Die ersten Minuten versprechen narratives amerikanisches Autorenkino, der gehobenen Art. Ausdrucksstarke Schauspielerin (Melissa Leo) und harte, bewegende Geschichte fern von Happy End und Feelgood der Hollywood Baukastenfilme. Francine kommt aus dem Gefängnis, wie lange und warum sie dort war, erfahren wir nicht. Sie spricht nicht oder nur das Nötigste. Ihr Gesicht ist verhärmt und meist unbeweglich. Ausser, wenn sie mit Tieren spricht, dann blüht sie auf.
Sie stolpert von Job zu Job, weil sie bestimmte Leute zu meiden beginnt. Solche nämlich die ihr guttun, sie wieder in die Spur bringen könnten. Stattdessen entwickelt sie sich zum Tier-Messi, lebt mit dutzenden Viechern in dem bald total runtergekommenen Trailer. Anstatt sich den Menschen und der Welt, in die sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, zuzuwenden, wendet sie sich ab. Das kann nicht gutgehen.
Worin Francines Tier Liebe besteht, bleibt offen. Wie so viele Fragen. Vielleicht einfach ein Überdruss an Menschen, vor allen solchen, die etwas von ihr wollen. Eine Familie scheint sie nicht zu haben, Freunde verliert sie, stösst sie zurück und zu mehr als einem One-Night-Stand oder Toilettenfick mit einem Unbekannten ist sie nicht in der Lage. Wenn sie dagegen dem Tierarzt (ihr dritter Job) helfen muss einen Hund einzuschläfern, nimmt sie das so mit, als würde sie ihre Eltern in den letzten Minuten begleiten.
Die emotionalen Relationen zu Tier und Mensch sind ihr abhanden gekommen, wie ihr Gefühl, dass mit ihr was nicht stimmt. Sie will es so. Mitleid oder Empathie für diese Figur halten sich in Grenzen, weil die Story einem keinen Raum lässt beziehungsweise zu viele Fragen offen, um Francine näher zu kommen.
Sicher, wir Zuschauer sind wie die Menschen, die sie im Film trifft: Neugierig, auf diese Frau, die anders ist, irgendwie interessant - nur um dann von ihr zurückgestossen zu werden. Aber so geht man den letzten Schritt nicht mit, ist im Grunde zufrieden mit dem tragischen Abschluss, den die Geschichte findet.
Amerikanische Filme drucken ins Presseheft immer eine „Punchline“. Bei FRANCINE: „What happens, when a second chance isn‘t enough?“. Pech gehabt, ist meine Antwort jetzt.