BERORE MIDNIGHT von Richard Linklater

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Es ist mühsam, diesen dritten Teil der Linklater-Trilogie, BEFORE MIDNIGHT in knappen Worten zu schildern. Weil man die Vorgänger mitdenken muss, weil das ganze Projekt eine Art Zeitkapsel ist, unterwegs und ziellos und weil es wie schon in den beiden Vorgängern natürlich mehr als um die bloße Handlung geht. Die ist auch hier so simpel wie immer: Jesse und Celine reden, laufen, reden. Über sich und das Leben. Inzwischen sind sie verheiratet und mit Zwillingen Eltern geworden und verbringen einige Wochen in Griechenland auf dem herrlichen Landsitz eines Autors. Jesses Sohn aus erster Ehe (die in Teil 2 zum Scheitern gebracht wurde) fliegt zurück zu seiner Mutter, was Jesse sehr zusetzt und die Frage aufwirft: Sollte ich mehr mit meinem Sohn zusammen sein? Doch die beiden wohnen in Paris, der Junge in Chicago.

Was bedeutet diese Frage (nicht die Entscheidung) für Celine. Sie jedenfalls sieht sie als den Anfang vom Ende ihrer Liebe. Hier entspinnt sich eine ungeschnittene und beeindruckende sicher 12 Minuten Szene auf einer Autofahrt wie eine Ouvertüre für die folgenden Jesse-Celine Dialoge, die nun schon seit 18 Jahren immer vom Allgemeinen ins Persönliche, vom Wir und Ich und das Große und Ganze hin- und herwechseln und uns anregen, erfreuen und hinterfragen.

Das bisschen Handlung, die Spaziergänge in den Vorgängerfilmen, erst Wien 1994 und dann Paris 2006, jetzt Griechenland, bildet nur den Rahmen für die Debatten, die in ihrer Schlagfertigkeit und Dichte, in ihrer Klugheit und Nachvollziehbarkeit solche Volltreffer sind, weil zum einen jeder Mann und jede Frau in einer Beziehungsdebatte gern so reden können würde und zum anderen die aufgeworfenen Fragen und ihre Antworten die großen Themen des Lebens sind, die ein Mensch mit Herz und Verstand sich doch stellen muss: Wer bin ich, wer sind wir, was ist die Liebe, wie bekommt man im Leben Anspruch und Wirklichkeit näher zusammen, was zur Hölle ist ein glückliches Leben?

Die Fragen in BEFORE MIDNIGHT sind für einige „von uns“ - um die 40, mit Kindern und irgendwo zwischen Erinnerungen an den Beginn der großen Liebe und der Routine der „mittleren Jahre“ gefangen - sie sind einschlägig. Die Trilogie ist in der Filmwelt ein eigenartiges Phänomen: Keine simplen Sequels, sind sie genau jetzt und gegenwärtig. Zugleich sind Jesse und Celine auch in einem Kontinuum unterwegs, in dem alles mit allem zusammenhängt und zeitlos scheint. Die Filme sind Zeitkapseln, Kristallisationspunkte der Beziehungswelt und interessant für alle, die bei dieser Entwicklung dabei waren - ob als Zuschauer oder unter Einsatz des eigenen Lebens. Ich halte es allerdings für fast ausgeschlossen die Filme wirklich zu lieben, wenn man nicht versteht und kennt, also erlebt hat, wovon die beiden da reden.

Zwei Menschen sind auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens und suchen zugleich sich selbst. Sie begegnen ihr und wissen nicht, was sie tun sollen, ob sie die Gelegenheit nutzen sollen. (Teil 1). Ein Mann und eine Frau, die einmal die Liebe ihres Lebens für einander waren, überprüfen, ob sie selbst und auch der andere noch die Menschen sind, die sie hofften zu sein. Sie treffen Anfang 30 schmerzhafte Entscheidungen um dieser Person und dem Lebensgefühl wieder näher zu kommen (Teil 2). Ein Mann und eine Frau erleben, wie schwierig es ist zu bleiben, was man einmal war: Ein Mann und eine Frau auf der Suche, nach der Liebe ihres Lebens und dann mittendrin in der Orga und dem Alltag und den Kompromissen, die das verlangt (Teil 3). Und so ist es.

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Titel

Orignaltitel

Before Midnight

Credits

Regisseur

Richard Linklater

Schauspieler

Julie Delpy

Ethan Hawke

Xenia Kalogeropoulou

Ariane Labed

Athina Rachel Tsangari

Land

Flagge GriechenlandGriechenland

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2013

Dauer

108 min.

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