Täglich nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein und sich dabei trotzdem als richtig guter Mensch fühlen, dass ist das Lebensdilemma der New Yorkerin Kate. Nicole Holofcener stellt in ihrem außer Konkurrenz laufenden Wettbewerbsbeitrag eine nach außen hin durchaus sympathische New Yorker Vintage-Möbelhändlerin in den Mittelpunkt, die es mit dem Aufkaufen von Möbeln gerade Verstorbener und dem Weiterverkauf dieser Stücke zu horrenden Preisen zu Wohlstand gebracht hat.
Doch Kate kann ihr materielles Glück nicht so einfach geniessen, es fällt ihr schwer, zu ihrem auf größtmögliche Gewinnmaximierung ausgerichteten Geschäftsmodell auch innerlich zu stehen. Richtig gut fühlt sie sich nur dann, wenn sie ihr Gewissen dadurch beruhigt hat, dass sie wieder einmal etwas für andere getan hat, also zum Beispiel dem Obdachlosen vor ihrer Haustür 20 Dollar geschenkt hat. Auch sonst besteht ihr Leben aus vielen Widersprüchen: So hat sie das Appartement ihrer 91jährigen Nachbarin gekauft und wartet nun gemeinsam mit ihrer Familie auf deren Tod, um dann einen Durchbruch zur eigenen Wohnung zu schaffen und alles noch schöner auszubauen. Dennoch ist sie nach außen stets freundlich zu der alten Frau und deren beiden Enkelinnen und lädt alle sogar zu einem Geburstagsessen ein. Überhaupt wird viel gelogen und noch mehr geheuchelt, fast jeder versucht, den Schein zu wahren. Hieraus entwickeln sich einige wirklich schöne Szenen: Als Kate nach einem üppigen Abendessen mit der Familie in einem guten Restaurant den Rest einpacken lässt und dann das doggy bag vor der Tür einem vermeintlichen Obdachlosen aufdrängen will, der aber in Wirklichkeit nur selber auf einen Tisch im Restaurant wartet. Oder ihre erfolglosen Versuche ihr schlechtes Gewissen durch ehrenamtliches Engagement in der Arbeit mit Behinderten und alten Menschen zu betäuben, die darin münden, dass Kate beim Behindertensport weinen muss, weil sie den Anblick von so vielen in ihren Augen bemittsleidenswerten Schicksalen nicht erträgt. Das alles ist gut beobachtet und wird von Catherine Keener als Kate überzeugend umgesetzt.
Allerdings zeigt sich mit zunehmender Filmdauer auch das Manko von Please give. Seine berechtigten Fragestellungen erschöpfen sich durch die ständige Variation des immer Gleichen recht schnell zumal die anderen Figuren und Handlungsstränge blutleer und plakativ wirken. So ist man bald geneigt, den wiederholt vorgehaltenen Spiegel leicht genervt von sich zu weisen. Da wo es wirklich weh tun würde, verbleibt der Film an der Oberfläche. Auch innerhalb der Handlung bleiben zu viele Fragen offen: Warum es zu einer Affäre zwischen der Kosmetikerin und dem Mann von Kate kommt, bleibt genauso ein Geheimnis wie die Frage, warum die Enkelin Rebecca (Rebecca Hall) gleichsam als Engel in Menschengestalt dargestellt werden musste. Hier fällt nie ein böses Wort und obwohl sich durch das Zusammenleben mit ihrer arroganten Schwester und der boshaften Oma wahrlich genug Konfliktstoff bieten würde. Am Schluss bleibt einem das Bild einer im Grunde wieder heilen Familie im Gedächtnis, die nun ihre Wohnung ausbauen kann und die der Teenagertochter endlich die langersehnte Designerjeans für über 200 Dollar kauft. Alles kann ewig so weiter gehen - was es ja vermutlich im wahren Leben auch tun würde.
Kommentare ( 1 )
Schade, ich mag ja Filme, wo man mal wieder zum Nachdenken angeregt wird. Doch wie du es beschreibst, wird nur ein Widerspruch in vielen verschiedenen Beispielen dargestellt. Dabei gibt es viele Bereiche im Leben, die man oft aus den Augen verliert und ein Spiegel immer mal wieder gut tut. Das Ende finde ich ebenfalls enttäuschend. Wo bleibt denn dann der Lerneffekt oder Gedankenanstoß mit dem der Regisseur seine Kinobesucher zurück ins eigene Leben entlässt?
Posted by Yvi | 18.02.10 09:35