Berlinale Countdown 2011: Bergman und das Fernsehen

Fernsehen ist die Fortsetzung des Kinos mit anderen Mitteln

Der Übergang vom Kino zum Fernsehen verlief bei Bergman über die Zweitauswertung. Seine Fernsehserie SZENEN EINER EHE (1973) kam erst ins Kino, nachdem das Drama wortwörtlich halb Schweden gesehen hatte. Die Serie wurde Bergmans größter Publikumserfolg und hat seinen späteren Rückzug aus dem Kino vielleicht sogar unterstützt.
Sein zweiter großer Erfolg für das Fernsehen, FANNY UND ALEXANDER (1982), ist in der fünfstündigen Fernsehfassung eine Art Seelenkarte des Bergmanschen Motiv-Kosmos. Ein solches Werk wäre im Kino nicht vorführbar gewesen. Die dreistündige Kinofassung erscheint dagegen zugleich zu lang und zu kurz.

Auf FANNY UND ALEXANDER als großes Abschlusswerk eines der größten Kinoregisseure im Fernsehen folgten in großen Abständen noch weitere Fernsehwerke, die aber außerhalb Schwedens unterhalb des Wahrnehmungsradars blieben.

Durch die überwiegend psychoanalytische Deutung seines Werks und Bergmans Image als großer nordischer Grübler ist seine stilistische Weiterentwicklung etwas in den Hintergrund getreten. Diese scheint ihn aber geradezu zum Fernsehen hingeführt zu haben.
Dem konventionellen Realismus zu Beginn seiner Karriere folgt eine ornamentreiche Gestaltung der Komödien (ja!) in den fünfziger Jahren, gefolgt von einem Surrealismus ganz eigener Art in den 60ern mit Filmen wie PERSONA oder DAS SCHWEIGEN oder DIE STUNDE DES WOLFS.
Diese Filme sind in ihrer Kontrastreiche, Bildkraft und komplexer Erzählweise für das Kino geschaffen. In den 70ern folgt stilistisch eine fernsehtaugliche Hinwendung zum eher dokumentarisch Zurückgenommenen, der er bis zuletzt treu bleibt.

„Bis zuletzt“ bedeutet leider, dass viele Filmfreunde vom Tod Bergmans 2007 überrascht wurden, weil sie nämlich dachten, der Mann sei schon lange tot. Das ist Kino: Du bist nur da, wenn du alle zwei, drei Jahre da bist. Theater oder nationales Fernsehen ist meist gleichbedeutend mit Nichtexistenz in anderen Ländern. In der Hinsicht ist das Fernsehen ein Paradox: breitere Öffentlichkeit, geringere künstlerische Wirkung.

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