LA RELIGIEUSE ist die Neuverfilmung eines Romans des französischen Philosophen und Aufklärers Denis Diderot und spielt im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts. Die junge Suzanne wird gegen ihren Willen von ihrer Familie in ein Kloster abgeschoben und leidet dort als Nonne unter den rigiden Regeln der Ordensgemeinschaft. Trotz Demütigungen und sexueller Belästigung behält sie hinter den Klostermauern ihren eigenen Willen und lässt sich nicht brechen.
Streng durchkomponiert sind die Bilder, die Nicloux für seine Geschichte findet und sie passen in ihrer Künstlichkeit gut zum exakt geregelten Alltag im Kloster, in dem der Einzelne nur ein kleines Rädchen in einer uniformen Religionsmaschinerie ist. Als Lehrstück für persönlichen Mut angesichts eines schier übermächtigen Systems angelegt, kann der Film zunächst auch überzeugen. Besonders im Gedächtnis bleibt beispielsweise die Szene, in der sich die Hauptfigur Suzanne trotz des immensen Erwartungsdrucks ihrer Familie im Angesicht der versammelten Kirchengemeinde dem vorgeschriebenen Aufnahmeritual als Nonne verweigert und so ihren eigenen Vorstellungen treu bleibt.
Zwar spricht der formale Gestaltungswille des Regisseurs nahezu aus jeder Einstellung, ich fragte mich im weiteren Verlauf der Handlung allerdings mehrmals, welche heutige Relevanz diese kunstvolle Neuverfilmung eigentlich hat. Als Statement für die persönliche Freiheit, so wie der Regisseur laut eigener Aussage seinen Film verstanden wissen will, hätte ich mir einen aktuelleren Stoff gewünscht. Durch das historische Setting inklusive der aufwändigen Ausstattung und der detailgetreuen Kostüme entwickelt sich schnell eine emotionale Distanz zum Dargebotenen. Als berechtigte Kritik an menschenverachtenden Mechanismen in der katholischen Kirche wiederum, ist die Bildsprache zu stark ästhetisiert, um wirklich zu berühren. Eine weitere Irritation liegt darin, dass das letzte Drittel des Films, in dem sich Suzanne in einem neuen Kloster gegen die sexuelle Belästigung durch die dortige Mutter Oberin wehren muss, durch die Art der Darstellung eine unfreiwillige Komik entfaltet, die überhaupt nicht zur Brisanz der Thematik passt. Mich konnte der Film daher nicht restlos überzeugen. Bärenpotential sehe ich hier allerdings für Pauline Etienne, der herrausragenden Darstellerin der Suzanne.
Kommentare ( 1 )
tres touchee par l interpretation de cette jeune actrice (Pauline Etienne). Elle merite un OSCAR.
Posted by katja | 01.04.13 21:25