Mitte der 90ger, ich war gerade neu in Berlin, habe ich auf der Berlinale den Wettbewerb konsequent gemieden. Die vielversprechenden Filme liefen im Forum. Damals wurde die Sektion noch von Ulrich Gregor geleitet und das Arsenal befand sich in Charlottenburg. Das lange Anstehen für Karten im Europacenter wurde fast immer mit überwältigenden Entdeckungen aus aller Welt belohnt. Über die Jahre, besonders aber zuletzt, hat mein Interesse am Forum dann aber immer mehr nachgelassen. Regisseure, die zuvor für das Forum gesetzt waren, zeigten ihre Filme auf einmal im Wettbewerb. Im Forum selbst: schwere Kost, die sich nur schwer einordnen ließ. Dieses Jahr scheint sich das Blatt wieder zu wenden. Der Wettbewerb kann bis jetzt nur wenig begeistern, die Perlen laufen in den Nebensektionen wie dem Forum. Eine dieser Perlen ist SHAHID.
Der Film ist eine anarchistische, mitreißende und frische Mischung aus Genres, Zeitebenen und narrativen Positionen. Die Wechsel sind fließend und alles fügt sich verblüffend gut zu einer amüsanten Reflektion über migrantische Situationen zusammen. Wie im „wahren“ Jetzt laufen in SHAHID die Uhren vorwärts und rückwärts aufeinander zu. Was man vorfindet, wie die deutsche Bürokratie, prallt auf das, was man mitbringt, wie die eigene Familie- und Kulturgeschichte.
Treffend beschreibt die Berlinale Zusammenfassung SHAHID als "eine tragikomische, widerständige Selbstermächtigung im Exil."