Norwegen – die Landschaft ist weiß, der Humor schwarz und ab und zu kommt noch der eine oder andere Liter rotes Blut hinzu. Mit KRAFTIDIOTEN beweist Hans Petter Moland einmal mehr, dass die Nordländer Genrekino einfach besser können. Hier die Story in einem Satz: Ein Vater rächt den Tod seines Sohnes mit einem Ein-Mann-Feldzug gegen die norwegische Drogenmafia. Aus dieser schlanken Storyline sollte man keineswegs schließen, dass der Film eindimensional ist. Weitere wichtige Themen, mit denen sich der Film auseinandersetzt, sind: gesunde Ernährung, Probleme des norwegischen Sorgerechts, Rassismus und die Vorzüge des norwegischen Wohlfahrtsstaates.
Am Anfang ist die Idylle. Nils (Stellan Skarsgård) hat einen in Norwegen verdammt wichtigen Job: Er ist Schneeräumer. In Norwegen heißt das nicht, dass er mit dem Besen durch die Gegend läuft oder eines dieser lächerlichen Gefährte steuert, mit dem die Berliner Stadtreinigung im Winter mit Salz und Sand um sich wirft. Nils manövriert eine Schneefräse, die eher an einen Schaufelradbagger als an einen LKW erinnert. Das Ungetüm hat 2.000 PS und wirft (Oder bläst? Zur Klärung kontaktieren Sie bitte einen freundlichen Norweger Ihres Vertrauens.) den Schnee bis zu 35 Meter weit. Wegen seines vorbildlichen Einsatzes gegen den weißen Teufel Schnee küren seine Mitbewohner Nils zum Bürger des Jahres – und das obwohl er Däne ist. Denn er könnte auch genau so gut ein Norweger sein, wie ihm ein freundlicher Nachbar und Vertreter der Bauernpartei versichert.
An diesem Punkt greift das Schicksal ein: Der Sohn von Nils wird tot auf einer Bank am Flughafen gefunden: Überdosis. Der einzige, der nicht glauben will, dass er ein Junkie war, ist Nils. Mit etwas Glück und einem Naturtalent zur gezielten Gewaltanwendung gerät Nils auf eine Spur, die ihn Leiche für Leiche immer näher an die ganz Großen des norwegischen Drogenmarktes bringt. Den teilen sich Greven (Pål Sverre Valheim Hagen) ein stilbewusster veganischer rassistischer Norweger und Papa (Bruno Ganz) der Stammvater eines serbischen Mafia-Clans.
Diese norwegisch-dänisch-schwedische Koproduktion zeigt, wie Gangsterkomödien funktionieren. (Warum kann das in Deutschland eigentlich niemand? Meine Antwort: Weil es in Deutschland keinen Drehbuchautor mit Namen Kim Fupz Aakeson gibt.) Hans Petter Moland hat nach seiner schönen Komödie EN GANSKE SNILL MANN, die auf der Berlinale 2010 lief, noch einen Gang hochgeschaltet. Denn ein dänischer Schneeräumer, den Norweger zum Bürger des Jahres ernennen, lässt sich weder von einem unmoralischen dänisch-japanischen Killer, der für einen Chinesen gehalten wird noch von einem Fruit-Loops-verachtenden Narzissten mit einem Hang zum Sadismus von seinem Weg abbringen. KRAFTIDIOTEN, der schöne englische Titel lautet In Order of Disappearance, wird ein Genreklassiker werden.