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Januar 2010

Interview mit Ulrich Gregor

„Irgendetwas musste man ja tun“

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Ulrich Gregor, 1932 in Hamburg geboren, arbeitete als Filmkritiker, Filmhistoriker und Festivalleiter. Der studierte Romanist und Publizist hob 1957 gemeinsam mit Enno Patalas die Zeitschrift "Filmkritik" aus der Taufe. Mit seiner Leidenschaft für das, was gute, neue und aufregende Filme ausmacht, hat er Filmgeschichte geschrieben: 1963 gründete Gregor zusammen mit seiner Frau Erika den Verein "Freunde der deutschen Kinemathek" in Berlin, 1970 kam das Kino Arsenal dazu, 1971 dann die Gründung der Berlinale-Sektion Internationales Forum des jungen Films, die er bis 2001 leitete. Zudem publizierte er umfangreich zur Geschichte des Films. Ulrich Gregor lebt in Berlin. Tiziana Zugaro und Claudia Palma sprachen mit ihm übers Filme machen, Filme finden und Filme zeigen in Zeiten des Kalten Krieges.

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Starke „mittellange“ Filme in der Perspektive

Sogenannte „mittellange“ Filme, ca. 25. bis ca. 60 Minuten, haben es schwer, in die Kinos zu kommen und ein Publikum zu finden. Das ist schade, wie die Perspektive Deutsches Kino in diesem Jahr beweist. Nach den Pressevorführungen steht fest: Man kann auch relativ kurzer Zeit eine gute Geschichte erzählen. Positiv fällt auf, dass das Themenspektrum bei den Mittellangen in diesem Jahr von Science Fiction, über Komödien bis hin zum Sozialdrama reicht. Besonders gelungen sind zwei ganz unterschiedliche Geschichten über das Erwachsenwerden. „The Boy Who Wouldn't Kill“ von Linus de Paoli, inszeniert einen Vater-Sohn-Konflikt in der apokalyptischen Welt nach dem großen Krieg - 25 Minuten, die sich Anschauen und Anhören wie großes Kino. Die 11-jährige „Jessi“ steht im Mittelpunkt von Mariejosephin Schneiders gleichnamigen Film: Jessis Mutter sitzt im Gefängnis und das Mädchen muss erwachsener sein als es will.

Auf der Berlinale werden sechs der mittellangen Filme in zwei Dreierpacks gezeigt: „The Boy Who Wouldn't Kill“, „Glebs Film“ und „Hollywood Drama“ laufen zusammen am Sonnabend, 13. Februar, 19.30 Uhr Cinemaxx 3; am Sonntag, 14. Februar, 13 Uhr Colosseum und am Sonntag, 14. Februar, 20.30 Uhr Cinemaxx 1. „Jessi“, „Lebendkontrolle“ und „Narben im Beton“ werden gezeigt am Mittwoch, 17. Februar, 19.30 Uhr im Cinemaxx 3; am Donnerstag, 18. Februar, 13 Uhr im Colosseum und Donnerstag, 18. Februar, 20.30 im Cinemaxx 1. Kurzfilm Nummer 7 „WAGs“ läuft im Vorprogramm am Freitag 19. Februar, 19.30 Uhr im Cinemaxx 3; am Sonnabend, 20. Februar, 13 Uhr im Colosseum und Sonnabend, 20. Februar, 20.30 im Cinemaxx 1.

Forum: Meerestiere und andere Leckerbissen

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Das Forum verspricht wie immer einige wirkliche Leckerbissen in seinem umfangreichen Programm – und viele Filme, von denen man sich einfach mal überraschen lassen muss. Die Berlinale schreibt dazu: „Das Forum der Berlinale versammelt in seinem 40. Jahr Filme, die sensibel auf die Zeitstimmung reagieren. Selten fand man in Spiel- und Dokumentarfilmen so viele Menschen in unauflöslichen Konflikten gefangen, vor lebenswichtige Entscheidungen gestellt und mit Abgründen konfrontiert wie in der diesjährigen filmischen Auslese.“ Nun denn.
Auf alle Fälle freuen kann man sich auf den neuen Filmen des japanischen Enfant Terrible Sabu: Mit KANIKOSEN hat der Regisseur von POSTMAN BLUES (1997), MONDAY (2000) und HARD LUCK HERO (2003) eine gelungen skurrile Verfilmung des Romans von Takiji Kobayashi aus dem Jahr 1929, der 2006 in einer Manga-Version ein Revival erlebte, auf die Leinwand gebracht.

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Panorama kompletto

Das Panorama hat die letzten Filme bekanntgegeben. Insgesamt werden es 54 Filme sein und dabei wie immer einige über oder von Homosexuelle(n) aus aller Welt. Dazu zahlreiche Dokumentationen, von denen zwei in Berlin gedreht wurden und recht vielversprechend klingen. Der Dokumentarfilmteil wird eröffnet von David Wants To Fly der sich mit der neuen Religiösität weltweit beschäftigt. David Sieveking begibt sich auf die Suche nach dem tieferen Sinn der Begeisterung seines Idols David Lynch für Meditation.

Bei den Spielfilmen scheint von Kunst bis Thriller eine gute Mischung gefunden und mit einem der wenigen Filme, die bisher im Irak gemacht wurden, auch etwas außergwöhnliches im Programm. Eröffnet werden die Spielfilme am 12. Februar von dem russischen Film Veselchaki von Felix Mikhailov. Die Subkultur eines Moskauer Transenkabaretts ist Spiegel der homophoben Gesellschaft in Russland. Der Blick in die Herkunftsfamilien der Performer zeigt die harsche Normalität, aus der sie geflüchtet sind.

Aus Indien kommt Aarekti Premer Golpo (Just Another Love Story) von Kaushik Ganguly. Er handelt von einer lesbischen Dokumentarfilmregisseurin und einem bisexuellen Regisseur, die befreundet sind und eine Doku in Kalkutta drehen wollen, dann aber Probleme bekommen.

Aus Brasilien werden wir das Drama aus der Sklavenzeit Besouro von João Daniel Tikhomiroff zu sehen bekommen. Ein hochbegabter Capoeira Tänzer wird durch Zauberei zu einer Art Jedi-Ritter und benutzt den Tanz dazu, wovor die Sklavenhalter Angst hatten: zum Kampf gegen die Unterdrückung.

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Mehr Wettbewerb

Die Wettbewerbsfilme der 60. Berlinale sind fast vollständig. Gestern wurden weitere 18 Kandidaten auf den Goldenen Bären bestätigt. Darunter befindet sich auch der Eröffnungsfilm "Tuan Yuan" von Wang Quan’an, der 2007 mit "Tuyas Hochzeit" den Goldenen Bären gewonnen hat. Würdig abgeschlossen wird die Berlinale mit dem neuesten Werk von Altmeister Yoji Yamada. Otouto (About Her Brother) ist nach The Twilight Samurai, The Hidden Blade, Love And Honor und Our Mother bereits der fünfte Film mit dem Yamada in den letzten sieben Jahren auf der Berlinale vertreten ist. Ein alter Bekannter ist ebenfalls der chinesische Regisseur Zhang Yimou, der für "Rotes Kornfeld" 1988 den Goldenen Bären gewann und damit den internationalen Durchbruch schaffte. Dieses Jahr ist er mit "San qiang pai an jing qi" (A Woman, A Gun And A Noodle Shop) dabei.

Der europäische Film wird u. a. von Oskar Roehler (Jud Süß - Film ohne Gewissen) und dem britischen Ausnahmeregisseur Michael Winterbottom (The Killer Inside Me) repräsentiert. Der neue Film von Winterbottom zeigt allerdings, wie es immer schwieriger wird, einer Filmproduktion ein bestimmtes Land zuzuordnen. The Killer Inside Me ist eine Britisch/US-amerikanische Ko-Produktion mit den US-Stars Casey Affleck, Jessica Alba und Kate Hudson.

Perspektive Deutsches Kino mit 14 Filmen

Neun Spielfilme und fünf Dokumentarfilme zeigt die Perspektive Deutsches Kino in diesem Jahr; darunter sind acht mittellange Filme mit einer Länge von 25 bis 60 Minuten. Wie immer setzt sich der junge deutsche Film mit Problemen auseinander, in diesem Jahr vor allem mit familiären Problemen. Ob die Beiträge des Programms „Schmerzgrenzen überschreiten“, wie die Berlinale im besten Pressemitteilungsdeutsch behauptet, werden wir sehen.

Gespannt sein kann man zum Beispiel darauf, wie Carolin Schmitz in ihren Portraits deutscher Alkoholiker mit einem Problem umgeht, das jedem bekannt ist aber fast niemanden zu interessieren scheint. Jan Raiber berichtet in Alle meine Väter ebenfalls dokumentarisch über die Suche eines jungen Mannes nach seinem Vater. Dagegen hat Christian Hornung für Gelbs Film ein weniger schicksalhaftes Thema gewählt: Er portraitiert einen Friseur in Hamburg-Altona, der seinen Kunden eine Filmgeschichte erzählt, die nur in seiner Phantasie entstanden ist.

Auch die Spielfilme widmen sich eher düsteren Geschichten: Narben im Beton von Juliane Engelmann erzählt die einer völlig überforderten dreifachen Mutter, die erneut schwanger ist und Lebendkontrolle von Florian Schewe die eines Knackis auf Freigang. Eröffnet wird die Perspektive mit Dietrich Brüggemanns Renn, wenn Du kannst und der kann in einer Dreiecksbeziehung zwischen einer Cellistin, einem Rollstuhlfahrer und einem Zivi auch komische Momente entdecken.

berlinale.de im Jubiläumsglanz

Seit heute steht berlinale.de voll im Zeichen ihres diesjährigen Geburtstags. Viele Jubiläumsinhalte sind online gegangen. Zu sehen sind u. a. amüsante Glückwünsche und Anekdoten von Berlinale Teilnehmern wie Andreas Dresen, Tilda Swinton und Willem Dafoe. Gleichzeitig wird das neue Festivalplakat präsentiert, auf dem die 15 000 Filme, die seit 1951 auf der Berlinale liefen, zusammengetragen wurden.

Angekündigt wird auch eine spektakulären Kunstaktion: das Brandenburger Tor wird von einem 300qm großem Vorhang der Künstlerin Christina Kim "verhüllt". Das Kunstwerk wird am 12.2. eröffnet und im Anschluss wird der Film Metropolis live vom Friedrichstadtpalast an das Brandenburger Tor übertragen. Der Monat Februar garantiert dabei ein Open Air Kinoerlebnis der etwas anderen Art.