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16.02.05

23:38

Zuschauerraktionen: "Yeoja, Jeong-hae" (This Charming Girl)

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Susanne Krämer

Eindruck
Sehr schön, sehr ruhig, aber gerade richtig

Lieblingsfilme
Auf der Berlinale 2004: Internal Affairs

Autor: andreas 16.02.05 23:38 | Kommentare (0)

23:19

Forum: "Yeoja, Jeong-hae" (This Charming Girl) von Lee Yoon-ki

Süd Korea, 2004 Regie: Lee Yoon-ki * Drehbuch:Lee Yoon-ki * Kamera: Choi Jin-woong * Schnitt: Ham Seong-weon, Kim Hyeong-ju* Darsteller: Kim Ji-soo, Hwang Jeong-min, Lee One-yeon, Lee Geum-ju

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Langatmig sei der Film warf eine Zuschauerin dem anwesenden Regisseur Lee Yoon-ki nach der Vorstellung vor und fragte ihn: "Warum haben Sie nicht einen 15 Minuten Film gemacht?". Der Regisseur antwortet, das einige Geschichten ihre Zeit zum erzählen brauchten.

Diese Geschichte von "Yeoja, Jeong-hae" erzählt von der jungen Post-Angestellten Jeong-hae, in deren Leben wenig passiert. Alltag abspulen: Briefsendungen wiegen, mit der Kollegin diskutieren, wo man in der Pause essen geht, wieder Briefe wiegen, nach Hause gehen, Salat waschen, vor dem Fernseher einschlafen, der Wecker klingelt, fertig machen, zur Arbeit gehen. Lee Yoon-ki beobacht den Alltag mit derselben Ruhe, wie sie auch die Hauptfigur aufbringt. Doch unerwartete Dinge treten langsam in das Leben von Jeong-hae ein: ein kleines Kätzchen, ein Kunde, der verliebt macht, ein Betrunkener, die Nachricht von der Hochzeit ihres ehemaligen Mannes. Mit den Ergeignissen schleicht sich die Vergangenheit wieder in das Jetzt, bis unterdrückter Schmerz die stoische Gelassenheit von Jeong-hae bricht.

Manche Geschichten brauchen Ihre Zeit. Der Regisseur hat Recht. Und "Yeoja, Jeong-hae" verschenkt diese nicht. Langsam und mit fliessend eingearbeiteten flashback Szenen beschreibt Lee Yoon-ki die Lebensituation eines Menschen, dessen Alltag keinen Raum für seinen Schmerz hat. Das dieses Porträt gelingt, ist auch dem ausgeglichenen Spiel von Kim Ji-soo zu verdanken, die nach jahrelanger Arbeit in koreanischen Seifenopern das erste Mal in einem Kinofilm mitwirkt.

Autor: andreas 16.02.05 23:19 | Kommentare (0)

18:25

Wettbewerb: „Fateless“ von Lajos Koltai

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KZ taugt nicht als Filmset

*Regie: Lajos Koltai *Kamera: Gyula Pados *Musik: Ennio Morricone *Darsteller: Marcell Nagy, Aron Dimény, Andreas M Kecskes, Daniel Craig

Wenn der Regisseur spürt, dass sein Film nicht gelungen ist, dass die Bilder und die Geschichte nicht allein tragen, versucht er ihn zu retten, indem er am Ende noch ein Voiceover, eine Erzählstimme einfügt, um die nicht gelungene Dramaturgie und ein befriedigendes Ende künstlich zu erzeugen. So ein Ende hat Fateless. Leider, aber mit Recht.
Der Junge, gerade den Todeslagern entkommen, kehrt zurück nach Budapest und sinniert in dem Voicecover eine Weile über Glück im KZ und wie er sich jetzt in der Freiheit nach dem Lager sehnt. Diese Szene steht auch am Ende des Buchs, „Roman eines Schicksalslosen“, das als Vorlage diente. Im Buch ist sie überwältigender Schluss einer Figurenentwicklung, die so überraschend wie glaubwürdig ist. Dem Film ist das nicht gelungen, überhaupt nicht. Seine Vorführung im Berlinale Palast als nachnominierter Wettbewerbsbeitrag war ein wirklich trauriges Ereignis für mich. Ich habe das Buch geliebt, es ist für mich DER Roman über den Holocaust. Deshalb bin ich noch im Saal sitzen geblieben, als schon nach der Hälfte des Films klar war: Dies ist ein traurig gescheiterter Film.

Der Film war nicht aufgrund der Thematik eine Qual, sondern weil die bemüht farblosen Bilder im KZ, die auf graugeschminkten Männer in Lumpen, die nackten Leibern auf Holzkarren kein Gefühl erwecken konnten, keinen Schmerz, keine Scham, keine Empörung, kein Mitleid - nur Wut. Über den Film. Ein schlechter Film, der all das nicht leisten kann, was das Buch zum Thema Ausschwitz und Holocaust fertigbrachte. Anteilnahme, Verständnis für die graduelle Entmenschlichung und Entkörperung der Gefangenen, die Wirre psychologie der Unterwerfung, wenn ein verlumpter Gefangener seinen Schinder in strahlender SS-Uniform anhimmelt und es ihm Recht machen will, die feine Ironie in Kertez Sprache, die sich selbst beim Verfall und Entstehen des eigenen Lebens beobachtet.
Dieser Film beweist ein weiteres Mal, dass man das Grauen des Holocaust nicht filmisch abbilden kann, ohne es dabei austauschbar zu machen und zu banalisieren. Das KZ taugt nicht als Filmset, weil die Bilder schon so tief in unserem Bildergedächtnis liegen, dass sie nur als plumpe Annäherungsversuche erscheinen (Die SZ nannte es „beschämend banale, harmlose Kinobilder“). Geschminkte, zerlumpte Schauspieler spielen Halb-Tote und sind allerhöchstens schlechte Kopien eines niemals wirklich fassbaren Geschehens. Die Musik von Ennio Morricone trägt in ihrer Saucenhaftikeit nur noch zur Distanzierung von den Bildern bei.

Traurig und beschämt bin ich noch während des Abspanns aus dem Kino, weil ich Imre Kertez, der zur Premiere angereist war, nicht dort oben auf der Bühne sehen wollte, wie er allerhöchstens höflichen Applaus für diesen schlechten Film entgegennimmt, dessen Thema sein Leben bis heute prägt, für das er in seinen Büchern aber längst einen passen Ausdruck gefunden hatte.

Autor: christian 16.02.05 18:25 | Kommentare (0)

18:16

Panorama: „Protocols of Zion“ von Marc Levin

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Die Mutter aller Verschwörungstheorien

*Regie: Marc Levin *Produzenten: Marc Levin & Steve Kalafer *Schnitt: Ken Eluto * Musik: John Zorn

Panorama: „Protocols of Zion“ von Marc Levin

Die Mutter aller Verschwörungstheorien
*Regie: Marc Levin *Produzenten: Marc Levin & Steve Kalafer *Schnitt: Ken Eluto * Musik: John Zorn

„Here come the Jews!“ sollen irakische Bürger ausgerufen haben, als die amerikanischen Soldaten in Bagdad einrollten. Juden, das ist vor allem in der arabischen Welt ein Synonym für Verschwörung, Unterdrückung und vor allem die große Weltverschwörung. Aber wie der Film zeigt gibt es auch genug Rechte in den USA, Schwarze und Verwirrte, die an die großangelegte, seit Jahrhunderten geplanten Umsturz der Juden glauben. „Die Protokolle“ sind bis heute ein weltweit populäres Buch (im Film sowohl an N.Y.er Strassenständen sowie beim Naziversand immer ausverkauft), in dem alle bekannte antisemitischen Vorurteile eingeflossen sind.
Marc Levin interviewt verschiedene Personen zu ihren Kenntnissen der Protokolle, der Juden im Allgemeinen und deren Rolle in der Welt. Von arabisch stämmigen Jugendlichen und schwarzen Nationalisten auf der Straße in New Jersey über den Manager der Organisation „National League“, eine rassistische, rechte Truppe, die in die ganze Welt mit Naziaccessoires und Propagandamaterial versorgt. Er mischt sich unter die Leute an Ground Zero und dokumentiert solch weitverbreitete wie wirre Vorstellungen, dass die Juden am 11. September 2001 alle gewarnt worden seien und es deshalb keine jüdischen Opfer unter den Toten gebe. Man weiß bei dem absurden Geseier dieser Leute nicht, ob man lachen oder bestürzt sein soll. Wie bei Verschwörungstheorien üblich, retten sich alle, egal ob radikale Muslime, Neonazis oder normale Irre wenn ihre Argumente durch einfache Fakten widerlegt werden können, in die selbstreferentielle Ecke: Aller Widerspruch wird mit dem Argument, man sei eben von jüdischen Informationen in den Medien verwirrt, abgeschmettert.

Die Recherchen führen Levin letztlich zur antisemitischen „Basislüge“ zurück, die Juden hätten Jesus ermordet. Vor dem Hintergrund des Filmstarts von Mel Gibsons „Passion of Christ“, spricht er mit Christen und Juden über diese Mutter aller antisemitischen Verschwörungen.

Levin tritt zum erten Mal in einem seiner Filme selbst auf, diskutiert mit den Leuten auf der Straße, setzt sich in eine rechtsradikale Radiosendung, er agrumentiert, streitet, wird angegriffen und bleibt bewundernswert gelassen, bei all dem Irrsinn den er sich da anhören muss.
Der Mut diesen Leuten seinen Widerspruch ins Gesicht zu sagen und dabei seinen jüdischen Glauben nicht zu verheimlichen, macht den Film zu einer sehr persönlichem Auseinandersetzung mit den Ursprüngen der weltweit florierenden antisemitischen Propaganda.

Autor: christian 16.02.05 18:16 | Kommentare (0)

18:10

Panorama: „2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß“ von Malte Ludin

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*Buch&Regie: Malte Ludin *Kamera: Franz Lustig *Musik: Werner Pirchner, Hakim Ludin, Jaroslav Nohovica *Produzentin: Iva Svarcová *Web: www.2oder3Dinge.de KINOSTART: 7. April 05

Wieder eine typische Berlinale Kombi. Erst dieser Film vom Sohn eines hingerichteten Nazi Kriegsverbrechers über seine Familie, die NICHT mit den Taten des Vaters umgehen kann bis heute. Und im Anschluss „Fateless“, der verfilmte Ausschwitz Roman von Nobelpreisträger Imre Kertez (Review siehe hier). Zwei Perspektiven, eine Leinwand.

Malte Ludins Film eröffnete mit dem Satz. „(...) eine typisch deutsche Geschichte.“ Ludin versucht den Schatten seines nationalsozialistischen Vaters filmisch abzuschreiten und interviewt deshalb drei Generationen seiner Familie: Die eigenen Schwestern und Schwager, Neffen und Nichten. Wer war Hans Elard Ludin? Und wer war und wer IST er in den Augen seiner Familie? Diese Frage traute Malte Ludin sich erst zu stellen als seine Mutter, quasi die Lordsiegelverwahrerin der Vater-Erinnerungen, gestorben war. Es gibt einige wenige Interviews mit ihr, die in den Film geschnitten sind, aber man meint, ihr Geist schwebe über dem ganzen Film.
Viele Kinder distanzieren sich von oder brechen im Verlauf ihres Lebens mit den Eltern. Entweder weil es unüberbrückbare Konflikte gibt oder man zu unterschiedliche Ansichten über die Lebensführung des jeweils anderen hat. Darum ist es so erstaunlich, warum es Kindern von Nazitätern so schwer fällt zu sagen: „Mein Vater/meine Mutter war ein Nazi und Täter!“

Diese Frage beantwortete Malte Ludin in der Diskussion nach dem Film: Er hat bis heute das Problem, mit der Tatsache leben zu müssen, dass sein Vater ein Verbrecher war und zugleich sein Vater; ein guter Vater. Von dieser Zerrissenheit handelt auch Ludins Film: Malte Ludins Schwestern können ihren Vater nicht „Täter“ nennen, nicht einmal „Beteiligten“ wollen sie ihn nennen. Für sie ist ihr Vater ein zu unrecht Beschuldigter, den sie noch nach 60 Jahren vermissen, ein anständiger Mann, der bis zuletzt seine Vorstellungen treu geblieben ist. Für sie ist die ganze Diskussion darüber müßig. Wie in Malte Ludins Film auf der Familienebene, wird ja auch in Deutschland die „Schlussstrich“-Debatte (ob Holocaust, Wehrmacht oder Mitläufertum ) meist von denen angestossen, die sich nie mit der Vergangenheit wirklich auseinandergesetzt haben.
Zahlreiche Dokumente, Zeugenaussagen und Forschungen, die sein Sohn Malte Ludin zitiert beweisen die Schuld dieses Mannes. Hans Elard Ludin war ein Nationalsozialist der ersten Stunde, hat schon vor der Machtergreifung einen SA Kameraden gedeckt, der einen Juden ermordet hatte und ist später als Botschafter in Bratislava verantwortlich für die Deportation und Ermordung 1000ender slowakischer Juden. All dies spielt für seine Töchter keine Rolle.
Es war aber erbärmlich als ein paar Zuschauer im Kinopublikum selbstgerecht und laut lachten, als die Schwestern sich mit Wischi-Waschi Formulierungen und auch körperlich vor der Kamera wanden, um nach den bohrenden Fragen ihres Bruders um eine klare Aussage zur Täterschaft ihres Vaters herumzukommen.
Malte Ludin kann sich in diesem Zusammenhang zugute halten, dass er eine wichtige Szene nicht aus seinem Film herausgeschnitten hat: In der Slowakei spricht er mit dem Dichter Tuvia Rübner, dessen gesamte Familie im Holocaust umgebracht wurde. Ludin traut sich zunächst nicht, seinen Namen zu sagen. Als er es tut, sagt der Mann ganz trocken: „Ach, dann ist ihr Vater also dafür verantwortlich, dass mir meine gesamte Familie genommen wurde.“ Darauf hin windet sich auch Malte Ludin, erwähnt die Namen anderer Täter und formuliert, sein Vater sei ja „nicht direkt physisch verantwortlich“ gewesen. Eine mutige diese Szene, die im Gedächtnis bleibt, weil auch der kritische Filmemacher die Verteidigungmechanismen seiner Familie nicht ganz abstreifen kann. Von der Familie sind zur Vorführung nur ein Neffe, eine Nichte und ein Schwager des Filmemachers erschienen. Die Schwestern zogen es vor, den Film nicht zu sehen.

Autor: christian 16.02.05 18:10 | Kommentare (0)

16:54

Cate, Cate, Cate....

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....schreien die Fotografen wie wild geworden. Wenn Glamour Fotografen mal was anderes werden wollen....als Marktschreier sind sie sicherlich auch nicht schlecht. Cate Blanchet stellte heute zusammen mit Anjelica Hostan und Regisseur Wes Anderson den Wettbewerbs-Film "The Life Aquatic" vor.

Autor: andreas 16.02.05 16:54 | Kommentare (0)

16:35

Forum: Vers Mathilde (Towards Mathilde) von Claire Denis

Frankreich, 2005 Regie: Claire Denis * Kamera: Agnès Godard, Héléne Louvart * Schnitt: Anne Souriau

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Clairs Denis, eine Filmemacherin von der man sagt Ihre Filme seien choreographisch trifft Mathilde Monnier, eine der bekanntesten Coreographinnen Frankreichs. Eine Anäherung an die Arbeit von Mathilde: ohne viele Beiwerk, ohne Kommentar oder Linerarität zeigt sie Mathilde Monniert beim Tanzen und bei der Anleitung junger TänzerInnen, auf der Suche nach einer Weiterentwicklung der Körperbewegung als Ausdrucksform. Denis hat Vers Mathilde paralell zu den Dreharbeiten von The Intruder (L´Intrus) gefilmt und der Cutterin Anne Souriau weitgehend freie Hand gelassen.
Der Film ist wie die Arbeit von Monnier: improvisiert, eine Erkundung, eine Anäherung an die Tanzideen von Mathilde Monnier.

Autor: andreas 16.02.05 16:35 | Kommentare (0)

12:39

Kinderfilmfest: Der Italiener von Andrei Kravchuk

Regie: Andrei Kravchuk Drehbuch: Andrei Kravchuk
Darsteller:Kolya Spiridonov, Maria Kuznetosova, Nikolai Reutov

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italienische Reise

Von Filmemachern wird gerne behauptet, sie hätten ihre Kindheit bewahrt. Filmemacher behaupten das auch gerne von sich. Wer dieser Mähr nicht länger aufsitzen soll, dem sei ein Besuch des Kinderfilmfestes empfohlen. Bei einer durchschnittlichen Kinderquote von um die 50 % wird man sich seines und der Filmemachers Alter schnell bewusst: man brabbelt nicht mehr durch ganze Filme hindurch, stellt (ziemlich kluge) Fragen, robbt durch die Reihen und schaut anstelle der Leinwand fasziniert in die Gesichter ernster Filmrezensenten. Nein, nein, das macht man nicht, mehr, aber vielleicht sollte man mal wieder.
Dabei ist „der Italiener“ durchaus schwere Kost. Ein Waisenhaus in Russland. Alle sind korrupt. Ein älterer Waise, ohne Hoffnung auf Adoption, schickt die Mädchen auf den Straßenstrich. Der Leiter verkauft die Kinder in den Westen. Und mitten drin ist der sechsjährige Wanya, „der Italiener". Er soll an eine Familie nach Italien vermittelt werden. Alle beneiden ihn. Aber dann erscheint die Mutter eines anderen Waisen und Wanya stellt sich vor, dass auch seine Mutter ihn eines Tages suchen könnte. Wanya will nicht nach Italien und widersetzt sich damit den wirtschaftlichen Interessen von vielen. Es beginnt eine spannende Geschichte, die in einem kleinen Roadmovie mündet, das die Schwelle zum Kitsch nie überschreitet. Ein bisschen erinnert die Geschichte an John Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ – allerdings sind die Kinder rund um Wanya wesentlich härteren Bedingungen ausgesetzt und müssen mit weniger Schutz auskommen.
Dem jungen Publikum war das nicht zu viel. Im Gegenteil wurde heiß diskutiert, was man in welcher Situation selbst gemacht hätte. Und als dann nach dem Film der Schauspieler-Hänfling Kolya Spiridonov Autogramme verteilte, konnte man in den Augen vieler Kinder lesen, was sie selbst einmal werden wollen: Ins Filmgeschäft und für immer Kind bleiben...

Autor: jens 16.02.05 12:39 | Kommentare (0)

12:34

Wettbewerb : Le Promeneur des Champes du Mars/ Der späte Mitterand von Robert Guediguian

Regie: Robert Guediguian Drehbuch: G. Taurand
Darsteller:Michel Bouquet, Jalil Lespert, Philippe Fretun, Anne Cantineau, Sarah Grappin, Catherine Salviat

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L’état c’est moi !

Eine Brunette solle er sich suchen! Nicht unter 25 Jahren, die würden nur spielen, 35 Jahre, das wäre ein ideales Alter. Kein Modell, die dürfe man nur anschauen, keinesfalls kennen lernen, Am besten aus dem Norden... boff. Späte Tipps des „späten Mitterands“ (hervorragend gespielt von Michel Bouquet)an einen jungen Journalisten.
Dieser Journalist Antoine Moreau (Jalil Lespert) fragt sich während des ganzen Films, warum der Präsident ihn für seine Memoiren ausgesucht hat, gerade ihn. Er spürt, gesteuert zu werden, der verkörperten französischen Geschichte nicht gewachsen zu sein und hat zu allem Überfluss auch noch private Probleme.
Letztlich brauchen und missbrauchen sie aber einander. Und da es im stillschweigenden Wissen geschieht, finden sie fast so etwas wie Halt in einander. Freilich nur für wenige Tage, die sich über Mitterands letzte Lebensmonate erstrecken. Vom Krebs gezeichnet, will er seine Präsidentschaft würdig über die Runden bringen, ohne, dass in der letzten Ministerratssitzung sein „Kopf schief zur Seite hängt“. Der im Film gezeichnete Mitterand ist ein Schelm, ein Mann mit Witz und Selbstironie, der lieber Julia Roberts in New York besuchen würde, als mit den Polit-Rentnern Thatcher, Gorbatschow und Bush Sen. In Palm Springs Geschichte zu feiern. Dann würde er die Roberts fragen, ob es wirklich nicht ihre Beine waren, damals in „Pretty Woman“. Dabei ist der Präsident an Geschichte durchaus interessiert. Sehr sogar. Schließlich geht es um sein Geschichtsbild. Und er ist sich sicher, der letzte große französische Präsident zu sein. Was komme, sind Bürokraten – daran sei Europa und die Globalisierung schuld. Seine Selbstgewissheit sagt ihm jedoch auch, dass man ihn bald vergessen haben wird. „Leidenschaft für die Gleichgültigkeit“ lautet eines der kältesten Motti, die er dem jungen Journalisten mit gibt, während sie wichtige Orte der französischen Geschichte besichtigen.
Der Film beruht auf einer umstrittenen Mitterand-Biographie. Buch wie dem Film wird Fiktion vorgeworfen. Darüber hinaus die Auslassung großer Skandale. Aber genau das macht den Film so gut. Es ist eine hervorragende Charakterstudie – ob sie dabei Mitterand genau trifft oder nicht, scheint fast egal. Man kann ihn sich so vorstellen. Viel näher kann man sich einem Menschen ohnehin kaum nähern. Noch dazu wird so auch der Film zum Thema seiner selbst: wie entsteht Geschichte, wer hat die Definitionsmacht. Wer bestimmt, entlang welcher Wegmarken die historischen Autobahnen durch den Dschungel der viel zu vielen Fakten und Meinungen gebaut werden?
Unweigerlich fragt man sich beim Schauen des Films, welcher junge Journalist wohl gerade Helmut Kohl begleitet. Wer neben ihm stand, als er im Weihnachtsurlaub auf Sri Lanka dem Tsunami trotze, wer sich in die Flut seines Erzählstromes wirft und darin unweigerlich mitgerissen und untergehen wird.
Der Joournlist Moreau ertrinkt übrigens nicht. Er wächst an der und an dieser Geschichte. Und die Sache mit der Brunetten... wird nicht verraten.

Autor: jens 16.02.05 12:34 | Kommentare (0)

10:23

Panorama: Yes von Sally Potter

Großbritannien, 2004 Regie: Sally Potter * Drehbuch: Sally Potter * Kamera: Alexei Rodionov * Schnitt: Daniel Goddard Darsteller: Darsteller: Joan Allen, Simon Abkarian, Sam Neill, Shirley Henderson

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Nach Jahren der Ehe ist die Liebe unter 0: Betrügereien, Kommunikation über Zettel, kurze Wortgefechte. Mit Anzug, Krawatte und Scotch spielt Er nach der Arbeit zu seinem Lieblingsblues die Air-Gittare. Doch es nutzt nichts: Er hat sein Feuer verloren. Sie, Wissenschaftlerin, hat noch die Sehnsucht, doch versteckt Sie diese hinter ihren unterkühlten Wortgeschossen.
Als Sie einen libanesischen Koch kennenlernt, entwickeln sich zwischen Ihnen im britischen Eismeer Blumen von Verlangen, Hingabe und Anahme.

Mit Yes ist Sally Potter ein ästhetisches Kunststück gelungen, in Worten wie in Bildern. Die Liebe zwischen Ihr und dem libanesischen Koch etwickelt sich über die Poesie. Sie sprechen wie alle Figuren in Reimen. Für die Typenzeichnung verzichtet Potter nicht auf Klischees, wie das des romantischen Liebhabers aus 1001 Nacht in Gestalt des libanesischen Kochs. Doch es funktioniert. Die Charaktere , die bis auf das Patenkind von Ihr keinen Namen haben, als sei Ihnen die Persönlickeit abhanden gekommen, heben sich mit scharfen Konturen vor dem durcharangierten Hintergrund ab.
Im Abspann war zu sehen, das das Team vor Ort mit einem 5 Sterne Catering versorgt wurde. Dies wird vom Film an den Zuschauer weitergegeben. Er ist ein kulinarischer Genuss.

Autor: andreas 16.02.05 10:23 | Kommentare (0)