Berlinale 1957

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Zum ersten Mal hat die Berlinale mit dem neuen Zoo-Palast auch ein adäquates Festspielkino. Promis wie Errol Flynn und Henry Fonda, der die Hauptrolle in Sidney Lumets Goldener-Bär-Gewinner „Twelve Angry Men“ (Die zwölf Geschworenen) spielt, können sich den Berlinern mit mehr Glamour auf dem Roten Teppich an der Hardenbergstraße präsentieren. Eröffnet wird der Zoo-Palast schon drei Wochen vor Berlinale-Start mit der Premiere von Helmut Käutners „Die Zürcher Verlobung“.

Wie so oft ist die Berlinale auch 1957 ein Spielplatz für kalte Krieger. Die Haltung der Festivalleitung, eine Art kulturpolitische Hallstein-Doktrin zu befolgen und keine Länder aus dem „Ostblock“ einzuladen, gerät immer mehr in die Kritik. Zumal man sich in Cannes entschlossen hatte, auch Länder wie die VR China oder die DDR zu den Filmfestspielen einzuladen, die keine diplomatischen Beziehungen zu Frankreich unterhalten. Mit der Demokratie ist es nicht nur in der Ostzone, sondern auch im freien Westen eher vertrackt – zumindest wenn es um Filme geht. Die Publikumsabstimmung über die Bären wird kurzerhand abgeschafft.

Für Verwirrung sorgt der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Jonas“. Der Regisseur Ottomar Domnick, im zivilen Leben Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, bricht in seinem assoziativen Film mit linearen Erzählweisen und arbeitet mit der Symbolsprache der Psychoanalyse. Die vorausschauende Festivalleitung ist sich der intellektuellen Begrenztheit der versammelten Journaille durchaus bewusst und setzt eine Sonderpressekonferenz mit einleitendem Vortrag zur Filmvorführung an.

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