TRAVÉS. MUGARITZ. INTUVENDO UN CAMINO (Off-Road. Mugaritz, Feeling a Way.) von Pep Gatell

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Es sollte wohl nicht die typische Doku über ein Restaurant werden oder einen Koch oder eine nationale Küche. Das Mugaritz ist eins der innovativsten und berühmtesten Restaurants der Welt, und vermutlich auch eines der besten (aber wer will DAS entscheiden, derzeit jedenfalls auf der Nr. 6 bei San Pellegrino / 2 Sterne Guide Michelin). Es gab auf der Nouvell Vague von High-Quality Gastronomie und Esskultur reitend in den vergangenen fünf Jahren eine ganze Menge von Filmen über Restaurants wie das inzwischen geschlossene El Bulli in Spanien oder das Noma in Kopenhagen oder ganze Serien wie IN THE MIND OF A CHEF.

Campo a través. Mugaritz, intuyendo un camino war Eröffnungsfilm des Filmfest in San Sebastian und ist hier auf der Berlinale Teil der Sektion Kulinarisches Kino. Dieser Film will aber so unbedingt anders sein, dass er vergisst, dass auch die Küche des Mugaritz, die er porträtiert, von konsequent umgesetzten Ideen lebt - von Ideen, die harmonieren und sich gegenseitig verstärken und nicht überlagern und abschwächen, so dass nur ein ungenießbarer Brei übrig bleibt.

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16.02.16 9:04

Berlinale 2016: CREEPY von Kiyoshi Kurosawa / WHILE THE WOMEN ARE SLEEPING von Wayne Wang

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Zwei japanische Filme. Der gleiche Hauptdarsteller und die gleichen Probleme das Publikum zu begeistern. CREEPY von Kiyoshi Kurosawa nennt sich selbst „Mystery Thriller“ und ist eine Mischung aus Serienmörder Cppfilm und Nachbarmörderfilm und (unabsichtlich) Groteske.
WHILE THE WOMEN ARE SLEEPING für den Wayne Wang mal wieder in Asien drehte, ist Schriftstellerfilm und (unabsichtlich) Groteske, der immerhin ganz am Ende gerade noch die Kurve kriegt. Beide Hauptfiguren werden von Hidetoshi Nishijima gespielt, eine Art japanischer jüngerer Bruder von Kevin Spacey.

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15.02.16 18:45

Berlinale 2016: MAGGIE'S PLAN von Rebecca Miller (II)

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Gut zur Entspannung. Denn Lachen entspannt. Gut für zwischendurch, wenn all das Politische und Tragische und Schwere und Wichtige, das die Berlinale durchzieht, mal Pause machen soll. Dabei ganz Zeitgeist und einfach ein gut gemachter, dialogstarker, witziger Film.

Greta Gerwig spielt den netten, etwas naiven Kontrollfreak Maggie. Sie will ein Kind und engagiert dafür einen Gurkenmann aus Brooklyn (eingelegte Gurken als HipsterHotShit) für eine Samenspende und verliebt sich in einen Kollegen von der Uni (Ethan Hawke), der aus seiner scheinbar unglücklichen Ehe mit zwei Kindern flieht. Weshalb Maggie drei Jahre später plötzlich drei Kinder hat und alles im Alltag regelt und macht und auch das Geld verdient - während ihr Mann nun an seinem Buch arbeitet, das nie fertig wird.

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14.02.16 13:00

Berlinale 2016: HOW HEAVY THIS HAMMER von Kazik Radwanski

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Ein Film über einen netten Lethargiker, der Computerspiele zockt, viel isst und auf der Couch einpennt, klingt erstmal ja nicht nach heißem Stoff fürs Kino. Doch der kleine kanadische Film HOW HEAVY THIS HAMMER zeigt eine Familie im schleichenden Prozess des Bruchs - ausgelöst durch Banalitäten und Winzigkeiten.
Ob Erwin einen Job hat, wissen wir nicht. Wir sehen ihn nie arbeiten. Aber das scheint kein Thema. Erwin hat eine liebevolle Frau und zwei aufgeweckte Söhne, mit denen er echte Dad-Sachen-macht, Filme guckt, in der Wanne Unsinn treibt, kämpft und zockt. Mit seiner Frau geht er zu Hunderennen und ab und an spielt er Rugby mit den Boys - fährt aber brav nach Haus, statt danach noch einen zu saufen. Bis da eines Abends...

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13.02.16 22:06

Berlinale 2016: MAHANA (The Patriarch) von Lee Tamahori

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Neuseeland in den 60er Jahren. Der Maori Clan der Mahana - im familientechnischen Sinn, nicht als Stamm gemeint - wird vom harten Oberhaupt Tamihana (einschüchternd: Temuera Morrison, bekannt aus Once Were Warriors) regiert. Der alte Mann verkörpert eine Mischung aus christlichem Glauben an harte Arbeit und Tyrannei, sein Wort ist Gesetz und was er so nicht bekommt, nimmt er mit Gewalt.

Der Patriarch wird ausgerechnet von seinem Enkel Simeon (lässig und klar: Akuhata Keefe) provoziert, der sagt, was er denkt und fühlt, keine Angst vor dem Patriarchen hat. Die Familie hat ihren Wohlstand dem Schafscheren bei weißen Neuseeländern zu verdanken und ist - ganz klassisch - mit dem anderen Maori Clan in der Kleinstadt verfeindet. Die Gründe liegen angeblich in der heroischen Rettung der Großmutter (grandios: Nancy Brunning) aus den Fängen der Familie Poata. Nur, dass der junge Simeon diesen Gründungsmythos als solchen aufdeckt und die wahre Geschichte ans Licht kommt.

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12.02.16 15:46

Nicht Berlinale, aber Filmkunst vom Feinsten: MANIFESTO von Julian Rosefeldt

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Ist nicht Berlinale. Ist Berlinale. Ist nicht Kunst, ist Kunst. Ist nicht Film, ist Film. Und so weiter. Die fantastische Video/Film/Installation MANIFESTO im Hamburger Bahnhof läuft seit zwei Tagen und hat natürlich mit der Berlinale zu tun, die zwei Kilometer weiter die Zukunft des Films in all seinen Facetten behandelt. Wenn auch nur in einer kleinen Sektion als „Video-Kunst“ bzw. sperrige Form mit vielen Bildschirmen oder Leinwänden im Forum Expanded.

Rosenbergs 13 parallel laufenden Filme, alle mit Cate Blanchett in verschiedenen, großartigen Rollen, ist witzig, ist klug, ist packend ist total verkopft und trifft einen in den letzten 30 Sekunden, wenn alle Filme synchron laufen und den Raum mit SingSang zum Chorraum machen, tief ins Mark.

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13.02.14 10:45

ZEIT DER KANNIBALEN von Johannes Naber

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Die Kannibalen sind wir. Aber wir sind auch Romantiker, wie Öllers, cholerischer Unternehmensberater, der die Welt durch den Kapitalismus zerstören will, damit sie besser wird. Kollege Niederländer ist eher Typ kontrollsüchtig. Er will, dass es überall so aussieht wie er es von zu Hause kennt, er glaubt, wenn erstmal alles im Leben und auf der ganzen Welt Routine ist, Zeit bleibt, über echte Verbesserungen nachzudenken.
Seit Jahren ziehen sie beratend (Synonym für „Plündern, Brandschatzen, Vergewaltigen“ im 21. Jahrhundert scheint es) durch die Welt, um den Profithunger ihrer Kunden zu stillen. Die Realität, die Welt, das Leben sind im Film staubige Silhouette vor den Fenstern klimatisierter Luxushotels, das sie nie verlassen. Bis am Ende das Leben zu ihnen ins Hotel kommt...

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11.02.14 15:43

ICH WILL MICH NICHT KÜNSTLICH AUFREGEN von Max Linz

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Ach die Kunst. Die Kreativwirtschaft wie sie brummt und redet – meist von sich selbst. Fast alles Wissen ist Second Hand. Und was da so geredet und geraunt, behauptet und geistig mäandert wird in „ICH WILL MICH NICHT KÜNSTLICH AUFREGEN“ von Max Linz, das ist herrlich. Und auf perfide, witzige, kluge Art entlarvend. Wer schon mal Katalogtexte zu Ausstellungen von Videokunst oder sich sprachlich bis zur Unsichtbarkeit verschleiernde Fantasieerklärungen in Ausstellungsessays gelesen hat, kennt das Problem: Da mühen sich gebildete Menschen so zu schreiben, dass es klug klingt, aber nichts aussagt, zugleich politisch und mit allen theoretischen Wassern von Luhmann bis Agamben gewaschen. Und wer dann noch Künstler kennt, die nicht mehr zur Kunst kommen, weil ihnen die Kunst der Antragsstellung so viel Zeit raubt, kennt auch die Problemstellung dieses Films:

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10.02.14 15:53

AL MIDAN (The Square) von Jehane Noujaim

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Wie geht Revolution? Jedenfalls nicht linear voran und planbar, stattdessen, wirr und unübersichtlich, mal euphorisch dann deprimiert, blutig und heilend und mit Tränen des Glücks wie der Trauer. Vor allem braucht es lang, bis sich wirklich, dauerhaft und für die meisten spürbar etwas ändert, wenn das Unterste aus Staat, Kultur und Gewohntem nach oben gekehrt wird. Das erzählt dieser Film. Er ist kein analytisches „erst passiert das und dann das…“ der ägyptischen Revolution. Und das macht ihn einzigartig, bewegend, großartig und wahrhaftig.

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09.02.14 14:11

FINDING VIVIAN MAIER von John Maloof, Charlie Siskel

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Es mag der Traum vieler unentdeckter Künstler sein, die sich von der Welt verkannt fühlen… Vivian Maier kannte bis vor drei Jahren niemand, außer die Familien, bei denen sie als Kindermädchen arbeitete. Jetzt muss man sie in einer Reihe mit Robert Frank, Diane Arbus, William Klein oder Mary Ellen Mark und den berühmtesten, talentiertesten Straßen-Fotografen des vergangenen Jahrhunderts zählen.
Aber im Gegensatz zu den auf zumindest posthumen Weltruhm hoffenden Künstlern: Vivian Maier wollte offenbar gar nicht bekannt sein, sondern einfach nur fotografieren. Und das hat sie 60 Jahre lang getan, grandios und manisch. Bis zu ihrer Entdeckung auf einer Ramschauktion.

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21.01.14 7:42

Panorama ist komplett - viele Länder & neue Namen

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Foto: © Internationale Filmfestspiele Berlin

Das Panorama-Hauptprogramm eröffnet am Donnerstag, 6. Februar, mit einer Science-Fiction-Überraschung aus Vietnam: NUOC (2030) von Nghiêm-Minh Nguyễn-Võ. Der Spiegel der Weltmeere ist inzwischen gestiegen, das Land vieler Bauern steht unter Wasser. Gemüse wird in schwimmenden Farmen gezüchtet und Weltkonzerne suchen sich selbst diese Situation profitabel zu machen.

Zu den bekannten Namen in diesem Jahr gehören Michel Gondry, Robert Lepage und Benjamin Heisenberg. Und sehr, sehr viele sicher spannende, wenn auch über Festivals hinaus wenig bekannte Regisseure und Regieseurinnen.
36 Filme aus 29 Ländern geben mit 24 Weltpremieren eine Übersicht über die aktuelle Spielfilmproduktion. Wenig überraschend, schon fast Tradition die vielen asiatischen Filme in der Sektion:

In IEJI (HOMELAND) von Nao Kubota (Japan) erkundet ein in die Stadt geflüchteter Bauernsohn in der Rückkehr seine unzugängliche Heimat im Bereich Fukushima.

Im südkoreanischen NIGHT FLIGHT von LeeSong Hee-il erleben wir Schüler in einer am Leistungszwang kollabierenden Gesellschaft. LeeSong zeigte zuvor NO REGRET und WHITE NIGHT im Panorama.

Aus der Volksrepublik China kommt eines der überraschendsten Debüts vom 21-jährigen Zhou Hao: YE (THE NIGHT) soll laut Panorama Machern an die ganz großen erinnern: Fassbinder, Genet oder Wong Kar Wai.

Meister des Hong-Kong-Cinema sind Dante Lam mit MO JING (THAT DEMON WITHIN), dem es in einem Action-Genre Streifen gelingt, große moralische Fragen aufzuwerfen.
Außerdem Fruit Chan, der mit THE MIDNIGHT AFTER einen Online-Fortsetzungsroman in Weltuntergangs-stimmung verfilmte - Chans düster-bizarrer Panorama-Beitrag von 2005, DUMPLING, ist noch in bester Erinnerung.

Der taiwanesisch-malaysischen Regisseur Tsai Ming-liang besucht die Berlinale mit einem weiteren Teil seiner experimentellen „Walker“-Serie, XI YOU (JOURNEY TO THE WEST), einer französischen Produktion mit Lee Kang Sheng und Denis Lavant.

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20.01.14 8:33

Sektion FORUM hat seine Filme - wilder Ritt durch die Zeiten und Orte

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Foto: © Internationale Filmfestspiele Berlin
Das Forum ist in diesem Jahr sehr früh dran. Während in vergangenen Jahren das Programm manchmal erst zum Start der Festspiele gedruckt war, ist in diesem Jahr drei Wochen vorher alles klar.

Werke meist junger Filmemacher aus Osteuropa bilden einen geografischen Schwerpunkt des diesjährigen Programms. Der Este Veiko Õunpuu porträtiert in dem komisch-melancholischen Spielfilm FREE RANGE – BALLAAD MAAILMA HEAKSKIITMISEST einen jungen Mann, der zwischen dem Traum, für die Kunst zu leben, und den Anforderungen des Alltags nach einem Zustand der Schwerelosigkeit strebt.
Eine ungewöhnliche Form hat der bekannte rumänische Regisseur Corneliu Porumboiu für seinen Film AL DOILEA JOC (THE SECOND GAME) gefunden: Gemeinsam mit seinem Vater, der zur Zeit des Ceaușescu-Regimes Fußball-Schiedsrichter war, kommentiert er die verrauschte VHS-Kassette einer Partie zwischen den Top-Mannschaften Dinamo und Steaua.

Im Mittelpunkt des polnischen Dokumentarspielfilms HUBA (PARASITE) von Anka und Wilhelm Sasnal steht ein alter Mann, gezeichnet von der lebenslangen Arbeit in der Fabrik. Seine Tochter, allein mit ihrem Säugling, zieht bei ihm ein. Der Film erzählt von Enge, Fremdheit, Nähe und von Körpern.

Ein Spielfilmdebüt ist CHILLA (40 DAYS OF SILENCE) von Saodat Ismailova. Die junge usbekische Regisseurin erzählt von Bibicha, die sich ins Haus ihrer Großmutter zurückzieht, um dem traditionellen Schweigegelübde zu folgen. Zwischen der kargen Landschaft und farbenfrohen Innenräumen schildert der Film ihren Weg in die Selbstbestimmung.

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08.06.13 18:34

PROMISED LAND von Gus Van Sant

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Es ist am Ende auf jeden Fall verwirrend: Die vermeintlich Guten sind auch die Bösen. Wer immer gewinnen will, spielt einfach gegen sich selbst. Und es bleibt - trotz sehr bemüht versöhnlichem Ende, bei dem man die Drehbuchsitzung noch hört („Please more positive, give that man a new home and a wife“) - es bleibt die Frage, was wäre richtig gewesen für diese Kleinstadt irgendwo in den USA? Fracking or not Fracking, das war die Frage.

Eine von hunderten solcher Städtchen zwischen den beiden Küsten, die nur noch vor sich hinsiecht, weil die großen Zeiten der Landwirtschaft vorbei sind. Sollen sie ihr Land dem Fracking Konzern für die umstrittene Gasförderung verpachten und mit der Chance auf Wohlstand das Risiko eingehen, alles zu verlieren, was sie noch haben? Ihr Land, ihre Tiere, ihre Herkunft? Oder sollen sie stur weiter ihr Ding machen, auf alten Pickups rumfahren, in der örtlichen Bar saufen, Amerikaflaggen an ihre Scheunen pinseln und ansonsten dabei zusehen, wie alles finanziell den Bach runtergeht, auch wenn man sich treu geblieben ist. Das Herzland der USA kurz vor dem Herzinfarkt - mit der Chance auf eine Reanimation und Medikamente durch den netten Großkonzern. Das ist das Setting. Und dann wird alles eben verwirrend.

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01.06.13 2:15

BERORE MIDNIGHT von Richard Linklater

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Es ist mühsam, diesen dritten Teil der Linklater-Trilogie, BEFORE MIDNIGHT in knappen Worten zu schildern. Weil man die Vorgänger mitdenken muss, weil das ganze Projekt eine Art Zeitkapsel ist, unterwegs und ziellos und weil es wie schon in den beiden Vorgängern natürlich mehr als um die bloße Handlung geht. Die ist auch hier so simpel wie immer: Jesse und Celine reden, laufen, reden. Über sich und das Leben. Inzwischen sind sie verheiratet und mit Zwillingen Eltern geworden und verbringen einige Wochen in Griechenland auf dem herrlichen Landsitz eines Autors. Jesses Sohn aus erster Ehe (die in Teil 2 zum Scheitern gebracht wurde) fliegt zurück zu seiner Mutter, was Jesse sehr zusetzt und die Frage aufwirft: Sollte ich mehr mit meinem Sohn zusammen sein? Doch die beiden wohnen in Paris, der Junge in Chicago.

Was bedeutet diese Frage (nicht die Entscheidung) für Celine. Sie jedenfalls sieht sie als den Anfang vom Ende ihrer Liebe. Hier entspinnt sich eine ungeschnittene und beeindruckende sicher 12 Minuten Szene auf einer Autofahrt wie eine Ouvertüre für die folgenden Jesse-Celine Dialoge, die nun schon seit 18 Jahren immer vom Allgemeinen ins Persönliche, vom Wir und Ich und das Große und Ganze hin- und herwechseln und uns anregen, erfreuen und hinterfragen.

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14.02.13 15:07

TOKYO KAZOKU (Tokyo Family) von Yoji Yamada

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Mein Abschlussfilm der 63. Berlinale begleitet von Tränen und Freude. Der sehr schöne TOKYO KAZOKU (Tokyo Family) von Yoji Yamada ist das Remake eines Klassikers des japanischen Kinos: Tokyo Story (1953) von Yasujirō Ozu. Das Remake ist mit zweieinhalb Stunden lang - aber keine Minute zu lang. Ganz behutsam wird hier das Portrait einer Familie und zugleich der japanischen Nation zu Beginn des 21. Jahrhunderts erzählt. Darin enthalten: Verlust, kulturübergreifende inner-familiäre Konflikte und das Ringen von Tradition und Moderne, das wohl in jeder Generation und zwischen Eltern und Kindern abläuft. Eine Familie in einem krisengebeutelten Land überprüft ihren Zusammenhalt.

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13.02.13 22:28

PAUL BOWLES: THE CAGE DOORE IS WIDE OPEN von Daniel Young

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Gähn! 18 Jahre hat Daniel Young für diesen Film gebraucht. Der Weg bis zur Volljährigkeit hat PAUL BOWLES: THE CAGE DOOR IS ALWAYS OPEN nichts genutzt. Konventionell und brav chronologisch arbeitet der Film sich Punkt für Punkt entlang des des Lebens von Pauls Bowles. Er lässt Zeitzeugen, Freunde und Begleiter auftreten und Sätze sagen, die sie so schon in zig Dokumentationen über die 30er Jahre in NY, die 40er in Paris, die Beats, die Hippies, William Burroughs, die Homosexuellen Bewegung, die amerikanische Literatur der 50er und 60er, Jane Bowels und all die Kifferpoeten Biopics und Tanger Stadtportraits gesagt haben dürften. Alles zig Mal gesehen und gehört und gelesen, wer sich für amerikanische (Exilanten)Literatur Mitte des letzten Jahrhunderts interessiert. Und im Vergleich schon zig mal kreativer, versierter und kritischer gesehen und gelesen, wer Bowles war und warum.
Was das Panorama bei der Auswahl dieses Films geritten hat, ist ein Rätsel. Vielleicht trübt der Wunsch, möglichst viele Filme, die irgendwie mit Homosexualität zu tun haben in der Sektion zu zeigen, auch manchmal den kritischen Blick.

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12.02.13 15:45

FRANCES HA von Noah Baumbach

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Frances (Greta Gerwig) ist eine nett-verbimmelte Endzwanzigerin, die älter aussieht und sich jünger benimmt. Jedem sollte einmal im Leben eine Frances begegnen, um die eigene Toleranz und Spießigkeit zu testen. Der unterhaltsame und bei aller Leichtigkeit auch sehr lebensnahe Noah Baumbach Panorama Beitrag FRANCES HA ist Schwarz-Weiß gefilmt, was ihm eine Aura von kunstbeflissenen, allzu ernsten Autorenfilm zu geben scheint, die jedoch von der witzigen, schlagfertigen und klugen Geschichte konterkariert wird, so dass beides am Ende sogar klarer hervortritt: Die Bilder und die Geschichte.
Die Ernsthaftigkeit des Themas schmuggelt sich wie in U-Boot unter all dem Lachen und Fremdschämen und innerlich Ratschläge verteilen durch: Wie lang soll sie an ihrem Traum festhalten und wann ist es Zeit, den Traum sausen zu lassen?
Am Ende wird Frances - entgegen der meisten Ratschläge in den Köpfen der Zuschauer - alles richtig und auf ihre Art gemacht haben - auch wenn es eine ganze Weile überhaupt nicht danach aussieht.

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PARDÉ (Closed Curtain) von Jafar Panahi

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Kontext, Kontext, Kontext muss man denen zurufen, die diesen Film - eigentlich normal - unter rein narrativen oder ästhetischen Gesichtspunkten bewerten. Und vielleicht muss man sogar ganz billig autobiographisch interpretieren, um PARDÉ von Jafar Panahi gerecht zu werden. Ein Film über das Filmemachen als ein vom Staat als Geisel genommener und mit Berufsverbot belegter Regisseur ist das. Panahi war in Haft, durfte schon als Jurymitglied vor zwei Jahren nicht anreisen, zeigte in Cannes einen Film über sich zu Haus, wie er darüber nachdenkt, einen Film zu machen. PARDÉ ist anders, aber auch eine sehr selbstreflexive Studie über den Autor, Mensch und Regisseur Panahi, der metaphorisch und manchmal ganz real Einblicke gewährt in seinen Kopf und seine Sorgen und das Leben in einer Diktatur.

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ECHOLOT von Athanasios Karanikolas

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Was mach ich nur mit diesem Film? Er ist jung und wild und hat Charakter, etwas Eigenes und Ehrliches. Er ist aber auch prätentiös und selbstverliebt wie seine Charaktere. Rahmen der losen Handlung ist ein Tag und eine Nacht in irgendeinem Haus um Berlin. Eine Gruppe junger Menschen - Typ Neuköllner Studenten mit löchrigen Klamotten und Ledermänteln vom Second Hand Laden und künstlerischen Ambitionen - versammeln sich, um einem Freund zu gedenken, der sich das Leben genommen hat. Warum genau weiß keiner. Und ganz egozentrisch-studentisch geht es in der einzigen Gesprächsrunde auch eher darum, was man zu Selbstmord „generell“ für eine Meinung hat, als ums Verarbeiten. Und wenn der Abend fortschreitet, werden erste Risse in der Gemeinschaft scheinbar in Trauer vereinter, gleichdenkender Freunde sichtbar.

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11.02.13 16:44

NARCO CULTURA von Shaul Schwarz

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In Deutschland diskutiert die Öffentlichkeit Cybermobbing, weil auf SchülerVZ dummes Zeug geschrieben wird. In Juarez, Mexiko, 500 Meter von der Grenze nach El Paso, USA, brauchte es erst zehntausende Tote (seit 2006 insgesamt 60.000!), darunter hunderte Jugendliche und auch Kinder, bis sich erste Stimmen von Müttern und Schwestern und Frauen erhoben, die ihre Wut auf die Untätigkeit der Regierung und die Unerträglichkeit der Morde hinausschrieen. Weil nach Jahren des Mordens der Kartelle, die Trauer und Wut kurzfristig größer war als die Angst und Lethargie.
Dieser Film des Kriegsfotografen Shaul Schwarz ist ein sehr eindringliches, knallhartes Doppeportrait der Polizeiarbeit in einer (staatlich) gesetzlosen Stadt und von Musikern, die die Mörder in ihren populären Liedern verherrlichen sowie in einer krassen Form psychologischer Widersprüchlichkeit auch von denen bewundert werden, die unter den Kartellen leiden. Ein altes Phänomen, das wir in milderer Form von der italienischen Mafia kennen.

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LOVELACE von Rob Epstein, Jeffrey Friedman

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Was für ein cooler Film: diese Autos, die Musik, das hübsche Mädchen, dass sich endlich aus dem katholischen Elternhaus und von der manipulativen Mutter befreit, die ihren Körper beginnt zu mögen, beim Sex das Licht anlässt, aufblüht, berühmt wird und kurzzeitig auch reich lebt.

Was für ein bitterer Film: Hässliche Klamotten, geschmacklose Frisuren, schmierige, sehr haarige Männer, die dem hübschen Mädchen erst die Eltern, die Herkunft, dann die Unschuld und das Geld nehmen, die sie schlagen, vergewaltigen und Lindas 17 Tage in der Pornoindustrie und ihre Rolle in DEEP THROAT für sie zur (fast) lebenslangen Hölle machen.
LOVELACE sieht verdammt gut aus und der 70er Look ist nicht bloß abgeschmacktes Stilmittel, sondern die richtige Entscheidung, weil er nostalgisch besetzt ist und die dunklen Seiten gern ausblendet - was den Film zu einer Art bitteren Bruder von Boogie Nights werden lässt.

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10.02.13 17:26

MALADIES von Carter

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Was ist Irrsinn, was bedeutet „Sinn haben“ und was bedeutet Arbeit, was ist Kunst und wie lebt man, wenn man anders ist oder sich zumindest so fühlt? Um diese großen Fragen kreist MALADIES. „Kreist“ beschreibt aber auch die Dynamik des Films, weil sich sowohl Gedanken wie Handlung zu wiederholen scheinen und der Film ohne rechte Dramaturgie außer der Beobachtung von außergewöhnlichen Menschen zwar Atmosphäre erzeugt, aber nach einer Stunde nicht mehr weiterkommt.

Zunächst wird nicht viel erklärt. Der Film beginnt mit einer Offstimme, die etwas über zerbrechenden Verstand erzählt. James (Franco) beginnt mit dieser Stimme, die kommentiert und ihn ermahnt und viele, viele Fragen stellt, eine Unterhaltung. Die Stimme ist in seinem Kopf und quält den ehemaligen Fernsehschauspieler vor allem, weil alle anderen die Stimme nicht zu hören scheinen. Wenn ihm das zu viel wird, greift er zum Telefon und beruhigt sich ein paar Minuten mit dem Freizeichen.

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YOUTH von Tom Shoval

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So langsam krieg ich Angst. Nach wenigen Stunden Schlaf zur ersten Vorstellung gequält und wieder ein Missgriff. Habe ich in diesem Jahr den evil touch bei der Filmauswahl? Obwohl ich ignorant Filme aus Israel schon eine Weile meide, weil der ewig ungelöste Konflikt mit den seit Jahrzehnten gleichen Effekten und Erzählungen inzwischen nur noch langweilt - YOUTH von Tom Shoval schien ein Film über zwei junge Brüder aus der Vorstadt von Tel Aviv sein, die den drohenden Bankrott ihrer Eltern mit der Entführung eines Mädchens und erpresstem Lösegeld aufhalten wollen und dabei notwendigerweise auf die Fresse fliegen.

Nebenbei wird auf die Wirtschaftskrise in Israel (die aber nicht gerde ein Unikum ist) und auf Familien mit Sorgen (auch eher üblich) hingewiesen. Die Bräsigkeit der Jugend, die von sich selbst begeistert, meint, alles im Griff zu haben, auch davon erzählt der Film. Zumal in Israel, wo Jungs und Mädchen mit 18 als Soldaten mit Gewehr durch die Gegend laufen und sich daher wie ein Mann fühlen darf, auch wer im Kopf höchstens ein Männchen ist, das Ganze gefährlicher werden kann.

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09.02.13 17:50

I AIONIA EPISTROFI TOU ANTONI PARASKEUA (THE ETERNAL RETURN OF ANTONIS PARASKEVAS) von Elina Psykou

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Wenn das mit Griechenland so geht, wie mit diesem Film, kann es dauern mit der Genesung. Lange dauern. Alles geht in diesem Film zwar irgendwie weiter, aber planlos dem Beckenbauerschen Diktum folgend: „Schaun mer mal, dann sehn mer schon.“

Ein bekannter Talkshow Morgenmagazin Mann flüchtet in ein leeres Hotel an der Küste. Dort kocht er jeden Tag Nudeln mit Ketchup und experimentiert mit einer Molekularnudel. Er deckt die 100 Tische, er stellt überall Fernseher auf und betrachtet seine alten Sendungen, die von Jahr zu Jahr peinlicher werden. Ab und an kommt der Sendereigentümer, der in seine Flucht eingeweiht ist, bringt Essen und einen Anzug für Weihnachten. Jeden Morgen wacht Antonis Paraskevas um Punkt vier auf und der Zuschauer ahnt, dass die Wende dieses Films sein wird, dass er verschläft, irgendwann.

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TOP OF THE LAKE von Jane Campion

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Ich hatte schon ein paar Worte über TV-Serien auf der Berlinale verloren. Nun die erste Stunde der 6 stündigen Mini Serie TOP OF THE LAKE von Jane Campion gesehen. Und? Ich würde gern weitergucken. Es sind viele offene Enden gelegt und die Geheimnisse und Bruchstellen der Figuren werden gerade erst erkennbar und man ahnt den Sturm, der kommt.

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01.02.13 11:10

TV Serie von Jane Campion - Ist die Berlinale der richtige Ort?

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Parisa Taghizadeh © See-Saw (TOTL) Holdings Pty Ltd

TV Filme auf einem Kinofestival - muss das sein? Selbst wenn so viele sagen, amerikanische TV Serien wie Sopranos, Mad Men oder Breaking Bad seien nicht nur die neuen Romane, sondern das Kino müsse von der Form des Erzählens dort lernen. Klar, eine Vorführung der ersten Sopranos Staffel auf der Berlinale hätte wohl 1999 auch der grandiosen Serie in Deutschland viel früher Aufmerksamkeit verschafft. Und vielleicht hätten einige so einiges früher kapiert....
Diese Jahr ist auf jeden Fall eine TV Serie dabei - allerdings nicht zum ersten Mal. Dominik Grafs „IM ANGESICHT DES VERBRECHENS wurde 2011 gezeigt. „500 Minuten Spielfilm, verteilt auf zehn Folgen, in den Dimensionen eines Kinofilms (in jeder Hinsicht: Drehzeit, Geld - inklusive der Insolvenz einer beteiligten Firma während der Dreharbeiten -, Sorgfalt, Personal)“ schrieb Verena Lueken damals in der FAZ.

Und auch drei deutsche Regisseure, Dominik Graf, Christian Petzold und Christoph Hochhäusler zeigten wenn auch nicht eine Serie, doch die TV Trilogie DREILEBEN 2012. Da zumindest an deutschen Filmen ohnehin fast immer ein Fernsehsender produzierend beteiligt ist, verwischen die Grenzen ohnehin - was in der Vergangenheit zu einigen Debatten über Kino und Fernsehen und die Produktionsbedingungen führte. Volker Schlöndorff verlor z.B. seinen Job als Regisseur bei DIE PÄPSTIN, weil er gewagt hatte, die „Amphibienproduktionen“ zu kritisieren.

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28.01.13 8:23

Berlinale Talent Campus: Kaderschmiede mit großen Gästen

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Plakat Berlinale Talent Campus 2013

Die Gästeliste des Berlinale Talentcampus liest sich wie ein Who is Who von den 60er Jahren der Filmwelt bis Heute. Mit dabei unter vielen: Jane Campion, Anita Ekberg, der Coppola Cutter Walter Murch, Nina Hoss, Ken Loach, Ulrich Seidl, Paul Verhoeven und John Cameron Mitchell.
Während der vergangenen Jahre hat sich der Campus von einer Weiterbildungsinitative immer mehr hin zu einem „Lab” gewandelt. Es gibt jetzt: Script Station, Doc Station und Short Film Station, wo praxisbezogen die Projekten der hoffnungsvollen Jugend bearbeitet werden.

Sound of Silence
Schwerpunkt des Sound Studios, des neuen Hands-on Programmes des Campus, ist Sound Design. Der mehrfache Oscar®-Gewinner, Cutter und Tonmeister Walter Murch (Apocalypse Now, Der englische Patient) gibt dem Campus die Ehre und wird zu seiner bahnbrechenden Arbeit eine Masterclass im HAU Hebbel am Ufer (HAU1) halten.

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26.01.13 8:44

Books at Berlinale - Wo aus Büchern Bilder werden

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Roxanne & George von Caroline Walch

Buch und Film sind Geschwister, nein viel mehr, sie sind Zwillinge, nach der Geburt getrennt. 99% der fiktionalen Filme erwachsen zumindest einem Drehbuch und die Zahl der Literaturverfilmungen, der von Kurzgeschichten oder Romanen oder Biographien inspirierten Filme gehen in die Hunderte (hier eine A-Z Liste) gehen. Gerade war Anna Karenina im Kino, und On the Road von Kerouac, wir erinnern uns an Das Parfüm, Die Blechtrommel, Der Englische Patient und und und.

Bei „Books at Berlinale“ am 12. Februar kommen Filmproduzenten mit Autoren oder ihren Vertretern zusammen. Zehn Romane mit  starkem Verfilmungspotential werden diesmal bei „Books at Berlinale“ im Rahmen des Berlinale Co-Production Market vorgestellt. Verleger und Literaturagenten kommen ins Gespräch können Filmrechte optionieren.

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25.01.13 7:59

Das Forum Expanded Nr. 8 - Geister, Tote und Unsichtbares

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Basma Alsharif, The Story of Milk and Honey (2011)

Das Forum Expanded ist der Begegnungsort von Kunst und Film in seiner reinsten Form. In Kinovorführungen und Ausstellungen werden die Grenzen der „Bewegtbilder“ ausgetestet. Die Gruppenausstellung, in den vergangenen Jahren in einer schönen Altbaubude an der Bülowstraße, findet an einem neuen Ort statt: im silent green kulturquartier, dem ehemaligen Krematorium Wedding. Ein, ja sicher, ruhiger Raum, der wie die Berlinale es formuliert „die Wahrnehmung fokussiert und zu Projektionen im doppelten Sinne einlädt.“ Sehr treffend....
 
Es geht dann um Ozean- und um Schallwellen, um radioaktive Strahlung und um Psychologie, um nationale Schuld und Verantwortung - man könnte wohl sagen, es geht ums Ganze. Grundlage der Installation „Strange Lines and Distances“ von Joshua Bonnetta ist die erste transatlantische Radioübertragung. Seine Idee: Klänge verschwinden nie, sondern werden nur leiser.

Gleich zwei Videoinstallationen widmen Japan nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima: „Spirits Closing their Eyes“ von Nina Fischer und Maroan el Sani und „The Life of Particles“ von Angela Melitopoulos und Maurizio Lazzarato.
Die Künstlerin Wendelin van Oldenborgh untersucht künstlerisch frühere Kolonien der Niederlande in Südostasien.  

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21.01.13 9:06

Berlinale Special mit speziell tollen Gästen und Gesprächen

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The Look of Love von Michael Winterbottom; Film Four, Revolution Films

Komplex: Es gibt den Wettbewerb, aber dort starten auch aktuelle Filme außerhalb des Wettbewerbs. Und dann gibt es noch außerhalb des Wettbewerbs die Sektion Berlinale Special mit Premieren und Promis. Und dann gibt es noch 20 andere Sektionen und Reihen - aber lassen wir das. Berlinale Special Premieren jedenfalls werden wie im Wettbewerb von Cast & Crew präsentiert - das Ganze im großen Friedrichstadtpalast, so dass viele Berliner die Chance haben, ihr Stückchen Filmfestfeeling mit Promis zu bekommen. Und wie vergangenes Jahr: Nach der Vorstellung gibt es im Haus der Berliner Festspiele eine extra Veranstaltung mit moderierten Gesprächen in Anwesenheit der Filmemacher.

Freuen dürfen sich die Fans des herrlichen CINEMA PARADISO; der Regisseur Giuseppe Tornatore zeigt seinen neuen Film THE BEST OFFER (u.a. mi Donald Sutherland und Geoffrey Rush). Worum es geht? Bilder, eine Auktion, eine verschlossene Tür…

Im Beitrag von vielfach Berlinale Besucher Michael Winterbottom THE LOOK OF LOVE geht es wie in einigen Panoramabeiträgen um Pornografie. Der großartige Steve Coogan spielt Paul Raymond - einen Pornofilmmacher und Stripclub Eigentümer, der über die Jahre über eine Milliarde Euro verdiente, nachdem er in London Grundbesitz aufkaufte.

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18.01.13 9:56

Panorama Programm: Indie-Filme made in USA

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FRANCES HA von Noah Baumbach (Pine District Pictures)

Das Panorama ist die Berlinale Hybridsektion mit dem größten schlafenden Kapital und Potential - sowohl aus der Sicht von Filmfreunden wie auch des Marktes. Hier findet man das sogenannte Arthouse Kino, also anspruchsvolle, kritische, aber meist stilistisch und erzählerisch nicht zu abgefahrene Filme, von Komödien über Dramen, ja sogar Thriller und Kostümfilme gehören dazu. Plus die Panorama-üblichen Filme aus der Homosexuellen- oder Transgender-Welt.

Während so ziemlich jeder Beitrag des Wettbewerbs später eine Kinoverwertung erfährt, viele sogar schon vor der Berlinale ihre Starttermine haben, und im Forum das Allermeiste nur von Festival zu Festival tingelt, sind Filme des Panorama zumindest potentiell in der Lage, ein größeres Publikum anzusprechen. Die Berlinale ist ihr Testlauf. Wer hier Publikumssieger wird oder irgendwie auffällt, wer es von hier in Zeitungsbesprechungen schafft oder Blogbuzz erzeugt, der hat gute Chancen auf eine europaweite Kinoverwertung.

Und so finden sich im diesjährigen Programm auch einige Independent- und Festival-Hits aus den USA:

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11.01.13 9:51

Berlinale 2013 - FORUM EXPANDED mit Tieren, Toten und ontologischer Hysterie

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Mammas von Isabella Rossellini

Wenn es zu sehr rauscht – die Leute, die Bilder, die Sinnzusammenhänge – kann der Berlinalebesucher auch dieses Jahr entfliehen. Ins Forum Expanded, das sich mit Videos, Vorträgen und Installationen irgendwo zwischen Kunst, Film und Metaebene präsentiert.
Wie ein Ballon über dem Geschehen schwebend, konnte man in den vergangenen Jahren in einer Altbauwohnung an der Bülowstraße irrwitzige Videokunst oder Ruhiges von James Benning über politisch Aktivistisches von Tom Holerts, Cut-Up-Arbeiten von Beat-Filmen von Burroughs und Gysin von dem großartigen Musiker und Performer Genesis P. Orridge bewundern.

In diesem Jahr ist zum wiederholten Male Isabella Rossellini dabei. MAMMAS ist die Fortsetzung ihrer bizarren Kurzfilmreihe Green Porno, die sie 2008 auf der Berlinale präsentierte. Wieder schlüpft die Schauspielerin und Regisseurin in unterschiedlichste Tierrollen – diesmal, um die Mutterinstinkte verschiedener Spezies zu erforschen.
Ebenfalls zu Gast ist Richard Foreman. Der Gründer des legendären New Yorker Ontological-Hysteric Theatre, kehrt mit seinem Film ONCE EVERY DAY nach über 30 Jahren zum ersten Mal auf die Leinwand zurück.

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20.12.12 16:33

Berlinale Knaller Nr. 1: Wong Kar Wai THE GRANDMASTER eröffnet das Festival

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Huch, die Berlinale zeigt Filmkunst zur Eröffnung. Gerade, als man sich schon daran gewöhnt hatte, vor allem bald startende Hollywood Filme kredenzt zu bekommen, damit der rote Teppich auch tüchtig voll ist mit Stars zum Start.
Wong Kar Wai - in diesem Jahr auch Jury Präsident - ist die Fusion aus allem, was die Berlinale sein will: Filmkunst Schau mit Ernsthaftigkeit und dabei trotzdem auch ein bisschen Glam und Lärm produzieren. Wong ist eine so tolle Mischung, weil er Arthouse Superhits drehte, doch seit fast 6 Jahren, trotz fester Fanbase, eigentlich nichts Neues. Erwartungen waren also vorhanden. Und dann huldigt er in diesem Film plötzlich nicht mehr der Liebe in elegischen Bildern, wie in fast allen Produktionen davor, sondern schafft ein schönes Stück Genre Kino:
Im China der 30er Jahre geht es um einen Martial Arts Meister (gespielt vom tollen Tony Leung Chiu Wai), der auch Mentor von -ACHTUNG- Bruce Lee war. Und das Ganze in wie der Trailer vermuten lässt - eben doch wieder in diesen Wong Bildern.

Die internationale Premiere von THE GRANDMASTER des chinesischen Regisseurs und diesjährigen Jury-Präsidenten WONG Kar Wai eröffnet die 63. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Doch wer nun nur Action erwartet, muss kurz innehalten und überlegen, wer der Regisseur ist. Deshalb geht es natürlich auch ums Große und Ganze, also Krieg, Familie, Rache, Begehren, Erinnern und Liebe. Und wenn wir schon bei Größe sind - dies soll offenbar der Martial Arts Film der Martial Arts Filme werden, denn der ohnehin beeindruckende Cast wird unterstützt von hunderten der besten Martial-Arts-Künstler Asiens.

Rund drei Jahre Drehzeit und mehr als ein Jahrzehnt Vorbereitung hat Wong Kar Wai dem Film gewidmet. „Ich fühle mich sehr geehrt von Dieters Einladung, mit meinem neuen Film The Grandmaster an der 63. Berlinale teilzunehmen und das Festival zu eröffnen. Der Film ist für mich ein Traumprojekt, das ich über viele Jahre hinweg entwickelt habe, und ich bin sehr glücklich, dass ich ihn in Berlin präsentieren kann. Ich habe mich ohnehin sehr darauf gefreut, als Jurypräsident der Internationalen Jury nach Berlin zurückzukehren. Dass nun sogar die Präsentation von The Grandmaster dort stattfinden wird, ist für mich etwas ganz Besonderes“, sagt WONG Kar Wai.

Titelfoto Creative Commons Flicker von Caspy2003

17.02.12 15:21

Menschen, Tiere Sensationen - 6 Filme vom Menschsein mit Tieren

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Sind sechs Filme eine Serie? Was ist das nur, mit dem Menschen und den Tieren auf der diesjährigen Berlinale? Da wird permanent metaphorisch und manchmal auch ganz explizit die Grenze abgeschritten zwischen uns und dem „Biest“. Sie sind das Andere und zugleich Projektionsfläche für unsere Unzulänglichkeiten. Wie René Pollesch mal sagte: Kommunikation beruhrt auf der irrigen Annahme, dass wir Menschen uns ähnlich sind. Dabei kann es sein, dass wir mit einem Hund mehr Gemeinsamkeiten haben als mit unseren Arbeitskollegen - wenn wir es schaffen, eine Kommunikationsebene mit ihm zu finden.

In FRANCINE von Brian Cassidy und Melanie Shatzky zum Beispiel ist eine Frau nach langem Gefängnisaufenthalt unfähig mit Menschen näheren und bleibenden Kontakt zu finden und sammelt stattdessen zahllose Vierbeiner auf, pfercht sie in ihren bald total versifften Trailer - glücklich, jemanden zu haben, der sie braucht. Dass diese Art Über-Liebe nicht gut enden kann, ahnt man bereits früh. Das Tier als Ersatz für verlorene Gefühle und Fähigkeiten. Weltflucht in der Herde.

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SIDE BY SIDE von Chris Kenneally

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Eine „Untergrund Revolution“ ist im Gange, schon fast vorbei, die vorbei an den meisten Konsumenten auf allen Ebenen des Filmemachens, Erzählweise, Bildsprache, Tricks bis hin zu Schauspiel, Vertrieb und Projektion im Begriff ist 100 Jahre Film, wie wir ihn kennen, abzulösen. Die Frage, Warum digital? ist durch die Frage, Warum noch analog?, ersetzt worden.

Was in SIDE BY SIDE als erstes auffällt, ist die wechselnden Kopfbehaarung von Keanu Reeves als Interviewer: zauseliger Vollbart, akkurat gestutzter 3-Tage Bart, Zopf wie Samurai, kurze Haare. Er interviewt 72 (!) Filmemacher: Von berühmten Blockbuster und Indie Regisseure wie James Cameron, David Lynch, Lars von Trier oder George Lucas oder Scorsese bis zu den im Star-fixierten Filmbetrieb meist unbekannten, aber essentiell wichtigen Kameraleuten, Cuttern, Farbkorrekteuren und Produzenten. Das Thema: Was tut die Digitalisierung der Filmkunst, dieser 100 Jahre alten Tante an? Sehen wir das Ende des Films „as we know it“ oder den Anfang einer Ära - vergleichbar mit dem Beginn des Ton- und dann Farbfilms?

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16.02.12 12:11

KOZOKU NO KUNI (Our Homeland) von Yang Yonghi

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Nationalismus wie eigentlich die allermeisten -ismen sind Schwachsinn. Sie haben Millionen von Menschen das Leben gekostet oder sehr, sehr erschwert. In diesem Film wird dem Zuschauer aus dem Leben der Exilkoreaner in Japan erzählt. Nord-Koreanische Exilanten, von denen viele Zehntausend ab Ende der 50er Jahre zurück in ihre Heimat gingen - und seitdem dem irrwitzigen und grotesken Kommunismus des Il-Clans ausgeliefert sind.

Der sehr bewegende, eindringliche Film erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der nach 25 Jahren wieder seine Familie in Japan besuchen darf, um sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Sein Vater - noch immer überzeugter Kommunist - hatte ihn damals nach Nordkorea geschickt. Eine biblisch anmutende Geschichte ist das, wie bei Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern sollte - es aber am Ende nicht musste, weil Gott nur sehen wollte, das er es tun würde. In diesem Film wird jedoch niemand verschont.

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RENTANEKO (Rent-a-Cat) von Naoko Ogigami

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Ein versponnenes kleines Filmchen aus Japan - und wieder was mit Tieren, ein unentdeckter roter Faden der Berlinale 2012. Die allein in einem traditionellen Haus lebende Sayoko marschiert immer am Fluss entlang, in einem kleine Wagen ein paar Katzen, die sie vermietet. „Bist du einsam, leih dir eine Katze“, ruft sie durch ihr Megafon. Und tatsächlich finden sich eine ältere Frau, ein Mann, der wegen der Arbeit von seiner Familie getrennt lebt und ein junges Mädchen mit tristem Job als Kunden. Die Dialoge, das ein Kniff des Films, laufen an bestimmten Punkten immer identisch ab. Nur der „Nebenjob von Sayoko, den sie auf Nachfrage ihrer Kunden nennt, der ist jedes mal ein anderer und klingt wie ausgedacht. Doch dann sieht man sie genau das tun: Börsenmaklerin, Wahrsagerin, Komponisten von Fernsehjingles. Und wieder Katzen vermieten.

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14.02.12 13:13

YOUNG ADULT von Jason Reitman

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Dieser Film spielt in Minnesota, also mitten in dem eher gesichtslosen Teil von Amerika mit Malls und Tankstellen und Suburbs. Man hätte ihn genauso auch mitten in Deutschland machen können. Denn die Spezies der Mitt-End Dreißiger, die sich auf verschiedenste Art bemühen ihre Jugend ihre große, prägende Zeit, am Leben zu halten, ist ein kulturübergreifendes Problem. Alles soll möglich sein, bloß nicht das Ankommen.

So ein Charakter ist auch Marvis (Charlize Theron, großartig), die es aus ihrem Provinzkaff in „die City“ geschafft hat (analog in Deutschland nach Berlin oder Hamburg) und dort ein zwar glamourös wirkendes, am Ende aber einsames, ein bisschen tragisches Leben führt. Bis sie beschließt, ihre Highschool Liebe zurückzuerobern. Der wohnt noch immer in ihrem Heimatkaff, ist verheiratet und gerade Vater geworden, aber aus Marvis Sicht begreift er nur nicht ein „Gefangener“ zu sein. Wer tatsächlich gefangen ist in der Vergangenheit stellt sich schnell heraus.

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FRANCINE von Brian Cassidy und Melanie Shatzky

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Die ersten Minuten versprechen narratives amerikanisches Autorenkino, der gehobenen Art. Ausdrucksstarke Schauspielerin (Melissa Leo) und harte, bewegende Geschichte fern von Happy End und Feelgood der Hollywood Baukastenfilme. Francine kommt aus dem Gefängnis, wie lange und warum sie dort war, erfahren wir nicht. Sie spricht nicht oder nur das Nötigste. Ihr Gesicht ist verhärmt und meist unbeweglich. Ausser, wenn sie mit Tieren spricht, dann blüht sie auf.

Sie stolpert von Job zu Job, weil sie bestimmte Leute zu meiden beginnt. Solche nämlich die ihr guttun, sie wieder in die Spur bringen könnten. Stattdessen entwickelt sie sich zum Tier-Messi, lebt mit dutzenden Viechern in dem bald total runtergekommenen Trailer. Anstatt sich den Menschen und der Welt, in die sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, zuzuwenden, wendet sie sich ab. Das kann nicht gutgehen.

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12.02.12 15:02

PAZIRAIE SADEH (Modest Reception) von Mani Haghighi

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Der Film lässt einen eigenartig aufgewühlt zurück. Ein bisschen genervt und unbefriedigt auch. Da sind dieser Mann und die Frau in einem teuren Auto. Sie kurven durch die Berge im Grenzgebiet von Iran und Afghanistan und verschenken aus ihrem Kofferraum heraus Geldsäcke an jeden, der ihnen begegnet in dieser menschenleeren Gegend. Am Anfang spielen sie noch ein lustiges Spiel, als streitendes Ehepaar vor Soldaten, erzählen wilde Geschichten über ihr Absichten und bewerfen die Soldaten mit Geld, kreischend vor Lachen. Aber jede Begegnung mit den bitterarmen Leuten in den Bergen macht ihr Spiel böser, zynischer, abartiger. Bis es restlos alle beschädigt zurücklässt.

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DIE WAND von Julian Roman Pölsler

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Der Film ist eine Art bebilderte Lesung und Versuchsanordnung zu den zwei lebensphilosophischen Tatsachen „Der Hund ist der beste Freund des Menschen und der Mensch sich selbst sein größter Feind.“ Ein Film mit nur einer Schauspielerin - Martina Gedeck - in den Nebenrollen ein Hund, zwei Katzen, eine Kuh, eine kleine Kuh, eine weiße Krähe. Und natürlich die Natur der Alpen zu allen Jahreszeiten.

Die Geschichte ist schnell erzählt - eigentlich: Eine Frau bleibt in einer Berghütte zurück und als die Freunde nicht wiederkommen, stellt sie fest, dass sie wie von einer gläsernen Käseglocke in diesem Tal festgehalten wird. Jenseits des Glases ist das Leben der Menschen erstarrt und die Zeit stehen geblieben. Sie ist allein und auf sich gestellt und macht sich ihre Gedanken. Mit ihnen wird die Geschichte plötzlich komplex, vieldeutig, metaphorisch - weil dieser Mensch denkt, Vorstellungen und wechselnde Gefühle entwickelt, sich selbst und die Welt analysiert. Weil genau das Menschsein bedeutet.

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11.02.12 17:42

IRON SKY von Timo Vuorensola

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Finnischer Science Fiction Film in Zusammenarbeit mit Australien und Deutschland? Nazis auf der dunklen Seite des Mondes planen die „Rettung“ der Welt und ein gebleichter Schwarzer wird zum Helden? Nur Udo Kier als „Der Führer (Kortzfleisch)“ scheint eine zunächst nachvollziehbare Idee für eine Nazi-Parodie zu sein. Erfahrungen hat er schon als Führer in Christoph Schlingensiefs 100 JAHRE ADOLF HITLER gemacht. Vor dem Film musste ich dem finnischen Radio die Frage beantworten, ob Deutschland reif ist für eine Nazi-Satire. Na klar, gibt ja schon eine ganze Menge. Ob Deutschland reif ist für eine finnische Nazi-Satire überstieg allerdings meine Vorstellungskraft.

Optisch ist IRON SKY aber näher an HELL BOY als am Schlingensiefschen Style. Der Film sieht echt gut aus, ist nicht so eine Bastlel-B-Movie wie die Star Wars Parodie der Filmemacher STAR WRECK, mit dem sie vor ein paar Jahren berühmt wurden.

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19.01.12 8:55

Berlinale Countdown:
MAGNOLIA von Paul Thomas Anderson (2000)

Sie sieht sehr strahlend aus, diese Welt in MAGNOLIA, vielleicht ein wenig zu verlogen ist sie unter dem Strahlen. Bis der Froschregen kommt. Für Episodenfilme typisch, berühren sich die diversen Geschichten von neun Hauptfiguren, ohne dass diese es bemerken. Am Anfang des Films steht ein Wetterbericht: „Teilweise bewölkt, 82% Regenwahrscheinlichkeit“. Der Film wird im weiteren Verlauf durch Wetterberichte aufgeteilt und verbindet die disparaten Geschichten in Raum und Zeit.

Es geht um vertrackte oder zerhackte, verlogene oder verlorene Beziehungen und irrationale Träume, es geht um den Tod und den Wunsch nach dem richtigen Leben.

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MAGNOLIA von Paul Thomas Anderson (2000) " »

18.01.12 8:55

Berlinale Countdown:
A THIN RED LINE von Terrence Malick (1999)

Sehr schweigsam hat der Film uns gemacht. So schweigsam, dass das rituelle Nach-Film-Bier ausfiel. Was gab es noch zu sagen? Nach solchen Bildern, solch einem Film. Inzwischen habe ich alle Malickfilme gesehen. Dieser bleibt der eindrücklichste und ausgewogenste.

Ebenfalls auf der Berlinale lief vor ein paar Jahren A NEW WORLD: Sehnlichst erwartet und dann eine Katastrophe. TREE OF LIFE gewann in Cannes - und kaum ein Gewinner dürfte so sehr gespalten haben. Malick riskiert etwas mit jedem Film und so manches Mal scheiterte er.

Zu finden sind die Malickzutaten aus roher, unbeeindruckter Natur und menschlichen Wünschen wie Unzulänglichkeiten in all seinen Werken. Auch in dem Gewinnerfilm A THIN RED LINE (Der Schmale Grat). Da gelang ihm darüber hinaus ein Ensemblefilm mit dutzenden Schauspielern, ein Naturfilm mit minutenlangen Einstellungen von Dschungel und Getier, ein Kriegsfilm mit den üblichen Zutaten, ein Essayfilm über den Mensch in der Masse, ein Drama um Leben, Tod und Sehnsucht. Alles, was in A NEW WORLD total und in TREE OF LIFE eher misslang, glückte hier: Einen Film zu schaffen, der irgendwie von allem handelt, was Menschsein ausmacht.

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A THIN RED LINE von Terrence Malick (1999) " »

15.01.12 8:55

Berlinale Countdown:
SMOKE von Wayne Wang (1995)

Es hätte der Einstieg eines tollen Autors ins Filmgeschäft sein können - Spezialpreis der Jury auf der Berlinale. Das Drehbuch stammte von Paul Auster, damals einem der Lieblingsautoren der Deutschen. Wayne Wang hat‘s dann gefilmt mit netter Besetzung (u.a. Harvey Keitel, William Hurt, Forest Whitaker). Und mit BLUE IN THE FACE gab es sogar noch eine Star-gespickte Improvisation, die dem Zuschauer die Frage ersparte, wie es wohl weitergeht mit Auggie und dem Tabakladen, mit Brooklyn und den Rauchern.

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SMOKE von Wayne Wang (1995) " »

14.01.12 8:55

Berlinale Countdown:
BEFORE SUNRISE von Richard Linklater (1995)

Ein Film, der mich bis heute durchs Leben begleitet, auch wenn ich ihn nach 1995 nur noch einmal anschaute, ja wahrscheinlich genau deshalb. Die Erstbegegnung war ein Volltreffer. Die Figuren im Film im gleichen Alter (gespielt von Ethan Hawke und Julie Delpy) sprachen über Dinge, die jeden in dem Alter so beschäftigen: Liebe, Zukunft, das richtige Leben. Ich habe wohl nie zuvor einem Film so genau gelauscht und wollte viele Sätze noch im Dunkeln aufschreiben, die da gesprochen wurden.

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BEFORE SUNRISE von Richard Linklater (1995) " »

10.01.12 17:44

Transatlantische Schwarz-Weiß Freundschaft - Berlinale und MOMA New York kooperieren

Das ist mal eine Zusammenarbeit: Die Retrospektive der Berlinale wurde bisher von der Deutschen Kinemathek, einem der renommiertetesten Filmmuseen der Welt, kuratiert. Die Sammlung in Berlin von ca. 12.000 Stumm- und Tonfilmen mit dem Schwerpunkt Avantgarde-, Experimental- und Dokumentarfilm, arbeitete auch früher gelegentlich mit dem Museum of Modern Art - MOMA- in New York zusammen. Deren Filmsammlung gehört zu einer der größten der Welt. 22.000 Filme und einige Millionen Filmstills gehören zum Bestand des 1935 gegründeten Archivs. Nun soll es eine längerfristige und damit auch dauerhafte Zusammenarbeit geben.

Künftig werden die Internationalen Filmfestspiele Berlin, die Deutsche Kinemathek und das MOMA bei der Auswahl der Themen und bei der Kuratierung der Retrospektiven kooperieren. So wird die diesjährige Retrospektive mit dem jedoch Menschen unter 50 abschreckenden Titel „Die rote Traumfabrik, Meschrabpom-Film und  Prometheus 1921 – 1936“ im April auch in New York zu sehen sein.

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04.01.12 19:09

20 von 50 - Panorama Programm der Berlinale 2012 steht fast zur Hälfte

Das Panorama teilt sich drei Bereiche: Hauptprogramm, Panorama Special und Panorama Dokumente. Nach der Sichtung von mehreren Tausend (!) Filmen stehen jetzt die ersten 20 fest.
Als Journalist versucht man ja immer aus den vielen, vielen Filmen einzelne Themenschwerpunkte zu destillieren, um das Lesen leichter zu machen und Trends aufzuspüren. Was aber von diesem Programm bekannt ist, geht so weit auseinander thematisch, ist so breit gefächert sowohl inhaltlich, wie geographisch und stilistisch, dass man einfach akzeptieren muss: Hier steht jeder Film für sich. Das hier sind die bis jetzt bekannten:

Da wäre zum Beispiel das Kurzfilmprojekt aus Taiwan bestehend aus 20 Kurzfilmen von ebenso vielen Regisseuren mit dem Namen 10+10. Offiziell läuft es zwar unter dem Namen eines der Regisseure, Hou Hsiao-hsien, aber das Kollektivprojekt macht jetzt schon mit einer kleinen Aktion auf sich aufmerksam. Die Regisseure hoffen allesamt im Februar nach Berlin zu reisen.

Interessant sieht der marokkanische Film DEATH FOR SALE von Faouzi Bensaïdi aus. Drei Kleinkriminelle, die einen Bankraub planen gepaart mit einer Geschichte von der Freundschaft, die an der Liebe des einen zu einer High-End Prostituierten zu zerbrechen droht. Was derzeit der Welt des arabischen Frühlings filmisch kommt, ist vielversprechend.

DOLLHOUSE von Kirsten Sheridan aus Irland erzählt von einer Nacht in der Gruppe von Teenagern, die in ein Reiche-Leute Haus einbrechen. Der Einbruch entwickelt sich in eine chaotische Nacht voller Offenbarungen, die keinen der jungen Leute unberührt zurücklässt.

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20.12.11 17:03

Berlinale 2012: Plakat 2012 aus anderen Zeiten und für andere Orte

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© Internationale Filmfestspiele Berlin, Grafik: Boros, Agentur für Kommunikation

Nachdem das Plakat letztes Jahr ein beeindruckend psychedlisch stroboskoplicht-mäßiges Riesen-B war, durch Prägnanz, Schlichtheit und Dynamik zum Klauen gereadezu animierte, gibt es dieses Jahr bunt auf die Augen: 80er Jahre Ballonseidenjacken Farb-Ästethik, der Berlinale Bär in eigenartiger Farbschattierung.

Sicher will man uns den grauen, kalten, bösen Ferbruar vergessen machen mit diesen Farben, die zugleich an den 60er Jahre Day-Glow Bus von Ken Kesey aber ohne die schönen Rundungen, oder die gerade überstandene Retro-80er-Welle hierzulande erinnern.
Ohne LSD oder Blue Curacau ist das aber ZUVIEL....Farbe? Paint-Ball Schießen ohne Waffen, Prenzlauer Berg Damen-Oberteile ohne Inhalt. Hoffentlich gelingt 2013 wieder ein gegenwärtiges Motiv.

09.05.11 16:17

Cannes kann es auch 2011!

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Dichtes Gedränge von Kunst und Stars

Es ist wie immer: Cannes kriegt sie alle. Wirklich alle. Obwohl es mit Venedig und Berlin terminlich gut über das Jahr verteilt zwei weitere so genannte A-Filmfestivals gibt, ist der Aufmarsch großer Filme, Schauspieler und Regisseure in Cannes überwältigend.

Angesichts der mehreren hundert, und dutzenden hochklassigen Filme möchte man sofort den Flug an die Côte d'Azur buchen:

Eröffnet wird das Festival von Woody Allens neuestem Film „Midnight in Paris“. Der Ur-New Yorker Allen hat offenbar Gefallen gefunden in europäischen Städten zu drehen: von London über Barcelona bis Paris. In der romantischen Komödie spielt Owen Wilson einen Schriftsteller, der auf nächtlichen Spaziergängen durch das heutige Paris in ein Zeitloch fällt und in den 20er Jahren landet. Außer Marion Cotillard wird auch die französische Präsidentengattin Carla Bruni einen Kurzauftritt haben.

Einer wenigen verbliebenen italienischen Filmkünstler, Nanni Morretti, zeigt seinen Film „Habemus Papam“ im Wettbewerb. Morettis Filme sind meist melancholisch witzige Geschichten über die Absurditäten des Alltags in der italienischen Familie. Moretti dichtet im neuen Film, fast ein wenig SOPRANOS mäßig, dem Papst (großartig: Michel Piccoli) Panikattacken an.
Der will nicht mehr vor seine Schäfchen treten und beginnt deshalb eine Therapie. Der Film ist in Italien bereits angelaufen und hat neben Lob und vollen Kinos zu einem Boykottaufruf des Vatikans geführt. Bessere Werbung gibt es nicht.

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18.02.11 13:54

THE BALLAD OF GENESIS AND LADY JAYE von Marie Losier

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Ein plus Eins gibt Drei

„Gesamtkunstwerk“ ist wie „Zeitgeist“ oder „Doppelgänger“ auch in die englische Sprache übergegangen. Diese drei Begriffe beschreiben zugleich, wer Genesis P. Orridge ist und mit wem er wann, was tat. Der Mann ist selbst Kunstwerk, er war Ausdruck eines Zeitgeistes, bis er seine eigene Zeit schuf und mit seiner Frau und künstlerischen Collaborateurin Lady Jaye (lange vor Lady Gaga eine Kunstfigur) eine Doppelgängerin, und eine Art Alter Ego erschuf. Ein kreativer, kluger, selbstironischer, konsequenter Künstler in einem beeindruckenden Film.

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16.02.11 18:47

20 CIGARETTES von James Benning

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Raucher leben besser. Noch besser leben Menschen, die Rauchern zusehen

Angesichts des Erregungspotentials, das ein Lob aufs Rauchen oder auch nur die Erwähnung geeigneter Rauchorte hier im Blog auslösten, ist es schön auf der Berlinale einen Film zu finden, der nur davon und von nichts anderem handelt. Vom Rauchen eben und jenen offenbar geistesgestörten Wesen, die das tun.

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KAREN LLORE EN UN BUS von Gabriel Rojas Vera
   und
KAZOKU X von Yoshida Koki

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Zwei Frauen erwachen

Eine kleine, simple Geschichte der kolumbianische Film KAREN CRIES ON THE BUS, die Geschehnisse darin alltäglich und auch so gespielt: ohne großes Psychologisieren oder wahnsinnig überraschende Wendungen. Eine Frau weint im Bus, hat ihren Mann verlassen und fängt hernach ganz von vorn an.
Sie wohnt in einer üblen Absteige, hat keine Arbeit, bettelt sich irgendwann Geld für‘s Essen zusammen. Und obwohl es leichter wäre, zu ihrem recht wohlhabenden Mann zurückzukehren, oder bei ihrer Mutter zu wohnen, zieht sie es allein durch. Und irgendwann trifft sie die richtigen Leute, einen anderen, scheinbar richtigen Mann, findet Arbeit und trifft dann eine Entscheidung, die beweist, dass sie etwas gelernt hat. Ende.
Eine Geschichte, die so jeden Tag vermutlich hundertfach passiert. Aber leider viel zu selten! Meist sind es die Frauen, die gehen. So auch in dem japanischen Film KAZOKU X (HOUSEHOLD X), dem zweiten Film über das Erwachen einer Frau.

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   und
KAZOKU X von Yoshida Koki " »

GANDU von Kaushik Mukherjee (Q)

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Wo Licht ist, ist auch Schatten: und wo Bollywood ist, ist auch dieser Film, gewissermaßen der Antithese der bunten, keuschen, musikalisch und bildlich weichen, ausufernden Romanzen/Krimis/Dramen. GANDU (Arschloch) ist wie ein Schlag in die Fresse und es geht in ihm - kein anderes Wort passt - ums Ficken. Nein, nicht Liebe machen, nicht um ozeanische Gefühle, sanfte Berührungen und bunte Saris, sondern Schwarz/Weiß Ästethik, Zudröhnen, Porn-Sex und Rapmusik, die sich um sämtliche Körperöffnungen, sexuelle Geschlechtsmerkmale und die Dingen dreht, die man damit machen kann. Ohne notwendige Narration schlingert der Film am Ende restlos verwirrend in Drogenvisionen, Lustfantasien und Träume vom großen Ruhm. Ein Statement ist er trotzdem.

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15.02.11 18:49

ÜBER UNS DAS ALL von Jan Schomburg

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„Dahinter kommt nichts“, hätte ich den Film genannt. Über uns das All klingt so sehr nach Möglichkeiten, aber darum geht es gar nicht. Es sei denn, Jan Schomburg zitiert irgendwie Paul Bowles Roman, „The Sheltering Sky“, in dem hinter dem Himmel nämlich die Kälte und der Tod des Alls lauern.
Der Film hat ein Thema, auch gute Schauspieler, fängt gut an, findet dann aber nichts mehr, wenn die große Wendung war: keine Tiefe, keine Gründe und vor allem keine Motivation der Figuren. Sie schweben, um im Bild zu bleiben, im luftleeren Raum der Geschichte.

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JODAEIYE NADER AZ SIMIN (Nader and Simin, A Separation) von Asghar Farhadi

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Für mich der Beste Film der Berlinale. Er spiegelt auf perfekte Weise Gesellschaft in der kleinen Welt der Familie und erzählt, indem er Menschen Konflikte auskämpfen lässt, sowohl von deren inneren Widersprüchen wie denen des Landes - in diesem Fall Iran.

Farhadis Figuren sind einem so nah und er präsentiert ihre Beweggründe so neutral, dass man über zwei Stunden hinweg ständig die Seiten wechselt, weil annähernd jede Haltung der Figuren für sich genommen richtig erscheint. Ihr Konflikt ist vielleicht gar nicht so sehr miteinander, sondern wird durch strukturelle und gesellschaftliche Probleme erst ins Unglückliche hinein verstärkt.
Geradezu unheimlich ist die Fähigkeit des Regisseurs uns den Blick der beteiligten Kinder einnehmen zu lassen, die ständig gezwungen werden, sich für eine Seite zu entscheiden, die ihre Eltern Dinge tun sehen, die das Vertrauen zerrütten und doch zu ihnen halten. Sie müssen zwischen zwei Wegen, zwei Möglichkeiten wählen. Wer will, kann darin eine gesellschaftliche Metapher sehen.

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14.02.11 10:33

SILVER BULLETS von Joe Swanberg

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Beliebtes Thema: ein Film wird gedreht und wir Zuschauer beobachten die Leute in unserem Film, wie sie Schauspieler spielen und dann wieder nicht spielen, weil die Kamera (im Film) anhält, aber doch noch sind. Der Regisseur spielt dann einen Regisseur, was in diesem Fall sogar noch eine Ebene mehr bedeutet, weil der Regisseur im Film auch der Regisseur des Films ist. Soweit klar?

Nun geht es aber in SILVER BULLETS sogar um zwei Filme und zwei Regisseure: der eine erfolglos, gefrustet und überkritisch artsy fartsy unterwegs, aber immer mit Knutschen und Rummachen, wenig erkennbarer Handlung und vielen unscharfen, dunkel-hell Bildern; der andere locker, lässig, mit Team und Festivalmeriten ausgestattet recht erfolgreich mit Genre Filmen. In diesem Fall einem Werwolf Film, für den er ausgerechnet die Freundin des anderen Regisseurs als Hauptdarstellerin castet, während der sich die beste Freundin seiner Freundin zur Hauptdarstellerin und damit zu seiner Freundin im Film wählt. Das, plus typisch künstlerische Selbstzweifel und die in der Branche üblichen Abläufe bei Sexualkontakten gibt natürlich Spannungen.

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13.02.11 15:19

STICK CLIMBING von Daniel Zimmermann und UNTYING THE KNOTvon Jafar Panahi

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Zwei Kurzfilme: Eine begehbare Skulptur und eine 8 Minuten Anleitung zur Revolution

Zum einen ist das der Film Stick Climbing von Daniel Zimmermann, der mit einem Marsch durch ein Dorf unterhalb einer beeindruckenden Felswand beginnt. Das Bild schwebt mit Steadycam in einer Bewegung durch die Straße des Orts: Am Wegesrand oder entgegenkommend unter anderem: Ein Mann mit Esel, Musik vor einem Gasthaus, ein LKW drängt sich die enge Straße hoch, eine Tanzgruppe, eine Familie auf dem Fahrrad, Tennisspieler, Leute hier und da, alle in Bewegung. Für ein Dorf scheint viel los zu sein. Am Ende des Dorfs geht es dann links in den Wald und wir treffen auf am Fuss der Wand auf eine Holzlattenkonstruktion, die an der tatsächlich senkrechten Wand (Schwierigkeitsgrad 19+) angebracht nach oben führt.

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12.02.11 19:30

ALMANYA - WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND von Yasemin und Nesrin Samdereli

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Was bist du?

Schon vor 7 Jahren sollte er gemacht werden, dann sprang ein Sender ab. Im Nachhinein ein Glück für den Film glaube ich. Denn es gibt die richtige Zeit für den richtigen Film. Nach nunmehr irrwitzig gewordenen Debatten über Migration und Integration im vergangenen Jahr, trifft der Film Almanya von dem Geschwisterpaar Yasemin und Nesrin Samdereli genau auf den Punkt. Das hier ist seine Zeit. Ein sehr schöner, berührender Film. Würde er nicht außer Konkurrenz laufen, wäre er ein heißer Bärenkandidat.

Ein bisschen wie bei Good bye Lenin, der auch so viele Jahre warten musste und dann lange nach der Wende in seiner Mischung aus Witz, Humor, Melancholie genau den Ton zur richtigen Zeit traf. Auch in Good bye Lenin ging es ja um die Abwehr bzw. Umarmung einer neuen Kultur und den Verwerfungen in der Familie, die Veränderungsbereitschaft auf der einen und das Verharren auf der anderen Seite.

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SCENES FROM THE SUBURBS von Spike Jonze

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Das Herz schlug schneller, als ich die Pressemittleilung las: Arcade Fire kommen nächste Woche nach Berlin, um den von ihnen produzierten Kurzfilm von Spike Jonze vorzustellen. Es ist wohl neben The Wall von Pink Floyd einer der wenigen Filme, die auf Grundlage eines Albums zustande kamen. Er heißt Scenes from The Suburbs und erzählt sehr fragmentarisch, in angedeuteter Handlung die Geschichte einer Gruppe Freunde in einer Art-Township-Suburbia in den USA. Dort geht offenbar ein seltsamer Krieg vor sich, Amerika ist ein Polizeistaat geworden: Armee auf den Straßen, Kontrollen, Hausdurchsuchungen und Erschiessungen Tag und Nacht in den idyllisch sauberen Vorortstraßen.
Die Teenager ahnen, das etwas vor sich geht, interessieren sich aber nicht so richtig, beobachten meist aus der Ferne. Sie tun vor allem, was Jugendliche eben so tun. Bis einer ihrer Freunde mit hineingezogen und Opfer der paranoiden Stimmung wird.

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Wenn wieder Berlinale ist...

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Wenn junge, lächelnde Menschen Rotwein aus der Flasche trinken am roten Teppich, ja dann ist wieder Berlinale.

Wenn schwarze Brillen italienisch-eckig oder japanisch-rund oder deutsch-horn-opa sind, Hemden auch mal gelb oder Pink sein dürfen, Frisuren 200 Euro kosten, wenn Ausschnitte so tief, wie das Haushaltsloch der Stadt, wenn Männeruhren so groß wie Toaster sind, wenn Limousinenfahrer mit Werbung auf dem Hemdkragen in ihrer Pause Rilke lesen, dann ist wieder Berlinale.

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QUALUNQUEMENTE (Whatsoeverly) von Giulio Manfredonia

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Selbst Satire übertrifft kaum die Wirklichkeit in Italien

War auf dem Weg in einen Film aus den USA, als Handzettel verteilt wurden, die das Elend der italienischen Kulturindustrie beschrieben, es tauchten plötzlich viele hübsche Frauen mittleren Alters in Pelzmänteln auf und Männer mit grau melierten Haaren und sehr gut sitzenden Anzügen, ein freundlich aufgeregtes Geschubse und Geplapper und Geschiebe setzte ein: der italienische Film Qualunquemente hatte Premiere im Panorama.

Das Problem des Films: Die größte denkbare Satire ist die Wirklichkeit in Italien, nur dass so viele Italiener das nicht begreifen wollen. Wie sagte Romano Prodi in einem Interview: die Berlusconi Wähler, das sind all diese Zweite-Reihe Parker, die nie in den Rückspiegel sehen. Und Silvio ist ihr Held, weil er sich seine Gesetze nun selbst macht und la famiglia (und die Freunde und Gönner) versorgt wie einst der Padrone. Womit auch die Handlung dieser Groteske vom Regisseur Gulio Manfredonia beschrieben wäre. Er zeigt das Setting der italienischen Politwirklichkeit in einer Kleinstadt in Kalabrien. Eine Art italienischer NeoSurrealismus mitten im Leben.

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04.02.11 6:00

Berlinale Tipps: Essen & Trinken ohne wirkliche Geheimtips

Geheimtipps gibt es rund um den Potsdamer Platz so gut wie keine. Dafür ist dieser Ort viel zu offen und windig und „unstädtisch“, ja unberlinerisch im Sinne von „zu entdecken“. Der einzige Geheimtip und ausgefallenere Ort, die „Panorama Lounge“ im Rücken des Geländes, konnte sich nicht durchsetzen und ist seit dem vergangenen Jahr verschwunden.

Ansonsten: Ketten und solche, die sich an Ketten orientieren, dominieren rund um die und in den Arkaden. Die Preise sind unterschiedlich hoch, man kann wohl davon ausgehen, dass der Starbucks in den zehn Tagen Berlinale ein Viertel seines Jahresumsatzes macht. Alle anderen, Tschibo, Dunkin Donuts, Balzac und wie sie alle heißen, machen Espresso und Milchkaffee von ähnlich durchwachsener Qualität.

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02.02.11 6:00

Berlinale Tipps: Schlaf und Müdigkeiten

Müdigkeit ist eine Frage des Willens und des Charakters. Der Wille zur Müdigkeit. Denn auf der Berlinale müde zu sein, ist nicht erlaubt, geradezu unprofessionell, was für Heulsusen, die der Bilderflut, Mangelernährung, dem Gerenne und Gerede, den Partys und dem Schlafentzug nichts mehr entgegenzusetzen haben. Hirn und Körper dimmen sich runter wie das Licht in den Kinosälen und dann schnarcht es im Dunkeln von links und rechts. Was die werten Kollegen aber nicht abhält, anschließend über den Film zu berichten oder heftige Debatten über seinen Spannungsbogen zu führen. Kinoschlaf gilt nicht als Schlaf, sondern als tranceartige, alle Sinne auf Aufnahme geschaltete Kritikerhaltung, um Bilder und Töne bis in die tiefsten Tiefen des „Selbst“ vordringen zu lassen. Um wirklich zu verstehen.

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28.01.11 6:00

Berlinale Tipps: Pressekonferenzen Fragen

Journalisten Fragen, eine Welt für sich. Wenn in einer PK mit George Clooney eine Frau aufsteht und sich anpreist (sie war hübsch) und sagt, sie liebe "unter anderem" Filme, dann mag das als Fan-Irrsinn angesichts des schönen Mannes noch angehen.Trotzdem fragt man sich: Wie bekommt so jemand an eine Akkreditierung für ein Filmfestival?

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27.01.11 16:57

"Mit einem Taxi nach....Berlin" - TAXI DRIVER in restaurierter Fassung auf der Berlinale

35 Jahre nach seiner Pemiere ist ein Klassiker der Filmgeschichte auf der Berlinale zu sehen: Martin Scorseses TAXI DRIVER (1976) mit Robert DeNiro.
Das 35mm-Negativ wurde gescannt und bearbeitet und wird in dieser Version im Rahmen von "Berlinale Special" zu sehen sein.

Autor und Regisseur Paul Schrader, der das Drehbuch zu TAXI DRIVER schrieb und angeblich mal eine Weile in seinem Auto gewohnt hat, als es mit seinen Filmen nicht so lief, wird die Weltpremiere der restaurierten Fassung zusammen mit dem Restaurator Grover Crisp von Sony Pictures in Berlin präsentieren.

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Kinovorführungen der alten Klassiker in digitalisierten Fassungen immer größer geworden. Die Berlinale zeigte z.B. "PAT GARRETT JAGT BILLY THE KID" in einer Digitalfassung vor vollem Berlinale Palast. Die Leute wollen nach all dem DVD-Shoppen, Leihen, Kopieren und Gucken auf dem Rechner oder Fernseher die alten Streifen doch auch mal als Kinofilm sehen. Das Erlebnis ist eben doch anders.

26.01.11 6:00

Berlinale Countdown 2011: Ingmar & Orson - zwei Giganten zwei Welten

Bergman gegen Welles: 60 zu 10

Beide geboren mitten im oder am Ende des 1. Weltkriegs. Beide schrieben Filmgeschichte im 20. Jahrhundert, waren dabei tief verwurzelt im Theater, inszenierten in den 40ern Shakespeare, waren sich später aber nicht zu schade, für das Fernsehen zu arbeiten. Beide sind Autorenfilmer par exellence - der eine, Ingmar, aus dem staatlich geförderten Film-Kleinstland Schweden, gilt als der Grübler des europäischen Kinos, der andere, Orson aus dem Mutterland des Films und des knallharten Wettbewerbs, den USA, gilt als Erneuerer und Wunderkind. Und: Sie mochten die Filme des jeweils anderen überhaupt nicht.

Bergman über Welles: „Ein total überschätzter Filmemacher, ein Betrug, total leer. CITIZEN KANE, DER GLANZ DES HAUSES AMBERSON, total langweilig!“ Welles über Bergman: „Es gibt eine ganze Anzahl Bergman oder Antonioni Filme, da wäre ich lieber tot, als die bis zum Ende anzuschauen.“

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25.01.11 6:00

Berlinale Countdown 2011: "Persona" von Ingmar Bergman

Bergman goes surreal

Eine Schauspielerin (Liv Ullmann) schweigt plötzlich auf der Bühne, macht dann nach einer Minute weiter. Sie habe einen schrecklichen Lachanfall in sich gespürt, sagt sie. Am nächsten Morgen aber spricht sie gar nicht mehr. Sie kommt in eine Klinik, wo sie auf die Krankenschwester (Bibi Anderson) trifft, die das Schweigen nicht aushält und ein Gespräch beginnt, bei dem sie sich immer mehr offenbart und zeigt, wer eigentlich kaputt ist.
Die Krankenschwester ist eine Schauspielerin ihres Lebens. Sie konnte nur nie so viel reden. Endlich hört jemand zu, aber er spricht nicht. Wer da an Psychoanalyse denkt, liegt wohl richtig.

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24.01.11 12:16

Panorama: Newcomer, indische Rapper und Politik

Von Vampiren und anderen bösen und spannenden und schönen Fremden

Da sind die Erstlinge wie der Film der Israelin Michal Aviad Lo Roim Alaich (Invisible), der laut Haaretz von zwei Frauen erzählt, einer linken Aktivistin und einer Fernseh Produzentin, die herausfinden, beide vom gleichen Mann vergewaltigt worden zu sein. Der ewige palästinensisch-israelischen Konflikt ist hier (hoffentlich) nur im Hintergrund.

In También la lluvia (Even the Rain) hat Berlinale Liebling Gael García Bernal aus einer ganzen Dorfgemeinschaft von Indios Darsteller für ein Eroberungsdrama über Columbus zu casten. Ein Film im Film in klassischer Manier. Hier der TRAILER.

Auch ein Erstling ist der Film der Französin Céline Sciamma, deren Tomboy vom „Heranwachsen eines Jungen im Mädchenkörper erzählt“ (Zitat Berlinale). Auf Filmwebsites hört sich die Geschichte anders an: Ein Mädchen zieht in eine neue Nachbarschaft und findet keine Freunde, bis sie sich als Jungen ausgibt und dabei ein Mädchen kennenlernt, die ihr Geheimnis zunächst nicht erkennt. Beides spannend.

Im französischen Beitrag Dernier étage gauche gauche (Top Floor Left Wing) von Angelo Cianci geht es um die bereits integrierte aber marginalisierte Generation arabischer Jugendlichen - die allerdings in einer Geiselnahme in der Banlieu endet. Hier der TRAILER.

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21.01.11 6:00

Berlinale Countdown 2011: Kindheit bei Bergman

Kinderloses Kindheitselend

Die Abwesenheit von Kindern in Bergmans Filmen ist auffällig. Ausnahme FANNY UND ALEXANDER (1982), in dem ein Kind die Hauptrolle spielt. Sonst tauchen Kinder lediglich am Rande auf. Die Irrelevanz ihrer Bedürfnisse für den Verlauf der Handlung bzw. für die Entscheidung der Erwachsenen ist nicht zu übersehen.
Bergmans eigene Kindheit wird zu einem Schlüssel seines Werks und Bergman hat in zahlreichen Interviews über seinen Hass und seine tragische Kindheit erzählt. In seinen Filmen taucht sie wieder auf: Bei der Frage von Fiktion und Wahrheit, die man ihm als Kind austreiben wollte und bei der Frage der Unschuld des Kindes und eines Gefühls von Freiheit, die vom Erwachsenen durch Schuldgefühle zerstört wird. Für Peter-Pan-haftes oder Kindheitskomödien ist Bergman jedenfalls nicht bekannt geworden.

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17.01.11 6:00

Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Fernsehen

Fernsehen ist die Fortsetzung des Kinos mit anderen Mitteln

Der Übergang vom Kino zum Fernsehen verlief bei Bergman über die Zweitauswertung. Seine Fernsehserie SZENEN EINER EHE (1973) kam erst ins Kino, nachdem das Drama wortwörtlich halb Schweden gesehen hatte. Die Serie wurde Bergmans größter Publikumserfolg und hat seinen späteren Rückzug aus dem Kino vielleicht sogar unterstützt.
Sein zweiter großer Erfolg für das Fernsehen, FANNY UND ALEXANDER (1982), ist in der fünfstündigen Fernsehfassung eine Art Seelenkarte des Bergmanschen Motiv-Kosmos. Ein solches Werk wäre im Kino nicht vorführbar gewesen. Die dreistündige Kinofassung erscheint dagegen zugleich zu lang und zu kurz.

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03.01.11 16:38

Halbes Panorama Programm ist bekannt - bunt und spannend

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Die Hälfte des Panorama Programms ist nun bekannt. Mit dabei ein paar alte Bekannte und viele Newcomer, die allesamt in ihren Debuts jemanden auf die Reise schicken, ein beliebtes Thema und ganz psychologisch erklärt vermutlich passendes Lebensgefühl am Anfang einer Filmkarriere.

Viel Action und Thriller gibt es, ein wenig sozialkritisches Autorenkino klassischer europäischer Machart und aus Korea.
Das Spielfilmprogramm ist bis jetzt - anders als in den vergangenen Jahren - auffällig ohne homosexuelle Themen besetzt. Wohingegen sämtliche Dokumentarfilme bis auf den über Mikhail Khodorkovsky mit Homosexualität aus aller Welt zu tun haben.

Der Regisseur von Die Letzte Kriegerin und einem älteren Bond Film, Lee Tamahori, zeigt im Panorama: The Devils Double. Der Film klingt allerdings nach splatteriger Irak-Krieg Rechtfertigung: ein Doppelgänger von Saddams Sohn erlebt Sex&Gewaltorgien im Palast des Diktators. Um zu wissen, was das für Leute waren, braucht man aber nur die Einrichtung der Paläste im Kontrast zum Leben der Leute draußen zu betrachten...

In Bu-dang-geo-rae (The Unjust) von Seung-wan Ryoo geht es um einen Staatsanwalt, der einen Fall wieder aufrollt, in dem jemand offenbar zu unrecht verurteilt wurde. Der Regisseur ist bekannt für seine guten Action-Szenen und berüchtigt für eindimensionale Drehbücher. Mal sehen, wie er diese Talente kombiniert.

Chang-Pi-Hae (Ashamed) von Soo-hyun Kim aus Korea scheint eine typische, Zwei-Verkettungen-verketten-sich-Geschichte zu sein: ein lebensmüdes Mädchen führt ein Model aufs Dach und will sie springen sehen, während sie unten wartet und ein Taschendieb ersticht einen Polizisten und flieht, wird aber von einem abstürzenden Model gestoppt. Dazwischen warten vermutlich traurige Lebensweisheiten.

Noch mehr Panorama:

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22.12.10 18:59

Das ist das Ding! Plakat der Berlinale 2011

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(Quelle: Berlinale)

Irgendwo zwischen japanischer Kriegsflagge, LSD Ttrip, Lollipop Lutscher und Strobolaserlicht - und in der Mitte das dicke B, das auch Seeed schon besungen haben. Das Plakat hat Kraft und tausend Strahlen führen nach Berlin oder so ähnlich....

Im letzten Jahr zum 60sten Geburtstag ein wenig zu auf "alles muss rein" bedacht, prangte der Bär und eine zerhackte Berlinale auf einer unlesbaren Bleiwüste von Text und Namen und Filmen.

Diesmal ein Plakat wie eine Wiedergeburt. Gelungen!

Irans Nomenklatura straft wie jede Diktatur...

Das diesjährige Jury Mitglied Jafar Panahi, der schon im letzten Jahr an der Reise nach Berlin gehindert und später verhaftet wurde (festivalblog berichtete) ist heute wegen "Propaganda gegen das System" zu 6 Jahren Haft und 20 (!) Jahren Berufsverbot verurteilt worden.

Nach den Hoffnungen im letzten Jahr, dass die Wahlen und folgenden Proteste die Diktatoren haben vorsichtiger werden lassen, ist dieser Schritt ein Zeichen, dass Ahmadinedschad die Daumenschrauben weiter anzieht.

Einen der renomiertesten Regisseure und seinen Regiekollegen Mohammed Rasuf mit zu verhaften, verurteilen und faktisch mundtot zu machen ist eine Katastrophe für alle, die noch Illusionen über die Richtung des Landes haben. Verurteilt wurde der Mann nicht, weil er als politischer Aktivist auffällig geworden wäre (und selbst wenn, ist das in einem freien Land auch keine Rechtfertigung), sondern allein aufgrund seiner künstlerischen Arbeit.

Panahi ist aber leider nur der prominenteste von vielen Oppositionellen Künstlern, Studenten und ganz regulärer Arbeit nachgehenden Iranern, die in den vergangenen Monaten in Gefängnissen verschwunden sind gefoltert wurden und mit absurden Prozessen überzogen werden.

Iran ist eigentlich ein reiches Land, mit breiter kultureller Schicht und liberalen Traditionen, gebildeten Eliten und für den Nahen Osten erstaunlichem Bildungssystem, ein Land mit dem Potential wie die Türkei eine Brücke zwischen islamischer und westlicher Welt zu schlagen. Die Filmwelt Irans ist die spannendste, beste und traditionsreichste der Region und Panahi einer ihrer Köpfe.

Aber: das Land wird regiert von Männern, die behaupten, im Namen einer Religion zu sprechen und handeln und wie so viele, die mit Gott im Rücken Politik machen, auch nur Macht, Einfluss und Geld im Blick haben. Dabei können diese heuchlerischen Politiker aber jeden aus dem Weg räumen, der wie Panhahi in seinen Filmen auf die Absurditäten des "Systems" hinweist. Ihr Referenzsystem "Religion" duldet keinen Widerspruch und hat im Sinn von Deus lo vult immer Recht. Es bleibt nur: Weiter Filme machen, weiter Schreiben, weiter Hinschauen.

08.12.10 14:37

Der Dude mit Hut - Coen Brüder eröffnen die Berlinale

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Das ist ein Eröffnungsfilm! True Grit von von den Coen Brüdern, mit Jeff Bridges UND Matt Damon. Chapeau. Die Coens waren das letzte Mal mit Big Lebowski im Wettbewerb vertreten, den sie dann nicht gewannen, der Film aber zu einem Klassiker geworden und untrennbar mit Jeff Bridges verknüpft ist inzwischen.

Am 10. Februar steigen die Herren (dazu noch Josh Brolin und die Dame zum Trio Hailee Steinfeld) auf die Bühne des Berlinale Palasts. Einziger Wermutstropfen: der Film wird außerhalb der Konkurrenz laufen und nur ein Woche nach der Berlinale ohnehin im Kino starten. Man darf das ganze also als gelungene PR Nummer (für beide Seiten) sehen.

Tru Grit ist ist ein Western, genauer das Remake eines Western mit John Wayne.
Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis die Coens in ihrer Reise durch die Filmgenres beim Western ankommen würden. Unter DER Verkörperung des raubeinigen Cowboys und Reaktionärs schlechthin durch John Wayne wollten sie es nicht machen.

Komödie, Screwball, Krimi, Drama in Schwarz/Weiß oder Farbe, schnell und langsam, mit Stars und ohne - alles schon gemacht. Nun also Western. Für schräge Typen und eigenartige Momente war bisher in jedem Film gesorgt, hier könnte sich das großartig mit der Coen-typischen Unerbittlichkeit paaren, wie sie Leute scheitern oder gleich sterben lassen.

Die Story: Die 14-jährigen Mattie (Hailee Steinfeld) will den Mörder ihres Vaters finden. Da ihr die Behörden dabei nicht helfen wollen, heuert sie Marshall „Rooster“ Cogburn (Jeff Bridges) an, der zusammen mit ihr und dem Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon! das wird interesant) die Spur des flüchtigen Mörders (Josh Brolin) aufnimmt.

07.12.10 15:07

Iraner Panahi wird Jurymitglied 2011

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Jafar Panahi, letztes Jahr durch seine Verhaftung an der Teilnahme an der Berlinale gehindert, soll 2011 Jurymitglied werden. Sein Verhaftung im Zuge der Proteste im Iran hatten weltweit Aufsehen erregt und einen weiteren Beleg für die diktatorischen Unrechts Methoden der Regierung Ahmadinedschad geliefert.

Panahi ist ein großartiger Filmemacher, der nicht so sehr durch den traditionell gefplegten filmischen Symbolismus auffiel (der sicher auch mit der Zensur zu tun hat), sondern dessen Filme immer sehr direkt politisch sind, gesellschaftliche Themen geradezu tollkühn offen thematisieren.
Mit dem Film Offside hatte er 2006 den Silbernen Bären gewonnen, einige Jahre zuvor mit The Circle sogar den goldenen Löwen in Venedig.

Wir können uns also auf einen engagierten Filmemacher in der Jury freuen und dabei ganz fest hoffen, dass die Idioten, die im Iran das Sagen haben, ihn diesmal reisen lassen.

20.02.10 14:32

Plein Sud (Going South) von Sébastien Lifshitz

Allzu schöne Menschen…

Der Fahrer mit breitem Kinn sieht gut aus und schweigt. Die Kleine ist wild und hübsch mit franzosenmäßiger Zahnlücke, der Bruder ein schöner Lockenkopf mit sensiblen Augen und der vierte Mitfahrer so ein selbstbewusster Skatertyp mit langen Haaren. Alle sehen also super aus, ziehen ihre T-Shirts ständig aus, aalen sich am Strand und es passiert, was passieren muss. Schweiger und Lockenkopf sowie Skater und Schwesterchen machen es. Es ist schließlich Sommer. Ach ja eine Pistole ist ganz Godard mäßig früh im Bild, um Spannung zu schaffen und es gibt Rückblenden in die Kindheit, um die Verschwiegenheit des Fahrers, die eigenartige sexuelle Spannung zwischen Bruder und Schwester zu erklären (nur der Skatertyp bleibt seltsamerweise ausgespart, ist eh nur Mittel zu Zweck). Diese vier sind unterwegs gen Süden, machen zwischendurch Station beim Bruder Fahrers, der eigentlich zu seiner Mutter will, um sie wegen des Selbstmords des Vaters (mit eben der Pistole) zu konfrontieren.

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19.02.10 21:13

En Familie (Eine Familie) von Pernille Fischer Christensen

Ausgebacken

Ditte stammt aus einer alten dänischen Familie die über Generationen ein Bäckereiimperium aufgebaut hat. Sie ist der Liebling ihres Vaters, dem Chef der Betriebes, selbst Galeristin und bekommt ein Jobangebot für New York. Am gleichen Tag stellt sie fest, sie ist schwanger von ihrem Freund, einem Künstler. Das ist die Ausgangsposition. Dann erfahren wir noch, dass ihr Vater gerade eine Krebstherapie überstanden hat, aber nun als geheilt gilt. Ditte entscheidet das Kind abzutreiben, N.Y. mit ihrem Freund soll die Zukunft sein. Es gibt noch eine Schwester und zwei deutlich jüngere Halbgeschwister, weil ihr Vater nochmals heiratet. Eine Patchworkfamilie, die offenbar leidlich funktioniert, so richtig erfährt man das nicht. Alles normal, bis Vattern doch wieder Metastasen hat und diesmal nur auf sein Ende warten kann.

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Father of Invention von Trent Cooper

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Ohne jeden Erfindergeist

Eine wie in Reihe gefertigte amerikanische Komödie mit einem Star in der Hauptrolle, glatt, mit vorhersehbaren Entwicklungen und nahe liegenden Konflikten und Charakteren, die alle wie aus einem Handbuch des Drehbuchschreibens entnommen scheinen: die esoterisch, etwas dämliche Exfrau mit nettem neuen Mann, der zum Gefährten des Helden wird, die superhübsche Tochter, die in einer Frauen WG lebt, in der Papa, gescheiterter und verfemter Unternehmer, einzieht und mit der lesbischen Mitbewohnerin erst Probleme hat, die dann natürlich zur Kumpel-Freundin wird.
Axle scheitert dramaturgiegerecht zunächst beim Job im Supermarkt, weil er dazu gemacht ist, den amerikanischen Traum zu leben und ganz allein und selbständig Großes zu vollbringen - nur diesmal wird er dabei seine Familie und vor allem seine Tochter nicht vergessen. Kennt man das nicht so oder ähnlich...?

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18.02.10 16:55

Jud Süß - Film ohne Gewissen von Oskar Roehler

Ich bin's nicht, Adolf Hitler ist's gewesen

Endlich mal kein wohlwollender oder gleichgültiger Applaus nach der Vorführung, sondern schon während und dann nach dem Film Buhrufe und empörtes Gekeife. Da ist endlich mal abseits von Gefallsucht, Mainstream und gewohnter Autorenfilm Sprödigkeit ein Werk auf Widerstand und Wut getroffen. Ich fand ihn gelungen.
Kurz gesagt nimmt der Film sich alle künstlerischen Freiheiten die Geschichte von Ferdinand Marian zu erzählen, Hauptdarsteller in Jud Süß, dem wohl gelungensten, weil subtilsten Propagandafilm des Dritten Reichs. Roehlers Film, mit Tobias Moretti und Moritz Bleibtreu in den Hauptrollen, erzählt über die Verführbarkeit jedes Einzelnen, wenn man ihn mit Ruhm, Ansehen und Geld lockt - unabhängig von Regime und Zeit. Auch ein Film über die Filmindustrie der Nazis, die es mit Amerika aufnehmen wollte und dabei trotzdem ideologietreue Filme fabrizierte.

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Parade von Isao Yukisada

Der Feind in meinem Bett

Vier junge Menschen Anfang 20 driften durch ihr Leben, mit oder ohne Job, Freundin, Plan oder Antrieb. Dazu gibt es einen Serienmörder, über den zwischen Soap Operas im Fernsehen berichtet wird. Nebenan wohnt ein Hellseher, den man für eine Puffmutter hält und ansonsten wird viel über nichts geredet und dazu getrunken. Was Studenten und junge Menschen eben so tun und denken. In Tokyo oder sonstwo. Dann kommt ein blondierter Stricher in die WG und erst weiß keiner, wer ihn mitgebracht hat, dann ist aller Freund und Kummerkasten, Nacktmodell und kleiner Bruder.
Regisseur Yukisada interessierten - wie er vor der Vorführung sagte - die Reaktion junger Leute hier in Europa auf seinen Film. Kennen sie das? Sicher tun sie. So what? Den Dreh ins Abstruse, wenn der WG-Hauptmieter und einzige mit Job und Karriere der Killer im silbernen Space Anzug ist und all wussten es schon lang, aber dachten sich: egal, jeder macht halt SEIN Ding. Das nimmt einen alles nicht mit. Oder bin ich auch schon abgestumpft?

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17.02.10 18:00

Shahada von Burhan Qurbani

Schuld und Sühne

Berlin Kreuzberg ist der Ort, aber der Film hätte bis auf die Großstadtfluchtmöglichkeiten auch in einem bayerischen Dorf spielen können, wo jeder jeden kennt und die Kirche und der Katholizismus noch eine wichtigere Rolle spielen. Schuldgefühle, die Religion den Menschen auflegt, wenn sie Regeln brechen und tun, was sie fühlen oder einen Fehler gemacht haben, quält diese Figuren. Aber eigentlich quälen sie sich selbst. Es geht um drei junge Menschen, die in Konflikt mit vermeintlichen Zwängen ihrer Religion, dem Islam, geraten und - aus sich selbst heraus, nicht durch Druck der Gemeinschaft - meinen mit Gott in Konflikt geraten zu sein.
Die junge Maryam, Tochter eines liberalen Imans, hat eine Abtreibung hinter sich und in einer Mischung aus Schuld und Nebenwirkung der Medikamente beginnt sie Zeichen der drohenden, persönlichen Apokalypse zu sehen. Der Polizist Ismail hat aus Versehen einen Jungen erschossen und fühlt sich zwischen Schuld gegenüber der bosnischen Mutter und seiner eigenen Familie hin und hergerissen. Samir, der bis dato selbstverständlich und gelassen seinen Glauben lebte, entdeckt, dass er offenbar homosexuell ist. Das ängstigt ihn und er glaubt wie alle anderen drei Protagonisten: Wenn es Gott gibt, kann er das nicht gewollt haben.

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16.02.10 19:46

Alle meine Väter von Jan Raiber

...und der Väter Väter Väter Väter (Monty Python, Life of Brian)

So ehrlich muss Dokumentarfilm sein. So tief und erhellend und mutig kann er sein. Der junge, hochsympathische Regisseur und „Darsteller“ Jan Raiber beschloss, seinen ersten Film über die Suche nach seinem leiblichen Vater zu machen. Er offenbart die Idee zunächst seinen Geschwistern. Sein Bruder ist schockiert, weil er dachte, sein Vater sei auch Jans Vater "krass, krass" kann er immer nur sagen; die Schwester wusste um die Halbbruderschaft, hat aber immer geschwiegen. Mama und Papa ahnen was, als Jan von seinem Filmprojekt erzähllt, und unterstützen ihn bald in aller Ehrlichkeit, Befangenheit, Scham, begleitet von eigenen Ängsten und verdrängten Konflikten.
Alle meine Väter ist ein Film über das Paradox, dass es am allerschwierigsten ist, mit den Leuten über etwas sehr persönliches zu sprechen, die einem am nächsten stehen: der eigenen Familie.

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L'arbre et la forêt (The Family Tree) von Olivier Ducastel, Jacques Martineau

Die Säge an den Stamm gesetzt

Wagner in voller Lautstärke zum Aufwachen ist nicht jedermanns Sache. Der 77 Jährige Frédérick liebt es. Und er liebt den Baum, den er 1947 vor dem Haus gepflanzt hat. Sonst ist er was die Amerikaner einen „grumpy old fart“ nennen - wie es scheint.
Er hat ein aufgrund eines Schwurs ein lebenslanges Verhältnis zu Bäumen, und die Familie ist mit dem Holz zu Wohlstand gekommen. Alle Generationen nebst Angetrauten und Geschiedenen hat sich eingefunden, weil der älteste Sohn zu Grabe getragen wurde. Doch Frédérick war nicht dabei. Dem Fernbleiben folgt familientypisches Schweigen von einigen und Schimpfen von anderen. Der jüngere Sohn Guilliaume hat ein Alkoholproblem und auch eines mit seinem Vater, das an diesem Abend wieder ausbricht. Die Enkelin und Tochter des Toten mag ihren Opa, aber ist erschüttert, dass sie nicht traurig über den Tod ihres Vaters ist. Sie hatte zu ihm so wenig ein Verhältnis wie ihr Vater zu Frédérick. Das nur einer der Belege in diesem Film, wie Fähigkeiten und Unfähigkeiten an die nächste Generation weitergereicht werden. Und dann ist da noch Marianne, die Großmutter, die beschwichtigt und wartet - und mit Frédérick seit 50 Jahren ein Geheimnis hütet.

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15.02.10 18:28

Schnee und Fleiß

Jeden Tag mindestens einer. Mein Pfadfinder Konto ist gut gefüllt, konnte schon drei Mal Gestürzten die Hand reichen, Sachen zusammensammeln, in verwirrte oder schmerzverzerrte Gesichter blicken und aufmunternde Worte sprechen: "Berlin ist super, oder?"
Die Eisplatten, der Schnee, der bucklige Mix aus beidem ist hochgefährlich für die ständig SMS-enden, telefonierenden, in Programmen blätternden und dabei sich eilig fortbewegenden Menschen rund um den Potsi. Dazu die geröteten Augen von zuviel Dunkelheit und zu wenig Schlaf. Einmal kam sogar der Krankenwagen, Platzwunde, die Italienerin verstand die Welt nicht mehr - von jetzt an nur noch Cannes!
Auffällig viele Menschen mit Krücken sind zudem unterwegs hier - oder seh ich schon Gespenster? Ein Kollege hat jedenfalls beim Apotheker in Potsdamer Platz Nähe mal gefragt, was denn im Moment am besten geht: die wenig überraschende Antwort: Aspirin und Potenzpillen. Wir müssen uns den Festivalgeher als glücklichen Menschen vorstellen.

Sunny Land von Aljoscha Weskott und Marietta Kesting

Erinnerungs-Sauce

Ok, ich geb‘s gleich zu, nach 50 Minuten hatte ich genug. Mein erstes Filmflüchten dieser Festspiele. Aber was die Regisseure einem hier kredenzten war geschmacklose Erinnerungssauce ohne Erinnerungen aus erster Hand zu haben, weder gar noch bissfest. Eine wirrer Cut-up von Interviews, kunstmäßig daherkommenden Videoaufnahmen von einem Pool oder einer Treppe, dann Archivaufnahmen von einer Misswahl und Videoschnipsel aus Privat- oder Fernseharchiven. Eine mit schwerem deutschen Akzent sprechend Off-Stimme von einem nicht näher erläuterten "Hans" gibt dazu sinnlose, aber unheimlich gravitätisch daherkommende Kommentare zu Archivbildern von Sun City in Südafrika ab - einer Kunststadt wie Las Vegas, nur eben zu Apartheid Zeiten gebaut.

Als der inzwischen zu oft gehörte, dadurch nicht weniger falsche Vergleich zu Israel und Palästina gemacht wurde, und Hans, laut seiner Erzählung, als er den Vergleich begriff, darüber im Hotelzimmer weinte, war es genug für mich. So was passiert, wenn Kulturwissenschaftler Filme machen.
Was für eine prätentiöser, vierteldurchdachter, verkünstelter Film! Hier wurde versucht, Sans Soleil zu kopieren und eine Reflexion über Nicht-Orte zu klöppeln. Mehr ist es nicht.
(Und wenn mir jetzt einer erzählt, die zweite Hälfte des Films sei aber gaaaaanz anders gewesen, so reicht es trotzdem nicht)

The Man who sold the world von Swel&Imad Noury

Postapokalyptische Dreiecksbeziehung

Zwei wirklich schöne Sachen gibt es in dem Film: die Texte, die die Kapitel des Films einleiten und einige der stillen, sehr cinematographischen Aufnahmen von Gebäuden und eigenartigen Räumen in Casablanca. Ansonsten haben die beiden Regisseure in jedem Fall eine sehr eigenwillige Filmsprache und Filmstruktur für ihre Geschichte gefunden, die auf einer Erzählung Dostojewskis basiert. Auf der optischen Ebene ist der Film zunächst kraftvoll und individuell, aber nach einer Weile wirkt er ein wenig prätentiös und gewollt.
X arbeitet die ganze Zeit auf Pillen an irgendwelchen Texten, bekommt Halluzinationen, es herrscht ein Krieg zwischen irgendwem und der nicht näher bestimmt wird. Xs Freund Ney, zu dem X eine Art homoerotische Beziehung ohne Sex unterhält, macht nicht viel außer rauchen (das allerdings immer schön in Szene gesetzt) und läuft wie sein Freund in Clownsklamotten durch die Gegend. Über die Arbeit und seine große Liebe zu Lilli, eine schöne Französin und die Liebe zu seinen Freund, der ebenfalls Lilli liebt, wird X allmählich irre - das Ganze ist mal „lynchig“, dann an Shirin Nesfat erinnernd fotografiert, aber bleibt seltsam blutleer trotz der eingesetzten Bildgewalt.

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Cosa voglio piu - (Was will ich mehr) von Silvio Soldini

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Vier mal vier Stunden wegtauchen

Eigentlich eine ganz konventionelle Affäre begleiten wir von Anfang bis zum Ende in diesem Film des „Brot und Tulpen“ und „Agatha und der Sturm“ Regisseurs Silvio Soldini.
Mailand: Anna lebt mit ihrem gutmütigen, übergewichtigen Freund Alessio zusammen. Sie arbeitet in einem Büro in der Stadt, aber die beiden haben sich irgendwo weit außerhalb eine Wohnung gekauft. Als Annas Schwester ein Kind bekommt, fragt Alessio, ob sie nicht auch mal wollen, irgendwann. Ok, setzten wir halt die Pille ab. Sagt sie, macht‘s aber nicht. Und er macht auch nichts, außer abends im Bett Bücher zu lesen und einen ungemeinen Nestbautrieb zu entwickeln: er baut die Wohnung um, kauft Möbel und bastelt. Er kann gut Sachen reparieren, aber seine Freundin kriegt er offenbar nicht hin. Und wie als müsse sich Anna selbst testen, verabredet sie sich schon bald mit der Zufallsbekanntschaft Domenico, Gegenmodell ihres Freundes, ein „He-Man“, viril, muskulös, kantiges Kinn - und recht schlicht. Die Erfindung von SMS und Handy haben inzwischen Nebenbeziehungen um einiges leichter gemacht und nur die aufmerksamen Partner bemerken das "gesimse" oder die geflüsterten Gespräche zwischen Supermarktregalen. Allessio bemerkt sie nicht.

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14.02.10 16:53

Il Giardino dei Finzi-Conti (Der Garten der Finzi-Contini) von Vittorio de Sica

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Holocaust a la Hamilton

Der gigantische Garten, eher Park, der Finzi-Contini ist ein Garten Eden mit Tennisplatz. Dort treffen sich in den 30er Jahren die vom faschistischen Staat immer mehr ausgeschlossenen jungen Juden der Stadt Ferrara. Giorgio stammt aus einem bürgerlichen Haushalt und liebt Micòl, die Tochter derer von Finzi-Contini, einer sehr wohlhabende Familie Italiens. Seit Kindertagen kennen die beiden sich und Giorgios Hoffnung auch in diesen Zeiten der Diskriminierung und Ausgrenzung, seine Literaturstudien fortzusetzen und seine Liebe zu Micòl leben zu können scheitert am Ende. Allerdings weniger an den italienischen Rasse-Gesetzen, die denen in Deutschland gleichen, sondern einfach an den Gefühlen seiner Angebeteten, die ihn zurückweist, weil sie für ihn eher wie für einen Bruder fühlt.

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Mine Vaganti (Loose Canons) von Ferzan Ozpetek

Von klugen Omas und schönen Enkeln

Ahhh - das Licht in Apulien, der Sommer, das Meer, die Mode, leidenschaftliche Frauen und Männer, die Altstadt mit Gassen und Säulen, die Pasta - Bella Italia totale. Dazu das Anwesen der angesehenen Familie Cantone voller verschrobener aber irgendwie liebenswerter Individuen: die kommandierende Mutter, die exzentrische Tante, der labernde Schwager, die dicken Enkel, die schlichten Haushaltshilfen, die weise aber rebellische „Nonna“ (Oma) - und zwei schwule Söhne. Was passt hier nicht ins Klischee? Genau. Und weil der eine Bruder, dem anderen bei einem festlichen Abendessen mit seinem Coming Out zuvor kommt, Papa ausflippt und einen Herzinfarkt erleidet und den Sohn verstößt, muss Tommaso, der jüngste und schon vor Jahren nach Rom geflüchtete Bruder plötzlich in der alten Heimat in Pasta machen, obwohl er Schriftsteller werden möchte. Und hier beginnt diese schöne Komödie um die wahre Bestimmung und Liebe und Familienbande in Fahrt zu kommen.

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13.02.10 10:22

Ai no corrida - Im Reich der Sinne von Nagisa Oshima

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Verschmelzungsprozess scheiternd

In Japan gibt es bekanntlich einen von christlicher Körperfeindlichkeit weniger lädierten Umgang mit Sexualität: ganz offen lesen Büromenschen Porno-Mangas in der U-Bahn, es gibt so genannte Love-Hotels für‘s Wochenende, in Bars ist der Übergang von Burlesquetanz und Prostitution fließend, japanische Fesseltechniken sind berühmt und das Versenden von gebrauchten Frauenschlüpfern soll ein einträgliches Geschäft sein. Was aber nicht bedeutet, dass Japan eine promiskuitive oder freizügige Gesellschaft wäre - im Gegenteil: lediglich der Umgang damit ist weniger, nun ja, verkrampft.

Einen Überblick über dieses Genre kann man beim DVD Label Rapid Eye bekommen, das in den vergangen Jahren allerlei gesellschaftspolitische Softporno-Kunstfilme aus Japan herausbrachte. Die Retrospektive zeigt nun gewissermaßen die Mutter all dieser (mehr oder minder guten) Streifen: den „Skandalfilm“ Im Reich der Sinne von von 1976.

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I‘m in trouble von So Sang-min

Och neeee…, macht ihr ruhig...

Im letzen Jahr gab es den Treffer-Film Wir sind schon mittendrin über ein paar deutsche Thirty-Somethings, die Weg und Ziel noch immer nicht ganz finden konnten und einfach ihren wechselnden Ideen folgen - sich dabei aber dem Vorwurf aussetzen, nicht erwachsen (was immer das heißt) werden zu wollen.
Wie dieser koreanische Film zeigt, ist das Phänomen offenbar international: Sun-woo ist ein Dichter mit Uniabschluss, den man im gesamten Film nicht schreiben sieht, stattdessen viel trinken, rumstoffeln, schlafen, schlafen, schlafen und mit den Frauen nicht zurecht kommen. Außerdem kniet er im Verlauf des Films einige Male und muss sich auch auf andere Arten bei Freunden und Fremden entschuldigen.

Seine Freundin Yuna macht Schluss mit ihm, er will sie zurück, aber irgendwie auch nicht so richtig - weil er nichts so richtig will. Aber Alleinsein ist auch doof. Der Schlüsselsatz des Films kommt von ihr: Immer wenn ich dir fern bin, verlangst du nach mir, und wenn es ernst wird, ist es dir zu eng. So geht es dem traurigen Helden mit allen Dingen des Lebens wie es scheint.

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12.02.10 22:14

Howl von Rob Epstein und Jeffrey Friedman

Beat it!

Das Gedicht „Howl“ (Geheul) und sein Vortrag in einer kleinen Galerie in San Francisco Mitte der 50er Jahre war wohl der „defining moment“, in dem das Phänomen Beat Generation geboren wurde. Wirklich dabei waren an diesem Abend vielleicht dreißig Leute, die meisten davon selbst Autoren und Künstler. Aber durch einen Prozess wegen Obszönität einer viel breiteten Öffentlichkeit bekannt geworden, wurde Allen Ginsberg und sein Gedicht zu einer Art Manifest all der verlorenen Seelen, der nach Hoffnung und Liebe Suchenden jungen Leute. Der Film ist ein Re-Enactment der Lesung an jenem Abend in San Francisco sowie diverser Interviews mit Ginsberg. Dazu hat man die Gerichtsakten zu Leben erweckt, was voller bizarrer Momente ist, wenn die „Relevanz“ von Dichtung durch Anwälte erörtert wird. Den Vortrag des wilden Poems bebildern immer wieder animierte Sequenzen, die aber eher zu den Schwächen des Films zählen, der ansonsten voll und ganz der Kraft der Ginsberg Texte, Interviews und Gerichtsakten vertraut.

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My Name is Khan von Karan Johar

Mein Name ist Hase

Zeithistorische Komödie mit viel Romantik Musik und Kitsch, romantisches Drama über Diskriminierung voller Klischees und liebenswerter Figuren, farbenfrohes Liebesstück zur Überwindung von Vorurteilen und Hass, Melodram mit politischer Botschaft und Herzschmerz - dazu ein bisschen Forrest Gump und Rain Man, alles in diesem Holly-Bollywoodfilm.
Superstar Shah Rukh Khan, gerade vorm Berlinale Palast mit Kreischorgien empfangen, tanzt in diesem Film nicht, singt nur schlecht und kurz und sieht in vielen Einstellungen ein bisschen aus wie Peter Sellers als Inder in Der Partyschreck.
Vom Publikum wurde viel gelacht, viel geweint, romantisch aufgestöhnt und kopfschüttelnd gelächelt. Hach!, möchte man so manches mal rufen.
Der Korrespondent war einige Male zwar irritiert über die allzu offensichtlichen Zeigerfingerbotschaften und naiven Lebensweisheiten der Figuren sowie über den unbekümmerten Einsatz von Klischees wie z.B. der dicken, gutherzigen, schwarzen Südstaaten-Mama mit singendem Lächelboy - aber das alles konnte den Film nicht verderben, sondern gehört in diesem Genre genau so - dazu der ungebremste Einsatz von Musik und Gegenlicht und Zeitlupe und Farbenpracht, wenn es dramatisch sein soll, oder herzschmerzig oder hochromantisch. Da bleibt kein Auge trocken, wenn man ein Herz hat, emotional wird nichts dem Zufall überlassen und der Zuschauer auf keinen Fall sich selbst.

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11.02.10 19:28

El recuento de los danos - The Counting of Damages von Inés de Oliveira Cézar

Komplex mit Mutter

Die Straße am Anfang, minutenlang der Blick nach vorn durch platte Landschaft. Nichts geschieht und doch ist viel geschehen. Ein junger Mann wird von den Financiers einer Firma in die Provinz geschickt, um die Rentablität einer Fabrik zu überprüfen. Er hat einen Platten, sucht Hilfe, es passiert ein Unfall. Als er am nächsten Tag ankommt, ist in der Fabrik gedrückte Stimmung: der Eigentümer ist umgekommen. Der Mann im Anzug will nun die gemächlichen Prozesse in Schwung bringen und beginnt - man kann nur sagen aus dem Nichts - ein Verhältnis mit der Witwe. Deren Bruder ist nicht nur gegen die Reformen, sondern aus einem noch nicht erklärbaren Grund auch gegen die Beziehung. Aber alle Leidenschaft und Wut und Trauer ist nur zu erahnen.
Alles scheint innerhalb einer Woche zu geschehen, der tote Patriach wird nicht mehr erwähnt, auch die Töchter reden kein Wort mehr über ihn, die Mutter trifft ihren jungen Liebhaber, Unfälle in der Fabrik häufen sich.

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Die Jury stellt sich vor

Damit geht es los. Eine interessante Runde aus Künstlern und Filmemachern stellte sich der Presse, um ihr Dasein als Jury und ihre Entscheidungskriterien zu erläutern.

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Werner Herzog als Präsident ist über 40 Jahre nach seinem eigenen Debüt auf der Berlinale eine gute Entscheidung. Der Mann repräsentiert alles, was das Kino heute nur noch selten ist: Eigenwilligkeit, Anti-Mainstream, hoher Anspruch, Experimentierfreude, Kunstwille und Verbissenheit.
Auf die Frage, was denn für ihn einen guten Film ausmache, antwortete er: Alle Filme, die die Jury sehen wird, bekommen am Anfang das gleiche Maß an Sympathie. Er glaube, wenn sie einen wirklich großen Film sehen werden, würden das wohl alle Jurymitglieder spüren. Aber feste Kriterien für einen guten Film gebe es nicht, dafür seien sowohl die künstlerischen wie kulturellen Hintergründe der Mitglieder allzu heterogen.

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Packeseln beginnt - Trend geht zur lila Zweittasche

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Das ist sie also, die diesjährige Berlinale Tasche (links) - Kultobjekt seit der Erfindung des Merchandise-Sponsoren-Goodies-Trallala. Wie die aus China vor 3 Jahren riecht sie nach Plaste und Elaste, nur diesmal in Lila mit Bunt - sowohl für den Herrn wie die Dame.

Für den packeselnden Blogger als Zweittasche jedoch unersetzlich, weil man all die Zettel, Kataloge, Programme, dazu Getränke, Mütze, Schal, Handschuhe, Kippen, Rechner, Kabel, Brille und Brotzeit einfach nicht in einer einzigen handelsüblichen Tasche (rechts) unterbekommt.
Mein Vorschlag fürs nächste Jahr: Der Berlinale Rucksack!

22.01.10 13:24

Panorama kompletto

Das Panorama hat die letzten Filme bekanntgegeben. Insgesamt werden es 54 Filme sein und dabei wie immer einige über oder von Homosexuelle(n) aus aller Welt. Dazu zahlreiche Dokumentationen, von denen zwei in Berlin gedreht wurden und recht vielversprechend klingen. Der Dokumentarfilmteil wird eröffnet von David Wants To Fly der sich mit der neuen Religiösität weltweit beschäftigt. David Sieveking begibt sich auf die Suche nach dem tieferen Sinn der Begeisterung seines Idols David Lynch für Meditation.

Bei den Spielfilmen scheint von Kunst bis Thriller eine gute Mischung gefunden und mit einem der wenigen Filme, die bisher im Irak gemacht wurden, auch etwas außergwöhnliches im Programm. Eröffnet werden die Spielfilme am 12. Februar von dem russischen Film Veselchaki von Felix Mikhailov. Die Subkultur eines Moskauer Transenkabaretts ist Spiegel der homophoben Gesellschaft in Russland. Der Blick in die Herkunftsfamilien der Performer zeigt die harsche Normalität, aus der sie geflüchtet sind.

Aus Indien kommt Aarekti Premer Golpo (Just Another Love Story) von Kaushik Ganguly. Er handelt von einer lesbischen Dokumentarfilmregisseurin und einem bisexuellen Regisseur, die befreundet sind und eine Doku in Kalkutta drehen wollen, dann aber Probleme bekommen.

Aus Brasilien werden wir das Drama aus der Sklavenzeit Besouro von João Daniel Tikhomiroff zu sehen bekommen. Ein hochbegabter Capoeira Tänzer wird durch Zauberei zu einer Art Jedi-Ritter und benutzt den Tanz dazu, wovor die Sklavenhalter Angst hatten: zum Kampf gegen die Unterdrückung.

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14.02.09 13:00

"North / Nord" von Rune Denstad Langlo

Roadmovie abseits der Straße

Schneelandschaften und eine Art moderner norwegischer Cowboy, der begleitet von Country Musik durch diese Stille unterwegs ist. Er will nach Norden, ohne genau zu wissen, was er dort tun wird. Nur hinkommen will er, und hat damit das gute alte Motto Der Weg ist das Ziel wieder zum Leben erweckt.

Lange habe nicht mehr die Wiederauferstehung eines Helden mit soviel Humor, Traurigkeit und Alkohol gesehen. Toll.

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13.02.09 22:47

"Deutschland 09 - 13 Kurze Filme zur Lage der Nation" von vielen Regisseuren

13 kurze Filme, die zusammen Deutschland 2009 beschreiben wollen. Episodenfilme von sehr unterschiedlichen deutschen Regisseuren. Zuletzt versuchte „Paris je t‘aime“ die Stadt Paris zu fassen zu bekommen, oder vor einigen Jahren der Film 9/11, der versuchte, die Welt nach dem 11. September filmisch zu durchwandern.
Nun also Deutschland ’09. ...2009 , das Superwahl-Jubiläums Jahr: 20 Jahre Wende, 20 Jahre Love Parade, 60 Jahre BRD (die DDR bleibt auf immer 40) und 250 Jahre Schiller - und 100 Jahre Heinz Erhard.
Und dann ist dieser Film auch noch ein Remake, nämlich von Kluges, Fassbinders, Schlöndorffs u.a. „Deutschland im Herbst“ - ebenfalls etwas mehr als 30 Jahre her. Und Herbst ist jetzt ja auch wieder - irgendwie. Aber etwa 10 der 13 Beiträge sind langweilig, viel zu naheliegend, uninspiriert und bieder.

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"Rabioso sol, rabioso cielo / Raging Sun, Raging Sky" von Julián Hernández

Wortloses Bumm-Bumm in Schwarz-Weiß

Ok, ein Stummfilm über Sex in Schwarz/Weiß. Erst ein hetero, dann homo Paare. Keine Figur spricht mit der anderen, spricht überhaupt. Es sind Stimmen da, die aus dem Kopf vielleicht kommen, Alltagsdinge denken, ohne Zusammenhang. Das Schwarz/Weiß wird mit viel Gegenlicht und Schärfenwechsel inszeniert, starke Kontraste. Ja, ganz schön anzusehen, aber es fehlt auch hier ein Zusammenhang, oder jedenfalls ist der erkennbare reichlich prätentiös. Die einen (das hetero Paar) treffen sich in einer Westside Story-artigen Szene auf einer Brücke, tanzen im Regen und vögeln sich dann die Seele aus dem Leib. Die Schwulen finden sich in schmierigen Toiletten und Kinos, immer die Angst entdeckt zu werden. Ja und weiter?

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12.02.09 23:41

"Letters to the President" von Petr Lom

Briefe an den Weihnachtsmann

Es war klar: es geht um Iran und da schlagen die Emotionen hoch. Meist aus Uninformiertheit, oft aus Ignoranz, fast immer dogmatisch. Dem Filmemacher wird der total unlogisch Doppelvorwurf gemacht: 1. DASS er den Film gemacht hat und 2. regten sich Leute auf, dass er NICHT gezeigt hat, was sie sehen wollten. Was wir alle aber doch wissen: die Menschenrechtsverletzungen, die Verfolgung von Homosexuellen, Intellektuellen, von Opposition und kritischen Geistlichen. Sie kritisieren die Todesstrafe und die Zensur. Diese Leute meinen es ja gut. Aber bekanntermaßen ist das Gegenteil von „gut“ sehr oft „gut gemeint“. Sie kritisieren richtige Dinge, nur ging es in diesem Film um etwas anderes. Und hätten sie zugeschaut, hätten die Aktivisten etwas lernen können.

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"La teta asustada / The Milk Of Sorrow" von Claudia Llosa

Vier Hochtzeiten und ein Todefall

Was in Erinnerung bleibt sind drei Dinge: die Langsamkeit der Figuren und ihre Stille, die Treppe und der beschwerliche Weg über den kahlen Bergrücken, und wie die Hauptfigur die pinkfarbenen Kartoffeltriebe der Kartoffel in ihrer Vagina mit einer Nagelschere abknipst. Warum sie am Ende diese Kartoffel entfernt, warum sie die Mutter am Meer beerdigt, nachdem sie wochenlang unterm Bett gammelte, warum diese Figur die irrationale Angst überhaupt hat, das ist mir irgendwie nicht klar geworden. Muss es ja auch nicht, klar werden im Sinne von begreifen, aber mitfühlen will ich doch - auch das wurde einem schwer gemacht.

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"Wir sind schon mittendrin" von Elmar Szücs

Mittendrin und immer ein bisserl' neben der Spur

Sind wir die Generation Unentschieden, wie der Regisseur es nennt? Und wer ist "wir"? Die Jungs in dem großartigen Dokumentarfilm von Elmar Szücs sind alle 29, kurz vor Dreißig, die magische Grenze, wo man dann wohl doch, irgendwie, nun ja, halt erwachsen ist. Vielleicht. Alle haben diverse Studiengänge und -abbrüche, Neuanfänge, Fernreisen und Rumhängphasen, Depressionen und Arsch-Hochkrieg Versuche hinter sich, alle sind nicht verheiratet. Nur einer hat ein Kind. Und der macht den Film. Deswegen macht er den, wie die erste Einstellung von seinem selig grinsenden Sohn deutlich macht.

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10.02.09 22:53

"Unmistaken Child" von Nati Baratz

Ok, stellen wir uns vor, eines Tages steht ein Betbruder, sagen wir von den Franziskanern, vor eurer Tür. Ihr seid untypische Deutsche und lasst den fremden Mann in seiner Kutte in Eure Wohnung, obwohl er komische Fragen stellt: wie ist der erste Buchstabe des Namens des Vaters, kann Euer Kind was besonderes? Der Mönch spielt mit dem Kind, zeigt im eine Kette und fragt, „Gehört das dir?“

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"The Countess" von July Delpy

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The Dark Knightin zu progressiv fürs Mittelalter

Das mal vorgweg: der Film könnte noch gewinnen, wenn er erst synchronisiert ist. In dieser Fassung, wo fast alle Hauptrollen von Nicht-Muttersprachlern in Englisch gespielt werden, geht so viel Seele verloren, dass der ohnehin gestelzte Sprachstil, in manchen Momente wie Schultheater wirkt. Paradox, dass gerade William Hurt, der einen ungarischen Akzent mimt, am besten rüberkommt.
Aber auch ansonsten ist July Delpys dritte Regiearbeit nicht so richtig rund. Eine Mischung aus Liebestragödie, Draculas Braut und feministischem Manifest. Eine Spukgeschichte inklusive Folterkammer und wallenden Köstümen, die in manchen Szenen ein wenig blutleer wirkt - wie die Jungfrauen, die geschlachtet werden.

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"Das Vaterspiel" von Michael Glawogger

Viele haben 'nen Nazi im Keller

Der Trend geht mal wieder zur Romanverfilmung. Dies ist Glawoggers mehr oder minder gelungene Versuch, Josef Haslingers gleichnamigen, fast 600 Seiten starken Roman zu verfilmen. Wir sollen laut Regisseurs den Film, wenn schon, dann auf anregende und kreative Weise nicht mögen. Nun gut, ich will mich bemühen.

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Blogger: Die große Zusammenkunft

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Ein wenig Luxus gönnte die Redaktion sich gestern, nach einem harten Drehtag. Im Restaurant des Hyatt sammelten wir Gedanken und Kraft, und weil keiner mehr ohne Arbeit kann, wurde auch gleich unser erster Podcast produziert. 15 Minuten konzentrierter, focussierter, geschliffener Filmbesprechungen und Berlinaleausblicke. Naja, so ähnlich.....

Podcast anhören hier

09.02.09 20:20

"The Shock Doctrine" von Michael Winterbottom & Mat Whitecross

Doktrinen Schrott - berechtigte Empörung schlecht verfilmt

Der neue Film von Michael Winterbottom ist so wild wie die Theorie, die er zu bekämpfen versucht. Naomi Kleins gleichnamiges Buch steht Pate für den Film gegen die Theorie vom freien Markt. Aber er will zu viel auf ein mal sein: zugleich Doktrin und Doku, zugleich Anklage und Aufschrei und liefert ein zerfasertes, mit Bildern unterlegtes Manifest, das sich nicht entscheiden kann zwischen der Wiedergabe von Fakten und Gegenpropaganda zum feien Markt.

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08.02.09 18:08

"When you're strange" von Tom DiCillo

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Laß den alten Mann in Frieden ruhen

The Doors - sie gelten als Ikonen der 60er und Sänger Jim Morrison wie Hendrix, Keith Moon und Janis Joplin als einer der Gefallenen im Feld der Rock Musik. Der frühe Tod dieser Heroen der 60er prägt bis heute das Bild vom wahren, harten, kurzen RocknRoll Leben. The Doors verkaufen noch heute, fast 40 Jahre nach dem Ende der Band, jedes Jahr eine Million Platten. Warum? - könnte man fragen. Und wenn man dann liest, der Kameramann von Jim Jarmusch hat aus bisher unbekannten Material einen Dokumentarfilm gemacht, klingt das zunächst interessant. Doch die Zweifel waren von Anfang an da, ob die Welt so einen Film braucht, ob dem Bild von Morrison und den Doors nicht in den dutzend bereits existierenden Dokus und dem sehr gelungen Spielfilm Olivers Stones genüge getan ist. Was kann man dem Wissen um die Band und den charismatischen Sänger hinzuzufügen, das wirklich neu ist, und selbst wenn es nicht ganz neu ist, was könnte so ein Film für eine frische Perspektive einnehmen zu dieser über-interpretierten und verklärten Zeit? Welche Offenbarung außer der Enthüllung, das Morrison zufrieden in Las Vegas lebt, ist möglich?

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"Happiest Girl in the World" von Radu Jadu

Girl Nicht Happy, Zuschauer auch nicht

Der Film ist ein kleiner Betrug und enttäuscht deshalb. Er wurde im Programm hochgejazzt zu einem Einblick in das postkommunistische Rumänien, kann am Ende aber weder das, noch adäquaten filmischen Ersatz liefern.
Es geht um ein übelgelauntes Mädchen, das ein Auto in einem Preisausschreiben gewonnen hat und mit Mama&Papa nach Bukarest fährt, um dort während eines Filmdrehs den Wagen in Empfang zu nehmen. Und das ist auch die ganze Geschichte. Autobahnfahrt und dann der absurde Filmdreh. Ende.

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07.02.09 22:30

"Storm" von Hans-Christian Schmidt


Es gibt keine Gerechtigkeit - nur Menschen


Höre ich „Serbien“, denke ich an breitschultrige untersetzte Männer mit schwarzen Lederjacken oder Uniformen und immer wieder neu entdeckte Massengräber. Im Studium waren Seminare zu Jugoslawien perfekt geeignet über zerfallende Staaten, postkommunistisches „nation building“ und sowie Krieg und Nachkriegsbewältigung zu forschen. Storm von Hans-Christian Schmidt ist aber kein Klischee und kein politologisches Seminar; es ist ein sehr gelungener Spielfilm. Und der handelt von all diesen Dingen - und von noch viel mehr: von Schuld und Sühne und den Schicksalen einzelner Menschen. Er handelt von der großen Schwierigkeit, seine Integrität zu bewahren - beruflich als Politiker oder Jurist und ganz persönlich als mitfühlender Mensch.

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27.01.09 14:05

Berlinale Programm - Jetzt wird's dunkel...

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Finanzkrise - und keiner geht hin. Berlinale hält stand

Ohjee!! Nach der heutige Programm Pressekonferenz graust es mir schon. Denn in ALLEN Sektionen und ihren Untersektionen, also wirklich allen, gibt es Großartiges zu entdecken. Jedes Jahr ein Schock, weil es nicht zu schaffen ist!

Also im Wettbewerb wie immer mit Stars und Glitter, um nur ein Paar Namen von Regisseuren zu nennen: Francois Ozon, Paul Schrader, Bertrand Tavernier, Andrzej Wajda, Constantin Costa-Gravas, Stephen Frears, Fatih Akin. Und mit Monica Belucci, Clive Owen, Michelle Pfeiffer, Steve Buscemi, Ralph Fiennes, Gael Garcia Bernal, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Woody Harrelson, Demi Moore, Jean Reno, Keanu Reeves, Kate Winslet und Renee Zelwegger ist für Auge und Hirn beider Geschlechter und allen Filmgeschmäckern was geboten.
Thematisch scheinen einige Spielfilme, so auch Tom Tykwers Eröffnungsfilm, von der Wirklichkeit in Sachen „Mad World“ (Finanzkrise) noch übertroffen worden zu sein, was Dieter Kosslick in seiner ihm eigenen Dialektik zu der Aussage brachte, „Wir haben keine Finanzkrise, die haben nur einige Verbrecher verbrochen und wir dürfen zahlen.“ Wo er Recht hat, hat er Recht.

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20.01.09 14:36

Berlinale Jury 2009 KOMPLETT: Illustre Runde...

Den Vorsitz hat bekanntermaßen die schottische Aristokratin Tilda Swinton, die, wenn man der Regenbogepresse glaubt, gerade eine Menage a Trois auf ihrem Schloss lebt und der auch was das künstlerische angeht etwas außergewönliches gelang: beginnend mit Derek Jarman Independentfilmen bis hin zu Burn after Reading der Brüder Coen letztes Jahr hat sie bei Anspruchsvollem, bei Tiefsinn und Spaß, schwierigen Stoffen und Unterhaltung immer überzeugt.

Eine Überraschung und Freude dürfte die Nominierung von Christoph Schlingensief sein, der filmisch zwar eher durch wilden Trash wie das Deutsche Kettensägen Massaker (1990) und einen grandiosen Hitlerfilm aufgefallen ist - dagegen aber das Theater in Deutschland mit wild assoziativen, hochpolitischen, schrägen, schmerzhaften und verstörenden Stoffen, Inszenierungen irgendwo zwischen darstellender Kunst, Installation und Theater beglückte. (Ein sehr bitteres Gespräch über Kunst und Leben hier)

Schlingensief hat sich immer wieder mit Afrika beschäftigt und dort Kunst gemacht und gesucht. Sein Jury Kollege Henning Mankell lebt auch in Afrika, hat Bücher über den Kontinent und seine Kulturen geschrieben. Mankell ist also kein ausgesprochener Film-Mann, sondern vor allem Krimiautor. Was ja nichts heißen muss. Von Dramaturgie und Bildern versteht er jedenfalls eine Menge.

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13.01.09 11:22

Perspektive Deutsches Kino - Programm komplett

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Von kleinen Verbrechern und anderen Scheiternden

Auch wenn Fleisch ist mein Gemüse als Film über Schleswig-Holsteinische Musiker Tristesse nicht begeistern konnte, wagt sich  
Lars Jessen mit Die Dorfpunks wieder in die 80er und zu einem anderen scheiternden (später erfolgreichen) jungen Mann: Rocko Schamonis Kult-Roman als Film: Helden eines noch kleineren Ortes in der Holsteinischen Schweiz. Regisseur Lars Jessen war Gewinner des Max-Ophüls-Preises für Am Tag als Bobby Ewing starb, der ebenfalls die 80er zum Thema hatte.
Generation Golf macht Kino über eine andere Jugend. (hier eine Reportage von den Dreharbeiten)
 
Schwergängiger scheint da Lars-Gunnar Lotz Film Für Miriam. Eine Mathematiklehrerin ist zwar nicht schuld am Tod eines Mädchens, aber sie ist beteiligt und ringt mit den Folgen.
 
Das schöne Spiel: gleiche Herkunft - andere Leben, zeigt ein anderer Film: Zwei Brüder, Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien, sind nicht zusammen aufgewachsen. Als Erwachsene treffen sie sich dann wieder - der eine ist Polizist, sein Bruder steht unter Verdacht ein Verbrechen begangen zu haben.
Der Titel des Films hinterlässt aus historischen Gründen allerdings einen seltsamen Beigeschmack: Jedem das Seine von Stefan Schaller.
 

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09.01.09 11:58

Forum gibt Teil des Programm bekannt: verlässlich Off-Off

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Das Forum gibt einige Titel bekannt und zeigt sich in der Auswahl verlässlich, den kleinen, unspektakulären, unabhängigen Film zu präsentieren. Die vielen Debüts und Weltpremieren sind Beleg für den Anspruch die Nebenpfade des Kommerzbetriebs Film ebenfalls eine Öffentlichkeit zu verschaffen.

Calimucho von Eugenie Jansen über einen kleinen Wanderzirkus in Holland. Es geht um eine junge Frau, die Doppelgänger ihrer verstorbenen Schwester wird, mit ihren Schwager was anfängt und auch deren Zirkus- und Mutterrolle übernimmt.

Ai no mukidashi (Love Exposure) von Sono Sion klingt nach versponnenem japanischem Kino par exzellence: eine junger Mann will durch ein Lotterleben die Aufmerksamkeit seines Vaters (eines katholischen Priesters!) erlangen, trifft auf seine große Liebe Maria (!), die nicht nur „Vamp“, sondern auch in einer Sekte gefangen ist. Das ganze dauert vier Stunden. Well…(hier ein vielsagendes Interview mit dem Regisseur)

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07.01.09 18:11

Panorama gibt erste Filme bekannt

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Brenner lebt! - und July Delpy ist untot

Das Panorama hat etwa die Hälfte seiner Filme bekannt gegeben. Dabei unter anderem der dritte (und vermutlich letzte) Film, mit Kommissar Brenner (Josef Hader) aus den Romanen von Wolf Haas: Der Knochenmann.
Aber auch wieder mit dabei Judy Delpy, die ihren wundervoll witzigen Neo-Woody Allen Erstling 2 jours a Paris letztes Jahr vorstellte und nun einen Vampirfilm gedreht hat, The Countess, bei dem es zunächst zu einer filmischen Reunion mit Ethan Hawke als Count Soundso kommen sollte - die leider nicht gelang. Dafür spielt Daniel Brühl wieder mit.
Außerdem gibt‘s unter anderem folgende Schmankerl:
- den Dokumentarfilm When You're Strange von Tom DiCillo über die Doors. Mal sehen was er den zahlreichen Dokus und dem Oliver Stone Film noch hinzufügen kann. Der Film lief in Sundance, genau wie...

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05.01.09 11:26

Perspektive Deutsches Kino: Jetzt auch mittellang

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Auf dem Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls gibt es sie schon seit zwei Jahren: die Sektion „mittellanger Film“. In diesem Jahr werden einige auch auf der Berlinale zu sehen sein. Als Spielfilm und Dokumentarfilm.
Viele Studentenfilme bevorzugen ja die Länge zwischen Kurz- und dem normalen 90-Minuten Langfilm, weil man Figuren und Stoffe schon wie in einem Langfilm anlegen und eine richtige Geschichte erzählen kann, die sich nicht wie beim Kurzfilm nur auf einen kurze Sequenz mit wenigen Figuren konzentriert, Kosten und Aufwand aber eben nur halb so groß sind. Mittellange Filme sind jedoch so gut wie nie im Kino oder im Fernsehen zu sehen, passen in keine Programmschiene. Nur logisch, dass die Festivals sie zeigen, vor allem wenn es um Entdeckung neuer Filmemacher geht wie in der Perspektive.

Einige Filme sind schon bekannt, und laut Programmleiter Alfred Holighaus...

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12.12.08 16:25

So GROSS wie es geht - BIG Films on BIG Screen

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Berlinale Retro widmet sich den 70mm Monumentalstreifen

Die Retrospektive der Berlinale 2009 widmet sich den breiten, gigantischen, fetten, Cinemascope 70mm Schinken! Wie vor 50 Jahren, als das Kino sich bedroht sah durch den Fernseher, so fürchtet man auch jetzt die Faulheit der Leute. Das dazugehörige Filmfutter der Couchpotatoes heute: Die DVD. Deshalb laufen im Kino Werbungen für das eigene Medium, die die Einzigartigkeit der großen Leinwand beschwört, und die Berlinale setzt jetzt noch einen drauf: selbst der tollste Beamer wird nie hinbekommen, was ein 70mm Film bietet.

Und so monumental wie das Format sind dann auch die Stoffe:
Ben Hur, Cleopatra, Lawrence von Arabien, 2001 Odysse im Weltraum. Aber außer den amerikanischen Megablockbustern gibt es auch vom damaligen Klassenfeind Filme in 70mm. Den sowjetischen Film Dnewnyje swesdy -Tagessterne und einige Defa-Produktionen werden zu sehen sein.

Das wunderbare Kino International, als drittes Großkino Anfang der 60er Jahre in Berlin gebaut, dient standesgemäß 2009 als Stammkino für die Restrospektive. In einer Mischung aus Digital und altbewährter Analog Projektion werden die Breitwand Filme endlich mal so zu sehen sein, wie sie gedacht waren. Wer Ben Hur oder Lawrence von Arabien nur von langweiligen Sonntagnachmittagen um Weihnachten aus der Glotze kennt, wird dann einen ganz anderen Film kennenlernen können.

11.12.08 14:21

Der Film zur Krise:
Berlinlale Eröffnungsfilm zeigt böse Banken

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Tom Tykwers Film The International eröffnet die Berlinale. Und worum geht es: das Schweine(banken) System - kann man aktueller sein?
Helden gegen die Finanz-Krake sind Clive Owen als Interpol Agent und eine New Yorker Staatsanwältin gespielt von Naomi Watts. Die beiden kämpfen gegen eine mächtige Bank mit dunklen Machenschaften. Ob es um Derivate und Hedge Fonds oder um klassische Banken-Filmthemen Waffenhandel und Drogenwäsche geht, ist noch nicht bekannt.
Aber dennoch: Tykwer hat es voraussehen können: die staatlichen Institutionen kämpfen gegen wild gewordene Banken und sind die einzigen, die noch Glaubwürdigkeit zeigen und Vertrauen verstrahlen. Aber bestimmt auch zu fieseren Mitteln greifen als nur ein paar hundert Milliarden aus der Staatskasse zu leiern...

Produziert ist der Film von John Woo, das verspricht in jedem Fall auch Action und Fäuste und keine Eichinger-Das-Parfüm Glattheit - ist zu hoffen.
The International wird außer Konkurrenz präsentiert.

03.12.08 1:07

"Fireworks Wednesday" von Ashgar Farhadi

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Frauenpower und verstörte Männer im Iran

Ach, wieder so symbolisches iranisches Kino, konnte man denken in den ersten Minuten: Ein junges Paar auf dem Moped in den Bergen (um die westlichen Zuschauer zu überraschen „Ach, da gibt es Schnee??“), dann bleibt der Tschador der Frau in der Kette hängen, die beiden stürzen. Was das wohl bedeutet? Dann hat es sich auch schon mit Symbolkino. Die Szene war allerdings symbolisch genug für die Zensoren im Iran - dort durfte sie nicht gezeigt werden - zu politisch.

Fireworks Wednesday gehörte zu den Kassenschlagern der letzten Jahre im Iran und ist zugleich auf vielen Festivals im Rest der Welt gut angekommen. Aus gutem Grund: er gewährt Einblick in einen Teil der iranischen Gesellschaft, den man selten im Kino vorgeführt bekommt: den eher „westlichen“ und weltlichen Norden von Teheran. Und damit Figuren, bei denen wir nicht einfachen Leuten vom Land bei ihrem Ringen mit der Welt in einer lyrisch-symbolischen Filmsprache zuschauen. In diesem Film geht es um kaputte Ehen, Lügen und Sex mit der Nachbarin. Allerweltsthemen.

Die Fahrt des jungen Paares vom Dorf in die Stadt ist also doppelt symbolisch: der Regisseur will sich auch von den berühmten iranischen Filmemachern wegbewegen, deren Geschichten fast immer auf dem Dorf spielen. Nach dem Prolog treffen wir auf Stadtbewohner und ihre Probleme, wie man sie wohl überall findet, wo Männer und Frauen versuchen Ehen zu führen.

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29.11.08 11:48

Weltreise im Sessel - Das Festival "Around the World in 14 Films"

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Der Filmfestival Besucher kennt das: Man sieht einen grandiosen Film, erzählt Freunden und Kollegen von dem Kino-Erlebnis, das leider ein einzigartiges Erlebnis sein kann - weil der Film nur auf diesem einen Festival gezeigt wird und es nie in die Kinos schafft. Solche Filme habe ich in den letzten Jahren sicher ein Dutzend gesehen. Dann ärgert man sich besonders, wenn die 800ste amerikanische Liebeskommödie oder auch ein schrottiger Kleinfilm deutscher Provinienz wochenlang die Kinosäle blockiert.
Und so ging es vermutlich auch Bernhard Carl, weshalb als er das Festival „Around the World in 14 Films“ ins Leben rief.

Im Berliner Babylon kann man 14 herausragende Filme sehen, die es auf Festivals zu Beifallstürmen, Preisen und Kritikertränen brachten - in der kranken marktwirtschaftlichen Organisation der Filmwelt in Deutschland aber keinen Verleiher fanden.

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03.04.08 17:11

11mm Fussballfilmfest in Berlin 4.-7. April

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Morgen startet das Fussballfilmfest, das schon seit einigen Jahren in Berlin zu den festen Institutionen des Filmfestivalreigens der Stadt gehört. Neu ist der Ort: Das Kino Babylon Mitte, das sich immer mehr zu einem Herzstück der Kino- aber auch Kulturlandschaft in der Stadt entwickelt, nachdem es einige Jahre recht still ohne erkennbare Richtung oder Programm dahinsiechte.

Wie die benachbarte Volksbühne, die nicht nur Theaterstücke zeigt, verbinden die Kinobetreiber des Babylon Filme und Konzerte, zeigen Retrospektiven begleitet von Vorträgen und Diskussionsrunden, haben besonderes Augenmerk auf die Entwicklungen des jungen deutschen Films gelegt und laden auch ein zu Partys und Lesungen.

Nun also das Fußballfilmfest: 30 Filme, vor allem Dokumentar, aber auch Spielfilme rund um das runde Leder - dazu viele Gäste aus Sport und Film. Aber auch Kunstkinofreunde finden etwas: den auf der Dokumenta gezeigten Film DEEP PLAY des Künstler Harun Farocki. Für seine Installation hat Farocki alle Filmaufnahmen des WM Finales 2006 zusammengetragen. Auf zwölf Monitoren in der Rotunde sind Original-Bilder, Aufnahmen von Überwachungskameras und Grafiken einer mathematischen Analyse gleichzeitig zu sehen. Aber es gibt noch viel mehr:

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16.02.08 20:00

Tropa de Elite von José Padilha

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Brasiliens alltäglicher Bürgerkrieg

„Tropa de Elite“ zeigt die reguläre Polizei als einen schlecht bezahlten und korrupten Haufen - was sich mit der Wirklichkeit in Brasilien wohl weitgehend deckt. Die Mitglieder der Elitetruppe „BOPE“, eine Einheit irgendwo zischen SEK und GSG9, verdienen etwas besser als die normale Polizei und haben, zumindest was Korruption angeht, einen besseren Ruf. Sie sind die hochgerüsteten Stadtsoldaten in einem Land, dessen politische Klasse die armen Teile der Bevölkerung aufgegeben hat und nur noch als Bedrohung wahrnimmt. Und so zeigt der Film die BOPE im Straßenkampf mit den Drogenhändlern in den Favelas und auch die illegalen Methoden von Folter bis zu willkürlichen Erschießungen. Ein Offiziert ist immer kurz vor dem Nevenzusammenbruch, zwei junge Polizisten, wollen dagegen unbedingt in die BOPE aufgenommen werden.

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Kino und Kirche

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Filme können offenbar noch immer politische Debatten auslösen über die Offenheit einer Gesellschaft und Freiheit der Kunst. So auch zwei Filme auf der Berlinale, die in ihrem Heimatland Italien Unruhe stiften oder das politische System portraitieren und den nach wie vor erstaunlichen Einfluss der Kirchen auf Politik und Gesellschaft zeigen.
Wir haben ja in Deutschland auch unsere Bischöfe Dyba und Meissner - die ergrauten Herren äußern sich ebenfalls gern über Dinge, von denen sie wenig Ahnung haben dürften: Kunst, Vaterschaft, Familie, Sex, Homosexualität. Warum soll eigentlich jemand über die Regeln eines Spiels bestimmen können, das er selbst nicht spielt?

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15.02.08 16:21

"The Other Boylen Girl" von Justin Chadwick

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"This is England / What we're supposed to die for / This is England / And we're never gonna cry no more" - The Clash

Kurz gesagt geht es 110 Minuten ums Vögeln. Aber gezeigt wirds nicht, alles keusch wie es sich für einen Hollywood Film gehört.
Das Gepimper findet in schönen Kostümen und Schlössern statt, mal bei Kerzenlicht und knackendem Kaminfeuer, mal rücklings über den Schreibtisch ihrer Durchlaucht. Ziel des ganze Geraschel von Gewändern und Hermelinkragen ist einen Thronfolger zu zeugen. Das gelingt trotz mehrerer Frauen, die Heinrich besteigt, nicht. Und damit der die Tussis wieder loswerden kann, bricht er mit der Kirche, verjagt die eine Frau, lässt die nächste umbringen und die dritte darf am Leben bleiben. Letzere wird irgendwann die kleine rothaarige Elisabeth nach London schicken, damit sie 45 Jahre Königin von England sein kann, über die ja auch schon Kostümschinken gemacht wurden.

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Caos Calmo (Stilles Chaos) von Antonello Grimaldi

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Die wartende Sphinx auf der Parkbank

Nach den Pleiten der letzten Jahre, endlich ein italienischer Film, der bewegt. Und da er erst eine halbe Stunde vor Mitternacht begann und mich die ganze Zeit wachhalten konnte, gilt das Kompliment doppelt.
Nanni Moretti spielt einen Mann, der plötzlich (im Film nach etwa drei Minuten!) seine Frau verliert. Unfähig zu trauern, geht er nicht mehr zur Arbeit als Chef in einen römischen Großkonzern, sondern verbringt nun die Tage auf einer Bank vor der Schule seiner kleinen Tochter. Er bringt sie hin, wartet bis die Schule aus ist, fährt mit ihr Heim, liest ihr vor. Während er wartet entwickelt sich in dem kleinen Park, in einem Café nebenan ein neuer Alltag, bestimmt von Begegnungen mit der Nachbarschaft beim Warten und Besuchen seiner Freunde und Familie in diesem, ja, Außenbüro. Das ist charmant, witzig und melancholisch in einer sehr gelungenen Mischung.

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13.02.08 19:54

„Kabei“ (Our Mother) von Yoji Yamada

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Der Krieg in der Seitenstraße

Nach seiner wunderbaren Samurai Trilogie widmet sich Yamada nun der jüngeren japanischen Vergangenheit, der Zeit des Krieges von 1940-1945 und der faschistischen Herrschaft. Wie schon zuvor wählt er dazu als Erzählerin ein Kind und als Haupthandlungsort das Haus einer Familie. Das ist es, was ihn interessiert: Das Geschehen der Gesellschaft ja in der Welt und die Auswirkungen der Ereignisse auf den Mikrokosmos einer einfachen Familie. Ihm ist wieder ein überragender Film gelungen, der durch seine ruhigen, fast kammerspielartigen Bilder, die brillanten Figuren und Schauspieler getragen wird. Sayuri Yoshinaga spielt die Heldin des Films, die Mutter, die in Zeiten von Gefahr, Mühen, Schmerz und Sorge immer das Richtige tut ohne dabei zu einer unantastbaren Ikone zu werden, sondern im Gegenteil soviel Menschlichkeit ausstrahlt, dass bei ihrem Tod am Ende des Films, viele Kinobesucher Tränen vergossen.

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"Loos ornamental" von Heinz Emigholz

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Nur Häuser, leider

Klingt ein bisschen wie James Benning, nur mit Häusern. Also einfach nackte Stativaufnahmen, in diesem Fall von Häusern und Räumen des Architekten Adolph Loos (1870-1933), ohne Erklärung, ohne Interviews, ja meist ganz ohne Menschen. Doch der Film verfehlt in doppelter Hinsicht sein Ziel: Nicht nur weil er seinem Titel nicht gerecht wird und Loos als "ornamentalen Architekten" enttarnt, sondern auch weil er sich „Architektur als Biographie“ nennt, aber in keiner Weise (außer chronologisch Loos‘ Gebäude zu zeigen) versucht, die Person Loos mit seinen Gebäuden, sein Leben oder sein Denken mit seinen Projekten in Zusammenhang zu bringen. Aber selbst wenn man diese Defizite beiseite lässt, ist dieser Film nur in seltenen Momenten in der Lage, einen Gesamteindruck der Gebäude und damit die architektonischen Eigenheiten der Gebäude und Räume zu geben. Wofür dann einen Architekturfilm machen?

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"Sleep Dealer" von Alex Rivera

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Plug in, turn on, drop out!

Es klang wie nach einem Film, gemacht für uns Internet-Arbeiter, uns W-Lan Junkies und Blogger, Online-Angestellte, digitale Boheme oder was auch immer. Mexiko in der nahen Zukunft, Amerika hat seine Grenze geschlossen, die dritte Welt, überhaupt die ganze Welt arbeitet online. W-Lan ist jetzt Körper Plug In.
Der Norden bekämpft außerdem noch immer Terroristen. Das sind jetzt Leute, die das von den USA rationierte Wasser haben wollen. Bei einer Antiterror Aktion mit Dronen, kommt der Vater des Computerfricklers Memo um. Memo haut ab und will als Online-Arbeiter in Tijuana anheuern.

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11.02.08 21:37

"Jesus Christus Erlöser" von Peter Geyer

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Vielleicht isser das, der Berlinale 08 Remember Film. Hatte die Wahl zwischen James Bennings „RR“, 37 Güterzüge, die an verschiedenen Orten der USA durchs Bild fahren (no shit!) oder „Jesus Christus Erlöser“ von und mit Klaus Kinski.
Ich hab mich gegen das Meditative und für den den Monolog des Egomanen entschieden. Grandios! Und er hat mich offenbar so sehr verstört, dass ich im Kino noch meine Akkreditierung verlor, auf der Heimfahrt geblitzt wurde - naja und falsch geparkt hatte ich natürlich auch. Sei‘s drum. Die Ausgaben und Mühen habe sich gelohnt. Was für ein Abend mit Kinski!

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10.02.08 18:19

"Yasukuni" von Li Ying

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Spinner der Welt, vereinigt Euch!

Manchmal scheint es, als spiegele Deutschland sich gern in Umgang der Japaner mit ihrer aggressiven, kriegerischen, Genozid Politik während des zweiten Weltkriegs. Was dort viele sagen und tun, haben sich in Deutschland viele lange verkniffen. Aber auch bei uns gab es seltsame Mythen, wie, "Die Wehrmacht war sauber." oder "Davon haben wir nichts gewusst". Sonst hätte wohl Weizäckers Rede 1988, die Fernsehserie "Holocaust" und die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" nicht nach fast 50 Jahren solche Wellen geschlagen.

Japan musste nach dem Krieg nicht viel ändern, konnte seinen Tenno behalten, es gab auch Kriegsverbrecher Prozesse in Hiroshima (aber nicht wegen Hiroshima) wie in Nürnberg. Und dann wurde viel und ausdauernd geschwiegen.

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Was wir essen (2) - Frühstück

Was ist das für eine Berlinale, wo bleibt der Schneeregen? Ich trau dem Braten nicht. Heute jedenfalls "Frühstück" in der Sonne, Jacke offen. Fast wie in Cannes...

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Avaze Gonjeshk-ha (The Song Of Sparrows) von Majid Majidi

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Von Straußen und Menschen

Strauße sind komische Tiere. Dicke Beine zum Rennen und ein kleines Hirn für diesen mächtigen Leib. Dafür geben sie schöne Federn und dicke Eier her. "Der Mensch ist ein komisches Tier, das sich rasiert" hat mal jemand gesagt. Dem kann man zustimmen. Er rennt dem Geld hinterher, sammelt es, hortet es. Und besteht irgendwie Aussicht auf mehr, dann kann der Sammeltrieb zur Obsession werden. Sein Hirn ist größer als das des Straußen, aber das scheint nicht immer zu helfen. Und große Eier legen kann er eben auch nicht.
In Majidis Film steht ein von einer Farm geflohener Strauß als Symbol für das große Geld, das man irgendwann finden wird, wenn man nur mit allen zur Verfügung stehenden Kräften danach sucht.

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„Gardens of the Night“ von Damien Harris

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"No direction Home"

Stell dir vor, dein Kind geht zur Schule, ein lauer Sommermorgen, du bist schon auf dem Weg zur Arbeit, irgendein Meeting, ein Termin, deswegen musstest du früher weg, oder ein Arzttermin. Irgendein Quatsch - den du für den Rest deines Lebens bereuen wirst. Denn der flüchtige Kuss für deine kleine 7-jährige Tochter mit den blonden Zöpfen und den streichholzdünnen Beinen wird der letzte sein, den du deinem Kind gibst. Für viele Jahre. Du denkst für immer. Sie ist weg. Kommt nicht wieder. Ist nicht tot. Viel schlimmer. Sie ist nicht tot. Du wünscht es ihr.
Diese Geschichte erzählt der Film. Aber nicht aus der Sicht der verzweifelten Eltern, sondern aus der Sicht des Mädchens und ihres Märtyriums in den Händen von Pädophilen.

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09.02.08 21:52

Murch & Mac

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Hatte die Ehre hinter Walter Murch zu sitzen und der Jury bei der Arbeit zuzusehen. Er nimmt diese Arbeit als echter Nerd ernst wie immer. Murch hatte seinen Mac während des Films auf dem Schoß und wie er es auch bei den Filmen macht, die er schneidet, arbeitete er den Film hindurch mit der, was sonst, Murch-Methode.
Auf einer Ebene eines Dokuments notiert er die direkten Gedanken und Emotionen, die ihm bei den Bildern aufblitzen und in einer Spalte daneben, die Kommentare und analytischen Gedanken zu den Szenen und der gesamten Dramaturgie des Films. Was er dort schrieb, konnte ich leider nicht erkennen, war aber erstaunt, dass er es auch als Jury Mitglied exakt so macht, wie seit Jahrzehnten für Coppola und andere und es auch in seinen Büchern beschreibt. Hat sich ja bewährt.

"Julia" von Erick Zonca

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Einmal abwärts bitte!

Grandios die ersten 20 Minuten! Tilda Swinton spielt eine extreme, harte, egozentrische laute, exzessiv trinkende, rauchende, sehr körperliche Frau. Sie zeigt sich und damit diese Figur Julia so hemmungslos und kaputt, dass man beginnt sich „fremdzuschämen“ für Julia, sie aber auch bewundert für ihre Sprüche und ihren Eigensinn ihre Art sich zu nehmen was sie will. Julia ist irgendwie Mittelklasse Großstadt, aber ein wenig vulgär mit Stil. Ihr Problem: Sie trinkt. Sie trinkt richtig. Die Szenen haben mich umgehauen: wenn sie auf irgendeinem Sofa, in irgendeinem Auto, mit irgendeinem Typen morgens erwacht. Den Mund trocken und

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08.02.08 16:42

„Nacht vor Augen“ von Brigitte Maria Bertele

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Veteran ist nicht nur ein Wort

Zwei Filme an meinem ersten Berlinale Tag, die von Angst und mißglücktem Heldentum handeln. In „Leo“ von Josef Fares versucht der Held des Films seine Schuldgefühle und Angst durch einen Rachefeldzug zu bekämpfen, in „Die Nacht vor Augen“ versucht ein aus Afghanistan heimkehrender deutscher Soldat seine Schuld und Angst durch Normalität zu unterdrücken. In beiden Fällen mit schlimmen Folgen.

Der Bundeswehrsoldat David (Hanno Koffler) kehrt aus Afghanistan in Kampfmontur in ein beschauliches Schwarzwaldörtchen zurück, seine Freundin empfängt ihn freudig, genau wie Freunde und Familie. Doch schnell ist klar, der Mann ist nicht mehr der gleiche. Warum behandelt er seinen 7 jährigen Halbruder so rüde und will ihm Härte ein- und die Angst austreiben. Warum kann David sich nicht mehr anfassen lassen, ist impotent, nässt ins Bett? Warum schläft er nicht, wer ist die verschwommene Figur, die in seinen Träumen bei ihm auf der Bettkante sitzt?

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"Leo" von Josef Fares

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Auge um Auge...

Der Film dreht sich um die Frage, die mir bei meiner Musterung für die Bundeswehr gestellt wurde, als ich sagte, ich wolle verweigern: „Was würden sie denn machen, wenn ihre Freundin angegriffen und vergewaltigt wird. Würden sie nicht schießen, um sie zu retten?“

Der Film Leo von Josef Fares, der bisher mehr Kommödien wie "Jalla Jalla" und "Kops" gemacht hat, braucht nur 5 Minuten, dann steigt sie hoch im Zuschauer: die Wut, die Hilflosigkeit, die man angesichts von Menschen empfindet, die einen in ihrer Gewaltbereitschaft einschüchtern und denen es allein um Dominanz ohne jegliche moralische Bedenken oder Skrupel geht.
Leo geht nach der Feier seines 30. Geburtstags mit seiner Freundin nach Hause, sie sind fröhlich, ausgelassen, plötzlich zwei Typen vor ihnen in der leeren Straße. Der berüchtigte: „Was guckst du, willst du Ärger..“ Satz führt in nur zwei Minuten in die Katastrophe.

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01.02.08 18:16

Die Jury - Glam&Grips

Die Berlinale Jury ist eine knifflige Sache: Es soll sich Kompetenz, von vor und hinter der Kamera zusammenfinden, Big Names wären nicht schlecht für dem Glamfaktor, ein bisserl Sexappeal und natürlich ein "Presidente", der einem A-Festival alle Ehre macht. In dieser Hinsicht ist die diesjährige Jury eine gelungene Mischung:

Jury-Präsident Constantin Costa-Gavras soll den Anspruch der Berlinale festigen, ein Festival zu sein, in dem es politisch-engagiert zugeht. Eine Tatsache, die immer wieder angesichts des Wettbewerbs Prorgramm angezweifelt wird. Wir werden sehen.

Der Szenenbildner Uli Hanisch, der sich für alle Tykwer Filme verantwortlich zeigte, wobei ich vor allem an den frühen Tykwer "Winterschläfer" denke, der großartige Räume und Atmosphäre hatte.

"Unsere Frau in Hollywood" ist auch da, Diane Kruger, Schauspielerin, die mal Diane Heidkrüger hieß, ebenfalls ein echter Hingucker directamente aus "El Ey".

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20.01.08 10:55

Die Preisträger des Max Ophüls Festival 2008 stehen fest!

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Der Max Ophüls Preis 2008 geht an den Regisseur André Erkau für seinen Film „Selbstgespräche“. Ein Film über scheiternde Gestalten in einem Callcenter.

Der Kurzfilmpreis 2008 geht an die Regisseurin Frauke Thielecke für ihren Film „Dunkelrot“.

Für seine Rolle als Konstantin in dem Film „Nichts geht mehr“ von Florian Mischa Böder geht der Preis für den besten Nachwuchsdarsteller 2008 an Jörg Pohl. Ein Film über zwei Brüder, die nach einem Streich irgdendwie ins linksschwärmerische Mileu geraten und als Terroristen verfolgt werden.

Für ihre Rollen als Maike in dem Film „Höhere Gewalt“ von Lars Henning Jung und als Sik in dem Film „Die Tränen meiner Mutter“ von Alejandro Cardenas-Amelio geht der Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin 2008 an Alice Dwyer. Höhere Gewalt hat bei den Älteren Besuchern meist Irritation und Ablehnung ausgelöst. Es geht um eine Gruppe Jugendliche und schreckliche Ereignisse an einem Wochenende auf einem Hof.

Der Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten 2008 UND der Dokumentarfilmpreis 2008 geht an die Regisseurin Alexandra Westmeier für ihre Dokumentation „Allein in vier Wänden“. Der Film ist bedrückend und beieindruckend. Siehe Kritik auf dieser Seite.

Der Publikumspreis des 29. Filmfestivals Max Ophüls Preis geht an den Film „Novemberkind“ des Regisseurs Christian Schwochow. Ein Film über eine Vatersuche.

Max Ophüls Festival: "Nichts geht mehr" von Florian Mischa Böder

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Es fängt brillant an: stimmige Bilder, knackige Dialoge und glaubwürdig, eigenwillige Charaktere ziehen den Zuschauer sofort hinein in die Geschichte. Zwei Brüder, ein Sommer in Bochum. Der eine, August ( Jean-Luc Bubert) ist ein wenig der Partyhengst und Macher und Laberkopp, sein jüngerer Bruder Konstantin (Jörg Pohl, der auch den Darstellerpreis gewonnen hat) hat einen ruhigeren und kontrollierteren Charakter, versucht sein Leben nach dem Auszug zu Haus in Fahrt zu bringen. Die beiden verstrahlen die Fröhlichkeit und Lust einer lauen Sommernacht, sie wollen irgendeinen „Scheiß“ machen, sich amüsieren und es allen anderen zeigen. Es beginnt mit einem Einbruch ins Schwimmbad. Sehr witzig und toll gefilmt. Als nächst Aktion wollen die beiden, angetrieben von August alle Ampeln in Bochum anmalen. Das tun sie auch und am nächsten Morgen ......

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"Zu Fuß nach Santiago" von Bruno Moll

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Das musste ja kommen. Ein Film über den Jacobsweg. Folgerichtig begrüßt der Kinosaalchef das erste volle Kino, das ich auf dem Festival erlebe, mit den Worten: „Wir haben ja alle unseren Kerkeling gelesen...“
Was ist das nur, dass all die Promis und Normalos in den letzten Jahren auf den Jacobsweg schickt? Vielleicht die Mischung, die auch einer der Weggefährten von Roman Weishaupt beschreibt: 1/3 Abenteuerlust, 1/3 sportliche Herausforderung und 1/3 Selbstsuche. Ich würde sagen, es sind eher Fünftel nicht Drittel. Die zwei anderen Fünftel sind zum einen das Massenphänomen Jacobsweg, befeuert durch inzwischen sicher 20 Bücher und ein letztes Fünftel ist romantische Sehnsucht nach Religion oder auch der diffuse Wunsch, an etwas zu Glauben......

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19.01.08 12:35

Max Ophüls Festival: „Eisenfresser“ von Shaheen Dill-Riaz

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Sofort hatte ich wieder die Fotos von Sebastiao Salgado vor Augen. Der berühmte Fotograf hat vor einigen Jahren einen Bildband über die Arbeiter dieser Welt gemacht: Grandiose Schwarz-Weiß Aufnahmen, unfassbar schöne und dabei erschreckende Bilder, die zeigen: Für viele Millionen Menschen findet die Ausbeutung in Minen, Werften und Fabriken noch immer statt, Kinder und Erwachsene ruinieren oft für weniger als 1 Euro am Tag, ohne jeden Vertrag oder Schutz ihre Gesundheit, riskieren ihr Leben. Sie schuften, bis sie eines Tage umfallen und Oben sitzen die sprichwörtlichen "fat cats" und kassieren Millionen. Nicht selten werden die so gewonnenen Produkte oder Rohstoffe dann zu uns, in die so genannte 1. Welt verkauft, oder wir w werden eben am Strand von Chittagong unseren Schrott los. Und der Westen ist so stolz, solch katastrophale Arbeitsbedingungen mit dem Beginn des letzten Jahrhunderts allmählich hinter uns gelassen zu haben.....

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18.01.08 16:23

Max Ophüls Festival: "Allein in vier Wänden" von Alexandra Westermeier

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Eine sehr starke Dokumentation über ein Jugendgefängnis im russischen Ural. Ganz im Sinne von Roland Koch werden hier Kinder zwischen 11 und 15 nach Straftaten, die bis zu Mord gehen für drei Jahre weggesperrt. Doch das Lager ist weniger ein Knast als ein Militärcamp mit viel Unterricht und Arbeit. Dieser Film dokumentiert den erbärmlichen staatlichen Versuch, eine militärische Drillantwort auf eine soziale Frage zu geben. Ganz wie beim Militär werden daher den Jungs zuerst die Haare abrasiert und dann erzählen diese ältesten 12 Jährigen, die ich im Kino je gesehen habe, von einem elenden Leben. Einige Jungs erhalten erst in diesem Camp regelmäßig zu Essen gehen, in die Schule lernen und lesen, finden echte Freunde und einen Alltag ohne Drogen, Alkohol und Gewalt. Da wird mancher im Sinne solider 50er Jahre Pädagogik denken, Orrrrrrdnung und Dissssziplin haben noch niemandem geschadet! Erst ganz am Ende des Films, nachdem wir all diese tragischen Geschichten von Kindern gehört haben, die nie Kinder sein konnten, erst dann die lapidare Zeile: 91% der Jugendlichen, die in diesem für russische Verhältnisse sehr progressiven Lager eingesperrt werden, landen wieder im Gefängnis......

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Max Ophüls Festival Kurzfilm: „Über Wasser gehen“ von Ralf Beyerle

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Der erste Film des Max Ophüls Festivals geht da los, wo ich heute Morgen um 5 in die U-Bahn stieg: Eberswalder Str., Berlin Prenzlauer Berg. Und da, zwischen Schummelkneipen und Sushi Shops, entlang der Danziger und davon nach Rechts und Links spielt sich auch das Leben von Jürgen ab: Ein Versager mit viel Optimismus und noch mehr (dämlichen) Ideen, wie man zu Geld kommen kann, der (warum?) von einem Filmteam beim Scheitern begleitet wird.

Der Film „Über Wasser gehen“ kann sich nicht entscheiden. Er will „Mocufiction“ sein (also ein Film der vorgibt dokumentarisch zu sein, wie Stromberg im Fernsehen als prominentes Beispiel) und auch etwas über diese Typen am Prenzlauer Berg, vielleicht sogar ein kleines Portrait der beschworenen "flexiblen" (ein Wort das Jürgen oft benutzt) Arbeitswelt von Heute sein.

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14.01.08 14:49

Ab heute rockt Saarbrücken (im Rahmen seiner Möglichkeiten :-)

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Das Saarland schmückt sich schon seit Tagen mit den blauen Herzen, dem Logo des Filmfestival Max Ophüls Preis. In den meisten Kneipen wird wild dekoriert, sogar am Samstagabend haben wir Wirte Poster aufhängen, Herzen malen und Filmrequisiten verteilen sehen in ihren Läden. Alles ist seit gestern bereit. Und heute geht‘ los: das Filmfestival in Saarbrücken - der Max Ophüls Preis wird am Samstag verliehen.

Der Gewinnerfilm des letzten Jahres, war ein Hit in den Programmkinos: Full Metal Village, die Doku über das Heavy Metal Festival in Wacken. Anders als auf diesem Metaller Mosh auf der grünen Wiese, treffen sich ab heute in Saarbrücken etwa 1000 Filmschaffende, vor allem junge deutsche Filmemacher.
Frankreich liegt 5 km weit weg - und so gibt es natürlich auch eine kleine Sektion französischer Film.
Und in diesem Jahr gibt es zum ersten Mal außer dem klassischen 90 Minüter und dem Kurzfilm, auch einen Preis für den einen „mittellangen Film“ (alles über 30 Minuten). Da viele Abschlussfilme der Hochschulen in diesen Bereich fallen, ist die Einführung dieser Kategorie ein weiterer Beweis, dass man in Saarbrücken vor allem sehen will, was der Nachwuchs kann und macht - egal wieviel Minuten er dazu braucht.

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30.12.07 15:14

Nur noch 40 Tage Fastenzeit....

„Let the games begin!“, wird dieses Jahr im Sommer zu hören sein. Wir fangen mit der Berlinale schon etwas früher an olympisch zu werden: Wieder warten im Februar etwa 700 Filme darauf gesehen, beschrieben, kritisiert, gefeiert zu werden, warten zahllose Schauspieler und Regisseure darauf auf Pressekonferenzen und Privataudienzen vom festivalblog befragt zu werden. Langsam baut sich Spannung auf und dorthinein platzen die ersten Meldungen über die Filme 2008 im Wettbewerb, Panorama und Forum.

Der Wettbewerb, die ersten Beiträge
Die Umtriebigen festivalblog Reporter konnten in diesem Herbst auf dem Filmfest in Rio bereits einen der Wettbewerbsbeiträge sehen: Tropa de Elite, ein in Brasilien diskutierter Film über eine Eliteeinheit der Polizei, die in den Favelas mit militärischen und meist im rechtsfreien Raum schießt, foltert und verhaftet. Mehr dazu hier im Text unten.

Sehr freue ich mich auf den Beitrag von PT Anderson, dessen Filme Boogie Nights und Magnolia ich schätze. Er wird einen in den USA schon als Film des Jahres gehandelten Beitrag in den Wettbewerb bringen. Bei There Will Be Blood geht es um einen Ölmagnaten in den USA des 19. Jahrhunderts, gespielt von Daniel Day Lewis. Hier werden mal wieder die Grundfesten der amerikanischen Ökonomie abgesteckt: Gier Unverfrorenheit, Mut, gemischt mit großen Idealen und Träumen sowie einer Priese Heldentum.....

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23.11.07 16:59

Nachtrag Münster Filmfest: ONCE von John Carney

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Liebe mit Musik & vice versa

Gemacht war Once wohl als Mini Indieproduktion für Irland, wo die Band The Frames, in der der Hauptdarsteller singt, Fussballstadien füllen. In Berlin waren letztes Jahr auf dem Frames Konzert etwa 300 Leute, in den USA kannte sie bisher kaum jemand. Ein paar Wochen in Dublin im Kino und dann für DVD - das war der Plan der Miniproduktion. Dann gewann Once in Sundance den Publikumspreis, wurde zum moderaten Hit in den US Kinos und tingelt nun über die weltweiten Festivals, gewinnt andauernd einen Preis. Im Frühjahr kommt er bei uns in die Kinos. In Aachen und Münster auf den Filmfestivals lief er schon.

Die Schauspielerfahrung von Glen Hansard beschränkte sich auf einen kurzen Auftritt im Film The Committments 1991 und seine Partnerin Markéta Irglová, eigentlich Pianistin, hatte überhaupt keine Schauspielerfahrung. Nach einigem hin und her hat der Regisseur John Carney seinen Freund Hansard überzeugt, nicht nur die Musik zu seinem Film zu schreiben, sondern auch gleich die Hauptrolle zu übernehmen. Und das war eine gute Entscheidung!
Der Film braucht gar keine erfahrenen Schauspieler, denn zum einen besteht er aus vielen Szenen, in denen musiziert wird, etwas das Hansard seit 16 Jahren mit den Frames macht, und zum anderen ist der Stil des Films so klar und rund und fein, die Figuren sind gerade glaubwürdig, weil sie so sicher wirken, wenn sie Musik machen und so unsicher, wenn es um den Rest des Lebens (also auch die Darstellung desselben im Film) geht. Das passt einfach.
Once ist eine Musikergeschichte verwoben mit der Geschichte einer unmöglichen Liebe und er ist eine tragisch- schöne Liebesgeschichte verwoben mit einer gelingenden Musikgeschichte.

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22.10.07 22:04

Miehen työ - Man's Job von Aleksi Salmenperä

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Finnischer Gigolo scheitert am Handwerk - Der Sieger von Münster

Als sein kräftiger Körper am Ende von der Arbeit an den Frauen ramponiert ist - Loch im Kopf, Finger gebrochen, blaues Auge - von den seelischen Wunden seiner Arbeit gar nicht zu sprechen - da zertrümmert ihm seine Ehefrau mit einem Hammer den Knöchel. Um ihm was Gutes zu tun und die Familie zu retten. Und er lächelt - zum ersten Mal.

Der Weg bis zu dieser Szene: Steinmetz Juha wird arbeitslos und kommt durch Zufall auf die Idee als Gigolo für ältere Frauen zu arbeiten. Freunde helfen ihm bei den logistischen Schwierigkeiten und beneiden ihn um seinen Job. Aber Juha lernt die ganzen Härten des Sexgeschäfts kennen - bis hin, dass die Familie an seiner Hurerei fast zerbricht, obwohl er weiter auf den ehrlichen Handwerker zu machen versucht.

Man ist ja immer schnell dabei, jeden finnischen Film mit den Granden des finnischen Kinos, den Kaurismäkis, zu vergleichen. Und natürlich wird auch in diesem Film viel getrunken und geraucht. So sind sie nunmal die Finnen scheint es, wenn sie nicht bei Nokia arbeiten oder Pisa-Test Sieger sind. Aber die Bilder in diesem Film sind nicht gar so trostlos wie bei Kaurismäki und es wird auch mehr geredet. Nicht viel mehr, aber immerhin. .....

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02.10.07 17:42

Von Schnecken und Menschen

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Old Joy von Kelly Reichhardt, USA 2005

Vorbei an der größten Favela Südamerikas, die wunderbar schimmernd am Hang über dem Meer liegt, rast unser Taxi in einen Vorort, der von der reichen Mittelklasse Rios bewohnt wird. Dort nur die üblichen Rio Plattenbauten (die Armen wohnen in dicht gedrängten Minihäusern, Platte heißt hier Wohlstand) Zwischen den Nobelplatten des Retortenviertels am südlichen Ende der Stadt kommt eine Shopping Mall nach der nächsten und Großrestaurants an der 6spurigen Ausfallstraße. Der Taxista will uns überreden in eine ihm bekannte Riesenmall zu fahren, da gäbe es auch viele Kinos. Von Festival do Rio hat er gehört, mehr aber auch nicht. Wir stehen schließlich in einer kleinen Mall und sind lange die einzigen, die den Film Old Joy sehen wollen. Und das eigentlich auch nur, weil der von uns geschätzte Musiker Will Oldham, alias Bonny Prince Billy dort seine erste Hauptrolle spielt. Und dann kurz vor Beginn finden sich noch etwa 10 andere - entweder Fans oder Filmbuffs oder vom Vorort Gelangweilte - hier ein, die diesen kleinen Indiefilm sehen wollen in dem auf etwa 13 Grad runtergekühlten, überdimensionierten Saal.

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An der Copacabana im Kalten und Dunklen - Filmfestival Rio de Janeiro

Da tragen Leute Surfbretter durch die Straßen, da sind die Bikinis und geshapten bodys, da sind die Caipies und die Sonne und die Wellen und Zuckerhut und alles, was man so erwartet in Rio. Was man nicht erwartet: das Rio Filmfestival, eins der größten in Südamerika. 15 tage 300 Filme aus aller Welt (aus Deutschland u.a. Yella, Eichmann, Das Fräulein, der Dani Levi Hitlerfilm, eine Doku über die frühen Jahre von Wim Wenders, der auch schon auf der Berlinale lief) die Cannes und Venedig Gewinnerfilme, dazu andere Festivalfilme der zweiten reihe aus Toronto, von der Berlinale usw. Ältere Arthouseware und ein paar frische Indies und Festivalfilme.

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25.05.07 12:06

Cannes kanns!

dies vorweg: ich muss meine Kritik, Cannes sei doch nicht deutlich besser besetzt, als die Berlinale wohl revidieren. Vielleicht lag die Verteidigung unserer Berlinale in dem fast traditionellen Berlinalebashing begründet, das einfach nervt. Wenn es aber stimmt, was man so hört und liest, dann gibt es im Wettbewerb in Cannes in diesem Jahr hoch anspruchsvolle, wirklich politische (nicht welche, die laut Festivalleiter den Anspruch erheben), ungewöhnliche und ästhetisch herausragende Filme – also so ziemlich das Gegenteil von dem, was im Wettbewerb der Berlinale los war...Aber ich will nicht vorgreifen:

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Als Favorit auf die goldene Palme sehen schon jetzt viele Ulrich Seidel „Import/Export“. Ähnlich wie in seinem beklemmenden, bis zum Ekel gehenden Film „Hundstage“ über einen heißen Sommertag irgendwo in Österreich ist auch sein neuer Film mit Laien gedreht und an Orginalschauplätzen in Österreich und der Ukraine. Diesmal offenbar eine Art negative Globalisierungsgeschichte, die vor allem zwei Charakteren folgt: zum einen Olga, die aus der Ukraine nach Österreich zum Arbeiten geht. In die andere Richtung geht Paul, der mit seinem Stiefvater in der Ukraine Kaugummiautomaten aufstellt. Eine düstere Kommödie, bei der den Kritikern das Lachen im Halse stecken blieb, ....

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21.05.07 12:03

Kann Cann-ES?

Der erste klassische Kalauer wäre mit der Überschrift vollbraucht! Genau wie wir ja die ersten typischen Bilder von schönen Menschen in schulterfreien Kleidern und Smokings, die auf einem roten Teppich mit Palmen im Hintergrund defilieren schon gesehen haben.
Zur Abwechslung eine fette Biene, die von einem Hotel an den Strand schwebt. In dem Kostüm Jerry Seinfeld, der für einen Film wirbt. Nur ein PR Gag, sagen alle, schreiben alle, senden alle. Und weil sie es alle tun hat er ja funktioniert, als schöner Kontrast zu den schicken, schlanken Schönheiten.

Ach ja, die Filme. Bisher ein Eröffnungsfilm, der „im Vergleich zu den auf Festival üblichen Eröffnungsfilmen“ gelungen genannt wird (SZ) Wong Karwais, erster Film in Amerika, eine Art Beziehung goes On The Road Movie. Wong Karwai ging es bisher fast nie um Handlung als viel mehr um Stimmung. Die Frage war, wirkt das auch in Amerika oder nur vor dem Hintergrund von Hongkong?

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Wong Karwai zitiert sich offenbar selbst (sagen die einen), er ist sich treu geblieben (sagen die anderen), nur dass er seine Helden auf amerikanischem Territorium leiden lässt. Er benutzen dabei klassische Amerika Ikonographie irgendwo zwischen Hopper und Ford mit seinen eigenen klassischen Figuren: kettenrauchende, melancholische Männern und traurige, wunderschöne Frauen. „My Blueberry Nights“ sei also nichts Neues und nur wieder eine weitere Variation des Bekannten – was, wenn es gelingt, wie ich finde, jedoch auch schön sein kann.
Ich finde den Anspruch, dass Regisseure sich ständig neu erfinden sollen und am besten mit jedem Film eine neue Bildsprache und ein noch nie dagewesenes Thema oder einen noch nie dagewesenen Blick auf ein Thema präsentieren, doch sehr hegeliansch gedacht. Als wenn die Filmgeschichte durch ständigen Fortschritt einem Sinn zustrebe, einem Ende der Geschichte, also einer Art Überfilm / Endfilm, nach dem dann alles gesagt ist.
Worüber die Kritiker enttäuscht sind scheint nämlich nicht der Film selbst zu sein, sondern eher, dass ihre Erwartungen „nach etwas Neuem“ nicht erfüllt wurden. Man hat Wong Karwai immer für seinen unverwechselbaren, wunderbaren Stil gefeiert und genau das sehen wollen. Nun wollen das viele offenbar nicht mehr.

Die Coen Brüder haben einen Film abgeliefert, der....

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25.04.07 11:50

Der große Bruder hat sie noch alle...

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60 Jahre wird das Filmfest von Cannes. Und wieder scheinen sie alle gekriegt zu haben. Won KarWai, Tarrantino, Fincher, Gus van Sant, die Coen Brüder und sogar "unser" Fatih Akin darf als erster Deutscher seit langem wieder einen Film im Wettbewerb zeigen.

Die liebe Berlinale hat in diesem Jahr wahrlich nicht unter Starmangel gelitten, aber in den Augen der meisten Kritiker konnten die vielen Namen von Eastwood, DeNiro, Soderbergh und Ozon und Rivette bis Schrader undundund nicht über die mangelnde Qualität der Filme hinwegtäuschen.
Auch wenn wir auf dem Festivalblog zu einem differenzierteren Ergebnis gekommen sind, weil wir die Berlinale als Gesamtkunstwerk mit Forum und Panorama durchaus gelungen fanden, so bleibt das alte Problem: Nach Cannes gehen die Namen mit den großen Filmen und nach Berlin holt man offenbar zu oft nur Namen mit mässigen Filmen - jedenfalls im Wettbewerb. Ich halte einen Teil der Kritik für typisch deutschen Selbsthass, denn nach Cannes kommen sie zwar alle gern, aber bringen die großen Namen denn wirklich die ganz große Filmkunst mit an die Croisette? Im Leben nicht! Nicht mehr jedenfalls als nach Berlin.

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19.02.07 13:02

Zwei Dicke Striche

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Berlinale Bilanz nach 10 Tagen Kellerassel-Existenz im Dunkeln

Schön war’s, lang war’s, manchmal war ich sehr müde (8.30 Kartenschlange 22.30 letzter Film, dann tippen) aber von den Filmen seltenst ermüdet. Die künstlerisch-inhaltlichen Reisen haben an manchen Tagen von einem brasilianischen Anti-Prostitutions-Pamphlet, über einen Boxfilm aus Kanada, in ein Boudoir im Frankreich des 19. Jahrhunderts geführt, was mein Einfühlungsvermögen für Figuren, Themen und Stile wirklich herausforderte.
Der Wettbewerb soll ja nach Aussage der meisten mau gewesen sein.

Die Gründe, die von Kritikern genannt werden, bleiben meist etwas unkonkret und reflektieren eher ein diffuses Gefühl, ....

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17.02.07 13:46

Warum vergisst man nicht, was man besser vergäße?

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„Away from Her“ von Sarah Polley

Seit 44 Jahren sind Grant (Gordon Pinset) und Fiona (Julie Christie) verheiratet und in dieser Zeit waren sie kaum einen Tag nicht zusammen. „She had the spark of life - I never wanted to be away from her“, sagt Grant und man sieht die Super 8 Erinnerung an eine sehr hübsche junge Frau und dann die ältere noch immer sehr schöne Frau, die Fiona heute ist. Und eines Tages räumt sie die Bratpfanne in den Kühlschrank – damit fängt es an. Dann fehlen ihr mal einzelne Worte, Fiona kann sich einfach nicht erinnern, wie dieses alkoholische Getränk aus Trauben heißt. Das Schlimmste: Fiona nimmt diesen Verfall vollkommen klar zur Kenntnis....

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16.02.07 1:46

Seine Figuren schweigen meist, dafür spricht er gern

Ein Interview mit Jeff Nichols, Regisseur von "Shotgun Stories" (Forum)

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Wir treffen uns in der Lobby des Marriott. Jeff Nichols kommt mit seinem sehr stillen Produzenten, der in den 45 Minuten nur einen einzigen Anruf bekommt - das hatte ich mir bei amerikanischen Produzenten anders vorgestellt.
Jeff Nichols ist ein sehr sympathischer und auskunftsfreudiger Typ. Nach dem Interview, sagt er noch: Mann jetzt hab ich wirklich alles augespuckt, aber war toll!
Er wird nach dem Festival noch ein paar Tag emit seiner Verlobten durch Berlin schlendern, “Es gibt so viel anderes neben Filmen!” Recht hat er!

festivalblog: Mr. Nichols, your film deals with a very traditional, almost biblical issue: the fight between half-brothers, who have the same father who abandoned his first family. Since it is not a fight about money or a kingdom it seems more a fight about which „history“ of their father is true. How you came to that idea?

Jeff Nichols: There are certain battles that are going on for hundreds of years now, there is so much bad blood literally and there are so many reasons on both sides to kill that you ask yourself how can a fight like that possibly end? I came up with only two answers.
1. You have one side totally destroy the other side, that they can’t fight back ever
2. At some point someone on either side has to say. I’m not gonna do this, maybe on the cost of my own life.
I was reading a New Yorker article about an Israeli woman,....

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15.02.07 20:11

80er: Säufer, Kiffer, Revoluzzer - aber nicht in Hamburg Hafenstraße

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"...a bude hur (It gonna get worse)" von Petr Nikolaev

Wer wie ich in den 80er im Westen aufwuchs, will gern wissen, wie es zur gleichen Zeit war, 18 zu sein und in einer Diktatur zu leben. Wenn dann noch angekündigt wird, der Film handle von einer Gruppe junger Leute, die einfach nur ihren Spaß haben wollen, so klingt das nach meiner Jugend - und irgendwie nach der Jugend der meisten Leute: Mit dem Unterschied, dass die meisten nicht in den Knast kamen oder ins Irrenhaus, weil sie lange Haare hatten oder nicht zur Armee wollten, und mit dem Unterschied, dass sich von niemanden was sagen zu lassen und auf die Kommunisten zu schimpfen in Tschechien sehr mutig, ja ein politischer Akt war, und bei mir in Dortmund albern, wie jeder Akt von Rebellion, wenn er vollkommen ungefährlich und ohne Konsequenzen ist. Nicht so bei Olin und seiner Gang.

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Boxen wie Jesus: Halt die andere Wange hin!

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"Poor Boy’s Game" von Clement Virgo (Panorama)

„Rocky“ kommt in die Kinos und die Kritiker verbeugen sich vor Stallones Mut und dem Film, den er geschaffen hat. Was ist das nur für eine ewige Liebe zwischen Boxen und Kino? Vielleicht gründet die Faszination in dem existenziellen Unterton, den jeder Fight hat, vielleicht auch in dem archaischen Mann gegen Mann (bzw. Frau gegen Frau), vielleicht auch bloß in der Brot&Spiele Liebe der Menschen.
Aber ein Film braucht eben Helden und Konflikte, um Spannung zu schaffen, und dafür bietet das Boxen eine großartige Gelegenheit. Dabei ist das hier gar kein Boxfilm...

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::festivalblog macher auf 4x6 Meter

Da geht man unbelligt seines Weges, um ein deliziöses Mittagessen bei McDoof zu sich zu nehmen, und denkt: die Stimme kenn ich doch! Dann hört man: "Andreas Tai, festivalblog dot com, eine Frage an den Regisseur..." und da ist er:
4x6 Meter, Mr.Festivalblog (aka. Mr. PK)

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Pass auf, sonst werden wir noch berühmt!

Zwei Filme übers Sterben - also das Leben!

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"Dans le villes" von Catherine Martin (Forum)

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"Chrigu" von Jan Gassmann & Christian Ziörjen (Forum)

In „Dans le Villes“ ist Herbst und es wird Winter. Drei Frauen unterschiedlichen Alters sind einsam - nicht nur allein, sondern wirklich einsam. Das Leben fühlt sich für sie nur noch an, wie eine Last, ein Schmerz. Der blinde Mann im Film ist auch allein, aber scheint einen Weg gefunden zu haben, die Einsamkeit, die bei ihm sogar noch Dunkelheit ist, zu bannen.
„Chrigu“, der auf den ersten Blick ein Dokumentarfilm über Krebstod eines lebensfrohen jungen Mannes ist, befasst sich doch vielmehr mit dem Leben, als „Dans le villes“. Dieser junge Mann ist nicht allein, will gerade nicht sterben, weil er das Leben liebt.

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13.02.07 20:20

Kain und Abel in den Südstaaten

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"Shotgun Stories" von Jeff Nichols (Forum)

Echte „White Trash"-Typen denkt man die ersten Minuten. Nur komisch, dass die drei Brüder mit den Namen Son, Boy und Kid nicht laut und rüde sind, sondern still und melancholisch wirken, so als dächten sie die ganze Zeit an einem Plan herum, wie sie ihrem verkorksten Leben entkommen können. Aber wenn der älteste Bruder ohne scheinbare Gemütsregung verkündet seine Frau habe ihn wohl verlassen, der andere Bruder aus seinem Zelt im Garten kriecht im zerfledderten T-Shirt und mit schmierigen Haaren und der dritte Bruder, verfettet in einem vermüllten Van wohnt, dann denkt man eben, was für kaputte Typen sind das denn? Es dauert eine Weile bis aus den knappen Dialogen und Gesten der Brüder Charaktere entstehen, die sympathisch sind, etwas können, etwas wollen und sogar recht klare Vorstellungen von Richtig und Falsch haben,....

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Der Stau bin ich....

Oh, langsam geht es los. Ist ein bischen wie auf einem Segelboot ohne Wind: Erst alles super, dann bilden sich Fraktionen und am Ende gibt es eine Meuterei. Und auf diesem Schiff Berlinale beginne ich, die 2000 oder 3000 Kollegen allmählich zu hassen. Ja, so pauschal! Alle!
Nicht nur im Kino hasse ich sie, weil sie rascheln, quatschen, schnarchen, stinken, essen, schlürfen, schwitzen, brabbeln, telefonieren, ihr Händi nie ausschalten, zu spät kommen, früher gehen, husten, immer wieder husten, niesen und sich räuspern, in ihren Taschen wühlen, ständig irgendwo verdammte Klettverschlüsse auf und zu machen, vor der Vorstellung dummes Zeug reden und danach manchmal noch mehr.
Aber ich weiß: Das ist der gleiche Hass, wie mein Hass auf die anderen Autofahrer in Berlin, wegen denen ständig ich ständig im Stau stehe! Der Stau bist Du!

Von Briefmarkensammler zum Politik-Meister in 10 Tagen

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"Senkyo - Campaign" von Kazuhiro Soda (Forum)

Erstaunlich wie Menschen und was für Menschen und aus welchen Gründen zu Politikern werden. Der 40 jährige Münz und Briefmarkensammler Kazuhiko Yamauchi wird von der LDP (Regierungspartei in Japan seit 1955, mit drei Jahren Unterbrechung!) völlig überraschend zum Kandidaten für die Stadtratswahlen bestimmt.
Er hatte einen kleinen Münzladen und wird im Wahlkampf als Experte für Budget angepriesen, als Self-Made Unternehmer, der frischen Wind in die Politik bringt (in Wirklichkeit hatten sie nur NOCH ungeeignetere Kandidaten).
Eigentlich ist der Mann ein sympathischer, aber unbeholfener, unerfahrener, uncharismatischer ein wenig hektischer Typ, der nun bestimmt und selbstsicher, dauergrinsend, Parolen verkündend, Versprechen machend auftreten soll.

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12.02.07 21:01

Und noch ein Fussball-WM-Film – aber ohne Fussball

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"Subsitute" von Fred Poulet und Vikash Dhorasoo (Forum)

Kurz gesagt, dieser Film ist der maximale Gegen-Wortmann, kein Frankreich ein Sommermärchen oder so was. Es geht um Vikash Dhorasoo der in der Quali fast jedes Spiel bestritt, Spezel von Domenech war, dann aber bei der WM nur 16 Minuten spielte und beinah, ja leider nur beinah und damit kein Tor geschossen hat. So kennen heute nicht mal eingefleischte Le Bleu Fans seinen Namen. Der Film zeigt auch keine Fußballer beim rumhängen und Karten spielen, keine Spaßbilder aus den Entmüdungsbecken, keine Kabinenromantik, kein Training und auch nur vom Finale ein paar wackelige Bilder von der Tribüne.

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Besucher aller Spezies auf der Berlinale

Von weit und aus der Kälte kamen diese Besucher mit ihrem Schlitten.

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Die Jugend schläft, einsam wachen die Filmfans, die wahrscheinlich schon auf der Premiere von "Rashomon" dabei waren...

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Unser Lehrer Herr Grothe oder: Der sanfte Prinzipal

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"Guten Morgen Herr Grothe" von Lars Kraume (Panorama)

Wo James Belushi 1987 in "Der Prinzipal" mit Baseballschläger als Lehrer an einer Highschool mit den verlotterten Sitten aufräumte oder als Gegenentwurf Robin Williams in "Club der Toten Dichter" die Schüler zu begeisterten Lesern machte, so ist der überforderte, der leidenschaftliche, der raubeinige Lehrer in allen Abstufungen schon vielfach Thema für Kinofilme gewesen.
In „Guten Morgen Herr Grothe“, dem neuen Film von Lars Kraume (Keine Lieder über Liebe), ist es der idealistische Lehrer Michael Grothe (Sebastian Blomberg) und Deutsch sein Fach an einer Berliner Hauptschule.
Die Klasse ein Potpourries des Einwanderungslandes Deutschland und ein Mix der für dieses Genre typischer Klassencharaktere. Die stoische Dauerwalkmanhörerin (heute mit ipod), der stille Asiate, der auf die Fresse kriegt, der romantische Russlanddeutsche, die Clowns, frühreifen Früchtchen, die Störenfriede, Streber und geistig Abwesenden. Und dann ist da wie in jedem Film der eine, der das Klassenklima prägt und an dem sich alle die Zähne ausbeissen: Nico (Ludwig Trepte).

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Ruhrpottcharme allein reicht nicht immer

"Autopiloten" von Bastian Günther (Perspektive Deutsches Kino)

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Ein Episodenfilm-Roadmovie im Ruhrpott, das klingt für einen, der „von da wech“ kommt wie mich sehr reizvoll. Ein bisschen Heimweh bekomm ich ja schon, wenn es im Deutschlandfunk heißt: „Und nun die Staus ab 5 Kilometer: Auf der A 45 Westhofener Kreuz Richtung Dortmund und auf der A 2 Kamener Kreuz Richtung Dortmund 12 Kilometer stockender Verkehr...“
Stockender Verkehr ist auch ein Begriff, den man auf die Leben der vier Protagonisten anwenden kann: ihr Leben ist ins Stocken geraten und schon im Sinkflug. Der Crash droht, was im Film auch etwas zu plakativ mit einem entführten Flugzeug symbolisiert wird, das über dem ruhpöttischen Luftraum kreist. Alle vier Figuren bekommen das irgendwann mit und wie die Gallier, die nur Angst haben, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt, scheinen diese Männer eine ganze Weile vor nichts Angst zu haben und meinen: „Dat wird schon werden!“ Wird’ aber nicht.

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"Rückblickend ist es ja fast irrelevant, ob es eine glückliche oder eine unglückliche Reise war"

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Ein Interview mit Sonja Heiss, Regisseurin von "Hotel Very Welcome" (Perspektive deutsches Kino)

Festivalblog: Ein junger Künstler soll sich ja in seinem Erstling angeblich am besten mit Dingen beschäftigen, die er gut kennt. Wie kommt man also darauf, seinen ersten Spielfilm in Indien und Thailand zu drehen?

Sonja Heiss: Ich bin selbst viel gereist und der Co-Autor und Kameramann, der auch mein Freund ist, wir sind auch zusammen viel gereist. Auf einer Reise ist dann die Idee entstanden, dass man doch mal einen Film über Traveller in Asien machen müsste. Das sollte ein Film werden, der den Traveller nicht mehr so heroisiert. Es geht ja nicht mehr darum, Abenteuer zu bestehen. Mit dem Lonely Planet in der Tasche ist das alles nicht mehr so schwierig. Das Abenteuer ist oft nur man selbst.

fb: Gab es Probleme bei der Finanzierung? Ich stelle mir vor, wenn man dem ZDF oder dem Filmfond Bayern sagt: „Ich will ein paar Monate mit Schauspielern durch Indien und Thailand reisen und einen Film machen“, sagen die da nicht, „Aha, wir sollen Euch also eine schöne Reise finanzieren?“

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11.02.07 23:21

Clint-San klärt Amerika & Japan über einander auf

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"Letters from Iwo Jima" von Clint Eastwood (Wettbewerb / Ausser Konkurrenz)

Der zweite Teil dieses Pazifikkriegsepos beginnt, wo der erste Teil endete: in der Gegenwart: 60 Jahre nach Kriegsende. In einer Höhle werden Briefe von Soldaten gefunden, die damals auf der Insel Iwo Jima gekämpft haben und fast alle umkamen, inklusive des Generals, der die 20.000 Soldaten befehligt hat (ist wirklich so passiert). Ihre Verteidigung von Iwo Jima war ein Himmelfahrtskommando, denn gegenüber eine fast zehnfachen Übermacht der Amerikaner und ihrer gigantischen Militärmaschinerie war klar, die Japaner würden dort niemals gewinnen können. Und so waren am Ende nur 1000 Japaner noch am Leben - die Ehre sollte verteidigt werden, weil das Land längst verloren war - das geht selten gut aus....

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Eine Kirche ist eine Kirche ist eine Kirche...

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"In Memoria di me" von Saverio Costanzo (Wettbewerb)

Es wird im ganzen Film sehr bedächtig und sehr viel durch die langen Gänge des Priesterkonvents geschritten, in dem der ganze Film spielt. Außerdem wird viel geschwiegen, es finden etwa fünf Berührungen statt und alle reden wie eine Mischung aus Philosophen und Paul Coelho Leser – wenn sie reden, denn sehr viel passiert (offenbar) im Kopf der Figuren und dann in ihren Gesichtern.
Ein Besucher sagte nach dem Film, innere Monologe auf Leinwand abzubilden, ist immer langweilig. Langweilig trifft es nicht – dem Film fehlt es an Tiefe, obwohl er von den ganz großen Fragen des Lebens handelt...

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Woody Allens Traum wird wahr: Er ist eine französiche Frau

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"Deux jours a Paris" von July Delpy (Panorama)

Die Referenzen an Woody Allen sind unübersehbar: Sie trägt eine unförmige schwarze Brille, und Er hat Kopfschmerzen und schon bei der Ankunft in Paris führen die beiden amüsante, über-analytische Dialoge über sich, die Liebe, das Land und das Leben im allgemeinen. Beide werden sich nicht bessern, aber genau das ist so toll, denn alle haben einen Hau: Ihre Eltern, irre und liebenswert, Jack ein phobischer Amerikaner, Marion eine neurotisch, sexuell gesteuerte und wunderbare Klischeefanzösin auf der Suche nach der großen Liebe. „It’s a cliché but it’s true!“, sagt auch Jack (was für eine amerikanischer Name!). Und darum geht es in "Deux jours a Paris" auch: Amerika - Frankreich, die beiden Geschwister des globalen Anspruchs auf kulturelle Führerschaft. ...

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10.02.07 18:16

Lonely Planet Asia: Ich Reise, also bin ich NICHT ich

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"Hotel Very Welcome" von Sonja Heiss (Perspektive Deutsches Kino)

Mein erster Film der diesjährigen Berlinale erwies sich als Glücksgriff: humorvoll, vielschichtig, eigenwillig und nicht gewollt oder verkünstelt, wie es Filmhochschulfilme manchmal sind.
„Hotel Very Welcome" spielt in Indien und Thailand. Wow - schöne Drehorte für einen Akademiearbeit denkt der Neidhammel - hat da jemand die Filmerei als Vorwand genommen, um zu reisen und versucht, mit exotischen Bildern eine schwache Geschichte zu kaschieren? Dieses Vorurteil wird vom Film schnell widerlegt. Es ist kein Reisefilm, sondern.....

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Die spinnen die Amis....(aber einige nicht)

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"Strange Culture" von Lynn Hershman Leeson (Panorama)

Die Regisseurin nannte zwei Gründe für die Titelwahl: Einmal die Bakterienkulturen, die Dr. Kurzt angelegte und die die ganze, kafkaeske Geschichte ausgelöst haben und dann die seltsamen Zeiten, in denen man in der US amerikanischen Kultur nach 9/11 lebt. Mir fällt noch eine Dritte "strange culture" ein, in die der Film Einblick gewährt: Die seit langem eher stille und fast vergessene HÄLFTE der eher linksliberalen Amerikaner. Sie besteht in diesem Film aus einer kulturellen Minderheit aus Uni Profs, Künstlern und Museumskuratoren, die Kurzt in diesem zum Himmel stinkenden Fall von Justiz-Tollwut unterstützen....

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Casablanca und Der Dritte Mann - als Tofuversion

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"The Good German" von Steven Soderbergh (Wettbewerb)

Was ist dieser Film? Ein Krimi, ein Remake, eine Hommage, eine Neuinterpetation, ein bloßes Nachäffen? Keine Ahnung. Von allem etwas vermutlich. Durchaus gelungen die Wiedergeburt eines 40er Jahre Thrillers direkt am Anfang, mit der pompösen Musik als Aufmacher, den wackeligen Bildern, die zackige Einführung der Charaktere und sogar ein wenig Esprit in den Dialogen. Aber warum überhaupt der Aufwand, einen Film zu machen, der wie in den 40ern gemacht aussieht? Das hab ich bis zum Ende nicht begriffen ....

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09.02.07 10:00

Der Anti-Forrest Gump: Die 60er vom Rand her gesehen

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"Four Friends" (1981) von Arthur Penn (Hommage)

Irgendwann war es klar: die Macher des schrecklichen „Forrest Gump" haben diesen wirklich schönen Film von Arthur Penn gesehen und sich gedacht, wie wäre es, wenn wir einen Film machen, in dem eine Figur nicht nur die Aufs und Abs der 60er erlebt, sondern gleich die ganze zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts durchschreitet. Und dann ist der Typ noch ein bisschen dämlich, herzensgut und in allen Momenten der jüngeren amerikanischen Geschichte zugegen. Oh boy....

In Penns Film dagegen erleben wir, wie das Leben zu allen Zeiten für die Allermeisten ist: Man lebt am Rande der Geschichte, nimmt die großen Geschehnisse mehr oder minder wahr, nimmt manchmal sogar ein wenig teil, aber ist die meiste Zeit viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um Geschichte zu machen.....

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08.02.07 23:35

Von Von BallaBalla Tokio nach Helau-Stuttgart in 5 Minuten

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Forum: "Ichijiku no kao - Faces of a Fig Tree" von Mamoi Kaori

Das Geheimnis, wie ich nur fünf Minuten von der Berlinale entfernt, fast in eine Pollonese geraten wäre, aber stattdessen Spätzle mit Linsen und Rothaus Pils bekam, während fette Funkenmariechen neben mir gesungen haben, lüfte ich später.
Zunächst zum Film, der ähnlich gaga war, wie die Jecken aus Baden-Württemberg, auf die ich später treffen durfte.

"Ichijuku no kao" fängt toll an: Abendessen bei Familie Kadowaki: ein nur raunender und nöhlender Vater der Tintenfisch Innereien futtert und dazu raucht, eine Tochter, die nur "Mmh" zu allem macht, ein Sohn der gar nichts macht und eine Mutter, die sich raubeinige Wortgefechte über's Bier mit dem Vater liefert, der den Fernseher auch mit dem Hinterkopf sehen kann. Das ganze in dem Innenhof eines traditionellen japanischen Hauses, der so beleuchtet wird, als sei die Familie in ein Terrarium geraten und Teil eines Arrangements, von Kunstlicht beleuchtet und hinter Glas....

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Der Rohrspatz von Paris

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"La Mome - La vie en rose" von Olivier Dahan (Wettbewerb)

Was kann die schimpfen!! Eine echte Berliner Schnauze hat die gute Edith! Ein vulgärer Rohspatz mit einer Stimme, die Wände wackeln lässt - wenn sie schimpft und wenn sie singt. „La vie en rose“ überrascht aber noch mehr, denn es ist kein „Biopic“ geworden. Obwohl ihr Leben genug Material für 10 Filme bietet und an das von Ikonen wie Johnny Cash oder Charly Parker erinnert, die ebenfalls zwischen Musik, Genie, Suff, Drogen, Exzessen und Exzentrik wankten und deren Leben erfolgreich als Biopic verfilmt wurde. Dieser Film ist anders....

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31.01.07 14:39

Das Programm: Sektionschefs über ihre Filme

Gestern sprachen die Sektionsleiter über ihre Filme: Christoph Terhechte, Leiter des Forums sieht eine Renaissance der politischen Themen im Kino, die sich seit zwei Jahren angekündigt hat und nun voll da ist. Dabei geht es um Fragen der Demokratie und wie sie funktioniert. Filme, die im Sinne der 60er Jahre sagen: Alles Private ist politisch - also allgemein die Frage „Wie lebe ich?" stellen, sind wieder mehr verteten. Als Beispiel für solch einen Film nennt er den amerikanischen Independent Film „Shot Gun Stories" von Jeff Nichols, der sich mit einer Familienfehde befasst.
Statt des Wohnzimmers im Atrium des Arsenals wie im letzten Jahr gibt es jetzt das Gossip Studio, also eine Gerüchteküche als Treffpunkt für Filmemacher, -gucker und -quatscher.

Wieland Speck, Leiter des Panoramas sagt, dass besonders die amerikanischen Independent Filme endlich wieder radikaler sind, nachdem sie die letzten Jahre vor allem auf Marktkompatibilität geschielt hätten.....

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30.01.07 16:13

The Didi Kosslick Show: Pressekonferenz zur Berlinale

Damit wir das weghaben hier die diesjährige Namedroppingkette! Auf dem Roten Teppich dieses Jahr: Willem Dafoe, Gael Garcia Bernal, Mario Adorf, Cate Blanchett, Robert DeNiro, Lauren Bacall, Clint Eastwood, Judie Dench, Steven Soderbergh, Sharon Stone, Jennifer Lopez, Matt Damon, Antonia Banderas, Ben Kingsley, Jeff Goldblum (mit Hal Hartley, seit neuestem Berliner Bürger, für die American Indie Filmfans), Francois Ozon, July Delpy, Faye Dunaway, Marianne Faithful, Frank Miller (der von Sin City), Emanuelle Béart, Jamie Bell (Billy Elliott, Flags of our Fathers), Guilliaume Depardieu und, und, und Hunderte sehr spannende andere, nur weniger bekannte Schauspieler und Filmemacher, die ein Festival aber erst zum Festival und die Filmwelt zu einer Welt machen.
Dieses Jahr darf niemand behaupten, die Berlinale stehe beim Celebrity-Faktor hinter Cannes zurück. Nur mit dem Wetter scheint es wie jedes Jahr Probleme zu geben....
kosslickbaer.jpg It' his Show...

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20.01.07 12:42

Die Wirklichkeit da draußen - 4 Dokumentarfilme in der Perspektive

Vier Dokumentarfilme komplettieren das Programm der Perspektive Deutsches Kino: Drei davon beschäftigen sich mit sozialen Problemen in Berlin und Hamburg: Zum einen "Zirkus is nich" von Astrid Schult, der von einem Jungen in Berlins Wildem Osten erzählt, der viel zu früh erwachsen werden muss. Dann "Prinzessinnenbad" von Bettina Blümner, die für ihren Titel das bekannte "Prinzenbad" in Kreuzberg umbenannt hat, um sich drei Mädchen aus der Gegend um das Kottbusser Tor zu widmen, einem sozial und ethnisch sehr gemischten Bezirk der Stadt. Der Film "Osdorf" von Maja Classen dagegen schaut dann nicht auf die Mädchen, sondern auf ein paar Jungs in Hamburg: drei von ihnen mit Migartionshintergrund, wie das neu-deutsch und schrecklich abstrakt heißt.
Der vierte Dokumentarfilm in der Perspektive hat dann ein ganz anderes Thema: Das Kino selbst nämlich und einen seiner berühmtesten deutschen Vertreter: Wim Wenders. Marcel Wehns Film "Von einem der auszog - Wim Wenders frühe Jahr" hat sich - wie der Titel schon sagt - mit den älteren Werken von Wenders beschäftigt und offenbar so manchen Wegbegleiter und den Meister selbst vor die Kamera bekommen. Wir dürfen gespannt sein.
Außerdem wurden auch die letzten beiden Spielfilme des Programms benannt: Claudia Lehmanns Kurzfilm "Memoryeffekt" in der eine Frau an Albträumen leidet und siche einer darin vorkommenden anderen Frau annähert. Und der Episodenfilm von Sonja Heiss "Hotel Very Welcome", in dem fünf junge "Backpacker" in Thailand und Indien eine sinnlose Suche nach ihrem Selbst veranstalten oder das "wahre" Asien kennenlernen wollen, aber nicht wirklich etwas erreichen.

19.01.07 12:43

Der Daddy von Neu-Hollywood wird geehrt

Die Hommage der 57. Filmfestspiele hat nach drei Jahren Pause wieder einen ehrwürdigen Filmemacher gefunden: Der Regisseur Arthur Penn, der im September 85 Jahre alt wird.

Genau wie bei Jury Präsident Paul Schrader begann Penns Aufstieg in den wilden 60ern, die nicht nur gesellschaftlich und politisch Umwälzungen brachten, sondern auch das Filmbusiness gehörig aufwirbelten. Penn hatte zwar schon Ender der 50er und Anfang der 60er Jahre ein paar Filme gemacht, die sogar leidlich erfolgreich waren (mit seinem zweiten Film „The Miracle Worker" (1962) wird er für den Oscar nominiert), aber der große Durchbruch kam erst danach.
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Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass Penn in fast 50 Jahren als Regisseur nicht so viele Filme gemacht hat, und auch nicht so viele gute: Aber dafür einen, den man wohl als Wendepunkt der amerikanischen Fimgeschichte bezeichnen kann: „Bonnie and Clyde" von 1967 und einen, der den ganzen New-Hollywood Phase mehr oder minder abschließt und das gute alte Privatdetektiv Genre gleich mitbeerdigt: „Night Moves" von 1975 mit Gene Hackman in der Hauptrolle. Domink Graf bezeichnet „Night Moves" als....

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17.01.07 12:57

Der Chef vons Janze - Portrait des Jury-Präsidenten Paul Schrader

Ein Drehbuchautor als Präsident - das ist selten - sind es doch meist die „Checker & Könige" des Filmgeschäfts, Regisseure oder Schauspieler wie letztes Jahr Charlotte Rampling, die den Geist einer Jury verkörpern und Öffentlichkeit schaffen sollen. Doch dieser Drehbuchautor ist ja viel mehr als eine der fleißigen Bienen im Hintergrund, die kaum jemand kennt: Er ist selbst eine Marke und ein Monolith in der amerikanischen Filmlandschaft geworden, war Teil des rebellischen „New Hollywood" in den 60ern und 70ern (Retrospektive der Berlinale 2005) und kann auf einige eindrucksvolle und manchmal stilbildende Filme in seinem Schaffen zurückblicken.
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Paus Schrader wird 1946 als Sohn strenggläubiger Calvinisten geboren und erzogen, er studiert folgerichtig und brav bis zum „Schicksalsjahr" 1968 Theologie, um sich dann aber dem zuzuwenden, was die Fundamentalisten in den USA als die Mächte des Teufels bezeichnen: dem verlotterten Filmgeschäft. Heute beschreibt er den Calvinismus als eine Art permanente, milde Depression.
Er nimmt Film-Kurse an der Columbia University in N.Y., schreibt Kritiken. 1972 erscheint sein Buch "Transcendental Style in Film" in dem er religiöse und mythische Tedenzen in den Werken von YazujiroOzu, RobertBresson und Carl Theodor Dreyer analysiert. In dieser Zeit beginnt er auch erste Drehbücher zu schreiben. Das Theologiestudium und den vom „Glauben abgefallenen" merkt man seinen Filmen oft genug an, nicht nur in „The Last Temptation of Christ", den er 1987 mit Scorsese machte. Es ist fast so, als riefen seine Figuren immer wieder „Ich will ja glauben, aber wie denn, woran denn bitte?"

Schrader kämpft in den 70ern mit Drogen und Alkohol und ringt mit seiner Bestimmung. Er ist pleite, schläft in seinem Auto und geht nachts in Pornokinos - aber aus dieser veritablen Lebenskrise gehen eine Reihe wichtige Filme (Taxi Driver, Hardcore, American Gigolo, Light Sleeper) hervor, in der männliche Krisen die Krisen der Gesellschaft werden und umgekehrt.
Überhaupt sind die richtungslosen Männer dieser Welt, ihre Codes, ihre seltsamen Vorstellungen von Ehre und Gewalt als Lösung sein Thema. Ob in Yakuza Filmen, bei den nächtlichen „Lonern" in „Taxi Driver", „Bringing out the Dead" oder die Figur in „Light Sleeper" - ja sogar in „Last Temptation of Christ" geht es ja vor allem um Männer und ihre Art zu scheitern.

Nach „Taxi Driver" (Schrader bezeichnete Travis Bickle als „god's lonely man") führte Schrader auch selbst Regie, arbeitete als Autor unter anderem mit Coppola, Lucas, Pollack, DePalma, Spielberg, Peter Weir sowie mehrfach mit Scorsese.
Mit "Mishima" inszeniert er 1985 einen komplexen, filmsprachlich ambitionierten Film über den letzten Tag des japanischen Schrifstellers Yukio Mishima, der gefangen zwischen der Tradition kriegerischer Samuai und den Errungenschaften der westlichen Marktwirtschaft und Kultur Paul Schraders Position in der amerikanischen Filmwirtschaft spiegelte. Auch Schrader begreift sich offenbar als ein solcher Mann alten Schlags.

Heute ist der rebellische Mann im Hollywood Establishment angekommen, was man ihm aber ganz sicher nicht vorwerfen kann. Alles hat seine Zeit. Über seine wilden Jahre sagt er: „But our attitude was: we don`t like you and we don't care if you like us. And the phantastic thing about it was that you could still make money with it!"
Nun wird er Jurypräsident der Berlinale und keiner wird ihm reinreden können - denn er ist der Boss, ein echter Kerl - eine Rolle, die er schon sein ganzes Leben gibt.

16.01.07 12:42

Zwei Brüder, zwei Perspektiven - Clint Eastwoods Kriegsfilm „Letters from Iwo Jima"

Clint Eastwoods Kriegsdrama „Letters from Iwo Jima" wird auf der Berlinale außerhalb der Konkurrenz laufen. Leider. Er kam vor einigen Wochen in den USA ins Kino, wo wiederum einige Wochen früher auch der gewissermaßen erste Teil dieses Dramas bereits anlief: „The Flags of our Fathers" (der diesen Donnerstag in die Kinos kommt). Doch die beiden Filme sind eher zwei Seiten einer Medaille als aufeinander folgende Geschichten - sie beziehen sich aufeinander, ohne sich zu begegnen, stehen sich gegenüber wie die dargestellten Kriegsgegner in den Schützengräben: ohne das Gesicht des anderen erkennen zu können, schiesst jeder hinüber auf die andere Seite und wartet, was von dort kommt.

Beide Filme handeln von der Schlacht um die Insel Iwo Jima im Zweiten Weltkrieg. „The Flags of Our Fathers" aus amerikanischer Perspektive (bei dieser Schlacht entstand das sehr berühmte, inzwischen ikonographische Kriegsfoto von sechs GIs, die eine amerikanische Flagge auf den Gipfel des Hügels rammen) und „Letters from Iwo Jima" aus japanischer Perspektive.
Die Kritiken waren überragend und das, obwohl doch das Genre des Kriegsfilms, besonders des 2. Weltkriegsfilms, mehr als oft genug erzählt wurde.
Die beiden Eastwood Filme beweisen offenbar, dass man über den Krieg ebenso viele Filme machen kann, wie über die Liebe: unendlich viele.
Die NY Times schrieb, es gebe wohl kaum einen Kriegesfilm der intimer ist und sich mehr darum bemüht, tief in die Psyche und Menschlichkeit des Feindes vorzudringen und dabei die Absurdität vorzuführen, mit der Individuen im Krieg gezwungen werden, ihre Persönlichkeit zugunsten einer Todesmaschinerie aufzugeben.
Kein amerikanisches Heldendrama nach Schema-X (Saving Private Ryan etc.) also. Wie auch mit unbekannten japanischen Schauspielern und auf Japanisch mit Untertiteln - normalerweise Garantie für einen Misserfolg in den USA. Wir dürfen gespannt sein.
Schade nur, dass wie letztes Jahr mit „Syriana" die ambitionierten amerikanischen Filme außerhalb der Konkurrenz laufen.

Rezension aus der New York Times
und eine Rezension aus dem Tagesspiegel

Die Jury, das unbekannte Wesen - Eine Suche

Eine Jury nennt man zwar auch Schlagersänger und speckige Tanzlehrer, wenn sie im Fernsehen auftreten, und durchschnittlich begabte Jungs und Mädel zu Superduuperstars ernennen, aber die Jury eines Filmfestivals ist ein ganz anderes Wesen: Nämlich ein eierlegendes Wollmilchschwein mit Rehaugen und Hirn, sanften Händen und klarer Meinung...

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06.01.07 10:00

Foto und Film - aus 1 wird 24 pro Sekunde - Sonderreihe Magnum in Motion

Man kann kaum ermessen, wie umfassend die Fotografie der Agentur Magnum in den letzten sechs Jahrzehnten unser kollektives Bildbewusstsein und unseren internen Bildspeicher geprägt hat.
Jeder, der schon mal in einer Fotoausstellung der ganz großen dieser berühmten Fotoagentur gewesen ist, Henri Cartier-Bresson, Robert Capa oder Elliott Erwitt, wird vor einem der Fotos gestanden und gedacht haben: „Ach, von dem ist das!" So z.B. das wohl berühmteste aller Kriegsfotos: der getroffene, nach hinten stürzende Soldat aus dem Spanischen Bürgerkrieg, das in so manchem 80er Jahre Jugendzimmer als Poster mit der Überschrift „Why?" hing. Oder Giacometti wie er zwischen seinen Skulpturen hindurch huscht, das Knittergesicht von Samuel Beckett oder.....

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05.01.07 12:09

Neo-Noir, Lügen und Spione in Berlin

Soderberghs neuer Film "The Good German" mit George Clooney in der Hauptrolle ist eine Hommage an die alten Noir Filme und optisch inpiriert durch "Der Dritte Mann" oder "'Casablanca" und die Figuren erinnern nicht zufällig an Orson Welles, Fassbinders Veronika Voss oder den guten alten Bösewicht Peter Lorre. Er wird im Wettbewerb der Berlinale laufen.

In den USA bereits angelaufen und mit gemischten Kritiken bedacht, wird "The Good German" auf der Berlinale dennoch Aufsehen erregen, einfach weil er in den Ruinen unserer Stadt nach dem Krieg spielt und weil die Darsteller Clooney, Cate Blanchett und Tobey Maguire Hoffnungen auf die jedes Jahr heiß diskutierten Starbesuche wecken, mit dem die Berlinale immer wieder gegen Cannes anstinken möchte.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Vorlage ist ein Roman von Joseph Kanon, der von einem amerikanischen Journalisten (Clooney) erzählt, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Potsdam zurückkehrt und dort seiner alten Liebe (Blanchett) begegnet. Mit dabei ein fieser Sadist, der mit Cate Blanchett fiese Sachen macht (Tobey Maguire) und diverse zwielichtige Typen. Es geht um die Jagd auf deutsche Wissenschaftler, die im beginnenden Kalten Krieg von den Amerikanern rekrutiert werden, damit die Russen sie nicht rekrutieren. Die Themens sind wie nicht anders zu erwarten Kriegsverbrechen, Ausbeutung, Vergewaltigung, Gewalt, Mord, Verschwörung und die Spionagespielchen zwischen Russen und Amerikanern.

Kritisiert wurde an dem Film vor allem, dass er sich in seiner Ästethik zu sehr selbst gefällt, alle alten Vorbilder zitiert und mit Soderberghs eigenen Hochglanzfilmen wie "Oceans Eleven" mischt, aber nichts wirklich neues schafft, ausser einen Neo-Noir Film, der mehr Gewalt und Sex, als es in den Orginalen in den 50er möglich war, auf der Leinwand zeigt.
Ich bin als Fan der 50er Jahre Filme trotzdem sehr gespannt...

Die Reise beginnt schon...

Einige Wettebewerbsfilme sind jetzt benannt worden. Und schon bei diesen wenigen beginnt die beliebte Kino Reise um die Welt und durch die Zeit: Zum zweiten Mal im Wettbewerb der Berlinale Christian Petzold mit seinem neuen Film "Yella", eine Ost-West Geschichte. Aus Südkorea "I Am A Cyborg But That’s Ok" von Park Chan-wook, in dem sich eine Frau in einer Irrenanstalt ausnahmsweise nicht für Napoleon, sondern für einen Roboter hält. Desweiteren ein Film des Oscarpreisträgers Billy August über den Gefängniswärter von Nelson Mandela, "Goodbye Bafana", sowie der Film "Irina Palm“ mit der Sängerin Marian Faithfull in der Hauptrolle als Frau um die 50, die sich für einen erotischen Job engagieren lässt.
Hoffen können alle Fans des amerikanischen Kinos auf Starbesuche durch George Clooney (dessen Besuch letztes Jahr schon große Wellen schlug, er ist gut mit Kosslick bekannt) und Robert DeNiro. Clooney ist Darsteller in Soderberghs Schwarz/Weiß Drama "The Good German", das im Nachkriegs Berlin spielt. DeNiros zweite Regiearbeit hat einen ähnlichen Titel, nämlich "The Good Shepherd", spielt einige Zeit früher während des Zweiten Weltkriegs und ist ein Geheimdienstdrama.

Die Auswahl der beiden Filme ist aus Publicity Gründen sehr geschickt, denn die Liste der in den Filmen vertretenen Stars und damit möglichen Berlinale Gäste ist neben Clooney und DeNiro lang: Cate Blanchet, Tobey Maguire, Beau Bridges, Matt Damon, Angelina Jolie. Warten wir's ab, wer am Roten Teppich in diesem Jahr bekreischt wird...

26.04.06 14:28

Britspotting 2006
"Leaving Home / Coming Home" von Gerald Fox

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Robert Frank Doku enttäuscht leider ein wenig

Der Film "Leaving Home /Coming Home" darf auf Geheiß von Mr. Frank weltweit nur drei Mal im Jahr gezeigt werden. Auf diese Weise will Robert Frank, der heute 81 Jahre alt ist, zum einen seine Kunst schützen (der Film enthält viele Fotos und Filmsequenzen aus seinem Werk der letzten 50 Jahre), aber zum anderen versucht er offenbar auch, den Mythos um seine Person aufrecht zu erhalten. In der Dokumentation hat er nämlich nach Aussage alter Freunde mehr über sich und seine Kunst gesprochen, als mit ihnen während ihrer ganzen Freundschaft.

Obwohl ich also mit etwa 60 anderen Kinobesuchern zu den erlesenen Wenigen gehörte, die ihn in Berlin sehen konnten, war ich etwas enttäuscht. Das lag vor allem an der fehlenden Dramaturgie des Films...

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"Leaving Home / Coming Home" von Gerald Fox " »

23.04.06 13:32

Britspotting 2006
Großartig! A Cock and Bull Story von Michael Winterbottom

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Auf der Berlinale noch mit seinem politisch anspruchsvollen, aufrüttelnden Film "The Road to Guantanamo", ist Winterbottom beim Britspotting Festival mit einem Beitrag vertreten, der kaum weiter entfernt von einem Film über entrechtete Häftlinge und Folter sein könnte. Eine grandiose Komödie über das Leben, die Kunst, den Film und die Vermessenheit, das Leben in Kunst abbilden zu wollen.

"A Cock and Bull Story" ist vorgeblich die Verfilmung von Lawrence Sternes Roman: Das Leben und die Ansichten Tristram Shandys, von 1760, dem ersten postmodernen Roman, bevor es überhaupt die Moderne gab. Das Buch galt als unverfilmbar, aber Winterbottom gelingt es, indem er es erst gar nicht versucht.

Winterbottoms Film will ein Buch verfilmen, das am Ende zugibt, dass es nur ein gescheiterter Versuch ist, das eigene Leben zu beschreiben. Der Film rettet sich, indem er zu einer Geschichte über das Scheitern einer filmischen Literaturadaption wird und am Ende nur noch über sich selbst spricht: Über scheiternde Regisseure, egozentrische Schauspieler, über ausfallende Haare, sich gelb verfärbende Zähne, über Cocks and Bulls. Das ist so witzig schräg und leicht, dabei zugleich tief philosophisch und wahrhaftig, wie ich es lange im Kino nicht mehr gesehen habe. Indem sich der Film in Details und menschlichen Makeln verliert, spricht er über das Leben, über den Anspruch und über die Esszens desselben. Der Rest ist Konstruktion und blosse Nachahmung des Lebens in der Kunst.

Doch, um mit Tristram Shandy zu sprechen: I am getting ahead of myself. Erst Mal will ich die Struktur des Films erläutern und zeigen, wie alles mit allem zusammenhängt: ganz wie wir Menschen es immer machen, wenn man etwas unfassbar Grosses und Komplexes zu fassen versucht...

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20.04.06 21:03

Britspotting Festival in Berlin

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Vom 20 bis 28. April läuft das Britspotting Festival in Berlin und Potsdam.
Viele Erstlingswerke irischer und britischer Filmemacher und dazu ein paar alte Bekannte von der diesjährigen Berlinale. "37 Uses of a dead Sheep" und der sehr sehenswerte Punkmusik-und-wilde-70er-Film "Brothers of the Head", sowie "Breakfast on Pluto" haben ja schon im Februar beeindruckt. Auch von Michael Winterbottom, auf der Berlinale mit "The Road to Guantanamo", gibt es einen Film. Er hat sich in "A Cock & Bull Story" den irrsinnigen Roman "Tristam Shandy" von Sterne vorgenommen und das Unverfilmbare verfilmt.

Dann gibt es natürlich viel neues, sehr britisches Kino: Das heisst Sozialdramen aller Art, figurenorientiert, ohne Schnörkel und Mätzchen. Da wäre zum Beispiel der Film "Night People" der wie Jim Jarmuschs "Night on Earth" 3 Leute unterwegs (z.T. auch im Taxi) durch die Nacht zeigt. Alle begegnen Menschen, die ihr Leben verändern, wenn auch nur für diese eine Nacht.
Besonders freue ich mich auf einen Dokumentarfilm über meinen Lieblingsfotografen: Robert Frank. In "Leaving Home - Coming Home" werden die Phasen dieses grossartigen Künstlers, der seit den 50ern das Amerika der Beats und Wegesränder, der Gestrauchelten und Mad-Ones dieser Welt festgehalten hat, der ausserdem die Subjektivität des Sehens und Erzählens in den eigenen Bildern grandios abbildete.(Fotos hier)...

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19.02.06 12:18

Am Ende

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Ort, Zeit und Bild fließen zusammen. Filme, Leute und Momente schieben sich übereinander. Berlinale 2006 thanks, merci, danke, gracias, 謝謝, ありがとう شكرا usw...(Fortsetzung folgt)

18.02.06 15:17

German Cinema: "Im Schwitzkasten" von Eoin Moore

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Alle reden von Elementarteilchen, weil da angeblich alle wichtigen deutschen Schauspieler mitspielen. Nein sage ich da - allerhöchstens die Hälfte. Denn die andere Hälfte finden wir "Im Schwitzkasten": Edgar Selge, Christiane Paul, Laura Tonke, Andreas Schmidt (gerade als LKW Fahrer in Sommer vom Balkon zu bewundern), Esther Zimmering, Steffi Kühnert und Charly Hübner.
Für den neben mir sitzenden Drehbuchautor war das Qualtitätskriterium des Films, dass viel gelacht wird während der Vorführungen. Recht hat er. Und das ist die Berliner Sommergeschichte:

Jeden Donnerstag, auch wenn die Leute draussen Shorts und T-Shirt tragen, wird in der Sauna "SCHWITZKASTEN" gemeinsam beim Latschenkieferaufguß gelitten und geächzt. Die Geschwister Nadine und Jost betreiben die Sauna, hier trifft sich regelmässig ein illustres Grüppchen: Der Langzeitarbeitslose Toni, die Ex-Stewardess Dani, die Vertreterin und Versicherungsmaklerin Karin, die turbantragende Afrikafreundin Monika sowie Norbert, Literaturprofessor und Redenschreiber für seine Frau, eine Bundestagsabgeordnete. So nackt und schwitzend lernt man Leute ganz gut kennen, aber...

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Forum: "La Prisionera" von A. Moguillansky & F. Villanueva

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Meisterleistung!
Ein Film, der es schafft, 75 Minuten von Nichts zu handeln. Gar nichts. Als nach der Hälfte nicht klar war, um wen es geht, was die Figuren wollen, wer eigentlich beim wem wohnt und mit wem zusammen ist oder war oder sein will und wo eigentlich das Problem ist, dachte ich: Klasse, die machen es spannend, am Ende werden die Fäden zusammengeflochten. Falsch gedacht. Es waren schöne Bilder aus Buenos Aires, hübsche junge Menschen, die alle irgendwie mit Musik zu tun hatten und in grandiosen Altbauapartements wohnen. Zwei Frauen, ein Mann laufen rum, reden über ein Beethoven Thema und eine gestohlene Uhr. Tja. Das ganze wird in zwei Teilen erzählt, von denen man nicht sagen kann, warum der Erste, der Erste ist und nicht einfach der Zweite. Ist nämlich egal.

Ein echter Debutfilm von der Filmhochschule, bei dem die Regisseure sicher was gelernt haben. Nur dass wir daraus nichts lernen. Und auch nichts mitnehmen. Aber möglicherweise war das auch nicht der Anspruch.

17.02.06 13:05

Wettbewerb: "Offside" von Jafar Panahi (I)

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Männerfussball ist Frauenfussball ist Völkerball

Dann bin ich ihn doch noch losgeworden: Den schwarz rot goldenen Kugleschreiber mit dem einem Fussball als Druckknopf, den wir letztes Jahr im Iran mithatten (dazu Mützen, Magneten, den ganz Fanquatsch). Als Gastgeschenke und Propagandamaßnahme für die WM. Denn die Iraner lieben Fussball, lieben Deutschland (Ja! Wirklich!) schauen via Satelit sogar Bundesliga (obwohl ihnen die 1 Liga in Italien, England und Spanien besser gefällt). Überreicht bekam diesen dollen Kugelschreiber der Tonmeister des Films "Offside", weil ich außer einem "Danke für den Film" gerade nichts parat hatte.

Das Setting von "Offside" ist das Spiel Iran gegen Bahrain, bei dem sich die Iraner im letzen Jahr für die WM bei uns qualifiziert haben. Vom Spiel selbst sieht man aber nur einige Sekunden, einmal kurz in Stadion und einmal auf einem Fernseher. Der Rest dreht sich um eine handvoll Frauen, die als Männer verkleidet ins Stadion wollten und dort aufgegriffen werden. Von 3 Soldaten bewacht, können das Spiel nur noch hören oder lassen es sich von einem der Soldaten beschreiben. In der Zwischenzeit diskutieren sie mit den Soldaten über den Irrsinn der Trennung der Geschlechter im Iran...

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Wettbewerb: "Find me guilty" von Sidney Lumet

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Einer für alle und alle für Einen

Nach eine wahren Geschichte. Diese Einblendung gab es bei auffallend vielen Filmen in diesem Jahr. Es ist Lumets dritter Gerichtsfilm in seinem über 50 jährigen Filmeschaffen. Unfassbar, was der Mann alles gemacht hat (Filmographie). Diesmal geht es um einen gigantischen Prozess gegen die Mafia, der mit hunderten Zeugen über zwei Jahre gegen 20 Angeklagte gleichzeitig geführt wurde. Vin Diesel spielt Jackie DiNorscio, der sich als Einziger der Angeklagten selbst verteidigt hat. Jackie ist ein sehr einfacher Typ, der die meiste Zeit seines Leben im Gefängnis verbracht hat, zu Wutausbrüchen und einer unflätigen Sprache neigt - alles Eigenschaften, die vor Gericht nicht unbedingt weiterhelfen. Weil das Ganze ein Gruppenprozess ist, fürchten seine Kumpanen, dass Jackie sie durch seine zunächst hahnebüchene Verteidigungsmethode mit runterzieht. Deshalb steht er bald völlig allein da, von seinen Buddies geschnitten, als Einziger im Knast, von Staatsanwalt und Richter mißtrauisch beäugt. Aber er läßt sich trotzdem nicht unterkriegen.

Ein sehr amerikanischer Stoff, einer gegen Alle, und dazu der vermeintliche Looser, der sich am Ende als die entscheidende Figur herausstellt.

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16.02.06 23:12

Bring mir ma ne Flasche Bier, sonst streik ich hier...

Eine Flasche Bier hab ich dem Film gegeben. "El Cielo Divido" Wieder ein Film über schwule Liebe im Panorma. Ist ja auch 20 Jahre Teddy Award - na gut. Aber nach 30 Minuten ohne Worte, dafür mit ganzganz viel verliebten Blicken und Leibern von zwei jungen Hüpfern in Buenos Aires, bin ich ausgestiegen, als der Dritte dazu kam, der noch weniger sagte (kann man das, weniger als Nichts sagen?) und das Ganze zur schweigenden, argentinischen Menage a Trois wurde. Dit is Kunstkino. Vielleicht bin ich auch einfach nur ignorant und übersättigt.

Hab dann mein Bier in einen deutschen Film getragen (ein Schluck war noch drin). "Vier Fenster" heißt er. Ausverkauft, musste auf die Treppe, aber man kann da auch liegen und Wohnzimmer simulieren. Der Film von C.M. Müller: Nette Idee eigentlich, aus der Perspektive von jedem Mitglied einer Familie (Mama, Papa, Sohn & Tochter) einen Tag zu zeigen. Es ging dann vor allem um unterdrücktes Verlangen und sexuelle Frustration, um Inzucht, schwanger vom Papa, schwule Klappe im Sexkino, Gewaltgelüste und wie das sich auf die Familie auswirkt. Das tut es nämlich. Ach?
Die Schauspieler gut, aber too much Probleme für eine Familie und einen Tag. Das Bier war dann alle, die Probleme blieben auch im Film unlösbar. Bin ich halt nach Hause. Und dann fiel mir dann die schöne Textzeile vom gestrigen Sterne Konzert ein: "Was weiß der Grashalm, was ihn knickt." Genau meine Meinung.

Wettbewerb: „L’Ivresse Du Pouvoir“ (Geheime Staatsaffären) von Claude Chabrol

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Sie ist natürlich toll: Isabelle Huppert als kaltschnäuzige Staatsanwältin, die die korrupten, verweichlichten Männerbünde das Fürchten lehrt, welche sich auf Kosten des französischen Steuerzahlers bereichern. Aber so nach einer dreiviertel Stunde wird man ihrer überdrüssig, weil sie nur das ist, Anwältin, die sich in die Staatsaffäre verbissen hat und darüber auch ihre Ehe scheitern lässt. Weil ihr Mann mit der starken Frau nicht klarkommt, weil eigentlich kein Mann mit ihr klar kommt, am wenigsten die Mächtigen. Sie haben Angst. Gut, das ist der Einbruch der Frauen in den Herrenclub - und weiter? Das Problem ist: Sobald man der Hauptfigur überdrüssig ist, wird auch der Film nur noch lang, sehr lang, weil soooo viel geredet wird und so viele Namen und Leute auftauchen, die irgendwie verwickelt sind. Alles feingewandete Herren, viele Verhöre, ein paar entspannte Gespräche unter Frauen, eine sprachlose Ehe.

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Perspektive Deutsches Kino: "Der Lebensversicherer" von Bülent Akinci

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Zuerst erkennt man die Stimme. Sie gehörte schon Amon Göth, dem SS Mann aus "Schindlers Liste" und sie gehörte dem "Englischen Patienten". Jens Harzer leiht seine Stimme immer Ralph Fienes und sie hat diese faszinierende Mischung aus Ruhe und unterdrückter Emotion, die zugleich zärtlich und furchteinflössend ist. Die Stimme eines Menschen, der im nächsten Moment hochgehen könnte wie eine Bombe. So einen spielt er auch in "Der Lebensversicherer", ein Mann, bei dem man nicht weiß, ob er mit jedem Tag mehr kaputt geht oder sich noch mehr Energie aufstaut. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlt, entlädt sie sich, dann hämmert er in der Waschstrasse oder nachts, auf irgendeinem Rastplatz, auf sein Lenkrad und sich selbst ein. Burkhard verkauft Lebensversicherungen, lebt in seinem Auto, ruft nur noch von Telefonzellen zu Hause an, erreicht dort aber immer nur den A.B. und macht dann Versprechungen: "Bald bin ich zu Haus, ich habe heute gut verkauft." Aber er fährt nie nach Haus. Wenn er wie in einem Levis Werbespot in Unterwäsche in der Reinigung auf seinen Anzug wartet, hat das so gar nichts Cooles.

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14.02.06 22:36

Forum: Men at Work (Kargaran mashghool-e karand) von Mani Haghighi

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Große Allegorie oder einfach ein Film über Buddies?

Vier Männer kommen vom Skifahren und auf der Passtrasse entdecken sie einen phallusartigen Felsen. Sie beschließen: Dit Ding muss wech! Warum auch immer, völlig sinnlos, aber egal. Als Reißen und Ziehen nicht dazu führt, den verdammeleiten Stein in die Schlucht zu stoßen, sind sie bald Besitzer eines Esels, der helfen soll, sie fällen einen Baum, um den Fels umzuhebeln, reißen Strassenschilder heraus, ziehen mit der Seilwinde des Jeeps und der Methoden mehr. Es gesellen sich andere Leute dazu, einige Bekannte, die kurz ihre Ideen einbringen, wie man den Stein wegbekommen könnte, aber dann schnell wieder aufgeben, ein paar Frauen tauchen auf, die sich eher um den armen Esel und ihre manischen Freunde kümmern, den Felsen aber links liegen lassen. Das ist die Arbeit der Männer, denn sie scheinen auch dafür verantwortlich....

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Wettbewerb: "The Road to Guantanamo" von Michael Winterbottom & Matt Whitecross

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Das Absurdeste zuerst: Die Szenen, die im Gefangenenlager Guantanamo auf Cuba spielen, wurden in Teheran gedreht. Am ganz anderen Ende auf Bushs Achse der Guten und Bösen. Und gerade in den dort gedrehten Szenen zeigt Winterbottom, wie die USA ihre ureigensten Werte verraten haben, um sich der Illusion von Sicherheit und eines Krieges alter Machart (Die gegen uns) hingeben zu können. Mit schrecklichen Folgen für diejenigen, die dabei ins Fadenkreuz der Terroristenjäger geraten.

Man hat sich an die Existenz von Guantanamo gewöhnt, obwohl wir wissen, was dort vor sich geht: Etwa 300 Menschen werden ohne Anklage, ohne die Möglichkeit ihre Familie oder Anwälte zu sprechen, in Käfigen wie im Tierheim gehalten. Sie werden gefoltert und bei kleinsten Vergehen in Einzelhaft gesteckt, manchmal wochenlang, sie werden ständig befragt, verhört, beschimpft und damit gebrochen. Man will von den wahllos eingekerkerten Männern erfahren: Wo ist Bin Laden. Die Frage ist so verrückt, dass die Zuschauer im Kino nur noch lachen konnten, als der CIA Mann sie einem der Jungen schließlich stellt. Aber zum Lachen gab es sonst wenig in dem Film...

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Panorama: Strákanir Okkar (Eleven Men Out) von Róbert I. Douglas

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Schwule Fussballer spielen Fussball

Wie der Regisseur vor dem Film richtig anmerkte: Es gibt wenig Fussball, dafür um so mehr Duschszenen in „Eleven Men Out“ zu sehen: Óttar ist Stürmer beim 1. Ligaklub KR. Am Ende eines großen Spiels verkündet er in der Kabine während die halbe Mannschaft nackig vor ihm steht: Ich bin schwul.
Weil es in der Vorstellung der meisten Leute in etwa so viele schwule Fussballer gibt, wie heterosexuelle Modemacher, folgen dem Outing natürlich Probleme.

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13.02.06 23:54

Panorama: "The Proposition" von John Hillcoat

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Ein Aussie-Western. Das klingt erst Mal seltsam. Wenn man dann noch erfährt, dass das Drehbuch von Nick Cave stammt, erwartet man etwas ganz Düsteres. Das ist "The Proposition" auch, aber düster im gleißenden Sonnenlicht. Brutal, heiß, laut, voller Blut, Fliegen, kaputten Zähnen und Dreck, ganz viel Dreck. Das sind die Bilder. Bei den Landschaftsaufnahmen, der flimmernden Hitze und totalen Leere, da erhebt sich ganz leise die Stimme von Nick Cave im Hintergrund, der auch die Filmmusik gemacht hat (natürlich!). Das ist einfach grandios. Wer Dead Man, auch Apokalypse Now und dazu ein bischen Antiwestern a la Peckinpah mag, der MUSS hier rein. Allerdings sollte der- oder diejenige auch Blut sehen können: davon gibt's ordentlich, inklusive zerschossener Schädel und zerschlagener Gesichter...

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Forum: "Big River" von Funahashi Atsushi

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Der bekannte Drehbuchautor J.K. aus Berlin hat mal gesagt, wenn einem gar nichts zu seinen Figuren einfällt, dann schickt man sie einfach mal auf einen Roadtrip. Am Besten in Amerika. Das passiert auch in "Big River" Ein Japan-Punk, ein Pakistani und eine Blondine aus einem Trailerpark geraten zusammen, sitzen irgendwan in einem alten Dodge und fahren durch Arizona, rauchen ganz viel, reden ganz wenig und die Landschaft zieht sehr schön vorbei. 2 der 3 verlieben sich, dann gibt's ein paar interkulturelle und zwischenmenschliche Probleme. The End.
Ein nettes kleines Werk, aber etwas belanglos. Die Bilder, die Typen und auch die Geschichte hat man irgendwo schon besser gesehen. Bei mir hat der Film allerding die Lust geweckt, mal selbst in so einer ollen Mühle durch Amerika zu schippern. Vielleicht hat er ja damit sein Ziel erreicht. Mehr aber auch nicht.

Wettbewerb: "A Prairie Home Companion" von Robert Altman

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Eine Reise in die Good Old Times

Steht ein Nackter neben einem Elefanten, sagt der Elefant: Sieht ja ganz nett aus, aber kann man damit atmen? Oder der hier: Warum hat man PMS eben PMS genannt? Naja, Rinderwahnsinn war schon vergeben. Oh yes! Schlechte Witze, aber das Kino lag am Boden. Sie werden in "A Prairie Home Companion" von Woody Harrelson erzählt, der mit Cowboyhut und Staubmantel, neben seinem Bruder in ähnlicher Aufmachung auf der Bühne der legendären Radioshow steht und ansonsten vor allem von, ja was wohl, Cowboys singt und zwischendurch ein paar schlechte Witze zum Besten gibt.

Radioshows, so was gibt es heute gar nicht mehr. Oder doch? Ein kleines Dorf im Mittleren Westen der USA strotzt der Moderne: Ein Theater, Publikum und auf der Bühne eine feste Band und dazu verschiedene Künstler, in diesem Fall Country und Westermusikanten. Dann wird live Musik gemacht und gesendet.

Altman hat diesmal nicht auf ein riesen Ensemble gesetzt, sondern sich ganz dem Mythos dieser wirklich existierenden Show und ihrer Geschichte anvertraut....

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Forum: "Memory for Max, Claire, Ida & Company" von Allan King

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Dokumentarfilmlegende Allan King hat mir schon vor zwei Jahren auf der Berlinale mit "Dying at Grace" einen Film geliefert, der mich noch heute bewegt. Damals ging er in ein Hospiz und filmte ohne Kommentar und Interviews die Leute beim Sterben - bis zum letzen Atemzug. Nicht mehr und nicht weniger. 2 Stunden Rotzundwasserheulen, danach "Totenstille" auch im Kinosaal, keiner stand auf, bevor das Licht anging.
Diesmal mit gleicher Methode ein Altenheim für Demenzkranke, die mehr oder weniger alles vergessen. Nicht so brutal wie der Vorgänger aber ebenso bewegend.
Das Leben beschreibt ja einen Kreis:...

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12.02.06 23:56

Pauschalurteile & Beschimpfungen

Beobachtungen nach 4 Tagen Berlinale: Italienische Filmschaffende wie auch Journalisten tragen häufiger Vollbart, als alle anderen nationalen Gruppen. Und die mitgereisten Damen eilen auch morgens um 8 Uhr 15, wenn der übernächtigte, miefende Teutone auf den 15 Stufen ins Pressecenter außer Atem gerät, mit High Heels, perfektem Makeup und permanent in ihr Händi plappernd an einem vorbei.
Der Engländer droht auch auf einem Filmfest...

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Forum: "De Particulier a Particulier" von Brice Cauvin

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Es fängt an, wie in einem Paul Auster Roman: Ein junges Paar findet eine Tasche, bringt sie nicht zum Fundbüro, sondern öffnet sie und findet viel Geld in einer unbekannten Währung und an der Tasche ein Schildchen mit dem Namen "Hotel Harabati". Eigentlich wollen sie gerade zum Flughafen, um nach Venedig zu fliegen. Das tun Philippe und Marion aber nicht, erzählen aber allen Leuten als Ausrede für versäumte oder lästige Pflichten, sie seien dort gewesen. Dann wird diese Lüge plötzlich Auslöser für seltsame Vorkommnisse...

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Panorama: "Nachbeben" von Stina Werenfels

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Nacheben spielt an der "Goldküste" Zürichs, die deswegen so heißt, weil dort die Sonne den ganzen Tag scheint und die Villen so ab 5 Millionen Franken aufwärts kosten. In solch einer Villa treffen sich zwei Paare und ein Arbeitskollege der Herren zum sommerlichen Grillfest. Die Männer sind Investmentbanker, die Frauen vor allem teuer gekleidet und goldbehängt. Alle wirken dennoch seltsam locker, gar nicht steif vor Reichtum. Perfektes Setting, perfekte Möbel, HP (Michael Neuenschwander) hat gerade noch für seine Frau 1600 Franken Kunstbücher gekauft, die dann auf dem Tisch verteilt werden. Aber etwas stimmt nicht...

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Celebrity I saw you! (4)

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80 Jahre und 40 Filme auf dem Buckel. Ein grandioser Old Gentleman: Robert Altman (M.A.S.H., Short Cuts, A Prarie Home Companion + 37 weitere)

11.02.06 22:30

Celebrity I saw you! (3)

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Pacahontas (Q'Orianka Kilcher) zugegeben ein sonniges Lächeln, aber das konnte "A New World" auch nicht retten.

Wettbewerb (außer Konkurrenz): „A new World“ von Terrence Malick

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Ein Bioapfel ersäuft in zuckersüßer, roter Bonbon-Sauce

Ok, er lässt sich Zeit zwischen seinen Filmen. Malick hat in 35 Jahren nur 5 Filme gemacht. Jeder trug ganz seine Handschrift, wie man bei der Länge der Zeit auch erwarten konnte. „Badlands“ mit Martin Sheen von 1973 ist eins der besten Road Movies ever made und „A Thin Red Line“ ein grandioser Kriegsfilm, der 1999 auf der Berlinale auch den Goldenen Bären gewann.
Und nun also „A New World“, die Pacahontas Geschichte als große Allegorie auf den amerikanischen Traum und durchaus auch auf seine Umsetzung im Heute. Der Film trägt Malicks Handschrift: einige grandiose Bilder, ist aber ansonsten zu einer gefühlsduseligen, neohippy Anklage gegen die Moderne geworden. Story: Anfang des 17. Jahrhunderts, englische Siedler gründen in Virginia Jamestown. In der Nähe...

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Perspektive Deutsches Kino: "Esperanza" von Zcolt Bács

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Boa, watn Scheiß! Ein oller Kutter fährt in der Sylvesternacht mit 11 Bekloppten nach Dänemark und als sie schliesslich anlegen, sind alle zu besseren Menschen geworden. Das ganze atmosphärisch so eine Mischung aus Agatha Christi Setting (auch die Kostüme) und KlimBim Witzchen und total überdrehten Charakteren. Rene und ich wollten eigentlich einen Dialog zu diesem Schrottfilm schreiben, aber eigentlich ist jedes Wort zuviel darüber wirklich ein Wort zuviel. Ende.

Forum: „Babooska“ von Tizza Covi

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Man sagt das ja so: Der ist zum Zirkus gegangen. Synonym für abgehauen oder der hat schon immer ein Rad abgehabt. Hier lernt man: Der Zirkusmensch ist mentalitätsmässig nah dran am Kleingartenbesitzer oder Dauercamper. Dieser italienische Dokumentarfilm zeigt das Leben von Babooska, einer 20 jährigen Artistin, die mit einem kleinen Zirkus und ihrer ganzen Familie, Papa ist der Clown, durch italienische Käffer zieht. Das ganze Jahr lang. Da ist immer was los könnt man denken, gerade in Italien. Weit gefehlt. Wie eng, spießig, grau und verschlossen die vermeintlich lebenslustigen Italiener sind, wenn sie auf Zirkusleute treffen und wie laaaaaaaangweilig so ein Zirkusleben ist, wo man aufbaut, auf Gäste wartet, die oft gar nicht kommen, in Schummelbars irgendwelcher Kleinstädte rumhängt (die nur für den Touristen romantisch und „so italienisch“ sind), abbaut und weiterfährt. Skurrile Typen gibt’s natürlich auch ein paar. Und als der Sommer kommt sieht es auch ein bisschen nach Italien aus, wie das für einen Deutschen auszusehen hat. Ansonsten Tristesse Acrobatale...

10.02.06 19:39

Wettbewerb (außer Konkurrenz): „Syriana“ von Stephen Gaghan

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Alles hängt mit allem zusammen

Was "Syriana" (auch) erzählt, wird schon in den ersten Sekunden, nachdem das Licht ausgegangen ist, angedeutet: Als das Warner Brothers Logo anstatt wie üblich mit Fanfaren den Film ankündigt, sondern man zwar das Logo sieht, dazu aber ein Muezzin „Alahu akkbar“ ruft. Grandios! (Der Regisseur wird später sagen, dass damit der ewige Kampf zwischen Ökonomie und Spiritualität, die wechselseitige Verstärkung oder Abschwächung der beiden Kräfte sofort klar werden sollten.)
Wie auch schon in „Traffic“, zu dem Gaghan das Drehbuch schrieb, werden kunstvoll verschiedene Orte, Personen und Konflikte miteinander verwoben:...

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Wie fandest Du den Film?

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Deike Stagge, Redakteurin von filmstarts.de:

"Syriana war ein starker Film, sehr komplex. Dass er gerade jetzt läuft, wo Iran, der Nahe Osten wieder im Focus ist, kann man nur perfektes Timing nennen."

Es waren viele weibliche Fans da, eine wollte wissen, wie Clooney für Syriana wieder schnell abgenommen hat (nachdem er für die Rolle in 30 Tagen 30 Pfund zugenommen hatte), eine andere wollte ihm gerne ihre CD geben und sah aus wie ein rausgeschmissenes "Talent" aus Deutschland sucht den Superstar. Eine rief auf die Bühne: "George, you should be sexiest man of the year!" Surreale Veranstaltung so eine Pressekonferenz.

Celebrity I saw you! (2)

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Der doppelte George Clooney, Pressekonferenz voller Fans: Mit "A question for Mr. Clooney.." fing fast jede Frage an, obwohl da fünf sehr interessante Leute saßen. Das Schwarze Loch des Starkults hat sie alle verschwinden lassen...

09.02.06 21:22

Panorama: „Brothers of the Head“ von Keith Fulton & Louis Pepe

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Dokumentarfilm, über einen Dokumentarfilm, über eine Band, deren Geschichte auf einem Roman basiert. Klingt komisch. Dann packt einen die Musik, laut, schmutzig und hart: Punk! Man sieht viele Beine im Kinosessel wippen. Die Story: Die beiden Brüder Barry und Tom Howe, der eine introvertiert und scheu, der andere voller Wut und immer „direkt ins Gesicht“ kommen von einem einsamen Ort mitten im Nirgendwo von Südengland. Sie werden entdeckt und erhalten von einem findigen Produzenten Musikunterricht, sie bekommen eine Band erste Auftritte, sie sind jung, sie wollen es alles, sie trinken, koksen, schwitzen, vögeln und erobern allmählich die kleinen Kneipenbühnen. Dann...

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Celebrity I saw you!

was ein Auflauf: Alan Rickman, bekannt aus Harry Potter, Robin Hood, Per Anhalter durch die Galaxis und auf der Berlinale mit Snow Cake.

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Forum: "Montags kommen die Fenster" von Ulrich Köhler

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Die Thirtysomethings spielen erwachsen

Das Ehepaar Nina und Frieder renovieren ihr neu erworbenes Haus. Er kriegt die Fliesen nicht zusammen, die Tapete klebt zu fest an der Wand, dazu Dudelmusik aus dem Radio. Montag werden die Fenster geliefert, das soll der Schlussstein der Renovierung werden.
Es ist keine feindselige, sondern eine vom Alltag eingeschläferte Stimmung in diesem Film. Zwei Mittdreißiger versuchen sich festzulegen: Häuschen, Beruf, Familie. Aber irgendwie scheinen sie nur zu spielen, was erwartet wird. Dann haut Nina plötzlich ab.

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08.02.06 18:26

Es gibt noch keinen Film zu sehen...

...aber der Sprachenmix wird jede Stunde bunter rund um den Potsdamer Platz. Es rennen immer mehr uffjeregte Typen mit komischen Brillen, baumelnde Festival-Pässe am Hals durch den strömenden Regen. An einigen Ecken wird noch gebaut.

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Morgen schalten Organisatoren, Besucher und der festivalblog von Testbetrieb auf Ernstfall. We are ready!

31.01.06 10:49

Namedropping...am roten Teppich

Feingemacht und im Blitzlichgewitter auf dem roten Teppich kann man in diesem Jahr die folgenden internationalen Stars begucken: Sigournie Weaver, Geroge Clooney, Meryl Streep, Claude Chabrol, Terrence Malick, Nick Cave, Isabelle Huppert, Alan Rickman, Natalie Portman, Philip Seymor Hoffman.

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30.01.06 14:17

Berlinale Market: Die mit Millionen tanzen...

Teurer als bisher mit 16 Millionen Euro, aber dafür kompakter und in den Sektionen untereinander mehr verbunden, gewinnt die Berlinale als eines der großen Filmfestivals der Welt weiter an Bedeutung. Dazu ist der European Filmmarket vom letzten auf dieses Jahr um 2/3 gewachsen. Hier werden Filmrechte gehandelt und es gibt nochmals hunderte Screenings für die Profis.

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Berlinale Pressekonferenz: "Der Trend geht zum guten Film", sagt Didi Kosslick

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Große Pressekonferenz der Berlinale. Die Bude im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ist voll, großes Hallo und O-Saftprosten unter den Journalisten, die sich einmal im Jahr hier treffen. Und dann im Saal:

Der berühmte weiße Tisch, an dem alle Sektionsleiter sich immer der Presse präsentierten, ist weg. Stattdessen eine Gesprächsrunde auf bunten Loungesesseln. Der Stimmung tat es gut.

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24.01.06 12:37

Ein Eckchen für den deutschen Film

Die Sektion "Perspektive Deutsches Kino" hat dieses Jahr wieder viele Newcomer Filme im Programm. Ein paar klingen vielversprechend:

Der Film "Hochhaus" von Nikias Chryssos. Daniel und sein siebzehnjähriger Bruder Patrick wohnen in einer Hochhaussiedlung. Der Ältere Patrick verdient etwas Geld damit, Tiere zu entführen, um dann den Finderlohn zu kassieren oder er schickt seinen Bruder zum Betteln. Als Daniel immer mehr unter dem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Bruder leidet, findet er in Bernd, einem Junkie aus der Gegend, einen vermeintlichen Freund. Surreale Bilder, kaputte Typen und Plattenbaubiographien, die an den Film "alaska.de" erinnern. Hier könnt ihr den Trailer schon sehen.

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Alte Bekannte im Forums Programm

40 Filme insgesamt. Davon 15 Erstlingswerke und einige Filme alter Bekannter. Zum Beispiel diese Drei:

Allan Kings Dokumentarfilm "Memory for Claire, Ida and Company" zeigt alte Menschen auf einer Geriatrie, die ihr Gedächtnis verloren haben. In seinem bekannt passiven Stil lässt er ohne Erzählstimme und ohne die Interview die alten Menschen sprechen. King ist ein Dokumentarfilmlegende. Sein berühmter Film "Warrendale" aus den 60ern über Experimente an emotional gestörten Kindern, hat Dokumentarfilmen die Türen in die Kinos geöffnet. Ich habe auf der Berlinale 2004 den Film "Dying at Grace" gesehen. Ein unvergleichbares, schockierendes, wunderbares Kinoerlebnis. 3 Stunden sieht man Menschen beim Sterben zu und ahnt, ganz vorsichtig, erkennt zwischen Weinen und Furcht und Faszination während man auf den letzen Atemzug dieser Leute wartet, was Leben ist. Grandioser Film, im Kino 10 Minuten Schweigen, keiner verlässt den Saal. Schon deshalb freue ich mich auf seinen neuen Film "Memory for Claire, Ida and Company"

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19.01.06 11:43

Außer Konkurrenz aber voll konkurrenzfähig

Viele renommierte Regisseure und großartig klingende Filme laufen dieses Jahr im Wettbewerb, aber ohne an ihm teil zu nehmen.

Außer Konkurrenz läuft Bennett Millers Biopic "Capote". Philip Seymour Hoffman hat gerade für seine Darstellung des Schriftstellers Truman Capote (Frühstück bei Tiffanies) den Golden Globe gewonnen. Der Film handelt von dem dandyhaften Autor Capote und seinem Buch "Kaltblütig" aus den 50er Jahren, in dem er die Beweggründe einen grausamen Mordes beleuchtet und dafür in der Provinz und bei dem vermeintlichen Mörder recherchiert.

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18.01.06 12:53

...es tröpfelt weiter Panoramafilme

Die Neuseeländische Komödie "No.2" von Toa Fraser. Die Familiengeschichte von einer Tochter, die mit einer Reise in den Südpazifik wieder Schwung in ihre Familie bringen will.

Den schweizer Film "Nachbeben" von Stina Werenfels. Bei dem fröhlichen Beisammensein von Investmentbankern und ihren Ehefrauen auf einem Barbecue löst die Drohung eine Affäre öffentlich zu machen, bei allen Beteiligten einen Abend voller Verleumdungen, Intrigen und Offenbarungen aus.

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Noch mehr Panorama- die Filme tröpfeln ins Programm

Die Dokumentarfilmregisseure und Drehbuchschreiber Keith Fulton und Louis Pepe (z.B. Terry Gilliams Don Quichotte Fiasko: Lost in la Mancha) werden ihren neuen Film "Brothers Of The Head" zeigen. Die Romanverfilmung der Geschichte von siamesischen Zwillingen in England, die ins Showbiz einsteigen.

"The Proposition" von John Hillcoat", Drehbuch von Nick Cave, der auch die Filmmusik geschrieben hat. Eine australisch/englische Coprokuktion. Drei Brüder werden Ende des 19. Jahrhunderts wegen eines schweren Verbechens gesucht. Ein australischer Western mit Familienkonflikt und Erlösungsmusik (mit: John Hurt, Ray Winstone, Emily Watson and Danny Huston)

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17.01.06 13:08

Stars und No-Names: Panorama Programm

Daniel Burman stellte in den Mittelpunkt seines letzten Films „El Abrazo partido“ die Geschichte einer Familie und der Suche eines jungen Mannes in Buenos Aires nach seinen Wurzeln. Der Film gewann 2004 zwei Silberne Bären. Sein Film auf der Berlinale 2006 „Derecho de familia“ ist zumindest dem Titel nach auch wieder eine Familiengeschichte. Über den Inhalt ist noch nichts bekannt.

Mit Staraufgebot läuft im Panorama eine amerikanische Produktion des Erfolgsregisseurs Marc Forster (Monster‘s Ball, Finding Neverland) mit dem Titel „Stay“. Es geht um einen Uniprofessor der eine Künstlerin vom Selbstmord abhalten möchte und sich dabei in seiner eigenen Psyche verliert. Es spielen u.a. Naomi Watts, Ewan McGregor und Bob Hoskins.

In den Panorama Dokumenten wird es einen Film über den Theaterstar Robert Wilson geben, „Absolute Wilson“ von Katharina Otto-Bernstein, u.a. mit David Byrne, Susan Sontag und Tom Waits. Weitere Dokumentarfilme beschäftigen sich mit Leonard Cohn „I'm Your Man“ von Lian Lunson, sowie mit Wal Mart in dem Michael Moore mäßigen Film „WAL-MART: The High Cost Of Low Price“ von Robert Greenwald, der in Amerika für Aufsehen gesorgt hat und den Supermarkt Giganten in Erklärungsnöte brachte.

Deutsche Filme im Panorama

Drei deutsche Produktionen sind bis jetzt für das Panorama gemeldet: Der Nachfolger von „Muxmäuschenstill“ von Jan Henrik Stahlberg „Bye Bye Berlusconi“. Ein Film über einen Dokumentarfilm über eine fiktive Enführung von Berlusconi, der sich dann gegen Big B‘s Medienmacht zur Wehr setzen muss. Klingt vielversprechend. In Italien wird dieses Jahr gewählt.
Ausserdem wird ein Film des „Black Box BRD" und "Die Spielwütigen“-Machers Andreas Veiel zu sehen sein: „Der Kick“ über den grausamen Mord zweier Jugendlicher an einem Gleichaltrigen in der Uckermark. Die Geschichte war auch schon als Theaterstück in Berlin zu sehen. Und noch ein deutscher Film im Panorama: „Komm näher“ von Vanessa Jopp. Sie erzählt nach ihrem Film „Vergiss Amerika“ diesmal von Begnungen Berliner Menschen, der Unfähigkeit und Fähigkeit zu Nähe und Vertrauen.

20.03.05 14:49

Nur eine kurze Unterbrechung....

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Was bleibt ausser Bildern und Karten

Jetzt ist das Licht wieder an und Kinotag nur noch dienstags. Auch für uns ein schmerzhafter Cold Turkey. Aber holen Sie sich doch noch ein Getränk und stöbern in unseren Filmbesprechungen zur letzten Berlinale. Man kommt leicht wieder rein in den Groove. Viele der Filme werden auch ganz regulär bald gezeigt und somit lohnt sich das Lesen.

Und wenn dann alle besprochenen Filme weggeguckt sind, werden auch wir wieder da sein! Mit dem Blog zum nächsten Filmfestival. Sei es in Lübeck, London, Locarno oder Libyen. So lange: Watch & Wonder.

Ihre ::festivalblog-Redaktion

19.02.05 12:40

Kosslick IV, die Berlinale endet morgen. Zwei Zeitungsreviews

"Eine Schande für das Land" findet die FAZ den Umgang mit Filmen:

Nach Ende der Berlinale werden diese Filme, vor allem die zahlreichen erschütternden, bemerkenswerten, lehrreichen oder mindestens interessanten Dokumentarfilme, die im Festival zu sehen waren, in keinem deutschen Kino zu finden sein, sowenig wie die kleinen Produktionen aus China, der Mongolei, der Ukraine, Kroatien oder Korea oder die Kurzfilme, die die langen Spielfilme nicht selten durch ihren Witz und ihr technisches Raffinement ausstachen. Kurz, die zehn Tage der Berlinale sind die einzige Zeit im Jahr, in der sich das Kino in Deutschland als ernstzunehmende, wichtigste, entsprechend gepflegte und angemessen präsentierte populäre Kunstform behauptet. Für das Festival ist das Grund genug, stolz zu sein. Für das Land ist es eine Schande.Die Filmfestspiele in Berlin zeigen, daß der erbärmliche Zustand der deutschen Kinokultur, die Monotonie des Programms, die Verwahrlosung vieler Kinosäle, die oft unzureichende Projektion oder wummernde Klangqualität sich nicht damit erklären lassen, daß das Publikum sich vom Kino abgewandt habe und, wenn es sich doch einmal zum Kinobesuch aufraffe, nichts sehen wolle als Mainstreamware. Die Berlinale ist ein Zuschauerfestival. Sie gibt also auch Auskunft über das öffentliche Interesse am Medium und an der Aktivität „Ins Kino gehen”. (der ganze Artikel hier)

Die FR meint: Man muss kein Prophet sein, um die chancenreichen Kandidaten auf die Bären zu benennen: Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn Marc Rothemunds dem alten Hauff-Film Stammheim gar nicht so unähnliche Aktenverfilmung Sophie Scholl nicht prämiert würde, wenigstens für ihre lebendige Mitte, die allseits zu recht bewunderte Hauptdarstellerin Julia Jentsch.

18.02.05 19:25

Retrospektive: "Who is afraid of Virginia Woolf?" von Mike Nichols

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Richard Burton und Liz Taylor geben in diesem Klassiker das middle-aged Paar, dass sich in Kampf, Hass und Versöhnungsritualen durch das Ende ihrer Ehe schleppt. Ein anderes Paar dient ihnen für einen Abend als Publikum und zugleich Spiegel für das, was sie mal sein wollten, und Bestätigung, was aus ihnen geworden ist. Sie ist eine Trinkerin, er ein Geschichtsdozent, der vor allem der Schwiegersohn des Unidirektors ist und in Augen aller, und wohl auch nach seinen eigenen Maßstäben, ein Verlierer. Die kleinen Geheimnisse einer Beziehung, die dunklen Stellen, die man dem anderen mal anvertraute, werden gnadenlos hervorgezerrt, um zu verletzen. Die Gäste müssen eine Nacht lang die kurzen Wortgefechte verfolgen und wie die beiden in einer jahrelang einstudierten Choreographie aufeinander einschlagen. Alles ist nur ein Spiel. Ist alles nur ein Spiel? Der Sohn, den es nie gab, der aber weil man ihn so gern gehabt hätte, wie man das ganze Leben gern anders gehabt hätte, ihn lassen sie am Ende sterben. Liz Taylor spielt die leicht aufgedunsene, keifende Alkoholikerin, die sie wirklich noch werden sollte und Richard Burton gibt den Ostküsten Professor im Strickjäckchen, der im Verlauf des Abends all seine aufgestauten Aggressionen nicht mehr hinter eine Fassade aus Ironie, Sprachwitz und Understatement versteckt, sondern den anderen sein Spiel diktiert, bitterböse und gewalttätig wird. Am Ende liegen nicht nur die Lügen dieser beiden offen zu Tage, sondern auch das andere Paar, die eigentlich nur auf eine Drink vorbei kommen wollten, sie haben einander ganz nebenbei, im Schlachtgetümmel der Älteren und durch sie ihre Lügen gestanden.
2 Stunden nur Reden, Reden, Reden. Jeder Dialog auf den Punkt, voller Doppeldeutigkeiten und Witz oder Bissigkeit. Aber nichts passiert eigentlich und doch zerbricht ein ganzes Leben. Was ein Film

Wettbewerb: „The Life Aquatic with Steve Zissou“ von Wes Anderson

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Jack Cousteau auf Dope

*Regisseur: Wes Anderson, *Darsteller: Owen Wilson, Bill Murray, Anjelica Huston, Cate Blanchett, Willem Dafoe

Es gibt Regisseure, die nehmen sich vor Filme zu machen, die man nicht zusammenfassen kann. Wenn man versucht zu sagen, worum es in so einem Film geht, spürt man schon beim Sprechen, dass man der eigentlichen Handlung nicht näher kommt mit all den Figuren die man da aufzählt und deren Zusammenspiel man erläutert. So ein Film ist auch Wes Andersons "Life Aquatic..." Irgendwie. Es geht um einen Kapitän und Meeresfilmer, der einen Hai jagt, der seinen Buddy gefressen hat, aber auch um einen Sohn, den er er findet und wieder verliert, um eine Ehe zu einer Frau, die das Geld hat und um eine Geliebte, die auch der Sohn liebt, um eine Manschaft mit Zipfelmützen, um einen Konkurrenten, der all das Geld für Filme bekommt, das Zissou fehlt, wehalb der auf einem klapprigen Kahn über die Meere schippert, diesem anderen seine Forschungsgeräte stiehlt, um sie dann wieder an Piraten zu verlieren, die wiederum auf einer Insel dann alle umgelegt werden, weil sie auch noch einen Versicherungsagenten entführt hatten. Am Ende sitzen alle im U-Boot, der große Fisch schwimmt vorbei, Zissou lässt ihn am Leben und Schluss. Dazu gibt es von einem Besatzungsmitglied gesungen David Bowie Songs auf Portugiesisch. Eine Mischung aus Yellow Submarine von den Beatles, James Bond und Theaterstück auf einer Schiffsattrappe. Worum es in dem Fim geht, müßt ihr euch anschauen. Und das ist vielleicht auch das Schönste an dem Film. Alles klar?

Angelica Houston hat auf der Pressekonferenz gesagt, sie habe den Film inzwischen fünf Mal gesehen und wisse immer noch nicht genau, worum es gehe. Ich weiß, was sie meint. Aber sie mochte den Film. Ich auch.

16.02.05 18:25

Wettbewerb: „Fateless“ von Lajos Koltai

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KZ taugt nicht als Filmset

*Regie: Lajos Koltai *Kamera: Gyula Pados *Musik: Ennio Morricone *Darsteller: Marcell Nagy, Aron Dimény, Andreas M Kecskes, Daniel Craig

Wenn der Regisseur spürt, dass sein Film nicht gelungen ist, dass die Bilder und die Geschichte nicht allein tragen, versucht er ihn zu retten, indem er am Ende noch ein Voiceover, eine Erzählstimme einfügt, um die nicht gelungene Dramaturgie und ein befriedigendes Ende künstlich zu erzeugen. So ein Ende hat Fateless. Leider, aber mit Recht.
Der Junge, gerade den Todeslagern entkommen, kehrt zurück nach Budapest und sinniert in dem Voicecover eine Weile über Glück im KZ und wie er sich jetzt in der Freiheit nach dem Lager sehnt. Diese Szene steht auch am Ende des Buchs, „Roman eines Schicksalslosen“, das als Vorlage diente. Im Buch ist sie überwältigender Schluss einer Figurenentwicklung, die so überraschend wie glaubwürdig ist. Dem Film ist das nicht gelungen, überhaupt nicht. Seine Vorführung im Berlinale Palast als nachnominierter Wettbewerbsbeitrag war ein wirklich trauriges Ereignis für mich. Ich habe das Buch geliebt, es ist für mich DER Roman über den Holocaust. Deshalb bin ich noch im Saal sitzen geblieben, als schon nach der Hälfte des Films klar war: Dies ist ein traurig gescheiterter Film.

Der Film war nicht aufgrund der Thematik eine Qual, sondern weil die bemüht farblosen Bilder im KZ, die auf graugeschminkten Männer in Lumpen, die nackten Leibern auf Holzkarren kein Gefühl erwecken konnten, keinen Schmerz, keine Scham, keine Empörung, kein Mitleid - nur Wut. Über den Film. Ein schlechter Film, der all das nicht leisten kann, was das Buch zum Thema Ausschwitz und Holocaust fertigbrachte. Anteilnahme, Verständnis für die graduelle Entmenschlichung und Entkörperung der Gefangenen, die Wirre psychologie der Unterwerfung, wenn ein verlumpter Gefangener seinen Schinder in strahlender SS-Uniform anhimmelt und es ihm Recht machen will, die feine Ironie in Kertez Sprache, die sich selbst beim Verfall und Entstehen des eigenen Lebens beobachtet.
Dieser Film beweist ein weiteres Mal, dass man das Grauen des Holocaust nicht filmisch abbilden kann, ohne es dabei austauschbar zu machen und zu banalisieren. Das KZ taugt nicht als Filmset, weil die Bilder schon so tief in unserem Bildergedächtnis liegen, dass sie nur als plumpe Annäherungsversuche erscheinen (Die SZ nannte es „beschämend banale, harmlose Kinobilder“). Geschminkte, zerlumpte Schauspieler spielen Halb-Tote und sind allerhöchstens schlechte Kopien eines niemals wirklich fassbaren Geschehens. Die Musik von Ennio Morricone trägt in ihrer Saucenhaftikeit nur noch zur Distanzierung von den Bildern bei.

Traurig und beschämt bin ich noch während des Abspanns aus dem Kino, weil ich Imre Kertez, der zur Premiere angereist war, nicht dort oben auf der Bühne sehen wollte, wie er allerhöchstens höflichen Applaus für diesen schlechten Film entgegennimmt, dessen Thema sein Leben bis heute prägt, für das er in seinen Büchern aber längst einen passen Ausdruck gefunden hatte.

Panorama: „Protocols of Zion“ von Marc Levin

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Die Mutter aller Verschwörungstheorien

*Regie: Marc Levin *Produzenten: Marc Levin & Steve Kalafer *Schnitt: Ken Eluto * Musik: John Zorn

Panorama: „Protocols of Zion“ von Marc Levin

Die Mutter aller Verschwörungstheorien
*Regie: Marc Levin *Produzenten: Marc Levin & Steve Kalafer *Schnitt: Ken Eluto * Musik: John Zorn

„Here come the Jews!“ sollen irakische Bürger ausgerufen haben, als die amerikanischen Soldaten in Bagdad einrollten. Juden, das ist vor allem in der arabischen Welt ein Synonym für Verschwörung, Unterdrückung und vor allem die große Weltverschwörung. Aber wie der Film zeigt gibt es auch genug Rechte in den USA, Schwarze und Verwirrte, die an die großangelegte, seit Jahrhunderten geplanten Umsturz der Juden glauben. „Die Protokolle“ sind bis heute ein weltweit populäres Buch (im Film sowohl an N.Y.er Strassenständen sowie beim Naziversand immer ausverkauft), in dem alle bekannte antisemitischen Vorurteile eingeflossen sind.
Marc Levin interviewt verschiedene Personen zu ihren Kenntnissen der Protokolle, der Juden im Allgemeinen und deren Rolle in der Welt. Von arabisch stämmigen Jugendlichen und schwarzen Nationalisten auf der Straße in New Jersey über den Manager der Organisation „National League“, eine rassistische, rechte Truppe, die in die ganze Welt mit Naziaccessoires und Propagandamaterial versorgt. Er mischt sich unter die Leute an Ground Zero und dokumentiert solch weitverbreitete wie wirre Vorstellungen, dass die Juden am 11. September 2001 alle gewarnt worden seien und es deshalb keine jüdischen Opfer unter den Toten gebe. Man weiß bei dem absurden Geseier dieser Leute nicht, ob man lachen oder bestürzt sein soll. Wie bei Verschwörungstheorien üblich, retten sich alle, egal ob radikale Muslime, Neonazis oder normale Irre wenn ihre Argumente durch einfache Fakten widerlegt werden können, in die selbstreferentielle Ecke: Aller Widerspruch wird mit dem Argument, man sei eben von jüdischen Informationen in den Medien verwirrt, abgeschmettert.

Die Recherchen führen Levin letztlich zur antisemitischen „Basislüge“ zurück, die Juden hätten Jesus ermordet. Vor dem Hintergrund des Filmstarts von Mel Gibsons „Passion of Christ“, spricht er mit Christen und Juden über diese Mutter aller antisemitischen Verschwörungen.

Levin tritt zum erten Mal in einem seiner Filme selbst auf, diskutiert mit den Leuten auf der Straße, setzt sich in eine rechtsradikale Radiosendung, er agrumentiert, streitet, wird angegriffen und bleibt bewundernswert gelassen, bei all dem Irrsinn den er sich da anhören muss.
Der Mut diesen Leuten seinen Widerspruch ins Gesicht zu sagen und dabei seinen jüdischen Glauben nicht zu verheimlichen, macht den Film zu einer sehr persönlichem Auseinandersetzung mit den Ursprüngen der weltweit florierenden antisemitischen Propaganda.

Panorama: „2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß“ von Malte Ludin

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*Buch&Regie: Malte Ludin *Kamera: Franz Lustig *Musik: Werner Pirchner, Hakim Ludin, Jaroslav Nohovica *Produzentin: Iva Svarcová *Web: www.2oder3Dinge.de KINOSTART: 7. April 05

Wieder eine typische Berlinale Kombi. Erst dieser Film vom Sohn eines hingerichteten Nazi Kriegsverbrechers über seine Familie, die NICHT mit den Taten des Vaters umgehen kann bis heute. Und im Anschluss „Fateless“, der verfilmte Ausschwitz Roman von Nobelpreisträger Imre Kertez (Review siehe hier). Zwei Perspektiven, eine Leinwand.

Malte Ludins Film eröffnete mit dem Satz. „(...) eine typisch deutsche Geschichte.“ Ludin versucht den Schatten seines nationalsozialistischen Vaters filmisch abzuschreiten und interviewt deshalb drei Generationen seiner Familie: Die eigenen Schwestern und Schwager, Neffen und Nichten. Wer war Hans Elard Ludin? Und wer war und wer IST er in den Augen seiner Familie? Diese Frage traute Malte Ludin sich erst zu stellen als seine Mutter, quasi die Lordsiegelverwahrerin der Vater-Erinnerungen, gestorben war. Es gibt einige wenige Interviews mit ihr, die in den Film geschnitten sind, aber man meint, ihr Geist schwebe über dem ganzen Film.
Viele Kinder distanzieren sich von oder brechen im Verlauf ihres Lebens mit den Eltern. Entweder weil es unüberbrückbare Konflikte gibt oder man zu unterschiedliche Ansichten über die Lebensführung des jeweils anderen hat. Darum ist es so erstaunlich, warum es Kindern von Nazitätern so schwer fällt zu sagen: „Mein Vater/meine Mutter war ein Nazi und Täter!“

Diese Frage beantwortete Malte Ludin in der Diskussion nach dem Film: Er hat bis heute das Problem, mit der Tatsache leben zu müssen, dass sein Vater ein Verbrecher war und zugleich sein Vater; ein guter Vater. Von dieser Zerrissenheit handelt auch Ludins Film: Malte Ludins Schwestern können ihren Vater nicht „Täter“ nennen, nicht einmal „Beteiligten“ wollen sie ihn nennen. Für sie ist ihr Vater ein zu unrecht Beschuldigter, den sie noch nach 60 Jahren vermissen, ein anständiger Mann, der bis zuletzt seine Vorstellungen treu geblieben ist. Für sie ist die ganze Diskussion darüber müßig. Wie in Malte Ludins Film auf der Familienebene, wird ja auch in Deutschland die „Schlussstrich“-Debatte (ob Holocaust, Wehrmacht oder Mitläufertum ) meist von denen angestossen, die sich nie mit der Vergangenheit wirklich auseinandergesetzt haben.
Zahlreiche Dokumente, Zeugenaussagen und Forschungen, die sein Sohn Malte Ludin zitiert beweisen die Schuld dieses Mannes. Hans Elard Ludin war ein Nationalsozialist der ersten Stunde, hat schon vor der Machtergreifung einen SA Kameraden gedeckt, der einen Juden ermordet hatte und ist später als Botschafter in Bratislava verantwortlich für die Deportation und Ermordung 1000ender slowakischer Juden. All dies spielt für seine Töchter keine Rolle.
Es war aber erbärmlich als ein paar Zuschauer im Kinopublikum selbstgerecht und laut lachten, als die Schwestern sich mit Wischi-Waschi Formulierungen und auch körperlich vor der Kamera wanden, um nach den bohrenden Fragen ihres Bruders um eine klare Aussage zur Täterschaft ihres Vaters herumzukommen.
Malte Ludin kann sich in diesem Zusammenhang zugute halten, dass er eine wichtige Szene nicht aus seinem Film herausgeschnitten hat: In der Slowakei spricht er mit dem Dichter Tuvia Rübner, dessen gesamte Familie im Holocaust umgebracht wurde. Ludin traut sich zunächst nicht, seinen Namen zu sagen. Als er es tut, sagt der Mann ganz trocken: „Ach, dann ist ihr Vater also dafür verantwortlich, dass mir meine gesamte Familie genommen wurde.“ Darauf hin windet sich auch Malte Ludin, erwähnt die Namen anderer Täter und formuliert, sein Vater sei ja „nicht direkt physisch verantwortlich“ gewesen. Eine mutige diese Szene, die im Gedächtnis bleibt, weil auch der kritische Filmemacher die Verteidigungmechanismen seiner Familie nicht ganz abstreifen kann. Von der Familie sind zur Vorführung nur ein Neffe, eine Nichte und ein Schwager des Filmemachers erschienen. Die Schwestern zogen es vor, den Film nicht zu sehen.

14.02.05 23:12

Wettbewerb: "Sophie Scholl - Die letzten Tage" von Marc Rothemund

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Gewissen besiegt das Recht

Deutschland 2004, 117 Minuten, *Regie: Marc Rothemund; *Buch: Fred Breinersdorfer, *Kamera: Martin Langer, *Musik: Johnny Klimek, Reinhold Heil; *Produzenten: Christoph Müller, Sven Burgmeister, Fred Breinersdorfer, Marc Rothemund; *Darsteller: Julia Jentsch, Fabian Hinrichs, Alexander Held, Andre Hennecke u.a.

Wettbewerb: Sophie Scholl Die letzten Tage von Marc Rothemund

Deutschland 2004, 117 Minuten, Regie: Marc Rothemund; Buch: Fred Breinersdorfer, Kamera: Martin Langer, Musik: Johnny Klimek, Reinhold Heil; Produzenten: Christoph Müller, Sven Burgmeister, Fred Breinersdorfer, Marc Rothemund; Darsteller: Julia Jentsch, Fabian Hinrichs, Alexander Held, Andre Hennecke u.a.

Der Film ist fast als Kammerspiel inszeniert. Nach der Verhaftung von Sophie und Hans Scholl spielt der Großteil des Films im Verhörraum und in der Gefängniszelle. Gegen Ende noch einmal kurz im Gerichtssaal und dann werden sie auch schon auf der Guillotine geköpft. Die Geschichte ist bekannt und braucht hier nicht nacherzählt werden. Was diesen neuen Film von der ersten Verfilmung in den 80er Jahren unterscheidet, ist die Fokussierung auf die Figur der Sophie und die bei ihrem Verhör angefertigten Protokolle sowie die Betonung des christlichen Hintergrunds des Geschwisterpaares, auf der offenbar nicht nur ihre moralische Selbstsicherheit beruhte, sondern auch ihre Bereitschaft, eine Art Märtyrertod zu sterben.
Julia Jentsch als Sophie Scholl und Alexander Held als Gestapo Kommissar Robert Mohr tragen den Film mit ihrer beeindruckenden Leistung. Die interessanteste Figur ist dabei der Gestapo Verhörchef Mohr, weil er als kleiner Dorfpolizist es unter den Nazis zu etwas gebracht hat, ein Freund von Ordnung ist und sich bei allen Fragen von Gewissen und Moral auf eine positivistische Rechtsauffassung zurückzieht: Alles, was von den Staatsorganen zu Recht erklärt wird, ist Recht & Gesetz. Moralische Kriterien darf es nicht geben. Mit der Zeit beeindruckt ihn aber Sophie Scholls Standhaftigkeit und Selbstsicherheit. Ihr Idealismus auf den Nationalsozialismus angewendet, wäre genau was Deutschland braucht, meint er. In einer Pontius Pilatus mäßigen Szene wäscht er sich ausgiebig die Hände, nach dem Sophie Scholl ihr Geständnis unterschrieben hat. Die einzige abgeschmackte Szene in dem Film.
Ansonsten vermeidet der Film billige Nazi-Clichees von martialischen Gestapooffizieren, fanatischen Parteigenossen in schwarzen Ledermänteln etc. Es gibt keine „folkloristische“ Naziszenen mit Fackelzügen und begeisterten Massen oder die sonst üblichen Szenen von Gewalt und Unterdrückung auf der Straße, die es dem heutigen Betrachter leicht machen zu sagen: Ach das waren schlimme Zeiten damals.
Ich fand die Bilder im Gegenteil sehr modern und gegenwärtig, die Kostüme wie z.B. die rote Strickjacke und Kleid von Sophie Scholl könnte man am Prenzlauer Berg ohne aufzufallen auch heute tragen (wohingegen man wohl nach einer vergleichbaren inneren Haltung am P-berg lange suchen müßte).
Beeindruckend fand ich die Darstellung wie der Nazi-Apparat die Scholls durch sein Mahlwerk dreht. Hausmeister ergreift sie, Gestapo verhaftet sie, Universitätsführung ist über die Studenten zackig empört, Kommissar verhört gründlich und sammelt wie im „Tatort“ Beweise, zwei Tage später Polizei transportiert sie zum Gericht, Urteil, wenige Stunden darauf Hinrichtung. Jedes Rädchen greift gut geölt ineinander und alle befolgen nur, was nach dem „Gesetz“ ihre Aufgabe ist. Eins der Flugblätter der Weißen Rose wird später von den Engländern über Deutschland abgeworfen. Als „Erklärung der Münchner Studenten“. Leider ein verfehlter Titel, wenn man die zwei Dutzend Menschen betrachtet, die den Mut hatten, sich gegen das Regime zu stellen.

Ein guter Film mit ebenso guten Darstellern (auch wenn ein Kritiker es als „politisch korrektes Studententheater“ verhöhnte) aber meiner Ansicht nach mit wenig Chancen auf den goldenen Bären, weil nicht wie im letzten Jahr wieder eine deutscher Film die Berlinale gewinnen kann. Doch Julia Jentsch als beste Darstellerin, das wäre durchaus möglich. Verdient hätte sie es!

Forum: "Der irrationale Rest" von Thorsten Trimpop

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Deutschland 2005, 95 Min. *Regie und Buch: Thorsten Trimpop *Kamera: Hanno Moritz Kunow *Musik: Michael Jakumeit *Produzenten: Susann Schimk, Jörg Trentmann

Forum: Der irrationale Rest von Thorsten Trimpop
Deutschland 2005, 95 Min.; Regie und Buch: Thorsten Trimpop, Kamera Hanno Moritz Kunow, Musik: Michael Jakumeit; Produzenten: Susann Schimk, Jörg Trentmann

Der Dokumentarfilm lässt drei ehemalige Freunde, ein Mann, zwei Frauen über die Jahre 86/87 sprechen. Alle sind damals Anfang 20. Mathias versucht mit der besten Freundin seiner Freundin Suse aus der DDR zu fliehen und wird zusammen mit ihr verhaftet. Was folgt ist Stasihaft und Verurteilung. Dann 87 Entlassung in die DDR, nicht wie beide gehofft hatten, in den Westen. Die Drei haben sich als der Film beginnt 16 Jahre nicht mehr gesehen und nie wirklich über die Zeit damals, ihre Beweggründe und die Folgen auf ihr Leben gesprochen. Nicht nur dass Suse schwanger von Mathias war, als der beschloss, abzuhauen, auch die beste Freundin hatte nur noch Augen für das Ziel: Weg hier! Suse bleibt bewusst in der DDR und gibt nach der Verhaftung ihrer beiden Freunde dem Druck der Stasi nach und verrät offenbar Dinge über Freunde und Bekannte.
Mathias haben die Ereignisse von damals nie losgelassen, seine Haft, die Drangsalierung im Gefängnis, die Einschränkung und Beobachtungen. Er führt heute in einer Art masochistischem Impuls Besuchergruppen durch das Stasigefängnis, in dem er vor 18 Jahren gesessen hat.
„Vielleicht bin ich nur am Leben, wenn ich wieder in dieser Vergangenheit bin, und spüre, was ich damals gespürt habe.“ sagt er. Susanne ist dann doch noch vor der Wende nach Westberlin gegangen und hat den Beruf gelernt, den sie in der DDR nicht lernen durfte. Suse blieb, wo sie war und lebt als einzige heute noch im Osten Berlins.
Der Film begleitet jeden Einzelnen der drei an die Orte ihrer gemeinsamen und dann trennenden Vergangenheit, in den Wald an der Grenze zu Tschechien, wo die beiden Flüchtenden gefasst wurden, in den Plattenbau, in dem sie damals wohnten, dann weiter in das Gefängnis, in das Susanne zum ersten Mal zurückkehrt, an die Schule, wo Suse zu DDR-Zeiten unterrichtete und die heute nur noch eine Ruine ist.
Alle drei holen in Monologen und vom Regisseur fast nie unterbrochen allmählich ihre Vergangenheit zurück, ihre Beziehung zu den anderen beiden, versuchen zu erklären und rechtfertigen. Sie stellen fest, wie sehr all das auch nach fast 20 Jahren noch schmerzt, weil aus Freundschaft und Liebe Misstrauen wurde. In der beeindruckenden Schlussszene, in der alle drei schließlich zum ersten Mal aufeinandertreffen, spürt man die Fremdheit zwischen ihnen, die Trauer über den Verlust der Liebe und Freundschaft, die ihnen von der abstrakten Politik der DDR genommen wurde, die ihr Leben aber bis heute prägt. Sie schweigen. Der noch am tiefsten im Gestern verstrickte Matthias spricht den passenden Schlusssatz des Films: „Was sagt man bloß in so einem Moment?“.

Panorama: „Inside Deep Throat“ von Randy Barbato & Fenton Bailey

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Die „Mutter“ aller Pornofilme

Der Übergang war gewagt: Bin vom ernsten, schweren deutschen Stoff in „Sophie Scholl - Die letzten Tage“ (Review oben) direkt in diese Dokumentation. Aber man kann recht schnell umschalten, bei so einer Thematik wie dem erfolreichsten Porno, der je gedreht wurde: Deep Throat
In Gesprächen vor dem Film hörte ich häufig die Frage: „Hast DU schon mal Deep Throat gesehen? Warst Du mal in einem Pornofilm?“ Auch die amerikanischen Regisseure baten das vorwiegend deutsche Publikum um Handzeichen, wer schon Mal Fellatio auf einer Kinoleinwand gesehen habe. Es waren erstaunlich viele auch solcher Besucher, die wirkten, als wenn sie sonst eher den chinesischen Ungerground-Film oder den nächsten Ken Loach besprechen. Und noch etwas wirkte anders als sonst auf der Berlinale. Ungewohnte Typen, sehr braungebrannte, breitschultrige Herren, seeeehr blonde Damen in stoffarmen Kleidchen hatten sich unter das übliche Berlinale Völkchen gemischt und wurden tüchtig von der zahlreich erschienen Presse abgelichtet.

Deep Throat war der erste Hardcore Porno, der Anfang der 70er ein breites Publikum erreichte, weil er als Komödie angelegt war und versuchte, so etwas wie eine Geschichte zu erzählen. Dass sich der Film ausserdem auc
h um die sexuelle Befreiung der Frauen verdient gemacht hätte, wie von den Filmemachern behauptet, weil es in ihm um die Suche einer Frau nach sexueller Erfüllung gehe, diese These kann ich nicht so richtig bestätigen. Die Story von Deep Throat ist dem Genre sehr angemessen: „Linda Lovelace“ sucht sexuelle Erfüllung und wird fündig, als sie vom Arzt erfährt, ihre Klitoris im Hals zu haben. Von da an vollbringt sie eine Art Schwertschluck-Kunststück bei der Fellatio und findet, was sie sucht. Diese (beeindruckende) Szene war dann auch die einzig echte Pornoszene in der Dokumentation. Ansonsten traten viele fett und vom Drogenmissbrauch gezeichnete Damen und Herren auf und erzählten über damals, als der Pornofilm für die breite Masse geboren wurd, die kurze Zeit bevor es eine jährlich 100erte von Millionen Dollar verdienende „Rein-Raus“ Großindustrie wurde. Die Macher von damals begriffen sich tatsächlich als Rebellen gegen Doppelmoral und Verklemmtheit und wurden von vielen auch so wahrgenommen. Deep Throat ist ein Symbol gewesen für die Freiheit sich die Filme im Kino anzusehen, die man möchte, eben auch einen Sexfilm. Er hat ausserdem Sexpraktiken vorgeführt, die in einigen US-Staaten noch heute unter Strafe stehen.
Deep Throat erregte 1972 soviel Aufsehen, dass er in großen Zeitungen wie der New York Times und Variety besprochen wurde. In Folge lockte er „ganz normale Leute“ ins Kino. Auf sein Verbot und die folgenden Prozesse folgten Solidaritätskundgebungen, auf denen Jack Nicholson und Warren Beatty auftraten. Selbst Jackie Kennedy wurde beim Verlassen des Kinos gefilmt.
Deep Throat hat bis heute geschätzte 600 Millionen Dollar eingespielt. Er ist damit zum erfolgreichsten Film (nicht nur Pornofilm) aller Zeiten geworden.
Die Kehrseite der Geschichte: Keiner der Beteiligten, nicht die Schauspieler, nicht Regisseur oder Produzenten, haben je von diesem Erfolg finanziell profitiert. Das gesamte Geld versickerte in Mafia-Kanälen. Kinos, die den Film zeigten, wurde 50% der Einnahmen als Schutzgeld erpresst, jede einzelne Kopie des Films wurden von sogenannten Checkern in die Kinos gefahren und die Einnahmen überwacht. Die Darsteller und Produzenten dagegen erging es nicht nur finanziell schlecht. Der damals beginnende Kulturkampf der Rechten gegen „Unmoral“ und Pornographie hat die Leben aller Beteiligten vor allem der beiden Hauptdarsteller durcheinandergewirbelt und beinah zerstört. Die Republikaner in den USA wollten an Deep Throat ein Exempel statuieren. Sie erreichten nicht nur, dass Gerichte die Vorführung des Films in fast allen Bundestaaten verboten, sondern sie überzogen alle Beteiligten und alle, die bei Verleih und Verkauf beteiligt waren mit Prozessen, die darin gipfelten, dass der Hauptdarsteller Harry Reems (der für seinen Auftritt 250 $ bekommen hatte) der Verschwörung angeklagt und tatsächlich zu Gefängnis verurteilt wurde.
Das Klima ist in den heutigen USA ist laut Aussage der Filmemacher wieder so wie Mitte der 70er: Restriktiv, verklemmt, voller Doppelmoral. „Obwohl diese Zeit erst 30 Jahre zurückliegt, hatten wir das Gefühl eine historische Dokumentation zu machen, wie man sie auf eine jahrhundertealte Kultur anwenden könnte. Wir mussten feststellen, dass viele Leute, die in den Film oder die Szene der sexuellen Revolution involviert waren, nicht mehr darüber sprechen wollten.“
Das Schlusswort hatte der damalige Ankläger, ein ehemaliger Prediger und noch heute Staatsanwalt. Er hielt das Klima in den USA heute sogar für noch besser als damals und meinte, wenn das Justizministerium nicht soviel mit Terroristen zu tun hätte, sähe es schon heute in Amerika anders aus. Schmutz und Schund ginge es aber sicher bald an den Kragen.
Danke Ossama!, wird man im San Fernando Valley, Sitz der US Pornoindustrie, da wohl jeden abend rufen.

13.02.05 16:05

Panorama: „The Dying Gaul“, von Craig Lucas

USA 2004 Regie: Craig Lucas * Drehbuch: Craig Lucas * Kamera: Bobby Bukowski * Schnitt: Andy Keir * Darsteller: Peter Sarsgaard, Campbell Scott, Patricia Clarkson

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Furioser Start, knackige Dialoge, Charaktere, die schon mit wenigen Gesten überzeugen. Drehbuchautor, dessen Lebensgefährte, die Liebe seines Lebens, gerade verstoren ist, verkauft Drehbuch über genau diese Geschichte. Der Produzent (verheiratet und Kinder) will den Film heraushaben aus dem Schwulenmileu und fordert ein paar Änderungen, verliebt sich dann in den Drehbuchschreiber. Die Frau spielt mit der Trauer und Schuld des Drehbuchautors und zum Schluss zerschellen alle Lügen, alle Schuldgefühle und Träume von Glück der Drei in Chaos und Tod. Schwerer Stoff, der aber von den glänzenden Schauspielern getragen wird. Allerdings fasert der Film am Ende etwas aus, aus den knackigen Dialogen des Anfangs weden Überflüssige und Verworrene, die Charaktere entwickeln sich nur wenig weiter und der Drive, der all sie ins Unglück treibt, Schuld, bzw. Lüge, wird nicht so richtig deutlich. Ein guter Film dennoch mit schönem Setting, kreativen, erinnerungswürdigen Bildern und kleinen feinen Ideen, der leider nicht ganz bis zum Ende durchhält.

Wettbewerb: „Hotel Rwanda“ von Terry George

Großbritannien, USA, Italien 2005 Regie: Terry George * Drehbuch: Keir Pearson * Kamera: Robert Fraisse * Schnitt: Naomi Geraghty * Darsteller: Don Cheadle, Sophie Okonedo, Nick Nolte, Joaquin Phoenix

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Mein Favorit bis jetzt. Der Film erzählt die Geschichte von Paul (Don Cheadle) , der als Hotelmanager eines Nobelhotels in Ruanda durch Geschick, Mut und Unverfrorenheit, Geld und viel Glück hunderten Menschen das Leben rettete. Als 1994 Hutu Rebellen gegen die Arme und die Bevölkerungsminderheit der Tutsi vorgingen, flohen immer mehr Menschen in das belgische Hotel, weil die Europäer als menschlicher Schutzschild sicher erschienen. Bald aber werden alle Europäer in einer Kommandoaktion der Belgier (deren Kolonie es einmal war und die den Konflikt durch ihre Herrschaft hinterlassen haben) ausgeflogen. Die Mörderbanden schonen das Hotel zunächst weiter, aus Angst vor Konsequenzen der Europäer und Amerikaner. Aber je mehr sie morden desto deutlicher wird auch, dass die Europäer und Amerikaner nicht eingreifen werden. Der Hotelmanager Paul kämpft darum, dass seine Familie und alle Gäste im Hotel überleben und ihnen eine Möglichkeit verschafft wird, sicher außer Landes zu kommen.
„Hotel Ruanda“ hat alles, was großartiges Kino braucht. Eine Botschaft, einen Inhalt verpackt in einer spannenden Dramaturgie, die den Zuschauer bis zur letzen Minute fesselt, Bilder, in denen jedes Wort zuviel wäre, die so stark sind, dass sie auch ohne Worte auskommen.
Gar nicht so sehr die Tatsache, dass all das Geschilderte wirklich geschehen ist, macht den Film so eindrucksvoll, zumal solche Grausamkeiten und Genozide so oder so ähnlich schon oft passiert sind und wohl wieder geschehen werden. Es geht gar nicht um die Gewalt, sondern im Gegenteil beweist der Film in einer echten und nicht-amerikanischen Heldengeschichte, dass ein einziger Mensch, der mutig und geschickt genug ist, einen großen Unterschied machen kann. Betonung auf kann. Aber versuchen muss er es. Und das genau tut Paul auf alle nur erdenklichen Weise ständig riskierend selbst umzukommen.
Der Film beweist ein weiteres Mal, wie sehr der Blick aus dem Westen auf die afrikanische Tragödie von Rassismus bestimmt ist („Die da unten schlachten sich eh alle gegenseitig ab“) und von dem Unwillen der Weltgemeinschaft und der ehemaligen Kolonialstaaten Verantwortung für das Chaos zu übernehmen, dass sie z.B. durch willkürliche geographische Aufteilung , Unterstützung von Diktatoren zum Wohle der „Stabilität der Wirtschaftsbeziehungen“ oder Waffenlieferungen angerichtet haben. Wenn diese Hinterlassenschaft dann Krieg und Vertreibung bewirkt, hat man damit nichts mehr zu tun, schaut weg, fliegt die Weißen aus und wartet ab. Ein harter, sehr sehr guter Film

12.02.05 11:53

Panorama: "Va, vis et deviens" (Geh, leb und werde!) von Radu Mihaileanu

Frankreich/Israel 2004 Regie: Radu Mihaileanu * Drehbuch: Radu Mihaileanu * Kamera: Remy Chévrin * Schnitt: Ludo Troch * Darsteller: Yael Abecassis, Roschdy Zem

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Groß! Ganz groß!

Panorama: Va, vis et deviens (Geh, leb und werde!) von Radu Mihaileanu

Groß, ganz Groß! Auftakt des Panoramas.
10 Minuten Standing Ovations nach der Vorstellung hunderte von vollgerotzten Taschentüchern und Jubelrufe. Ein großer Beginn des diesjährigen Panoramas!
Der wunderbare Film „Zug des Lebens“ hat den Regisseur Radu Mihaileanu vor einigen Jahren bekannt gemacht. Eine Holocaust-Komödie, wenn man es so nennen darf. Roberto Begninis bekam seinerzeit das Drehbuch von „Zug des Lebens“ zugeschickt, lehnte ab und machte zufälligerweise bald darauf seinen Film „Das Leben ist schön.“. Nun also wieder eine Geschichte über eine jüdische Odyssee:
Hintergrund des Films ist die Flucht der äthiopischen Juden aus ihrer Heimat Mitte der 80er Jahre in eine sudanesisches Flüchtlingscamp, wo sich wegen des Bürgerkriegs aber auch viele Christen und Muslime hingerettet haben. Die Israelis holen in einer Geheimaktion die Juden aus dem Lager und fliegen sie nach Israel. Eine Christin will ihrem Sohn eine Zukunft sichern und bringt ihn bei den abreisenden Juden unter. Nun heißt er Schlomo und kämpft fortan mit dem Geheimnis, seinem Heimweh und der Unwissenheit über das Schicksal seiner wirklichen Mutter.

Über eine Zeitspanne von etwa 15 Jahren begleitet der Film Schlomos Leben zwischen den Kulturen und Sprachen: In Äthiopien als Jude diskriminiert, in Israel wechselweise als „kein echter Jude“ (alle äthiopischen Juden werden von bestimmten jüdischen Rabbinern nicht als Juden anerkannt) oder als „Nigger“ beschimpft, die Adoptiveltern Schlomos sind linke französische Juden, die mit Gott nichts am Hut haben, obwohl der Glaube für Schlomo einziger Grund ist in Israel sein zu dürfen.
Im Hintergrund schimmert Israels Geschichte seit den 80ern - Irakkrieg, Oslo Frieden, dann wieder Intifada. Der Film ist fast zweieinhalb Stunden lang, aber keine Minute langweilig, aber auch nicht spannend im eigentlichen Sinn: Er ist tief bewegend ohne in Betroffenheitsschnulz abzurutschen, er ist bitter ohne moralinbitter zu sein, er ist humorvoll ohne dabei auch nur einen Augenblick die Melancholie und Traurigkeit, die Schlomos Leben bestimmt, abmildern zu können. Er hat nichts Mitleidsheischendes oder Gefühlsduseliges, sondern erzählt vom Erwachsenwerden eines Jungen, das durch Sprachenwirrwarr, Kulturclash, Religion, Politik und Geheimnisse erschwert wird.

Die Schauspieler bis in die Nebenrollen wunderbar besetzt, überzeugend und glaubwürdig. Die Musik dezent und unpathetisch. Dem Regisseur Radu Mihaileanu, dem schon beim kurzen Auftritt vor dem Film vor Ergriffenheit die Stimme versagte, war dieser Film eine Herzensangelegenheit. Das merkt man in jeder Einstellung.
Mein Favorit für den Panorama Publikumspreis bis jetzt. Alles, was noch kommt, wird es schwer haben.

Wettbewerb: "Man to Man" von Regís Wargnier

Frankreich, Großbritannien, Südafrika 2005 Regie: Régis Wargnier * Drehbuch: Wiliam Boyd, Régis Wargnier * Kamera: Laurent Dailland * Schnitt: Yann Malcor * Darsteller: Kristin Scott Thomas, Joseph Fiennes, Hugh Bonneville, Ian Glen

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Planet der Affen 4

Über den schlechten Eröffnungsfilm „Man to Man“ ist genug gesagt und geschrieben. Die ihn schlecht fanden, hatten Recht. Die ihn langweilig fanden hatten Recht. Die ihn opulent ausgestattet fanden auch. Aber dass er ein Remake war hat keiner gesagt. Von Planet der Affen. Der große Charlton Heston wird dargestellt von zwei kleinen Pygmäen. Ansonsten die gleiche Story: Wissenschaftler fangen die beiden Pygmäen im afrikanischen Dschungel, behandeln sie wie Versuchs-Tiere, dann entdeckt einer in ihnen „Anzeichen von Intelligenz“ und Gefühle. Plötzlich sieht der Hauptdarsteller Josef Fiennes (als Luther im letzten Jahr im Kino) nicht mehr das Trennende (Hautfarbe, Größe) sondern das Gemeinsame (sie summen auch Lieder und sind traurig). Sie sind ab dann nicht nur eine wissenschaftliche Theorie (das fehlende Glied zwischen Affe und Mensch), sondern ACHTUNG: Mitmenschen.
Dann wird die Idee von anderen Wissenschaftlern bekämpft, die weiter an eine Art Untermensch glauben wollen und ihren wissenschaftlichen Ruhm gefährdet sehen und die Beiden am liebsten gleich zerlegen würden, wenn sie könnten. Irgendwann findet sich der abtrünnig Wissenschaftler, der an die beiden als Menschen glaubt selbst im Käfig, in dem zuvor die beiden Pygmäen eingesperrt waren, muss dann Galileo Galilei mässig seinen Ideen abschwören, um die kleinen Menschen zu retten. Der eine wird aber dann doch wie ein Viech mit Harpunen an einen Mast genagelt. Ein paar schöne Schottlandbilder, ein paar schöne Afrikabilder, tolle Kostüme und Kulissen. Aber da kann man auch auf eine Diashow gehen. Schlechtes verstecktes Remake

Wettbewerb: "Thumbsucker" von Mike Mills

USA 2004 Regie: Mike Mills * Drehbuch: Mike Mills nach dem Roman von Walter Kirn * Kamera: Joaqín Baca-Asay * Schnitt: Haines Hall, Angus Wall * Darsteller: Lou Taylor Pucci, Vincent D'Onofrio, Keanu Reeves, Tilda Swinton


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Stars machen Film

Thumbsucker. Angekündigt von der Gastgeberin im Berlinale Palast als „Odyssee in den Drogenabhängikeit“ Soso. Kurz gesagt eine coming of Age story von einem 17 jährigen Daumenlutscher aus einer Mittelklasse Familie, der erst hypnotisiert wird (von seinem esoterikangehauchten Zahnarzt, gespielt von K. Reeves) dann Medikamente bekommt, es chemisch fokussiert zum Chef des Debatten Teams und Schul Nurd bringt, Papa bekommt Angst vor seinem Erfolg, Mutti ist stolz. Der Zahnarzt Keanu Reeves verkommt allmählich, während der Bub langsam aufsteigt. Nach einer kurzen Kifferphase empanzipiert er sich von seinem Vater und der klammernden Mutter und geht auf sein Traum-College nach N.Y.. Das wars dann auch. Eine echte Erfahrung war dagegen der Treppensitz 2. Rang mit 45 Grad Winkel auf die Leinwand, oben unterm Dach. Das Beste war die Musik von Elliot Smith und das zufällige Spotting von Keanu Reeeves in der Menge vor dem Film. Der spielte dann zu meiner Überraschung auch mit und das Publikum lachte wohl vor allem bei seinen cameomässigen Kurzauftritten, weil er da unten irgendwo sass. Er und der andere Star: Tilda Swinton haben dann auch den Film erst zu einem werden lassen, weil ihre Namen das Geld locker machten. Ist aber auch leider ein Starfilm ohne Kraft, mit einem dabei gut spielendem Hauptdarsteller Lou Taylor Pucci.

10.02.05 22:17

Berlinale-Expedition beginnt

Ich hektike herum: Welche Filme gucken, wann wo, wie anstellen, möglichst viel sehen und finden. Will mich bewegen lassen. Was mir in der Dunkelheit des Kinosaals begegnet, soll einen Unterschied machen und bis ins normale Leben strahlen, die Bilder sollen unerwartete Nachbeben verursachen - Wochen oder Monate später. Will mich nicht langweilen und nur weitere Variationen längst bekannter Bilder und Geschichten und Figuren vorgesetzt bekommen. Will nicht an die Costa Brava, will nicht nach Österreich. Stattdessen: Eine Reise auf die Berlinale, eine echte Expedition, soll es sein!
Ich lese Festival-Guides wie einen Reiseführer, dazu hunderte von Vorabkritiken und Zusammenfassungen, Zeitungsbeilagen und Hintergrundgeschichten, ich plane und bereitet vor, wähle aus bis ich schließlich viel zu viele Filme (Orte/Landschaften)vor mir habe, die gut klingen, die etwas versprechen.
Morgen geht es endlich los. Und schon am ersten Tag vor Ort (im Kino / in Afrika) wird alles anders sein als im Berlinale-Reiseführer. Alle Vorbereitungen sind hinfällig, ich muss improvisieren, Plänen und Zielen und Erwartungen loslassen. Dann werden mir vielleicht die Filme (Orte) begegnen, die ich suche, auf die mich nichts und niemand vorbereiten konnte. Bilder und Momente, die bleiben, auch wenn das Licht längst wieder angegangen ist (und ich Heim gekehrt bin).

Am Ende, nach 10 Tagen, werden alle Filme zu einem Einzigen verschwimmen wie zu einer einzigen großen Reiseerinnerung: Eine Reise, die ihre großen Momente gehabt haben wird, aber auch Tiefpunkte und Krisen; mal Nähe und dann wieder Distanz zu dem Film, zu all dem Rummel, mal lachen und mal weinen, ich werde in einem Film Entspannung und in einem anderen den Thrill suchen, ich werde mich mal nach Gewohntem sehnen und ein anderes Mal mutig das Fremde und Unbekannte erforscht haben.

Bin schon unterwegs - das Abenteuer beginnt morgen früh, 7.30 in einer schnöden Warteschlange...wie am Flughafen.

07.02.05 17:15

Das ganze Panorama

34 Spiel-, 18 Dokumentar- und 26 Kurzfilme gibt es dieses Jahr. Die Auswahl besteht aus 28 Weltpremieren, neun internationalen sowie 15 Europa-Premieren, insgesamt zehn Filme sind Debüts.

Das Panorama-Hauptprogramm eröffnet am 10. Februar im Opernformat mit Redentor (Redeemer) des Brasilianers Claudio Torres: Der Journalist aus armen Hause legt sich mit einem Immobilienhai an, da es ihm um Gerechtigkeit geht. In der Rolle seiner Mutter ist Fernanda Montenegro zu sehen.

Das Panorama Special eröffnet am 11. Februar mit zwei Co-Produktionen. Frankreich/Israel: Va, vis et deviens (Live and Become) von Radu Mihaileanu. Mitte der Achtziger setzt sich ein Flüchtlingsstrom von Äthiopiern nach Sudan in Bewegung. Unter ihnen befinden sich viele äthiopische Juden. Als Israel beschließt, den jüdischen Teil der Flüchtlinge nach Jerusalem zu retten, nimmt eine Jüdin anstatt ihres verstorbenen Sohnes den christlichen Sohn ihrer Freundin mit in die Freiheit.

Frankreich/Deutschland/Türkei/Griechenland: Bulutlari Beklerken (Waiting for the Clouds) von Yesim Ustaoglu. Als Ayshes Schwester stirbt, wird ihr Verhalten zu den anderen Dorfbewohnern am Schwarzen Meer immer undurchschaubarer. Die Vertreibung der Griechen aus der Türkei in den 50er Jahren ist der Hintergrund.

Panorama Kurzfilm:
Von Kurzdokumenten wie Der Mann mit der Pauke - Wolfgang Neuss bis zu Guy Maddins Rückkehr zum Kurzfilm mit Sissy Boy Slap Party und Sombra Dolorosa bieten die Programme eine Reise durch unterschiedlichste Welten.
Der Neuseeländer Taika Waititi, mit Tama tu wieder im Panorama vertreten, gewann 2004 den "Best Panorama Short Film" mit Two Cars, One Night, für den er 2005 zum Oscar nominiert ist. Ebenfalls eine Nominierung erhält Gary McKendry (USA) für seinen diesjährigen Panorama-Beitrag Everything in this Country Must.
In der kinolangen Kompilation Fucking Different! schließlich unterziehen sich achtzehn schwule und lesbische Berliner FilmemacherInnen in fünfzehn Filmen einer Laborarbeit: Filme zu machen über die Sexualität des jeweils anderen Geschlechts. Die Form zu wählen war freigestellt.

Amor Idiota (Idiot Love), Spanien/Andorra
von Ventura Pons
mit Santi Millán, Cayetana Guillén Cuervo, Mercè Pons, Marc Cartes, Jordi Dauder

The Ballad Of Jack And Rose, USA
von Rebecca Miller
mit Daniel Day-Lewis, Camilla Belle, Catherine Keener, Beau Bridges, Paul Dano, Jason Lee, Jena Malone, Susanna Thompson

The Dying Gaul, USA
von Craig Lucas
mit Peter Sarsgaard, Campbell Scott, Patricia Clarkson

Keine Lieder über Liebe (No Songs Of Love), Deutschland
von Lars Kraume
mit Florian Lukas, Jürgen Vogel, Heike Makatsch

Mars, Russische Föderation
von Anna Melikian
mit Gosha Kutsenko, Nana Kiknadze, Artur Smolianinov

Nok-Saek-eui-ja (Green Chair), Republik Korea
von Park Chul-soo
mit Suh Jung, Shim Ji-ho, Oh Yun-hong

Omiros (Hostage), Griechenland/Türkei
von Constantinos Giannaris
mit Stathis Papadopoulos, Theodora Tzimou, Giannis Stankoglou

Riyuu (The Motive), Japan
von Nobuhiko Obayashi
mit Ittoku Kishibe, Masami Hisamoto, Miyoko Akaza, Jun Fubuki, Akira Emoto, Satomi Kobayashi, Yuko Kotegawa, Ayumi Ito, Takahito Hosoyamada

Silentium, Österreich
von Wolfgang Murnberger
mit Josef Hader, Simon Schwarz, Joachim Król, Maria Köstlinger, Udo Samel, Jürgen Tarrach, Rosie Alvarez

Transamerica, USA
von Duncan Tucker
mit Felicity Huffman, Kevin Zegers, Graham Greene, Fionnula Flanagan, Burt Young

Va, vis et deviens (Live and Become), Frankreich/Israel
von Radu Mihaileanu
mit Yael Abecassis, Roschdy Zem

La vita che vorrei (The Life I Want), Italien
von Giuseppe Piccioni
mit Luigi Lo Cascio, Sandra Ceccarelli, Galatea Ranzi

Willenbrock, Deutschland
von Andreas Dresen
mit Axel Prahl, Inka Friedrich, Anne Ratte-Polle, Tilo Prückner, Andrzej Szoda

Etwa die Hälfte des Panoramaprogramms für die 55. Berlinale bestätigt:

Aus Frankreich:
Crustacés et Coquillages (Mariscos Beach) von Olivier Ducastel und Jacques Martineau
mit Valeria Bruni-Tedeschi, Gilbert Melki, Jean Marc Barr, Jacques Bonaffé, Edouard Collin, Romain Torres

Les Mauvais Joueurs (Gamblers) von Frédéric Balekdjian
Debütfilm mit Pascal Elbé, Simon Abkarian, Isaac Sharry

Aus Belgien/Frankreich:
Ultranova von Bouli Lanners
Debütfilm mit Vincent Lecuyer, Helene De Reymaeker, Marie Du Bled

Aus Irland:
Adam & Paul von Lenny Abrahamson
Debütfilm mit Mark O'Halloran, Tom Murphy, Louise Lewis

Aus Großbritannien:
Love + Hate von Dominic Savage
Debütfilm mit Tom Hudson, Samina Awan, Nicola Burley

Yes von Sally Potter
mit Joan Allen, Simon Abkarian, Sam Neill, Shirley Henderson

Aus Deutschland/Großbritannien:
Beyond the Sea von Kevin Spacey
mit Kevin Spacey, Kate Bosworth, John Goodman, Brenda Blethyn

Aus den USA:
Forty Shades of Blue von Ira Sachs (1996: The Delta)
mit Rip Torn, Dina Korzun, Darren Burrows

Aus Kanada:
Childstar von Don McKellar
mit Don McKellar, Jennifer Jason Leigh, Mark Rendall

The Love Crimes of Gillian Guess von Bruce McDonald (1996: Hard Core Logo)
mit Joely Collins, Ben Bass, Hugh Dillon

Aus Hongkong/Japan:
Colour Blossoms von Yonfan
mit Matsuzaka Keiko, Harisu, Teresa Cheung

Aus Hongkong:
Dumplings von Fruit Chan
mit Bai Ling, Myriam Yeung, Tony Leung. Kamera: Christopher Doyle

Aus China:
Chun Hua Kai (Plastic Flowers) von Liu Bingjian (Man and Women)
mit Liu Xiaoqing, Min Xiding, Yin Zhi

Aus Frankreich/Deutschland/Türkei/Griechenland:
Bulutlari Beklerken (Waiting for the Clouds) von Yesim Ustaoglu (Journey to the Sun)
mit Rüchan Caliskur, Dimitris Kaberidis

Aus Kirgisistan/Deutschland:
Saratan von Ernest Abdyshaparov
mit Abylov Kumondor, Sulaimanov Askat, Kamchiev Jambul

Aus Ungarn/Österreich:
Dallas Pashamende von Robert Adrian Pejo
mit Zsolt Bogdán

Aus Polen:
Ono (Stranger) von Malgosia Szumowska
Debütfilm mit Malgosia Bela, Marek Walczewski

Aus Finnland:
Eläville ja kuolleille (For The Living And The Dead) von Kari Paljakka
mit Hannu-Pekka Björkmann, Katja Kukkola, Mari Rantasila

Aus Argentinien:
Un año sin amor (A Year Without Love) von Anahí Berneri
Debütfilm mit Juan Minujín, Mimi Ardú, Carlos Echevarria, produziert von Daniel Burman und Diego Dubcovsky

Aus Brasilien:
Redentor (Redeemer) von Claudio Torres
Debütfilm mit Pedro Cardoso, Miguel Falabella, Camila Pitanga, Fernanda Montenegro

01.02.05 15:08

Selling Democray II. Welche Art Filme werden gezeigt?

Diese 2004 initiierte und auf drei Jahre angelegte Reihe präsentiert Filme, die im Rahmen des „Marshall-Plans“ entstanden sind. Die Filmreihe ist auf insgesamt drei Jahre angelegt und wird bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin 2006 fortgeführt. Bei der 55. Berlinale in diesem Jahr werden unter dem Titel „Selling Democracy – Winning the peace“ auch Filme der frühen Nachkriegsjahre, der so genannten „Re-Orientierungsphase“, gezeigt.
Die Vorführungen finden im Zeughaus-Kino im Deutschen Historischen Museum statt. Die Reihe wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum und dem Bundesarchiv/Filmarchiv organisiert.

Hintergrund
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs erhielten die westeuropäischen Länder nicht nur ökonomische, sondern auch kulturelle und psychologische „Aufbauhilfe“ aus den USA. Der im Juni 1947 beschlossene Marshall-Plan brachte 16 europäischen Staaten Finanzhilfen und Wirtschaftsgüter, Lebensmittel, Rohstoffe und Maschinen. Bis zum Ende der Marshall-Plan-Aktivitäten 1952 entstanden dabei auch über 200 Filme, die die Hilfsleistungen der Amerikaner dokumentierten, für interkulturelle Verständigung, Demokratie und Pluralismus werben sollten. Der typisch amerikanische Optimismus und die Vorführungen der Segnungen von Demokratie und Freiheit, mit denen die deutsche Bevölkerung sich von ihren autoritären Staatsvorstellungen lösen sollten, erscheinen dabei manchmal ganz und gar aktuell, wenn man sie mit den Radio und Fernsehprojekten z.b. im Irak des Jahres 2005 vergleicht.
Die Filme von damals wurden von europäischen und amerikanischen Regisseuren gedreht. Das breite Publikum konnte sie im Vorprogramm regulärer Kinovorstellungen sehen.

Die Berlinale erweitert 2005 die Retrospektive noch um eine weiteres Element: Parallel zur Filmreihe werden drei thematisch orientierte Workshops veranstaltet. Bestandteil der Workshops sind Vorträge internationaler Historiker und Filmwissenschaftler. Die Veranstaltungen mit Vorträgen renommierter Fachleute, Sondervorführungen und Gelegenheit zu Diskussionen sind dem Publikum bei freiem Eintritt zugänglich.
2006 wird das Projekt mit „Selling Democracy – Friendly Persuasion“ abgeschlossen. Schwerpunkt wird dann die Veränderung Westeuropas durch Modernisierung, Technisierung und die Vorbildfunktion des „American way of life“ sein.

28.01.05 16:27

Perspektive deutsches Kino - Alle Filme benannt

Mit neun Beiträgen, darunter sechs Spielfilme und drei Dokumentarfilme, ist das Programm der diesjährigen Perspektive bestätigt.

Ein Dokumentarfilm eröffnet die Berlinale-Reihe Perspektive Deutsches Kino.
Dancing With Myself von Judith Keil und Antje Kruska – die bereits mit ihrem Film Der Glanz von Berlin in der ersten Ausgabe der Perspektive Deutsches Kino vertreten waren – schildert die Leiden und Leidenschaften dreier Berliner, die erst beim Tanzen zu sich selbst finden. „Der Film geht emotional und formal weit über das klassisch Dokumentarische hinaus. Er eröffnet einen neuen Blick auf unsere Wirklichkeit und steht damit für das gesamte Programm der Perspektive Deutsches Kino“, begründet Sektionsleiter Alfred Holighaus seine Auswahl.

Auch Weltverbesserungsmaßnahmen von Jörn Hintzer und Jakob Hüfner spielt mit den Formen des Dokumentarflims. Wir erfahren über sieben einleuchtende Erfindungen, Schwierigkeiten des Alltags zu lösen. Euro-Scheine mit Verfallsdatum, die zur schnellen Investition und damit zum Ankurbeln der Konjunktur zwingen, sind ein Beispiel.

Katze im Sack von Florian Schwarz. Die Figuren sind immer für Überraschungen gut, egal, ob sie diese selbst verursachen oder mit ihnen konfrontiert werden. Christoph Bach, Jule Böwe und Walter Kreye glänzen in diesem Film des Absolventen der Filmakademie Ludwigsburg.

Eine eigene Welt schafft sich die Hauptfigur in dem 30-minütigen Spielfilm-Debüt Happy End von dem jungen Hamburger Werbefilmer Sebastian Strasser. Matthias Schweighöfer spielt einen jungen Eigenbrötler, der sich das Leben aus Ziffern erklärt. Doch bei der Liebe nutzt kein zählen. Eine Coming-of-Age-Geschichte als echte romantische Komödie erzählt.

Alle Filme:
Blackout
Regie: Maximilian Erlenwein

Dancing With Myself
Regie: Judith Keil, Antje Kruska

Das Lächeln der Tiefseefische (Do Fish Smile?)
Regie: Till Endemann

Happy End
Regie: Sebastian Strasser

Janine F.
Regie: Teresa Renn

Katze im Sack (Let The Cat Out Of The Bag)
Regie: Florian Schwarz

Netto (Net)
Regie: Robert Thalheim

Was lebst Du? (Whatz Up?)
Regie: Bettina Braun

Weltverbesserungsmaßnahmen (Measures To Better The World)
Regie: Jörn Hintzer, Jakob Hüfner

Forum komplett - alle Filme

24 Weltpremieren in dem aus 39 Spiel- und Dokumentarfilmen bestehende Programm, darunter 16 Erstlingswerke.
So wird es Spielfilmdebüts wie der von dadaistischer Fantasie überschäumende russische Beitrag Pakostnik der Medienkünstlerin Tania Detkina geben. Oder z.B. Alexander Shapiros Putevoditel aus der Ukraine, eine ironisch-coole Gebrauchsanleitung der Stadt Kiew.

Die Bandbreite der Spielfilmdebüts reicht von dem chinesischen Film Niu Pi (Oxhide), in dem die 23jährige Liu Jiayin ihren beengten Pekinger Familienalltag in Breitwandbilder fasst, bis zu dem ersten langen Film der britischen Installationskünstlerin Tracey Emin mit ihrer autobiografisch geprägten Arbeit mit Top Spot .

Der Crossover zwischen den Kultursparten ist ein durchgängiges Merkmal des aktuellen Forumprogramms. Aus einer Lesetour mit Fotos, Originaltönen und Musikbeispielen zu seinem Doku-Roman „Verschwende Deine Jugend“ hat der Musikjournalist Jürgen Teipel mit verschwende deine jugend.doc eine minimalistische Collage für die Leinwand entwickelt, die die deutsche Punk- und New-Wave-Bewegung von 1977 bis 1983 nachzeichnet.

Dem Tanztheater widmet sich die französische Regisseurin Claire Denis in Vers Mathilde, einem experimentellen, quasi spiegelbildlichen Porträt der Choreografin Mathilde Monnier.

Der in Berlin entstandene Spielfilm Stadt als Beute entspringt der Bühnenwelt: Aus den Proben zu einem Stück des Autors René Pollesch haben die Regisseurinnen Irene von Alberti, Miriam Dehne und Esther Gronenborn drei überraschende Berlin-Geschichten entwickelt..

Der US-Spielfilm On the Outs von Lori Silverbush und Michael Skolnik erzählt mit nüchternem Realismus das Leben von drei jungen Frauen in Jersey City, die zwischen Straßenkriminalität und Knast ihren Lebensraum suchen.

Die spanische Regisseurin Mercedes Moncada Rodríguez zeigt in El Inmortal die haarsträubende Story von Zwillingsbrüdern, die im nicaraguanischen Bürgerkrieg auseinander gerissen wurden, um sich auf beiden Seiten der Front wiederzufinden.

Weltpremieren und Europäische Premieren im Programm des Forums:

Amu (Shonali Bose) Indien, IP, 98 min., 35mm
Arlit, deuxième Paris (Idrissou Mora-Kpai) Benin/Frankreich, WP, 78 min., 35mm
Barrage (Raphaël Jacoulot) Frankreich, WP, 93 min., 35mm
Brasileirinho (Mika Kaurismäki) Brasilien/Finnland/Schweiz, WP, 90 min., 35mm
Coca – The Dove from Chechnya (Eric Bergkraut) Schweiz, WP, 87 min., 35mm
Como pasan las horas /The Hours Go By (Inés de Oliveira Cézar) Argentinien, WP, 90 min., 35mm
Crash Test Dummies (Jörg Kalt) Österreich, WP, 95 min., 35mm
D’Annunzios Höhle (Photographie und jenseits – Teil 8-10)/ D’Annuncio’s Cave (Photography and beyond – Part 8-10) (Heinz Emigholz) Deutschland, WP, 102 min., 35mm / DigiBeta
Der irrationale Rest (Thorsten Trimpop) Deutschland, WP, 100 min., 35mm
Die Vogelpredigt oder Das Schreien der Mönche/ St. Francis Birds Tour (Clemens Klopfenstein) Schweiz/Italien, IP, 88 min., 35mm
Durchfahrtsland (Alexandra Sell) Deutschland, WP, 91 min., 35mm
El Inmortal (Mercedes Moncada Rodríguez) Nikaragua/Mexiko/Spanien, EP, 78 min., 35mm
Grietjie van Garies (Odette Geldenhuys) Südafrika, WP, 48 min., DigiBeta
Kekexili Kekexili: Mountain Patrol (Lu Chuan) China, EP, 95 min., 35mm
Les yeux clairs (Jérôme Bonnell) Frankreich, WP, 87 min., 35mm
Lost and Found (Nadejda Koseva, Cristian Mungiu, Jasmila Zbanich, Kornél Mundruczó, Stefan Arsenijevic, Mait Laas) Estland/Bulgarien/Rumänien/Ungarn/Bosnien/Serbien, WP, 95 min., 35mm
Lu Cao Di Mongolian Ping Pong (Ning Hao) China, WP, 108 min., 35mm
Mahiru no hoshizora/ Starlit High Noon (Nakagawa Yosuke) Japan, WP, 90 min., 35mm
Mein Bruder. We’ll meet again (Thomas Heise) Deutschland, WP, 57 min., 35mm
Melegin Düsüsü / Angel’s Fall (Semih Kaplanoglu) Türkei, WP, 97 min., 35mm
Niu pi Oxhide (Liu Jiayin) China, WP, 110 min., DigiBeta
Odessa Odessa… (Michale Boganim) Israel/Frankreich, EP, 96 min., 35mm
On the Outs (Lori Silverbush, Michael Skolnik) USA, EP, 82 min., HD
Oprosti za Kung Fu / Sorry for Kung Fu (Ognjen Svilicic) Kroatien, IP, 71 min., 35mm
Pakostnik / The Rascal (Tania Detkina) Russland, WP, 82 min., 35mm
Profils paysans: Le quotidien / Profiles farmers: Daily life (Raymond Depardon) Frankreich, WP, 85 min., 35mm
Putevoditel / The Guidebook (Alexander Shapiro) Ukraine, WP, 108 min., 35mm
Ratziti lihiyot gibor / On the Objection Front (Shiri Tsur) Israel, IP, 63 min., DigiBeta
Sekai no owari World's End / Girl Friend (Kazama Shiori) Japan, EP, 112 min., 35mm
Shin Sung-il-eui hangbang-bulmyung / Shin Sung-il Is Lost (Shin Jane) Korea, IP, 103 min., DigiBeta
Stadt als Beute / Berlin Stories (Irene von Alberti, Miriam Dehne, Esther Gronenborn) Deutschland, WP, 90 min., 35mm
Top Spot (Tracey Emin) Großbritannien, EP, 62 min., DigiBeta
Vers Mathilde (Claire Denis) Frankreich, IP, 84 min., 35mm
verschwende deine jugend.doc / wasting one’s youth.doc (Jürgen Teipel, Sigrid Harder) Deutschland, WP, 87 min., HD
Violent Days (Lucile Chaufour) Frankreich, IP, 80 min., 35mm
Yamanaka Tokiwa / Into the Picture Scroll – The Tale of Yamanaka Tokiwa (Haneda Sumiko) Japan, IP, 100 min., 35mm
Yan Mo / Before the Flood (Yan Yu, Li Yifan) China, WP, 150 min., DigiBeta
Yeoja, Jeong-hae / This Charming Girl (Lee Yoon-ki) Korea, EP, 99 min., 35mm
Zero Degrees of Separation (Elle Flanders) Kanada, WP, 85 min., DigiBeta

Alle Filme des Wettbewerbs jetzt benannt - drei Deutsche flimmern um den Bären

21 Filme werden im Wettbewerb der 55. Internationalen Filmfestspiele Berlin gezeigt. Fünf weitere Produktionen laufen außer Konkurrenz. Fünf Spielfilmdebüts wurden für das diesjährige Wettbewerbsprogramm ausgewählt. Insgesamt werden 16 Weltpremieren gezeigt.

Offizieller Wettbewerb
Die amerikanische Produktion Sometimes in April (Jedes Jahr im April) spielt im Bürgerkrieg Ruandas. Mit Régis Wargniers Eröffnungsfilm Man to Man und Mark Dornford-Mays U-Carmen eKhayelitsha stehen sie für ein anhaltendes Interesse an Afrika.

Der italienische Regisseur Stefano Mordini schildert in seinem Spielfilmdebüt Provincia Meccanica (Smalltown, Italien), wie eine junge und unkonventionelle Familie an den gesellschaftlichen Normen zu zerbrechen droht. Die chaotischen Eltern geben Stefano Accorsi und Valentina Cervi zu sehen.

In der dänischen Produktion Anklaget (Accused) von Jacob Thuesen wird der Familienvaters Henrik (Troels Lyby) von seiner Tochter Stine (Kirstine Rosenkrands Mikkelsen) eines schwerwiegenden Verbrechens bezichtigt. Thuesen debütiert mit Anklaget als Spielfilmregisseur.

In Les Mots Bleu (Worte in Blau) des französischen Regisseurs Alain Corneau versucht ein Lehrer hinter das Schweigen eines kleinen Mädchens zu kommen.

De Battre Mon Coeur s’est arrêté (The Beat That My Heart Skipped) des Franzosen Jacques Audiard. Das Bemühen, seinem Leben eine andere Richtung zu geben, führt den Protagonisten in eine Kette ungewöhnlicher Situationen. In den Hauptrollen sind Romain Duris, Emmanuelle Devos und Niels Arestrup zu sehen.

Die Weltpremiere der niederländisch-deutsch-französischen Koproduktion Paradise Now von Hany Abu-Assad erzählt von den letzten 48 Stunden im Leben zweier palästinensischer Selbstmordattentäter. Die Protagonisten werden von Kais Nashef und Ali Suliman verkörpert.

Der russische Regisseur Aleksandr Sokurov präsentiert mit Solnze (Die Sonne, Russische Föderation, Italien, Frankreich) den dritten Teil einer Trilogie über die Macht. Im Zentrum der Handlung steht der japanische Kaiser Hirohito. Issey Ogata, Kaori Momoi und Shiro Sano sind in den Hauptrollen zu sehen.

Regisseur Tsai Ming-Liang greift in der taiwanesisch-chinesisch-französischen Koproduktion Tian bian yi duo yun (The Wayward Cloud) erneut die Themen Entfremdung und Isolation auf. Bunte Musicalszenen werden mit expliziten Sexszenen kontrastiert. In dieser Weltpremiere spielen Chen Shiang-Chyi, Lee Kang-Sheng und Lu Yi-Ching die Hauptrollen.

Kakushi Ken-Oni no Tsume (The Hidden Blade) des Japaners Yoji Yamada erzählt die Geschichte eines Samurai, der Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Zeit gesellschaftlichen Umbruchs noch in der Vergangenheit zu leben scheint. In den Hauptrollen sind Masatoshi Nagase, Takako Matsu, Hidetaka Yoshioka zu sehen.
Der gefeierte amerikanische Video-Clip- und Kurzfilm-Regisseur Mike Mills präsentiert mit Thumbsucker (USA) sein Spielfilmdebüt. Der Film schildert die witzig dramatische Odyssee eines jungen Teenagers in die Drogensucht. Die Hauptrollen spielen Lou Taylor-Pucci, Vincent D’Onofrio, Keanu Reeves und Tilda Swinton.

Vom Anzeigenleiter einer Sportillustrierten, der seinen Job an einen jungen Überflieger abtreten muss, erzählt Paul Weitz in In Good Company (Reine Chefsache, USA). Dennis Quaid, Topher Grace und Scarlett Johansson spielen die Hauptrollen in dieser Geschichte um Konkurrenz und Kontrollverlust.

Basierend auf der gleichnamigen Biografie von Georges-Marc Benamou erzählt der Regisseur in Le Promeneur du Champ de Mars von den letzten Tagen François Mitterrands, in denen er seinem Vertrauten, einem jungen Journalisten, intimste Geheimnisse und persönliche Erinnerungen offenbart. Michel Bouquet (Toto, der Held) verkörpert den ehemaligen französischen Staatspräsidenten.

In Téchinés Film spielen Catherine Deneuve und Gérard Depardieu ein Liebespaar, das sich nach dreißigjähriger Trennung in Tanger wieder begegnet. Ihre Gefühle füreinander sind längst noch nicht aufgearbeitet.

Der amerikanische Regisseur Wes Anderson, zuletzt mit der Familiengroteske The Royal Tenenbaums im Berlinale-Wettbewerb zu Gast, präsentiert mit The Life Aquatic eine irrwitzige Unterwasser-Komödie über eine exzentrische Familie auf der Jagd nach einem mörderischen Hai. Bill Murray, Willem Dafoe, Anjelica Huston und Owen Wilson spielen die Hauptrollen.

Einen Blick in die selbstzerstörerischen Abgründe einer obsessiven Lieb im prüden Großbritannien der 50er Jahre eröffnet Regisseur David Mackenzie in Asylum (USA/Irland): Natasha Richardson spielt die Frau eines Psychiaters, die eine leidenschaftliche Affäre mit einem Patienten ihres Mannes beginnt. In weiteren Rollen sind Sir Ian McKellen (Herr der Ringe) und Hugh Bonneville (Iris) zu sehen.

Mark Dornford-May siedelt seine Filmadaption der Bizet-Oper Carmen U-Carmen e-Khayelitsha (Carmen in Khayelitsha) in den südafrikanischen Townships an und inszeniert sie vollständig in der Landessprache Xhosa. Die Titelrolle in diesem Regiedebüt aus Südafrika spielt die auf internationalen Opernbühnen gefeierte Pauline Malefane, die selbst aus Khayelitsha stammt.

Gu Changwei, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Kameramänner des chinesischen Films (Lebewohl, meine Konkubine), präsentiert bei der Berlinale sein Regiedebüt Peacock. Er schildert den Alltag einer Familie in einer kleinen Stadt in der Provinz Henan. Die Handlung beginnt nach dem Ende der Kulturrevolution in den siebziger Jahren und endet 1984.

Die deutschen Beiträge
In Gespenster, einer deutsch-französischen Ko-Produktion, erzählt Regisseur Christian Petzold (Die innere Sicherheit) die Geschichte der Französin Françoise, deren Tochter als Kleinkind in Berlin entführt wurde. Nach jahrelanger Ungewissheit glaubt sie die Tocher in der Streunerin Nina (Julia Hummer) endlich wieder gefunden zu haben.

Marc Rothemunds Sophie Scholl – Die letzten Tage schildert die letzten sechs Tage im Leben der 1943 in Nazi-Deutschland hingerichteten Mitbegründerin der Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“. Julia Jentsch (Die fetten Jahre sind vorbei) spielt die junge Studentin, die ihren Überzeugungen auch dann nicht abschwört, als ihr der Tod droht.

In Hannes Stöhrs episodischer Komödie One Day in Europe werden vor dem Hintergrund eines Champions-League-Finales Touristen in Moskau, Istanbul, Santiago de Compostela und Berlin in Diebstähle verwickelt. Die Emotionen kochen an allen Orten. In der deutsch-spanischen Ko-Produktion spielen u.a. Erdal Yildiz, Florian Lukas, Miguel Lira und Boris Arquier.

Ausser Konkurrenz
Heights (USA/Großbritannien), das Spielfilmdebüt des Regisseurs Chris Terrio, verbindet fünf Schicksale an einem Sommertag in New York zu einem Spinnenezt der Liebeswirrungen. Der Film läuft als europäische Premiere außer Konkurrenz. Mit Glenn Close, Isabella Rossellini und Elizabeth Banks.

Episodenfilm Tickets (Italien, Großbritannien) von Ermanno Olmi, Abbas Kiarostami und Ken Loach. Verwobenen Geschichten um Liebe, Hingabe und Selbstaufopferung spielen alle in einem Zug nach Rom.

Andy Tennant Hitch (Hitch – Der Date Doktor, USA). Hollywood-Star Will Smith spielt einen als "Date Doktor" berüchtigten New Yorker Heiratsvermittler, der die unscheinbarsten Männer mit den begehrtesten Frauen verkuppelt.

Die amerikanisch-deutsche Koproduktion Kinsey von Bill Condon (Gods and Monsters, 1998), nominier für einen Golden Globe. Mit seiner 1948 erschienenen Untersuchung „Das sexuelle Verhalten des Mannes“ veränderte Alfred C. Kinsey die amerikanische Kultur und gilt seit dem als Begründer der wissenschaftlichen Sexuallehre. Liam Neeson und Laura Linney spielen die Hauptrollen.

Hotel Rwanda, Regisseur Terry George erzählt die wahre Geschichte des Hotelmanagers Paul Rusesabagina (Don Cheadle, nominiert für den Golden Globe), der während des Bürgerkriegs über tausend Tutsi-Flüchtlingen Unterschlupf vor der Hutu-Miliz gewährte.

21.01.05 11:20

Der Studiokiller: Heaven’s Gate wird im Forum in der Ursprungsfassung gezeigt.

Das Internationale Forum des Jungen Films präsentiert als Special Screening die restaurierte, ursprüngliche Fassung von "Heaven’s Gate." Michael Ciminos monumentaler „Anti-Western“ von 1980 gilt bis heute als der größte finanzielle Flop Hollywoods – und unter Kritikern, vor allem außerhalb der USA, als Meisterwerk. Ergänzend ist die Dokumentation Final Cut: The Making and Unmaking of 'Heaven's Gate' von Michael Epstein als europäische Premiere zu sehen.

Heaven’s Gate erzählt detailverliebt von den brutalen 1890er „Johnson County Wars“, in denen wohlhabende amerikanische Viehzüchter, unterstützt von Regierungsbeamten, europäische Immigranten aus dem Westen der USA vertrieben. Nicht zuletzt aufgrund seiner kritischen historisch-politischen Aussage ist der Film umstritten gewesen.

Das Forum zeigt die aufwändig restaurierte 225-minütige ursprüngliche Schnittfassung. Nach der New Yorker Uraufführung im November 1980 wurde Heaven’s Gate von der Kritik verrissen, als „unamerikanisch“ gebrandmarkt und verschwand aus den Kinos. Eine von Regisseur Michael Cimino um mehr als eine Stunde gekürzte Fassung lief 1981 im Wettbewerb von Cannes. Das Filmfestival Venedig zeigte 1982 erstmals in Europa die ursprüngliche Fassung. Sie war letztmalig 1983 im Forum der Berlinale zu sehen; zu einem Kinostart dieser Fassung in Europa kam es nicht.

Der Misserfolg des Films bedeutete zusammen mit den auf ca. 100 Millionen US-Dollar angewachsenen Produktionskosten den finanziellen Ruin von United Artists (UA). Das legendäre Studio war 1919 von Charlie Chaplin, Mary Pickford, Douglas Fairbanks und David W. Griffith gegründet wurden.
Was genau ist bei der Produktion von Heaven’s Gate falsch gelaufen? Der Dokumentarfilm Final Cut geht den verschiedenen Theorien auf sehr kurzweilige und unterhaltsame Weise nach. Michael Epsteins Interviewpartner sind unter anderem die Hauptdarsteller Kris Kristofferson und Jeff (The Dude) Bridges, Kameramann Vilmos Zsigmond sowie Steven Bach, der als damaliger Vizepräsident von UA einer der Studioverantwortlichen war und mit seinem Buch „Final Cut: Art, Money, and Ego in the Making of ‚Heaven's Gate’, the Film that Sank United Artists“ die Vorlage zu diesem Film schuf.

Forum eröffnet mit dem Film "Lost and Found"

Der Eröffnungsfilm des 35. Internationalen Forums des Jungen Films steht fest: Die deutsche Produktion Lost and Found vereint Geschichten junger Regie-Talente aus sechs mittel- und osteuropäischen Ländern.
Die internationalen Beiträge zu dieser Kurzfilmkompilation wurden in Estland, Bulgarien, Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn und Serbien-Montenegro gedreht und in Deutschland postproduziert. Es sind vier Kurzspielfilme, ein Dokumentarfilm und ein Animationsfilm. Unter den Regisseuren sind fünf Teilnehmer des Berlinale Talent Campus 2004 sowie ein Gewinner des Goldenen Bären (Stefan Arsenijevic für den Kurzfilm (A)Torzija, 2003). Die Uraufführung von Lost and Found findet am 11. Februar 2005 im Delphi Filmpalast statt.
Inhalt laut P.M.:
Die Episoden in Lost and Found werden von dem estnischen Animationsfilm Gene-Ration von Mait Laas verknüpft: Am Ende einer fantastischen Reise verhilft ein Streichholz-Männchen einer neuen Generation zum Leben. – In The Ritual von Nadejda Koseva (Bulgarien) wartet eine Hochzeitsgesellschaft voller Spannung auf das Brautpaar. – Ein junges Mädchen fährt zum ersten Mal allein in die Hauptstadt und muss eine schwierige Situation meistern (Turkey-Girl, Cristian Mungiu, Rumänien). – Zwei Kinder in der gleichen Stadt sind am gleichen Tag geboren, haben jedoch keine Möglichkeit, einander kennen zu lernen (Birthday, Jasmila Zbanich, Bosnien-Herzegowina). – Ein Suizidberater kämpft mit der familiären Situation nach dem Tod der Mutter (Shortlasting Silence, Kornél Mundruczó, Ungarn). – In Fabulous Vera von Stefan Arsenijevic (Serbien-Montenegro) überschreitet eine Straßenbahnschaffnerin ihre Kompetenzen und findet endlich ihr Glück.

20.01.05 12:05

Die fast 20 Jurys der Berlinale. Wer krönt wen?

Es gibt unabhängige Jurys und andere Jurys, die von der Berlinale berufen wurden (vor allem die des Hauptwettbewerbs.)
Unabhängig ist eine Jury, deren Mitglieder nicht von der Berlinale selber berufen werden. Neben dem sehr öffentlichkeitswirksamen Wettbewerbspreisen dem goldenen und Silbernen Bären, gibt es eine Vielzahl von unabhängigen Jurys, die im Rahmen der Berlinale Preise vergeben. Dementsprechend vergeben die unabhängigen Jurys ihre Preise nach sehr unterschiedlichen Kriterien. Im Folgenden werden alle Preise kurz dokumentiert.

Die Unabhängigen:
Preise der Ökumenischen Jury
Seit 1992 sind die internationalen Filmorganisationen der evangelischen und der katholischen Kirchen - Interfilm und Signis - durch eine aus sechs Mitgliedern bestehende gemeinsame ökumenische Jury vertreten. Die Jury vergibt ihren Hauptpreis für einen Film aus dem Wettbewerb, sowie je einen mit 2.500 Euro dotierten Preis für einen Film aus der Sektion Panorama und aus dem Programm des Forums. Die Jury ehrt mit den Preisen Filmschaffende, die in ihren Filmen ein menschliches Verhalten oder Zeugnis zum Ausdruck bringen, das mit dem Evangelium in Einklang steht, oder die es in ihren Filmen schaffen, die Zuschauer für spirituelle, menschliche und soziale Werte zu sensibilisieren. Jurymitglieder 2005 sind: Thomas Kroll (Jurypräsident), Clotilde Lee (Korea), Charles Martig (Schweiz), Johanna Haberer (Deutschland), Dina Iordanova (Schottland), Gordon Matties (Kanada).

Preise der FIPRESCI-Jurys
Die Jurys der „Fédération Internationale de la Presse Cinématographique“, des internationalen Verbands der Filmkritik, sichten Filme aus dem Programm des Wettbewerbs und in den Sektionen Panorama und Forum. Pro Sektion wird ein Preis für den besten Film vergeben. Die Mitglieder der diesjährigen FIPRESCI- Jurys sind: Andrei Plakhov (Jurypräsident, Russland), Dubravka Lakic (Serbien-Montenegro), Leonardo Garcia Tsao (Mexiko) für den Wettbewerb; Ruth Pombo (Spanien), Ninos Feneck Mikelides (Griechenland), Angelika Kettelhack (Deutschland) für das Panorama; Pamela Bienzóbas (Chile), Cristina Piccino (Italien), Helmut Merker (Deutschland) für das Forum.

LVT - Manfred-Salzgeber-Filmpreis
Der Preis ist nach dem langjährigen Leiter des Panorama und Mitgestalter des Festivals, Manfred Salzgeber, benannt. Die Jury besteht aus drei Mitgliedern und vergibt einen Preis an einen innovativen Spielfilm des offiziellen Programms. Der Preisträgerfilm darf noch keinen Verleih in mehr als einem europäischen Land haben. Mit dem Preis verbunden ist eine von der Untertitelungsfirma Laser Vidéo Titrages (LVT) gestiftete Untertitelung des Films in bis zu drei verschiedene Sprachen. Die diesjährige Jury sind: Marieanne Bergmann (Deutschland), Andrea Weiss (USA), Giampolo Marzi (Italien).

Dialogue en Perspective
Initiiert wurde der Preis „Dialogue en perspective“ vom französischen Fernsehsender TV 5 zusammen mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk und den Internationalen Filmfestspielen Berlin. Der Preis geht an einen herausragenden Beitrag in der Sektion Perspektive Deutsches Kino. Die Jury besteht aus vier französischen, drei deutschen Mitgliedern und einem Jurypräsidenten. Die diesjährige Jurypräsidentin ist die Regisseurin Nina Grosse. Ziel des Preises ist es, aktuelles deutsches Kino einem jungen französischen Publikum nahe zu bringen. Der Gewinner-Film wird beim Festival des deutschen Films in Paris vorgestellt.

Preis der Gilde Deutscher Filmkunsttheater
Die Jury der „Gilde deutscher Filmkunsttheater“ setzt sich aus drei Juroren zusammen, die Kinobetreiber und Mitglieder der Gilde sind. Die diesjährige Jury setzt sich zusammen aus Adrian Kutter, Thomas Engel und Michael Spiegel. Sie vergibt ihren Preis an einen Film des Berlinale-Wettbewerbs

Preise der CICAE
Für die Confédération Internationale des Cinémas D´Art et Essai (C.I.C.A.E.), den Internationalen Verband der Filmkunsttheater, sind zwei Jurys auf der Berlinale tätig: eine vergibt einen Preis an einen Film des Panoramas, eine kürt einen Film des Forums.

Prix UIP Berlin
Eine Initiative von UIP (United International Pictures) und der Europäischen Filmakademie in Kooperation mit der Berlinale. Der Preis wird von der Internationalen Kurzfilmjury vergeben und zwar an einen europäischen Kurzfilm aus den Programmen des Wettbewerbs und des Panoramas. Der Gewinnerfilm ist automatisch für den Europäischen Filmpreis nominiert.

Friedensfilmpreis
Die Jury besteht aus neun Mitgliedern, die Filme aus allen Sektionen sichten. Der Hauptpreis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird von der „Initiative Friedensfilmpreis“ in Verbindung mit den „Ärzten zur Verhütung des Atomkriegs“ (IPPNW) und der Heinrich-Böll-Stiftung gestiftet. Darüber hinaus kann die Friedensfilmpreis-Jury lobende Erwähnungen aussprechen.

Teddy-Awards
Die Teddy-Awards gehen an Filme, die in einem schwul-lesbischen Kontext stehen. Die neun Mitglieder der internationalen Jury werden zum großen Teil aus dem Kreis schwul-lesbischer Filmschaffender und FestivalmacherInnen gewählt. Sie sichten Filme aller Festivalsektionen. Aus einer von der Jury festgelegten Auswahl von Filmen wird ein mit je 3.000 Euro dotierter Teddy an einen Spielfilm, einen Kurzfilm und einen Dokumentarfilm vergeben. Präsident der diesjährigen Jury wird Michael Kutza sein, der Leiter des internationalen Filmfestivals in Chicago.

Wolfgang-Staudte-Preis
Der Preis wird von einer dreiköpfigen Jury an einen Film des Forums verliehen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. Der Preis ist benannt nach dem deutschen Nachkriegsregisseur und Drehbuchautor Wolfgang Staudte. Die diesjährigen Jurymitglieder sind: Fujioka Asako (Japan), Angela Schanelec (Deutschland), Teboho Mahlatsi (Südafrika).

Caligari-Filmpreis
Die aus vier Mitgliedern bestehende Jury vergibt den Caligari-Filmpreis an einen Film des Forums. Der Preis wird vom „Bundesverband kommunale Filmarbeit“ , der Zeitschrift „film-dienst“ sowie dem TV-Sender 3sat gestiftet. Er ist mit 4.000 Euro dotiert, wobei die eine Hälfte an den Regisseur des Films geht, die andere den Verleih fördert. Der Preis wird 2005 zum 20. Mal vergeben. Die Mitglieder der diesjährigen Caligari-Jury sind: Margarete Wach, Hans-Joachim Fetzer, Volker Kufahl, Jörg Marsilius

NETPAC-Preis
Das „Network for the Promotion of Asian Cinema“ (NETPAC) ist ein Zusammenschluß von Festivalorganisatoren und Filmkritikern, die sich die Förderung des asiatischen Films zum Ziel gesetzt haben. Die aus drei Mitgliedern bestehende Jury sichtet asiatische Filme im Programm des Forums.

Don Quijote-Preis der FICC
Die 1947 gegründete „Fédération Internationale de Cine-Clubs“ (FICC/IFFS) ist die internationale Dachorganisation der Filmklubs. Der von der FICC-Jury mit dem Don Quijote-Preis ausgezeichnete Film wird in den Katalog des „Film Distribution Network“ der FICC aufgenommen. Das Distributionsnetzwerk stärkt die internationale Verbreitung der Preisträgerfilme.

Amnesty International Filmpreis
Die deutsche Sektion von „amnesty international“ verleiht auf der Berlinale 2005 erstmalig den Amnesty International Filmpreis, der bereits auf anderen internationalen Filmfestivals vergeben wird. Die Jurymitglieder sind die Schauspielerin Nina Hoss, der Filmproduzent Christoph Friedel und die Medienreferentin von amnesty international, Brita Lax. Die Jury sichtet Filme der Sektionen Wettbewerb, Panorama und Forum und richtet dabei ein besonderes Augenmerk auf Dokumentationen. Ziel des Preises ist es, die Aufmerksamkeit von Fachbesuchern und breitem Publikum auf das Thema Menschenrechte zu lenken und Filmemacher dazu zu ermutigen, sich dieses Themas verstärkt anzunehmen.

Femina-Film-Preis
Der Verband der Filmarbeiterinnen e.V. vergibt jährlich den Femina-Film-Preis, 2005 erstmals auf der Berlinale. Der Preis wird verliehen für "hervorragende künstlerische Leistungen einer Technikerin" in einem deutschsprachigen Spielfilm, und zwar im Bereich Ausstattung, Kamera, Kostüm, Musik oder Schnitt. Ziel des Preises ist, die Bedeutung der künstlerischen Arbeit der mitwirkenden Frauen für das Gesamtresultat eines Filmes hervorzuheben. Die Jury des mit 5.000 Euro dotierten Preises besteht aus drei im Filmbereich tätigen Frauen. In 2005 sind dies Anina Diener, Ula Stöckl und Franziska Heller.

"Europa Cinemas"-Preis
Das Label „Europa Cinemas“ wurde auf dem Filmfestival in Cannes 2003 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel der Initiative ist die Förderung europäischer Filme, ihres Verleihs und ihrer Wahrnehmung beim Publikum und in den Medien. Es wird jeweils ein europäischer Film der Quinzaine des Réalisateurs in Cannes und seit 2004 auch der Venice Days in Venedig mit dem Label durch eine Jury von 5 Mitglieds-Kinobetreibern ausgezeichnet. In 2005 wird diese Auszeichnung zum ersten Mal auf der Berlinale vergeben, und zwar an einen europäischen Film des Panoramas. Die Jurymitglieder sind: Ian Wild (GB), Tibor Biro (Ungarn), Antonio Llorens Sanchis (Spanien), Petra Klemann (Deutschland), Dietmar Zingle (Österreich).

Die offiziellen Berlinale Jurys
Der Hauptwettbewerb der Berlinale
Die Internationale Jury vergibt die Hauptpreise des Festivals: die Goldenen und Silbernen Bären,
den Alfred-Bauer-Preis an den besten Erstlingsfilm, respektive einen Film, der „neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet“ und den „Blauen Engel“ für den besten europäischen Film, der mit 25.000 Euro der höchstdotierte Preis der Berlinale ist und von AGICOA gestiftet wird.
Die Internationale Jury sichtet für ihre Entscheidungen ausschließlich Filme des Wettbewerbs.
Die mindestens sieben Mitglieder der Jury werden vom Direktor der Berlinale ernannt und eingeladen. Die Jury setzt sich zusammen aus prominenten Filmschaffenden verschiedenster Provenienz: Regisseuren, Schauspielern und Produzenten, aber auch Vertretern anderer Festivals und der Filmwirtschaft. In die Jury kann nur berufen werden, wer in keiner Weise an der Entstehung oder Verwertung eines Wettbewerbfilms beteiligt ist.
Der Jurypräsident führt den Vorsitz über die Beratungen und genießt bei den Entscheidungen doppeltes Stimmrecht. Die JurypräsidentInnen der vergangenen Jahre waren Mira Nair, Atom Egoyan und Frances McDormand.

Kurzfilm-Preise
Die Internationale Kurzfilmjury verleiht gleich mehrere Preise in den Sektionen Wettbewerb und Panorama, darunter den Goldenen Bären für den besten Kurzfilm im Wettbewerb und den Panorama Kurzfilmpreis. Den Gläsernen Bär für den besten Kurzfilm des Kinderfilmfests vergibt die Kinderjury. Die elf Jury-Mitglieder im Alter von 11 bis 14 Jahren werden auf Empfehlung der Leitung des Kinderfilmfestes berufen. Jedes Jahr bietet das Kinderfilmfest seinem jungen Publikum die Möglichkeit, sich mittels eines Fragebogens zu den Filmen zu äußern. Aus den Hunderten von Teilnehmern dieser Aktion werden von den Mitarbeitern des Kinderfilmfestes die kommenden Jurymitglieder ermittelt. Wer in seinen Kommentaren Sehschärfe und Urteilskraft beweist, hat gute Chancen, im folgenden Jahr über die Vergabe der Gläsernen Bären mit zu entscheiden.

Die Jugendjury
Im vergangenen Jahr wurde das Kinderfilmfest um den Wettbewerb 14plus erweitert. Unter diesem Titel werden Filme präsentiert, die sich vor allem an ein jugendliches Publikum richten. Eine fünfköpfige Jugendjury vergibt den Gläsernen Bär an den besten Film dieses Wettbewerbs. Die Mitglieder der Jugendjury werden auf dem gleichen Wege ermittelt, wie ihre Kollegen in der Kinderjury.

Kinderjury
Die Internationale Jury des Kinderfilmfestes entscheidet über die Vergabe des „Großen Preises des Deutschen Kinderhilfswerkes“ an den besten Spielfilm, sowie den „Spezialpreis des Deutschen Kinderhilfswerkes“ an den besten Kurzfilm. Die Preise sind mit 7.500 Euro bzw. 2.500 Euro dotiert. Die Jury besteht aus fünf internationalen Persönlichkeiten, die sich für das Kinderfilmgenre engagieren, in der Regel FilmemacherInnen, SchauspielerInnen und MitarbeiterInnen internationaler Kinder- und Jugendfilmfestivals. Sie werden von der Leitung des Kinderfilmfestes benannt und vom Direktor der Berlinale eingeladen.

Die Kinos und Kinosääle der Berlinale::Ort&Geschichte

Kino Arsenal
Potsdamer Straße 2
10785 Berlin
Säle: 2; Platzkapazität: 76 und 234
Leinwandgröße: 10 qm und 32 qm
Beide Säle verfügen über Rollstuhlstellplätze.
U- und S-Bahn Potsdamer Platz

Das Arsenal ist das Stammhaus der „Deutschen Kinemathek“ und während der Berlinale die Hauptspielstätte für das Internationale Forum des Jungen Films. Im Jahr 1999 bezog das Arsenal gemeinsam mit der "Deutschen Kinemathek", dem "Deutschen Filmmuseum" und der "Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin“ (dffb) das „Filmhaus“ am Potsdamer Platz,


Berlinale Palast
Am Marlene-Dietrich-Platz 1
10785 Berlin

Säle: 1
Platzkapazität: 1600
Leinwandgröße: 17,6 m x 8,0 m
Alle Ebenen sind rollstuhlzugänglich
U-/S-Bahn Potsdamer Platz, Bus 148, 200, 248

Der Berlinale Palast am Potsdamer Platz ist eigentlich ein Musical Theater. Hier haben alle Filme des Wettbewerbs ihre feierliche Premiere. Auch die Eröffnungsfeier und die Vergabe der offiziellen Preise finden im Berlinale Palast statt.


CinemaxX
Potsdamer Str 5 / Eingang Voxstraße
10785 Berlin

Säle:19; Platzkapazität: 48 bis 603
Leinwandbreite: 6,50 m bis 22 m
Rollstuhlstellplätze in allen Sälen
U-/S-Bahn Potsdamer Platz, Bus 148, 200, 248

Das Cinemaxx am Potsdamer Platz ist seit dem Jahr 2000 die Hauptspielstätte der Berlinale. In den 19 Sälen des Hauses werden von früh bis spät in die Nacht Filme aller Sektionen gezeigt. Das Cinemaxx ist im Zuge der Neubebauung des Potsdamer Platzes entstanden und wurde 1998 eröffnet. Neben mehreren Snack-Bars beherbergt das Haus auch die Maxx-Bar, von der aus Knut Elstermann seine allabendliche Berlinale-Talkshow auf Radio Eins moderiert.

Cinestar im Sony-Center
Potsdamer Straße 4
10785 Berlin

Säle: 8; Platzkapazität: 142 bis 419
Leinwandgröße:: 52 qm bis 131 qm
Rollstuhlstellplätze: in allen Sälen
U-/S-Bahn Potsdamer Platz, Bus 148, 200, 248

Das Cinestar im Sony-Center am Potsdamer Platz liegt im gleichen Komplex wie das Arsenal (siehe oben) verfügt über 8 Säle, in denen Filme des Panoramas, des Forums, der Retrospektive/Hommage und des Sonderprogramms gezeigt werden. Nach dem gegenüber liegenden Cinemaxx ist das Cinestar die zweitwichtigste Spielstätte der Berlinale. lich ist.

Neu dazugekommen 2005:
Colosseum
Schönhauser Allee 123
10437 Berlin

Säle: 10 (Berlinale: 1); Sitzplätze: 525
Leinwandgröße: 6,5 x 15,2 m
Das Kino ist rollstuhlzugänglich.
U2, S41, S42, S8, S85 Schönhauser Allee, Tram M1

Mitte der Zwanziger Jahre wurden die Architekten Max Bischoff und Fritz Wilms damit beauftragt, die alte Wagenhalle der „Großen Berliner Pferdeeisenbahn AG“ an der Schönhauser Allee in ein Kino zu verwandeln. Das Colosseum eröffnete am 12. September 1924 und war der erste Filmpalast im Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg im Nordosten Berlins. 1930 übernahm die Ufa Thaterbetriebs GmbH das Colosseum. In den fünfziger Jahren wurde das Haus zunächst als Interimsspielstätte für das Metropol-Theater genutzt, bevor es 1957 von Karl-August Borchardt umgebaut wurde, um fortan als DEFA-Premierenkino zu fungieren. In seiner heutigen Form als Multiplex wird das Colosseum nach erneuten umfangreichen Umbauarbeiten seit 1997 betrieben. Die Berlinale bespielt das Haus 2005 zum ersten Mal. Im großen Saal werden Filme der Sektionen Panorama, Perspektive Deutsches Kino, Kinderfilmfest und Forum gezeigt.


Delphi Filmpalast
Kantstraße 12a
10623 Berlin

Säle: 1; Platzkapazität: 784 Plätze
Leinwandgröße: 100 qm
Der Kinosaal ist nicht rollstuhlzugänglich.
U- und S-Bahn Zoologischer Garten

Der Delphi-Filmpalast am Zoo – kurz: das Delphi - wird seit den Anfangsjahren von der Berlinale bespielt und ist seit 1981 neben dem Arsenal die Hauptspielstätte für das Forum-Programm. Der Bau entstand unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg auf den Trümmern eines ehemaligen Tanzpalastes. Schon 1949 eröffnete der Kinobetreiber Walter Jonigkeit den Delphi-Filmpalast als das damals größte und eleganteste Premierenkino der Stadt.

Filmpalast Berlin
Kurfürstendamm 225
10719 Berlin

Säle: 1; Platzkapazität: 463
Leinwandbreite: 13,20 m x 5,80 m
Der Saal ist rollstuhlzugänglich, nicht jedoch die Toiletten.
U-Bahn Kurfürstendamm, S-Bahn Zoologischer Garten

Als die Berlinale noch ihren Hauptsitz in der Budapester Straße in der West-City hatte, gehörte der Filmpalast am Kurfürstendamm zu den vornehmsten und wichtigsten Spielstätten des Festivals. Von seinem eleganten Charme hat das Kino nichts eingebüßt, noch immer ist es mit seinem Art Deco Interieur eines der schönsten Filmtheater Berlins. Während der Berlinale ist es jetzt die Spielstätte für das Berlinale Special.

Filmtheater am Friedrichshain
Bötzowstraße 1-5
10407 Berlin

Säle: 5 (Berlinale 1)
Platzkapazität: 325
Leinwandgröße: 11 m x 4,70 m
Der Saal ist rollstuhlzugänglich
Tram 2,3,4,5,6,8 Bus 140, 200, 348

Das Filmtheater am Friedrichshain ist mit 5 Sälen das größte Programmkino Berlins. Der große Saal dient während der Berlinale als Hauptspielstätte für das Kinderfilmfest. Das Gebäude besteht bereits seit Mitte der Zwanziger Jahre und wurde in seiner wechselhaften Geschichte auch meistens als Kino betrieben. 1995 wurde das FaF aufwendig renoviert.

Kino International
Karl-Marx-Allee 33
10178 Berlin

Säle: 1, Pätze: 551
Leinwandgröße: 14 m x 6 m
Der Saal ist rollstuhlzugänglich.
U-Bahn Schillingstraße, S-Bahn Alexanderplatz

Viele Berliner halten das International für das schönste Kino der Stadt. Von 1961 bis 1964 erbaut gehört es heute zu den eindrucksvollsten Gebäuden der „DDR-Moderne“. Ein klassisches Lichtspieltheater mit großzügigem Foyer, beidseitigen Treppenaufgängen, bequemer Bestuhlung, aufwändiger Vertäfelung und einem Paillettenvorhang vor der Leinwand atmet das International noch immer die Atmosphäre jener Zeit, als es das repräsentative Prunkstück einer optimistischen DDR-Kultur war. 6 Meter hohe Fenster von der Decke bis zum Boden bieten einen gigantischen Blick auf die 8 spurige Karl-Marx Allee und den gegenüberliegenden Club WMF im Cafe Moskau.Während der Berlinale werden hier Wiederholungen von Wettbewerb- und Panorama-Filmen gezeigt. Einige ausgewählte Panorama-Filme haben im International auch ihre Premiere.

Filmkunsthaus Babylon
Rosa-Luxemburg-Straße 30
10178 Berlin

Säle: 2 (Berlinale nur 1)
Platzkapazität: 467 Plätze
Leinwandgröße: 52 bis 131 qm. Der Saal verfügt über mehrere Rollstuhlstellplätze.
Öffentliche Verkehrsmittel: U-Bahn Rosa-Luxemburg-Platz, Bus 340

Das Filmkunsthaus Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz ist die geschichtsträchtigste Spielstätte der Berlinale. Es ist Teil eines mittlerweile denkmalgeschützten Gebäudekomplexes, der Ende der 20er Jahre nach Entwürfen von Hans Poelzig im Stil der Neuen Sachlichkeit gebaut wurde. Ursprünglich als Stummfilmtheater mit Orchestergraben und Kino-Orgel konzipiert, wurde es bereits nach wenigen Jahren auf das Tonfilmzeitalter umgerüstet. Im Krieg nur leicht beschädigt war das Babylon ab 1948 das Premierenkino der DEFA und später- nach dem Bau der Kinos "International" und "Kosmos" auf der Karl-Marx-Allee - das Programmkino der DDR. Während der Berlinale ist es eine Spielstätte für die Retrospektive und die Hommage.

Urania
An der Urania 17
10787 Berlin-Schöneberg

Säle: 2 (Berlinale: 1)
Platzkapazität: 866
Leinwandgröße: 12m x 6m
Alle Ebenen sind rollstuhlzugänglich
U1/2/15 Wittenbergplatz, Bus 119, 129, 146, 187, 219

Als Veranstaltungsort gibt es die Urania seit 1888. Für den Film in Deutschland ist sie eine wichtige historische Adresse, einst wurden hier die ersten bewegten Bilder gezeigt. Bis zum Umzug der Berlinale 2000 zum Potsdamer Platz war der markante Gebäudekomplex der Hauptspielort des Kinderfilmfests der Berlinale und beherbergte auch das Programmsegment zum Neuen Deutschen Film. Heute ist die Urania u.a. Nachspielort der Filme des Wettbewerbs.

Das Zeughauskino
Unter den Linden 2
10117 Berlin

Säle: 1
Platzkapazität: 160; 4 Rollstuhlplätze
Leinwandgröße: 9,30 m x 3,80 m
S-Bahn Hackescher Markt, U-Bahn Französische Straße
Bus 100, 157, 200 und 348

Das Zeughaus-Kino befindet sich im „Deutschen Historischen Museum“ am Rande der Museumsinsel in Berlins historischer Mitte. Nach der umfassenden Renovierung eröffnete das Kino im Jahr 2001 wieder den regelmäßigen Spielbetrieb. Der Kinosaal des Zeughauses steht unter Denkmalschutz und ist seit 2004 eine Spielstätte der Retrospektive und der Reihe Selling Democracy.

Zoo Palast
Hardenbergstraße 29a
10623 Berlin

Säle während der Berlinale: 2
Platzkapazität: 1070 und 438
Leinwandgröße: 144 qm/82 qm
Rollstuhlzugänglich ist nur der große Saal. U-/S-Bahn Zoologischer Garten

Jahrzehntelang war der Zoo-Palast das Herzstück der Berlinale. Bis 1999 blieb der Zoo-Palast das Zuhause der Berlinale und das Premierenkino für die Filme des Wettbewerbs. Seit dem Umzug des Festivals an den Potsdamer Platz im Jahr 2000 bespielt die Berlinale den großen Saal und das Atelier-Kino im Zoo-Palast mit Premieren des Panorama und des Kinderfilmfests.

Berlinale-Retrospektive 2005: „Production Design + Film“

Ob verschwenderisch ausgestattete Sets oder zurückhaltend und schlicht gestaltete Räume – Production Design bestimmt den Look und die Atmosphäre eines Films.
Die Retrospektive der 55. Internationalen Filmfestspiele Berlin (10.–20.02.2005) widmet sich unter dem Titel „Schauplätze – Drehorte – Spielräume. Production Design + Film“ dem Metier des Production Designs.

Production Designer trugen viel bei zur Stimmung und Geschichte eines Films. Die Ausstattung kann gesellschaftliche Verhältnisse zum Ausdruck bringen oder das Rätselhafte und Bedrohliche einer Handlung akzentuieren. Die Retrospektive der Berlinale 2005 ist gegliedert in fünf thematische Bereiche, die verschiedene Aspekte der Wirkungsweise von Production Design zeigen. Die Filmreihe umfasst 45 internationale Filme aus den vergangenen 65 Jahren. Dabei wird den stilbildenden Filmen Stanley Kubricks ein besonderer Platz eingeräumt.

1. Die Rubrik „Interiors“ widmet sich Innenwelten und privaten Räumen. Diese hat zum Beispiel Rolf Zehetbauer für Rainer Werner Fassbinders Film "Die Sehnsucht der Veronika Voss" (BRD, 1981/82) eindringlich in Szene gesetzt. Und Richard Sylbert gelingt es, mit der Gestaltung des Interieurs in Mike Nichols’ Film "Who’s Afraid of Virginia Woolf?" ( Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, USA, 1966) die inneren Konflikte des Paars in Räume zu übersetzen.

2. Unter der Überschrift „Transit“ werden Filme gezeigt, in denen der filmische Raum zur Metapher wird: Der Production Designer P.A. Lundgren gestaltete in Ingmar Bergmans Film "Tystnaden" (Schweden, 1962/63) durchlässige Räume. "2001: A Space Odyssey" (Großbritannien/USA, 1965–68) wurden für Stanley Kubrick bahnbrechenden Raumschiffdesigns entworfen, die sogar die NASA beienflussten.

3. Der Abschnitt „Macht“ zeigt unter anderem Gattaca ( USA, 1997) von Andrew Niccol. Totalitäre Strukturen werden in Architektur und Design des Films gespiegelt.

4. Der Zwischen-Raum von Realität und Illusion wird im Bereich „Bühne“ sichtbar. Für "E la nave va" (Italien/Frankreich, 1983) wurde ein artifizielles Meer aus riesigen Plastikplanen kreiert, weil Federico Fellini in seinem Film kein „echtes Meer“ haben wollte.

5. Die Rubrik „Labyrinth“ versammelt Filme, die ein Wechselspiel von Erzähl- und Raumstruktur zeigen. Endlose Flure und verwirrende Raumabfolgen werden zum Irrgarten. So zum Beispiel in Stanley Kubricks Film The Shining (Großbritannien/USA, 1978–80),

Im Filmmuseum Berlin gibt es begleitende Vorträge und Diskussionen. Außerdem wird dort vom 10. Februar bis zum 19. Juni 2005 die Ausstellung „Bewegte Räume“ gezeigt. Das Deutsche Filmmuseum Frankfurt am Main präsentiert vom 19. Januar bis zum 11. April 2005 im Martin-Gropius-Bau die Ausstellung „Stanley Kubrick“. Zusätzliche Synergien ergeben sich mit dem

20. Jubiläum Panorama::Ausstellungen&Fotografien

Zum 20. Jubiläum des Panoramas in diesem Jahr wird es in Zusammenarbeit mit K44 eine multimediale Ausstellungsinstallation in der HomeBase Panorama Lounge am Potsdamer Platz geben. Für diesen Rückblick öffnet das Panorama zum ersten Mal sein reiches Archiv: Ausgewählte Filmstills aus über 1200 Panorama-Filmen und Bilder vom Festival zeigen einen Querschnitt durch die Geschichte der Sektion.

Daneben erinnert eine Fotogalerie an Menschen, die das Panorama maßgeblich geprägt haben und an Panorama-Entdeckungen wie Pedro Almodóvar, Ang Lee, Gus Van Sant, Oskar Roehler, Chantal Akerman oder Kim Ki - duk, die hier ihre internationale Karriere starteten. Dem Festival langjährig verbundene Fotografinnen und Fotografen stellen bislang unveröffentlichtes Bildmaterial zur Verfügung. Eine Auswahl davon wird in einem die Ausstellung begleitenden Katalog präsentiert.

Auszeichnungen/Preise im Panorama

Im Rahmen des Panorama werden mehrere Auszeichnungen verschiedener Unabhängiger Jurys vergeben. Dazu gehören der „Teddy Award“, der renommierte schwul-lesbische Filmpreis, der seinen Anfang im Panorama nahm, und der LVT-Manfred Salzgeber-Preis, der 1999 erstmals vergeben wurde und an den Gründer und Gestalter der Sektion erinnert.
Die FIPRESCI-Jury vergibt einen ihrer Preise im Panorama, und auch der einzige Publikumspreis der Berlinale wird im Panorama verliehen.

Die Kurzfilme der Sektion stellen sich gemeinsam mit denen des Wettbewerbs dem Votum der Internationalen Kurzfilmjury, die aus dem Panorama hervorgegangen ist und die mit dem UIP-Preis auch gleichzeitig eine Nominierung für den europäischen Filmpreis ausspricht.

Das Programm im Panorama. Wer war schon mal da?

Das Panorama Hauptprogramm präsentiert etwa 18 Spielfilme: eine internationale Auswahl von Produktionen, die das Potenzial haben, ein breites Arthouse-Publikum anzusprechen. So gehörten z.B. Sue von Amos Kollek, Solas von Benito Zambrano, Walk on Water von Eytan Fox’ und Berlin is in Germany von Hannes Stöhr zu den Publikumslieblingen der letzten Jahre.

Panorama Dokumente bietet einen Blick auf zehn bis fünfzehn der interessantesten Dokumentarfilme aus aller Welt. André Hellers und Othmar Schmiderers Im toten Winkel: Hitlers Sekretärin lief 2002 im Dokumente-Programm und gewann den Panorama-Publikumspreis. Dass im vergangenen Jahr mit Andres Veiels Langzeitbeobachtung Die Spielwütigen erneut ein Dokumentarfilm den Publikumspreis gewann, belegt die wachsende Bedeutung des Genres.

Im Panorama Special werden große unabhängige Produktionen, sowie Filme der US-amerikanischen Major Studios präsentiert. Die Auswahl umfasst etwa 18 Titel. Brassed Off, Fucking Amål, Owning Mahony, Wolfsburg – das Panorama Special ist oft das Sprungbrett für eine breitere Rezeption.

Die Panorama-Kurzfilme werden in Programm-Kollektionen präsentiert. Die Auswahl der 20 bis 25 Filme und auch die Publikumsgespräche nach den Vorführungen sind für junge Regisseure oft der erste Auftritt auf internationalem Parkett.

Panorama. Welche Art Filme werden gezeigt

Im Programm des Panorama werden neue Filme renommierter Regisseure und Regisseurinnen neben Debütfilmen und spannenden Neu-Entdeckungen präsentiert. Die Filmauswahl versucht den Spagat zwischen künstlerischen Visionen und kommerziellen Interessen.
Vom Kurzfilm über den Spielfilm bis hin zum abendfüllenden Dokumentarfilm läuft hier alles. Traditionell ist das so genannte Autorenkino stark vertreten. Das Programm lässt Länder- und Themenschwerpunkte zu.
Alle Filme im Panorama laufen entweder als Weltpremieren oder Europapremieren außerhalb ihres Ursprungslandes.

Forum. Welche Art Filme werden gezeigt

Das Internationale Forum des Jungen Films – kurz Forum – gilt als die risikofreudigste Sektion des Berlinale-Programms. Avantgarde, Experiment, Essay, Langzeitbeobachtungen, politische Reportagen und noch unbekannte Kinematographien: im Forum begegnet einem auch unkonventionelle und ungewohnte Filme. Das Forum setzt einen Schwerpunkt auf junge Filmemacher, ansonsten sind die formalen Beschränkungen bei der Filmauswahl gering, die Freiheiten dagegen groß. Alle Formate sind willkommen - Dokumentar- und Spielfilme kommen gleichermaßen.

Anfangs noch als eine Gegenveranstaltung zur Berlinale konzipiert, wurde das Forum 1970 als ein Parallelfestival an die Berlinale angegliedert und damit eine Neuausrichtung des Festivals in die Wege geleitet. Mittlerweile ist das Internationale Forum des Jungen Films ein fester Bestandteil des Berlinale-Programms und prägt maßgeblich das differenzierte Profil des Festivals.

Offizielle Preise werden im Forum nicht vergeben. In den Anfangsjahren der Sektion stand dahinter die explizite Absicht, sich vom kompetitiven Gestus des Wettbewerbs abzugrenzen. Mehrere der unabhängigen Jurys vergeben jedoch auch Preise im Rahmen des Forums.
Das Forum hat auch eine eigene Internetseite: www.fdk-berlin.de/forum.

Perspektive deutsches Kino. Welche Art Filme werden gezeigt

Für das Programm werden etwa zwölf Filme des jüngsten Jahrgangs ausgewählt. Um das Spektrum möglichst offen zu halten und auch Abschlussarbeiten der Filmhochschulen zu integrieren, gibt es kaum formale Beschränkungen, weshalb abendfüllende Spiel- und Dokumentarfilmen neben mittellangen und experimentellen Arbeiten laufen.

Seit 2004 wird in der Sektion der vom französischen Fernsehsender TV 5 gestiftete Preis "Dialogue en Perspective" verliehen. Er soll die Attraktivität des deutschen Kinos für ein junges französisches Publikum fördern. Eine Jury - bestehend aus vier französischen, drei deutschen Mitgliedern und einem Jurypräsidenten - ermittelt den Gewinner-Film, der beim Festival des deutschen Films in Paris vorgestellt wird.

Die Sektionen der Berlinale - Wer zeigt Was?

Das Filmprogramm der Berlinale gliedert sich in sechs Sektionen: den Wettbewerb, das Panorama, das Internationale Forum des Jungen Films, das Kinderfilmfest, die Perspektive Deutsches Kino und die Retrospektive. Jede Sektion ist für die Filmauswahl selbst verantwortlich.

Vielfalt und Fokussierung in den Sektionen
Im Wettbewerb wird großes internationales Kino gezeigt, internationale, oft mit Stars besetzte Großproduktionen. Im Wettbewerb ist der Glamourfaktor am höchsten, hier liegt der berühmte rote Teppich.

Im Panorama liegt der Schwerpunkt auf Independent- und Arthouse-Kino, also Filme etwas ab der Hauptstrasse, die im Haupt-Wettbewerb mündet.

Die Perspektive Deutsches Kino interessiert sich für die thematischen und ästhetischen Tendenzen im einheimischen Filmschaffen und stellt einem internationalen Publikum das jeweils Neueste aus der deutschen Filmlandschaft vor.

Das Internationale Forum des Jungen Films laufen viele Filme, die es ausser auf Festivals aufgrund von Vermarktungs- und Einnahmemöglichkeiten durch Verleih meist nicht mehr im Kino zu sehen gibt. Etwas für die echten Cineasten und solche, die es werden wollen.

In der Retrospektive werden Klassiker (wieder)entdeckt. Auf der Berlinale 2004 hat die Retrospektive „New Hollywood“ mit Filmen wie Der Pate, oder Easy Rider ua. und dem Besuch der guten alten Leinwandhelden, fast dem eigentlichen Wettbewerb den Rang abgelaufen.
Die Hommage ist in der Regel einer großen Schauspielpersönlichkeit gewidmet und präsentiert dren Lebenswerk präsentiert.

Das Kinderfilmfest zeigt frisches Kino für ein junges Publikum. Eine Auswahl unter dem Titel 14plus richtet sich dabei gezielt an Jugendliche und Heranwachsende.

Sonderprogramme wie die Marshall-Film-Reihe kommen regelmäßig durch gezielte, thematische Kooperationen zustande und ergänzen das Programm mit eigenen Akzenten, erproben neues Terrain und schaffen zeitgeschichtliche Bezüge.

Bevorstehende Festivals

DOK.fest München 2024

01.05.2024 - 12.05.2024

München, Deutschland

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