ICH WAR ZUHAUSE, ABER von Angela Schanelec (Berlinale 2019)

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Philip sitzt im Zimmer des Schuldirektors. Der Direktor schaut aus dem Fenster auf den Schulhof. Er sieht, wie eine Frau über den Schulhof rennt. Sie kommt zur Tür hinein. Er geht aus dem Zimmer, lässt beide allein. Die Frau kniet auf dem Boden und umklammert die Beine des sitzenden Jungen. Es wird kein Wort gesprochen.

Die Bilder von Angela Schanelec sind eine Aneinanderreihung von Gemälden. Ihre Komposition ist ästhetisch bestechend. Es wird wenig gesprochen. Wenn gesprochen wird, dann in einem künstlichen Rezitationsstil, wie bei einer Theateraufführung. ICH WAR ZUHAUSE, ABER würde unglaublich gut als Comic funktionieren. Auch der Comic reduziert aus der Begrenztheit seiner Form heraus.

Die Szenen sind disparat und setzen sich beim Zuschauer zusammen. Eingewoben wird, wie eine Schulklasse im Klassenzimmer Hamlet aufführt. Die Kinder tun dies mit regungslosen Gesichtern und fast monotoner Stimme. Eindrucksvoll.

Im Zentrum steht eine Familienkonstellation, die in ihrer alltäglichen Dramatik nah und intensiv von der Schauspielerin Maren Eggert sowie den beiden Kindern Jakob Lassalle und Clara Möller gespielt wird. Zusammenhalten, aufeinander bauen, einander tragen.

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Unterdrückter Schmerz ist eines der Leitmotive im Film. Astrid trifft zufällig ihren Kunstprofessor vor dem Supermarkt. Gemeinsam tragen sie ein Stück des Weges ihre Einkäufe nach Hause. Astrid beginnt über einen Kunstfilms des Professors zu reden. In ihrer Ablehnung steigert sie sich immer mehr in ihre Argumente hinein, bis sie wütend fast den Tränen nahe ist. Intellekt als Ventil für die Verzweiflung an der Welt.

Manche Filme brauchen Zeit, um sich zu entwickeln. Wie ein Wein nach seiner Öffnung. Man sollte daher versuchen, sich nicht sofort nach dem Film eine Meinung zu bilden. Am besten geht man daher auch allein ins Kino. Dann Bilder wirken lassen. Nach 1-2 Tagen noch einmal auf die Bilder schauen.

Kommentare ( 1 )

Ich fand den Film, ehrlich gesagt, (fast) nur anstrengend - und zwar auf eine ungute, prätentiöse Art, die viel behauptet und wenig einhält. Ich habe nichts gegen sperrige Filme, und auch formale Exerimente finde ich mehr als spannend. ORLY hat mir gut gefallen, MEIN LANGSAMES LEBEN fand ich auch okay.
Aber zum einen sollte sich mir erschließen, warum eine gewisse Form in einem Film gewählt wird - und hier wechselt ICH WAR ZUHAUSE, ABER immer wieder zwischen penetrant auf Entfremdung und Verfremdung setzende Szenen und anderen, die fast schon realistisch wirken, ohne, dass sich mir dieser Wechsel erschließt, und zum Zweiten fände ich es schön, wenn ein Film einen packt und den Blick auf die Leinwand bannt. Klar, das sieht jede/r anders bei jedem Film. Für meine Begriffe und für mich hat das hier jedenfalls und leider überhaupt nicht funktioniert.
Die vielen Bilder, symbolisch aufgeladenen Tableaus und literarischen und künstelrischen Zitate eregeben für mich zusammengenommen einfach keinen Sinn. Effekthascherei ohne Substanz und ohne Faszination.
Tatsächlich habe ich nach meiner spontanen Ablehnung direkt nach der Vorführung den Film noch mal lange nachwirken lassen und drüber nachgedacht. Hat nicht geholfen. Schade.
Aber der Esel war toll. So dumm, wie der aus der Wäsche geschaut hat, kam ich mir während des Films auch vor;-)

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Titel

Orignaltitel

Ich war zuhause, aber

Credits

Regisseur

Angela Schanelec

Schauspieler

Maren Eggert

Jakob Lassalle

Clara Möller

Franz Rogowski

Lilith Stangenberg

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Flagge SerbienSerbien

Jahr

2019

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