CROSSING EUROPE 2022: LA LIGNE von Ursula Meier
Eine Frau rastet aus. Erst fliegt Geschirr und Essen an die Wand, dann wirft sich die grazile junge Frau wie ein Raubtier auf ihre Mutter. Mit Mühe nur kann sie von zwei erwachsenen Männern gebändigt werden. Sie reißt sich los, die Mutter versucht erst, sich hinter dem teuren Flügel zu verschanzen, dann hält sie plötzlich inne, blickt halb zärtlich, halb verächtlich auf ihr Kind und streichelt ihr die Wange. Offenbar die falsche Geste. Zack – eine heftige Ohrfeige wirft die Ältere fast um, sie knallt mit dem Kopf auf die Tastatur. Mit diesem Prolog ohne Ton und in Zeitlupe beginnt Ursula Meiers Wettbewerbsbeitrag LA LIGNE. Der Vorfall hat zur Folge, dass Margaret, die Tochter, für die nächsten drei Monate einen Abstand von hundert Meter zu ihrer Mutter Christina einhalten muss.