Auch wenn die eigene Schulzeit vielleicht schon länger zurückliegt, gibt es Lehrer, an die man sich das ganze Leben lang erinnern kann. Entweder, weil sich besonders schlimme Erinnerungen mit ihrem Namen verbunden haben oder zum Glück manchmal auch, weil es sich um ganz besondere Lehrkräfte gehandelt hat, die bereit waren, weit mehr als das Geforderte zu leisten und für die der Lehrerberuf eine Berufung darstellte. Echte Lieblingslehrer, die sich wirklich für ihre Schüler interessierten und gemeinsam mit ihnen versuchten, die Schule zu einem Ort zu machen, an dem Bildung mit Freude verbunden war. Genau so eine Ausnahmelehrerin porträtiert Ruth Beckermann in ihrem beeindruckenden Dokumentarfilm FAVORITEN.
Ilkay Idiskut betreut als Klassenlehrerin an einer Wiener Volksschule eine Klasse, deren Schüler und Schülerinnen aus vielen verschiedenen Ländern wie z.B. Syrien, Mazedonien, der Türkei und der Ukraine stammen. Die meisten von ihnen haben nur unzureichende Deutschkenntnisse und es fällt ihnen trotz hoher Motivation schwer, dem Unterrichtsstoff zu folgen und die Fragen der Lehrerin richtig zu verstehen und zu beantworten. Die Dreharbeiten begleiten die Klasse über drei Jahre hinweg und zeigen, wie die Lehrerin trotz vieler Schwierigkeiten mit unendlicher Geduld versucht, die Kinder auf den Besuch einer weiterführenden Schule vorzubereiten.
Der Unterricht der Lehrerin ist abwechslungsreich und arbeitet mit musikalischen und spielerischen Elementen. Dennoch muss natürlich auch jede Menge Lehrstoff vermittelt werden und die Kamera fängt immer wieder die angestrengten und hochkonzentrierten Gesichter der Kinder ein und zeigt die Mühsal des Lernens und die Frustrationen, die das Erlangen neuer Fertigkeiten zwangsläufig mit sich bringt. Um wie viel schwerer es sein muss, Mathe- und Deutschaufgabe zu lösen, wenn auch noch Sprachbarrieren hinzu kommen, lässt sich nur erahnen. Und neben der Bewältigung des Lehrstoffs sind da auch noch die vielen anderen Herausforderungen, die der Schulalltag in dieser Klasse mit sich bringt. Aus Geldmangel konnten sowohl die Stellen für die Schulpsychologin als auch für die Schulsozialarbeiterin nicht besetzt werden. Die Konflikte, die aus unterschiedlichen Wertevorstellungen zum Beispiel im Bezug auf die Rolle von Männern und Frauen entstehen, werden mit ins Klassenzimmer genommen. Es obliegt der ohnehin schon stark geforderten Lehrerin mit vielen Gesprächen und Diskussionen zu versuchen, einen gleichberechtigteren Umgang der Kinder miteinander zu fördern.
Das dennoch ein letztlich positiver Film entstanden ist, liegt vor allem an den sympathischen großen und kleinen Darstellern und an der zutiefst menschlichen Botschaft von FAVORITEN: trotz aller Widrigkeiten lohnt es sich auch in einem maroden Schulsystem, um jedes einzelne Kind zu kämpfen. Es braucht neben einer besseren finanziellen Ausstattung vor allem engagierte Lehrerinnen wie Ilkay Idiskut, die jeden Tag mit ihrer Arbeit dazu beitragen, die ungerechten Startbedingungen von Kinder zu verbessern und dafür sorgen, dass jeder unabhängig von der Herkunft die gleichen Chancen auf Bildung erhält.