BLOODY NOSE, EMPTY POCKETS von Bill und Turner Ross (Berlinale 2020)

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© Department of Motion Pictures

Um es in den Worten des Films zu sagen: Fucking awesome, man! Zehn Jahre haben die Brüder Bill und Turner Ross von diesem Film geträumt und dann schließlich innerhalb der letzten zwei Jahre ein echtes Kleinod erschaffen. Zwei Jahre. Ganz schön lang für die Erzählung einer einzigen Nacht in der Bar „20s“ am Stadtrand von Las Vegas. Die letzte Nacht in einer runtergerockten Bar, die für immer schließen soll. Schon morgens versammeln sich die ersten Stammgäste, um sich zum letzten Mal richtig die Kante zu geben.

Das Ganze ist nicht, wie der Berlinale-Filmtext nahelegt , die Dokumentation dieses Tages, sondern vielmehr dessen Inszenierung. Denn der Ort, die Ausstattung, die Protagonisten sind bis ins kleinste Detail durchgeplant. Allerdings sind mit einer Ausnahme keine Schauspieler an Bord, sondern Menschen die die beiden Brüder in ausgiebigen Barstudien („we sure did a lot of research for this film“) an ganz verschiedenen Orten kennenglernt und dann für den Dreh in der Kneipe zusammengebracht haben. Diese Leute spielen sich selbst und werden in dem 24h Stunden Barmarathon irgendwie tatsächlich zu der eingeschworenen Gemeinschaft, die sie darstellen sollen. Das wirkt unglaublich – Vorsicht Phrasenalarm – „authentisch“.

In diesem Film verschwimmen Realität und Fiktion so meisterhaft wie selten. Im Filmgespräch im Cubix scheint es fast so, als wüssten die Regisseure selbst nicht mehr so ganz, wo die Grenze verläuft. Und die beiden Brüder, wie sie da nach dem Film auf der Bühne stehen mit Hut und langen Haaren, könnten auch selber gerade als Kunstfiguren ihrem Film entstiegen sein. Aber die beiden sind reale- und verdammt gute – Filmemacher, die schon einige Dokumentationen gedreht haben (note to self: Diese Filme der rossbros ansehen!).

Was hier geschaffen wird ist eine ganz eigene Kunstform, keine Mockumentary, keine reine Improvisation. Die Mischung zwischen planerischer Akribie und intellektueller Aufladung gepaart mit Laufen lassen – und Volllaufenlassen – ist einfach nur grandios. Gefeiert wird hier das Leben und die Solidarität, ausgerechnet in einer Bar voller Loser und white trash. Und mit diesem Label werden gerade seit Trump eine ganze Menge Leute versehen und vorverurteilt.

Dieser Film ist sicher nicht für den Amnesty-International-Filmpreis nominiert. Denn was hat eine Bar voller Trinker schon mit Menschenrechten zu tun? Vielleicht mehr als man denkt. Hier wird gekotzt, blankgezogen und Prügel angedroht: Und der Würde des Menschen, die nur in der Gemeinschaft zur Entfaltung kommt, ein Denkmal gesetzt.

Kommentare ( 3 )

Haha, toller Text, laufen und vollaufen lassen für den amnesty Preis ... LOVE it!

Ich dachte bis zum Schluss, dass ist eine Dokumentation...well done!

Das hört sich ja grandios an! Hoffen wir mal, dass man den nochmal zu sehen kriegt.

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Titel

Orignaltitel

Bloody Nose, Empty Pockets

Credits

Regisseur

Bill Ross IV

Turner Ross

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2020

Impressum