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Allein bricht Nemo (Willem Dafoe) in das Appartement eines Kunstsammlers im obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers in Manhattan ein. Als er die Wohnung mit seiner Beute wieder verlassen will, spielt das Sicherheitssystem verrückt. Alle Ausgänge sind verschlossen und sein Komplize, mit dem er per Funk in Verbindung steht, lässt ihn im Stich. Nemo ist beim Versuch, aus dem Appartement auszubrechen, ganz auf sich allein gestellt. Klinisch wie eine Versuchsanordnung ist die Prämisse von INSIDE. Katsoupis und Dafoe machen daraus einen Thriller mit großer Sogwirkung.
INSIDE ist ein Film, in der geringer Mitteleinsatz und die Üppigkeit nebeneinander existieren. Einerseits ist es im Wesentlichen ein Ein-Personen-Stück und alle Bemühungen dieser einen Person dienen einem einzigen Ziel: aus dem verdammten Appartement rauszukommen. Andererseits ist eben dieses Appartement neben Dafoe der zweite Hauptdarsteller. Wie großartig das Set Design ist, entdeckt der Zuschauer nach und nach. Dass der Abspann eine genaue Auflistung aller Kunstwerke enthält, die im Film zu sehen sind, ist konsequent und großartig – insgesamt sind es 39 von mehreren Videoinstallationen über Gemälde und Fotografien bis hin zu Skulpturen. Wo die Kunst ist, ist auch Technik. Wegen der Technik sitzt Nemo in der Falle – hilft ihm die Technik auch wieder hinauszukommen? Auf jeden Fall bestimmt sie seine Lebensbedingungen; und das immer wieder auf eine Art und Weise mit der er (und wir) nie gerechnet hätten.
Natürlich ist INSIDE eine tour de force von Willem Dafoe. Dialoge gibt es keine, nachdem sein Komplize, der ihm über das Funkgerät Anweisungen gegeben hat, offline gegangen ist. So bleiben Selbstgespräche und die Aktion – Aktion ist Handeln, ist Körperlichkeit. Nemo hat immer neue Ideen, um Ausbruchsversuche zu starten Essen und Trinken zu finden, mit der Isolation, der Hoffnung und der Enttäuschung fertigzuwerden. Die Bedingungen im Appartement werden immer prekärer, Das alles ist so unmittelbar und gut inszeniert, dass wir als Zuschauer nicht nur mitfiebern, sondern auch mitdenken: Was könnte der nächste mögliche Weg in die Freiheit sein?
Irgendwann sind wir hinter Nemos Stirn: Wie viel Zeit ist eigentlich vergangen? Ist das Alleinsein Fluch oder Segen? Ist die Kunst um ihn herum noch Kunst oder sind es nur Objekte? Was soll man eigentlich mit der Zeit tun? Macht der nächste Ausbruchversuch noch Sinn oder ist es besser aufzugeben? INSIDE ist eine Meditation über das Alleinsein, die Kunst und dieses fast absurde Beharrungsvermögen und die Energie, die Menschen in das eigene Leben stecken, egal unter welchen Bedingungen. Was für ein Kinoerlebnis.