IM FEUER von Daphne Charizani (Berlinale 2020)

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Um es gleich vorwegzunehmen: Der Film ist eine Enttäuschung. Schon nach fünf Minuten, der Darstellung der Verhältnisse in einem griechischen Flüchtlingslager läuten sie erstmals, die Klischeeglocken. Die junge Deutsche Rojda ist ins Lager gekommen um ihre Mutter und ihre Schwester Dilan abzuholen, die über die Türkei aus dem Nordirak geflohen sind. Aber ihre Schwester fehlt, sie ist in Kurdistan geblieben – warum weiß man nicht, aber wirkliche Fragen dazu werden auch nicht gestellt.

Es wird ein Riesentabu aufgebaut, obwohl schließlich klar wird, dass Dilan im Nordirak geblieben ist, um gegen den IS zu kämpfen. Die Beziehungen, die Geschichte, das Umfeld der Familie bleibt ebenso im Dunkeln wie die Motivation für diesen Film. Das im Titel angedeutete Zentrum des Films - das Verhältnis der beiden Schwestern - bleibt vage.

Aus irgendwelchen Gründen ist Rojda schon länger als Unteroffizierin bei der Bundeswehr (warum um Himmels Willen?) und will sich nun in den Nordirak versetzen lassen um ihre Schwester zu suchen. Warum sie die Schwester nicht einfach anruft, oder im Rahmen eines Privatbesuchs aufspürt bleibt das Geheimnis des Films; schließlich ist die Lage im Nordirak größtenteils unter Kontrolle und eine Deutsche kurdischer Abstammung wie Rojda könnte sich hier normal bewegen; stattdessen läuft sie in ihrer Bundeswehruniform herum.

Aber selbst der konstruierte Identitätskonflikt wird nicht mal ansatzweise erzählt. Das Drehbuch spröde wie ein schwacher Tatort, die Schauspieler wirkungslos im Korsett der blassen und konstruieren Erzählung und zu allem Überfluss wird selbst die wunderbare Landschaft Kurdistans zu einer Karl-May-artigen Kulisse für die klischeehafte Darstellung der „edlen Wilden“. „Mein armes Kurdistan“ sagt Rojdas Mutter irgendwann und ich denke „mein lieber Scholli“.

Dieser Film hat wenig Bewegendes, kaum Anregendes, nichts Verstörendes. Selbst als Dilan im Kugelhagel stirbt kommt keine Emotion auf – wenn man die Protagonisten nicht kennenlernt und ihre Konflikte versteht, kann man auch nicht mitfühlen. Ein sehr deutscher Film, gemacht für ein deutsches Publikum, das hier nicht herausgefordert wird, sondern genau dort abgeholt und dann wieder abgestellt wird wo es schon ist. Schade.

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Titel

Orignaltitel

Im Feuer

Credits

Regisseur

Daphne Charizani

Schauspieler

Almila Bagriacik

Maryam Boubani

Zübeyde Bulut

Gonca de Haas

Christoph Letkowski

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Flagge GriechenlandGriechenland

Jahr

2020

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