SCHWESTERLEIN von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond

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Endlich aus diesem sterilen Krankenhauszimmer rauskommen. Endlich wieder auf der Bühne stehen und spielen! Sven will nichts lieber als das. Er ist Schauspieler mit Leib und Seele und kämpft mit unbändigem Lebenswillen für seinen Lebensinhalt. Doch Sven hat Leukämie, und es sieht nicht gut aus für ihn. Seine Zwillingsschwester Lisa, die am engsten mit ihm verbundene Person auf der Welt, will ihn mit aller Kraft unterstützen – und dabei gerät ihr eigenes Leben aus den Fugen. Mit Lars Eidinger und Nina Hoss in den Hauptrollen wirft SCHWESTERLEIN einen packenden, erschütternden und sehr ehrlichen Blick auf das schmerzhafte Ringen mit dem Tod und das Glück der Liebe zwischen Geschwistern.

Das Hänsel und Gretel Motiv zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Film der beiden Schweizerinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond: Der Kampf der Geschwister gegen die Krankheit ist wie ein Ringen mit der bösen Hexe, und trotz Familienanbindung und hervorragender ärztlicher Betreuung sind die beiden letztlich auf sich alleine gestellt. Wenn es hart auf hart kommt, ziehen nur wenige mit. Die Mutter erträgt den Anblick des siechen Sohnes nicht, und der Schwager möchte nicht, dass seine Kinder das Sterben allzu nahe mitbekommen. Am Ende ist es Lisa, die die Nächte allein am Krankenbett verbringt.

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Sven, dessen Figur auffallende Parallelen mit der Vita von Lars Eidinger aufweist, spielt in Berlin im Ensemble der Schaubühne. Ein von Thomas Ostermeier glaubhaft dargestellter Schaubühnen-Intendant ist auf seinen Star angewiesen, wenn es um wilde, kreative und unkonventionelle Ideen geht. Frisch aus dem Krankenhaus entlassen, mit lächerlicher gelber Fusselperücke auf dem Kopf, zeigt Sven seinem Stand-in bei einem spontanen Probenbesuch erst einmal, wie man einen Hamlet ordentlich spielt. Sven brennt als Schauspieler – er braucht die Aussicht, wieder spielen zu können, um weiterzuleben. Und zunächst verspricht ihm der Intendant auch, sein Come-back in den Spielplan einzubauen.

Ganz anders funktioniert dagegen Lisa. Sie hat sich nach ersten Erfolgen als Autorin ganz pragmatisch auf die Rolle als Mutter und Ehefrau zurückgezogen und lebt mit Mann und zwei Kindern in der französischen Schweiz, wo der Gatte eine noble Internatsschule leitet. Statt kreative Ideen in Drehbücher fließen zu lassen, lenkt Lisa alle Kraft in die Unterstützung ihrer Familie. Durch die Krise mit Sven stellt sie dieses Lebensmodell nun stark in Frage. Auf die Bevormundungen und stillschweigenden Vereinnahmungen ihres Mannes reagiert sie zunehmend gereizt.

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Lars Eidinger spielt den Sterbenden absolut umwerfend: Er ist zynisch und verletzlich, charmant, wütend, verzweifelt und ängstlich – und all dies agiert der Ausnahme-Schauspieler Eidinger allein über seine Körpersprache, seine Mimik und Gestik perfekt aus. Nina Hoss als willensstarke Frau am Rande ihrer Kräfte ist ihm eine ebenbürtige Partnerin, und Marthe Keller als Mutter, eine egozentrische, zuweilen unfassbar biestige Grande Dame aus dem kunstaffinen Großbürgertum, ist ein weiteres Highlight dieses Films. Allein das Ende erscheint ein wenig zu glatt – nach all der Ruppigkeit und Ehrlichkeit, die SCHWESTERLEIN bis dahin ausgezeichnet hat, wirken die letzten zehn Minuten ein wenig zu konstruiert.

Nichtsdestotrotz: Neben UNDINE bislang ein absoluter Wettbewerbs-Höhepunkt, und mit Lars Eidinger und Nina Hoss gibt es hier zwei neue Kandidaten für die Schauspieler-Bären.

Fotos: © Vega Film

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Titel

Orignaltitel

Schwesterlein

Englischer Titel

My Little Sister

Credits

Regisseur

Stéphanie Chuat

Véronique Reymond

Schauspieler

Jens Albinus

Isabelle Caillat

Lars Eidinger

Moritz Gottwald

Nina Hoss

Urs Jucker

Marthe Keller

Linne-Lu Lungershausen

Thomas Ostermeier

Noah Tscharland

Land

Flagge SchweizSchweiz

Jahr

2020

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