Berlinale 2023: THE ADULTS von Dustin Guy Defa

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Wenn passive Aggressivität die Haut ritzen würde, wäre dieser Film ein Blutbad. Eric (Michael Cera) kehrt für einen Besuch in seine Heimatstadt zurück, um das neugeborene Baby eines alten Freundes zu sehen und seine beiden Schwestern Rachel (Hannah Gross) und Maggie (Sophia Lillis) zu besuchen – zum ersten Mal seit dem Tod der Mutter vor mehr als drei Jahren. In Wahrheit ist Eric nicht besonders interessiert, das Neugeborene zu sehen und die gemeinsame Zeit mit seinen Schwestern möchte er so kurz wie möglich halten. Regisseur und Drehbuchautor Dustin Guy Defa zeigt in THE ADULTS eine ungesunde Dreiecksbeziehung zwischen Geschwistern in der alle auf eigene Weise unglücklich sind.

THE ADULTS ist eine Familienaufstellung in der Eric, der überhebliche Kotzbrocken ist, der sich hinter der Fassade eines angeblich tollen Jobs verschanzt – Freiflüge, wichtige Telefongespräche etc. Dabei übernachtet er offensichtlich im billigsten Motel des Kaffs irgendwo in der amerikanischen Provinz und was hat er eigentlich genau zu tun? Rachel fühlt sich einsam und zurückgelassen im ehemaligen Elternhaus besonders, seit ihre langjährige Beziehung in die Brüche gegangen ist. Und Maggie ist die Nachzüglerin – gut zehn Jahre jünger als die älteren Geschwister. Sie himmelt den Bruder an, hat gerade das College geschmissen und möchte vor allem, dass die latente Aggressivität zwischen Eric und Hannah nicht ausbricht. Um das zu verhindern, verfallen die drei Geschwister immer wieder in eingeübte kleine Songs und Comedy-Routinen aus Kindertagen. Das anzusehen ist faszinierend und verstörend zugleich. Die Eltern bleiben in dieser Aufstellung abwesend, sie werden erwähnt, aber ihre Rolle wird nie diskutiert. Logisch, fast jeder Familienkonflikt hat den Ursprung darin, dass niemand Probleme offen anspricht.

Für Cera, Gross und Lillis ist die Herangehensweise von Dustin Guy Defa eine schöne Gelegenheit, schauspielerische Fertigkeiten zu zeigen: Geschwister, die miteinander kleine Sketche aufführen und mit Cartoon-Stimme sprechen, um Wut, Trauer und Neid zu unterdrücken. Das ist für eine gewisse Zeit durchaus auch witzig-düster und spannend, aber der Film hat Längen, was bei 88 Minuten ein wirklich schlechtes Zeichen ist. Am meisten leidet THE ADULTS aber darunter, dass Offensichtliches nicht nur mehrfach gezeigt, sondern auch noch gesagt wird. Braucht man wirklich drei Pokerrunden mit Freunden und einen Eric, der mehrfach sagt „Ich will eben einfach gewinnen“, um zu begreifen, dass Eric ein ziemlich armes Würstchen ist, das sich als Siegertyp inszenieren will? Auch die üble Dynamik zwischen den Geschwistern wird an so vielen Beispielen vorgeführt, dass der Zuschauer sich erst wundert und schließlich ärgert, wie wenig Intelligenz der Regisseur ihm zutraut. THE ADULTS kann sich auf drei gute Schauspieler verlassen, aber der zugrundeliegende Konflikt ist nicht überraschend und wird auch nicht so interessant inszeniert, dass er einen Film trägt.

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Titel

Orignaltitel

The Adults

Credits

Regisseur

Dustin Guy Defa

Schauspieler

Tina Benko

Michael Cera

Anoop Desai

Hannah Gross

Wavyy Jonez

Simon Kim

Sophia Lillis

Kiah McKirnan

Lucas Papaelias

Kyra Tantao

Jahr

2023

Dauer

91 min.

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