Panorama

THE BENGALI DETECTIVE von Phil Cox

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Es fängt schon ungewöhnlich an. Zu Beginn der Vorstellung bittet der Regisseur , alle Zuschauer aufzustehen und nach einer imaginären Tanzchoreografie den Arm mal nach links und mal nach rechts zu bewegen. Natürlich machen alle mit. Berlinale Zuschauer lieben das Mitmachkino. Nach der Tanzeinlage geht es auch auf der Leinwand ungewöhnlich weiter.

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HOUSE OF SHAME – CHANTAL ALL NIGHT LONG von Johanna Jackie Baier

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Die Stimmung im Kinosaal ist ausgelassen. Piccolöchen und Schnäpse machen die Runde. Man kennt sich. Die Freunde von Chantal und ihrer Party „Chantals House of Shame“ haben das International gekapert. Immer wieder gibt es während der Vorführung spontan Beifall und großes Johei. Für einen kurzen Augenblick ist Berlin wieder das, was es einmal war: die Hauptstadt der Szene und des Underground.

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THE BIG EDEN von Peter Dörfler

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"Wenn es ihn nicht geben würde, dann müsste man ihn erfinden". Nach THE BIG EDEN ist klar: Wenn auf jemanden dieser Spruch passt, dann auf Rolf Eden. Rolf Eden ist eine Art deutscher Hugh Hefner. Er war schon Playboy, als es das Wort noch gar nicht gab und bleibt diesem Image bis in die Gegenwart treu.

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GANDU von Kaushik Mukherjee (Q)

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Wo Licht ist, ist auch Schatten: und wo Bollywood ist, ist auch dieser Film, gewissermaßen der Antithese der bunten, keuschen, musikalisch und bildlich weichen, ausufernden Romanzen/Krimis/Dramen. GANDU (Arschloch) ist wie ein Schlag in die Fresse und es geht in ihm - kein anderes Wort passt - ums Ficken. Nein, nicht Liebe machen, nicht um ozeanische Gefühle, sanfte Berührungen und bunte Saris, sondern Schwarz/Weiß Ästethik, Zudröhnen, Porn-Sex und Rapmusik, die sich um sämtliche Körperöffnungen, sexuelle Geschlechtsmerkmale und die Dingen dreht, die man damit machen kann. Ohne notwendige Narration schlingert der Film am Ende restlos verwirrend in Drogenvisionen, Lustfantasien und Träume vom großen Ruhm. Ein Statement ist er trotzdem.

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THE ADVOCATE FOR FAGDOM von Angélique Bosio

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Knarren, Schwänze, Körperflüssigkeiten

Ein sehr muskulöser nackter Mann posiert mit einem riesigen Gewehr und einer monströsen Erektion vor einer amerikanischen Flagge, überall literweise Blut – und das ist noch eine Untertreibung. Alle lächeln, alle freuen sich, alle haben Spaß – die nackten Models, die amerikanische Art Crowd. Willkommen in der Welt von Bruce LaBruce.

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ÜBER UNS DAS ALL von Jan Schomburg

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„Dahinter kommt nichts“, hätte ich den Film genannt. Über uns das All klingt so sehr nach Möglichkeiten, aber darum geht es gar nicht. Es sei denn, Jan Schomburg zitiert irgendwie Paul Bowles Roman, „The Sheltering Sky“, in dem hinter dem Himmel nämlich die Kälte und der Tod des Alls lauern.
Der Film hat ein Thema, auch gute Schauspieler, fängt gut an, findet dann aber nichts mehr, wenn die große Wendung war: keine Tiefe, keine Gründe und vor allem keine Motivation der Figuren. Sie schweben, um im Bild zu bleiben, im luftleeren Raum der Geschichte.

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BRASCH – DAS WÜNSCHEN UND DAS FÜRCHTEN von Christoph Rüter

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In den achtziger Jahren erhielt er den Bayerischen Filmpreis und wagte es, vor laufender Kamera, der Filmhochschule der DDR für seine Ausbildung zu danken – lautes Buhen aus dem Publikum war die Folge. Thomas Brasch, hüben wie drüben ein aufmüpfiger Geist, ließ sich jedoch nicht beirren, und wiederholte seinen Dank. Franz Josef Strauß, politisches Urviech par excellence, nutzte die Gelegenheit, ging ans Mikro und dankte Brasch dafür, dass er sich hier so wunderbar als lebender Beweis der „liberalitas bavariae“ präsentiert habe. Christoph Rüters Doku BRASCH – DAS WÜNSCHEN UND DAS FÜRCHTEN zeichnet ein einfühlsames Bild dieses Schriftstellers, Dichters und Theatermanns und schreckt auch nicht vor seinen weniger sympathischen Ecken und Kanten zurück.

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QUALUNQUEMENTE (Whatsoeverly) von Giulio Manfredonia

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Selbst Satire übertrifft kaum die Wirklichkeit in Italien

War auf dem Weg in einen Film aus den USA, als Handzettel verteilt wurden, die das Elend der italienischen Kulturindustrie beschrieben, es tauchten plötzlich viele hübsche Frauen mittleren Alters in Pelzmänteln auf und Männer mit grau melierten Haaren und sehr gut sitzenden Anzügen, ein freundlich aufgeregtes Geschubse und Geplapper und Geschiebe setzte ein: der italienische Film Qualunquemente hatte Premiere im Panorama.

Das Problem des Films: Die größte denkbare Satire ist die Wirklichkeit in Italien, nur dass so viele Italiener das nicht begreifen wollen. Wie sagte Romano Prodi in einem Interview: die Berlusconi Wähler, das sind all diese Zweite-Reihe Parker, die nie in den Rückspiegel sehen. Und Silvio ist ihr Held, weil er sich seine Gesetze nun selbst macht und la famiglia (und die Freunde und Gönner) versorgt wie einst der Padrone. Womit auch die Handlung dieser Groteske vom Regisseur Gulio Manfredonia beschrieben wäre. Er zeigt das Setting der italienischen Politwirklichkeit in einer Kleinstadt in Kalabrien. Eine Art italienischer NeoSurrealismus mitten im Leben.

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Panorama: Newcomer, indische Rapper und Politik

Von Vampiren und anderen bösen und spannenden und schönen Fremden

Da sind die Erstlinge wie der Film der Israelin Michal Aviad Lo Roim Alaich (Invisible), der laut Haaretz von zwei Frauen erzählt, einer linken Aktivistin und einer Fernseh Produzentin, die herausfinden, beide vom gleichen Mann vergewaltigt worden zu sein. Der ewige palästinensisch-israelischen Konflikt ist hier (hoffentlich) nur im Hintergrund.

In También la lluvia (Even the Rain) hat Berlinale Liebling Gael García Bernal aus einer ganzen Dorfgemeinschaft von Indios Darsteller für ein Eroberungsdrama über Columbus zu casten. Ein Film im Film in klassischer Manier. Hier der TRAILER.

Auch ein Erstling ist der Film der Französin Céline Sciamma, deren Tomboy vom „Heranwachsen eines Jungen im Mädchenkörper erzählt“ (Zitat Berlinale). Auf Filmwebsites hört sich die Geschichte anders an: Ein Mädchen zieht in eine neue Nachbarschaft und findet keine Freunde, bis sie sich als Jungen ausgibt und dabei ein Mädchen kennenlernt, die ihr Geheimnis zunächst nicht erkennt. Beides spannend.

Im französischen Beitrag Dernier étage gauche gauche (Top Floor Left Wing) von Angelo Cianci geht es um die bereits integrierte aber marginalisierte Generation arabischer Jugendlichen - die allerdings in einer Geiselnahme in der Banlieu endet. Hier der TRAILER.

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Panorama-Dokus: schwul, politisch, anders

Die Dokumentarfilme im diesjährigen Panorama-Programm versprechen spannende Filmstunden. Besonders interessant dürfte Angélique Bosios Doku über drei Pioniere des schwulen Kinos werden: THE ADVOCATE FOR FAGDOM nimmt Bruce La Bruce, John Waters und Gus Van Sant unter die Lupe. Kaspars Gobas HOMO@LV widmet sich dem Thema Schwulsein in Lettland – ein bislang cineastisch durchaus unterbelichtetes Sujet.

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Halbes Panorama Programm ist bekannt - bunt und spannend

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Die Hälfte des Panorama Programms ist nun bekannt. Mit dabei ein paar alte Bekannte und viele Newcomer, die allesamt in ihren Debuts jemanden auf die Reise schicken, ein beliebtes Thema und ganz psychologisch erklärt vermutlich passendes Lebensgefühl am Anfang einer Filmkarriere.

Viel Action und Thriller gibt es, ein wenig sozialkritisches Autorenkino klassischer europäischer Machart und aus Korea.
Das Spielfilmprogramm ist bis jetzt - anders als in den vergangenen Jahren - auffällig ohne homosexuelle Themen besetzt. Wohingegen sämtliche Dokumentarfilme bis auf den über Mikhail Khodorkovsky mit Homosexualität aus aller Welt zu tun haben.

Der Regisseur von Die Letzte Kriegerin und einem älteren Bond Film, Lee Tamahori, zeigt im Panorama: The Devils Double. Der Film klingt allerdings nach splatteriger Irak-Krieg Rechtfertigung: ein Doppelgänger von Saddams Sohn erlebt Sex&Gewaltorgien im Palast des Diktators. Um zu wissen, was das für Leute waren, braucht man aber nur die Einrichtung der Paläste im Kontrast zum Leben der Leute draußen zu betrachten...

In Bu-dang-geo-rae (The Unjust) von Seung-wan Ryoo geht es um einen Staatsanwalt, der einen Fall wieder aufrollt, in dem jemand offenbar zu unrecht verurteilt wurde. Der Regisseur ist bekannt für seine guten Action-Szenen und berüchtigt für eindimensionale Drehbücher. Mal sehen, wie er diese Talente kombiniert.

Chang-Pi-Hae (Ashamed) von Soo-hyun Kim aus Korea scheint eine typische, Zwei-Verkettungen-verketten-sich-Geschichte zu sein: ein lebensmüdes Mädchen führt ein Model aufs Dach und will sie springen sehen, während sie unten wartet und ein Taschendieb ersticht einen Polizisten und flieht, wird aber von einem abstürzenden Model gestoppt. Dazwischen warten vermutlich traurige Lebensweisheiten.

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