« Februar 2013 | Main | Oktober 2013 »

Juni 2013

FINSTERWORLD von Frauke Finsterwalder

finster_world.jpeg
Sandra Hüller in FINSTERWORLD (Filmfest München 2013)

Bisher hat Frauke Finsterwalder durch Dokumentarfilme überzeugt, nun mit einem Spielfilm. Eine Klasse, in der sich Nerds und glatt gegelte Streber feindlich gegenüberstehen, besucht ein ehemaliges Konzentrationslager. Ein Polizist führt eine schwierige Beziehung mit einer ambitionierten Dokumentarfilmerin. Ein Fusspfleger ist der einzige Ansprechpartner für eine einsame alte Frau im Altersheim. Normaliltäten wabern unheilvoll vor sich hin, bis sie auf einmal eruptiv bersten, sich wieder neu zusammenfinden und Menschen in Glück und Unglück zurücklassen. Nicht immer finden in Episodenfilmen parallele Handlungsstränge am Ende wieder zusammen. FINSTERWORLD schafft dieses. Dafür gab es auf der Pressevorführung viel Applaus.

Filmfest München 2013

filmfest_m%C3%BCnchen.jpg

Als Sommerfest startet das Filmfest München dieses Jahr wahrlich nicht. Bei 10 Grad und Regen bleibt einem aber zumindest die Wahl zwischen Isarstrand und Kinodunkel erspart.

Die zweite Spielzeit von Filmfestleiterin Diana Iljine bietet wieder eine Mischung aus Neuem und Erprobtem.

la_vie_de_adele.jpg
LA VIE D'ADÈLE von Abdellatif Kechiche

Frisch aus Cannes kommen u.a. der Gewinnerfilm LA VIE D'ADÈLE, A TOUCH OF SIN (Bestes Drebuch), HELI (Beste Regie), THE PAST (Best weibliche Darstellerin) und im Rahmen der Hommage an Paolo Sorrentiono LA GRANDE BELLEZA.


In der von Christoph Gröner geleiteten Sektion laufen neben 00 SCHNEIDER - IM WENDEKREIS DER EIDECHSE von und mit Helge Schneider, das vielversprechende Spielfilmdebüt FINSTERWORLD von Frauke Finsterwalter sowie DIE ERFINDUNG DER LIEBE. Nachdem 2011 die Dreharbeiten zu DIE ERFINDUNG DER LIEBE aufgrund des Todes von Hauptdarstellerin Maria Kwiatkowsky abgebrochen wurden, hat Regisseurin Lola Randl den Film nun fertiggestellt.

get_carter.jpg
GET CARTER von Mike Hodges

Ehrengast ist dieses Jahr kein geringerer als Sir Michael Caine. Unter den Caine Filmen sind sowohl sein neuester Film MR. MORGAN'S LAST LOVE als auch der Klassiker GET CARTER.

Aufregung gab es bereits um die Werkschau von Alejandro Jodorowsky. Einige Screenings werden von DVD und Blue Ray gezeigt. Das traf den Nerv einiger Filmkritiker, die sich entrüstet zu Wort meldeten.

In einer Presseerklärung konnte Filmfest die Projektionsformate aber nachvollziehbar begründen.

PROMISED LAND von Gus Van Sant

1158_Promised_Land_0.jpg

Es ist am Ende auf jeden Fall verwirrend: Die vermeintlich Guten sind auch die Bösen. Wer immer gewinnen will, spielt einfach gegen sich selbst. Und es bleibt - trotz sehr bemüht versöhnlichem Ende, bei dem man die Drehbuchsitzung noch hört („Please more positive, give that man a new home and a wife“) - es bleibt die Frage, was wäre richtig gewesen für diese Kleinstadt irgendwo in den USA? Fracking or not Fracking, das war die Frage.

Eine von hunderten solcher Städtchen zwischen den beiden Küsten, die nur noch vor sich hinsiecht, weil die großen Zeiten der Landwirtschaft vorbei sind. Sollen sie ihr Land dem Fracking Konzern für die umstrittene Gasförderung verpachten und mit der Chance auf Wohlstand das Risiko eingehen, alles zu verlieren, was sie noch haben? Ihr Land, ihre Tiere, ihre Herkunft? Oder sollen sie stur weiter ihr Ding machen, auf alten Pickups rumfahren, in der örtlichen Bar saufen, Amerikaflaggen an ihre Scheunen pinseln und ansonsten dabei zusehen, wie alles finanziell den Bach runtergeht, auch wenn man sich treu geblieben ist. Das Herzland der USA kurz vor dem Herzinfarkt - mit der Chance auf eine Reanimation und Medikamente durch den netten Großkonzern. Das ist das Setting. Und dann wird alles eben verwirrend.

Continue reading "PROMISED LAND von Gus Van Sant" »

BERORE MIDNIGHT von Richard Linklater

20138159_2.jpg

Es ist mühsam, diesen dritten Teil der Linklater-Trilogie, BEFORE MIDNIGHT in knappen Worten zu schildern. Weil man die Vorgänger mitdenken muss, weil das ganze Projekt eine Art Zeitkapsel ist, unterwegs und ziellos und weil es wie schon in den beiden Vorgängern natürlich mehr als um die bloße Handlung geht. Die ist auch hier so simpel wie immer: Jesse und Celine reden, laufen, reden. Über sich und das Leben. Inzwischen sind sie verheiratet und mit Zwillingen Eltern geworden und verbringen einige Wochen in Griechenland auf dem herrlichen Landsitz eines Autors. Jesses Sohn aus erster Ehe (die in Teil 2 zum Scheitern gebracht wurde) fliegt zurück zu seiner Mutter, was Jesse sehr zusetzt und die Frage aufwirft: Sollte ich mehr mit meinem Sohn zusammen sein? Doch die beiden wohnen in Paris, der Junge in Chicago.

Was bedeutet diese Frage (nicht die Entscheidung) für Celine. Sie jedenfalls sieht sie als den Anfang vom Ende ihrer Liebe. Hier entspinnt sich eine ungeschnittene und beeindruckende sicher 12 Minuten Szene auf einer Autofahrt wie eine Ouvertüre für die folgenden Jesse-Celine Dialoge, die nun schon seit 18 Jahren immer vom Allgemeinen ins Persönliche, vom Wir und Ich und das Große und Ganze hin- und herwechseln und uns anregen, erfreuen und hinterfragen.

Continue reading "BERORE MIDNIGHT von Richard Linklater" »