Berlinale 2023: KILL BOKSOON von Byun Sung-hyun

Filmstill

Mutter mordet messerscharf

Was kostet mehr Nerven: Einen der besten Killer des Landes, der wahnsinnig stolz auf sein traditionelles Samurai-Schwert ist, um die Ecke zu bringen oder die eigene Teenagertochter (Kim Si-A) durch die Widernisse der Pubertät zu lotsen? Schwer zu sagen, aber Hitwoman Boksoon (Jeon Do-yeon) hat mit beidem alle Hände voll zu tun. KILL BOKSOON ist ein Actionthriller, der sehr versiert den Regeln des Genres folgt, – Messer, Martial Arts und Blut (viel Blut) – aber auch eine Mutter-Tochter-Geschichte erzählt. Das macht ihn interessanter als viele andere Killergeschichten.

Der Gegensatz zwischen Boksoons mörderisch anstrengendem Arbeitsalltag und den Familienthemen – Schulstress, verbotenes Rauchen, Mama beim Fernsehen anzicken – macht also den Reiz des Films aus. Das Schöne daran ist, wie dieser Kontrast unter anderem das im Actionthriller übliche Gerede von Ehre unter Profikillern entlarvt: Boksoon arbeitet für die Agentur MK, die auf ihre ehernen Regeln besonders stolz ist und sogar den Killernachwuchs ausbildet. Man kann sich das als eine Art Hogwarts vorstellen, in der ein guter Messerwurf oder ein kerniger Handkantenschlag bessere Noten bringt als irgendein schlaffer Zauberspruch. Doch am Ende zählen dann die Regeln eher wenig und das Recht des Stärkeren viel. Aber wer ist der oder die Stärkere – Cha (Sul Kyung-gu), der Chef von MK oder Boksoon? Und gibt es neben dem Showdown eigentlich auch noch eine Moral – kann also eine gute Killerin auch eine herzensgute Mutti sein? Bei der Beantwortung dieser Fragen liefert KILL BOKSOON gute Unterhaltung für alle, die nicht zu zimperlich sind.

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Byun Sung-hyun hat die Geschichte mit viel Stil und schwarzem Humor inszeniert. Dass er die alleinige Autorenschaft für das Drehbuch reklamiert, hat bei mir zumindest für eine hochgezogene Augenbraue gesorgt. Zentrale Motive des Films erinnern verdächtig an Byeong-mo Gus sehr lesenswerten Roman „Frau mit Messer“, der im vergangenen Jahr in deutscher Übersetzung, aber schon 2013 in Südkorea erschienen ist. Vielleicht bekommt der Drehbuchautor ja noch Gewissensbisse oder die Schriftstellerin hat einen guten Anwalt.

KiLL BOKSOON ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Berlinale Special auch zu einem Schaufenster für Mainstream-Produktionen wird. Kurz gesagt, im Berlinale Special wird alles das gezeigt, was man gerne in Berlin haben möchte, was aber nirgends reinpasst. Das sind auch, wie in diesem Fall, die Streaming-Dienste glücklich. Daran ist gar nichts Verwerfliches. Die Berlinale schreibt dazu auf ihrer Webseite: "Frei und ungebunden, spontan und aktuell – im Berlinale Special glänzt die Formenvielfalt." Das allerdings ist unfreiwillig komisch.

Filmstills: No-ju Han/Netflix

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Titel

Orignaltitel

Kill Boksoon

Credits

Regisseur

Byun Sung-hyun

Schauspieler

Esom

Jeon Do-yeon

Koo Kyo-hwan

Sul Kyung-gu

Kim Si-A

Jahr

2023

Dauer

137 min.

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