SSIFF 2023: FINGERNAILS von Christos Nikou

Filmstill mit den Hauptfiguren Anna und Amir

"Love hurts, love scars, love wounds...ooh, ooh, love hurts" dieser alte Hit der Rockgruppe Nazareth könnte das musikalische Motto von "FINGERNAILS" von Christos Nikou bilden. Es geht in dem tragisch-komischen Science-Fiction-Film um nicht weniger als die Suche nach der wahren Liebe und um all die Dinge, die Menschen bereit wären, dafür zu tun.

In einer nahen Zukunftswelt oder in einer alternativen Vergangenheit - das wird nie so genau klar - lebt die Hauptfigur Anna (Jessie Buckley) grundsätzlich zufrieden in einer festen Beziehung mit Ryan (Jeremy Allen White). Allerdings hegt sie gelegentliche Zweifel daran, ob Ryan wirklich der richtige Partner für sie ist. Anna bewirbt sich ohne sein Wissen als Mitarbeiterin beim angesagten Love Institute, einer Weiterentwicklung heutiger Partnervermittlungsbörsen. Statt mit langen Fragenbögen nach Ähnlichkeiten zwischen Menschen zu suchen, hat der Gründer des Love Institutes eine innovative Technik entwickelt, bei der sich potentielle Paare durch eine Fingernagelanalyse auf ihren Übereinstimmungsfaktor testen lassen können. Das Analyseverfahren ist allerdings schmerzhaft, denn es erfordert, dass jeder der Getesteten einen Fingernagel opfert. Das Ergebnis gilt dafür als hundertprozentig zuverlässig und kann den Grad der Kompatibilität von Menschen mit absoluter Genauigkeit berechnen. Paare, die beim Test durchgefallen sind, trennen sich danach sofort in gegenseitigem Einverständnis. Anna und ihr Freund Ryan gelten laut des Tests als ideales Paar mit einem Höchstwert. Also eigentlich alles in bester Ordnung. Als Anna aber bei der Arbeit im Institut ihren Kollegen Armir (Riz Ahmed) kennenlernt, gerät sie in einen heftigen Zwiespalt der Gefühle. Während Amir und Anna anderen Paaren mit speziellen Liebes-Vorbereitungungskursen zu einem besseren Testergebniss verhelfen sollen, kommen sich die beiden immer näher.

FINGERNAILS kommt zunächst als harmlose Sience-Fiction-Romanze daher, entwickelt sich aber zunehmend zu einer ernsthaften Reflektion über die Frage danach, ob und wie sich Liebe in ihrem Kern definieren lässt und inwieweit die blinde Technikgläubigkeit einer Gesellschaft tatsächlich das Vertrauen in die eigenen Gefühle ersetzen kann. Wozu wären Menschen bereit, um den einen Partner zu finden, der hundertprozentig zu ihnen passt? Und wie schnell würden sie ihre bisherigen Liebes- und Lebensentwürfe opfern, wenn vermeintlich wissenschaftliche Ergebisse dagegen sprechen? Hier liegt die Stärke von FINGERNAILS und die Szenen, die diesen Fragen nachspüren, machen den Film sehenwert. Inwieweit es die drastischen Body-Horror-Sequenzen für die Story wirklich in dieser Detailtiefe gebraucht hätte, darf jede/jede für sich entscheiden. Ab dem 3.November läuft der Film bei Apple TV+.

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