© Bernd Spauke
Wenn es jemals ein IT-Girl gegeben hat, war das Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach. Ihre Karriere erhielt den entscheidenden Schub, als die Herzogin in Bayern, so ihr Adelstitel, im August 1853 im Alter von 15 Jahren (ähem) denn Heiratsantrag ihres Cousins (räusper), Kaiser Franz Joseph I. vom Österreich König von Ungarn und Böhmen, annahm und mit der Eheschließung im April 1854 zu unser aller Sisi (bzw. Heimatfilm-Sissi) Kaiserin Elisabeth von Österreich wurde. Man könnte auch sagen: Was Jerry Lee Lewis recht war, war Kaiser Franz Joseph billig (oder umgekehrt). Sisi (Susanne Wolff) war von Herzen unglücklich mit ihrem Kaiser (Markus Schleinzer) und hielt sich immer wieder über lange Zeit von ihm fern. In SISI & ICH weilt die Kaiserin zunächst einmal wieder auf ihrer Lieblingsinsel Korfu, als ihre neue Hofdame Irma Gräfin Sztáray (Sandra Hüller) kommt auf der Insel ankommt.
Die unverheiratete Gräfin, die von ihrer Mutter mit Verzweiflung und einem festen mütterlichen Fausthieb auf die Nase in ihre neue Rolle gedrängt wurde, muss feststellen, dass in Korfu eine etwas durchgeknallte weibliche Adels-Kommune residiert. Sisi: „Ich ertrage keine Männer und keine dicken Menschen“. Einzige Ausnahme ist der Hofmeister Graf Berzeviczy (Stefan Kurt), aber der zählt nicht – er hat viel zu dienen und wenig zu sagen. Zunächst lebt Sisi auch an Irma ihre sadistische Ader aus, sie fordert sportliche Fitness und errichtet ein Regime des Abnehmterrors, das durch Kokaintinkturen und andere Absonderlichkeiten gelindert werden soll. Die Kaiserin ist unglücklich und umgibt sich mit weiblichen Ergebenen, die durch ständige Aktivitäten für Ablenkung sorgen sollen.
Fotos: Bernd Spauke
Zwischen Irma und Sisi entwickelt sich aber eine andere Beziehung, die immer im Fluss ist. Diese Beziehung ist der Kern des Films. Mal sind die beiden Frauen auf Augenhöhe, mal nicht. Eines wird irgendwann zur Konstante: Irma ist in die Kaiserin verliebt. Erwidert Sisi diese Liebe? Es ist einer der interessanten Aspekte des Zuschauens, auf diese Frage eine Antwort zu finden. Ohne diese Beziehung im Mittelpunkt wäre der Film von Frauke Finsterwalder eine schrille und an vielen Stellen erfreulich geschmacklose Satire. Georg Friedrich in der Rolle des Erzherzogs Viktor von Österreich erwirbt sich in Sachen Geschmacklosigkeit besondere Verdienste – und das ist ausdrücklich als Lob gemeint. Doch die Beziehung der beiden so unterschiedlichen Frauenfiguren gibt dem Film eine zusätzliche Dimension, die Sandra Hüller und Susanne Wolff bestens zur Geltung bringen.
Dass SISI & ICH ein besonderer Kinoabend war, liegt auch an den Kostümen, den Masken und dem Szenenbild, schöner kann es kaum sein. Ihr wollt Korsage und Operettenuniformen, da habt ihr sie – und die Schösser und die Landhäuser noch dazu. Auch die Tiere nicht vergessen: ein edler Irish Wolfhound, ein kaiserlicher Barsoi, eine Eidechse (mit eigener Tiertrainerin, wie den Credits zu entnehmen war), eine Schildkröte, Pferde, eine Jagdmeute – es nimmt kein Ende. Es kreucht und fleucht und die Fauna blüht, während die Frauen versuchen, ihr Unglück zu bezwingen. Und wir wissen schon, dass es tragisch endet und doch endet es anders als wir denken.
Ja, ich weiß – jetzt kommen wieder die, die das zu bunt, zu laut – einfach zu viel finden. Und historisch ist der Film auch nicht, zumindest nicht korrekt. Ja, ja – so isses wohl. Die das sagen, sind freudlose Menschen. Hört nicht auf sie.
Kommentare ( 2 )
"...erwirbt sich in Sachen Geschmacklosigkeit besondere Verdienste – und das ist ausdrücklich als Lob gemeint." So kann auch nur ein (ehemaliger)Österreicher Film-Lob verpackenm, hehe.
Posted by Christian | 21.02.23 17:28
Ja, eh.
Posted by Steffen | 21.02.23 19:31