Messer sind nicht nur zum Töten da
Mr. Long kann extrem gut mit dem Messer umgehen. Zunächst demonstriert der Profikiller diese Fähigkeit anhand von mehreren durchgeschnittenen Kehlen und aufgeschlitzten Bäuchen. Später benutzt er dann das selbe Werkzeug, um Gemüse und Fleisch für äußerst schmackhafte Gerichte zu schneiden. Dazwischen liegt eine Reise von Taiwan nach Tokyo und eine Lebensentscheidung. Der japanische Regisseur Sabu stellt in MR. LONG die Frage, ob es jemals zu spät ist für ein anderes Leben.
Stumm ist dieser Mr. Long. Und scheinbar keiner Emotion fähig. Durch die unerwartete Zuneigung eines kleinen Jungen, der ihm in höchster Not auf ganz zauberhafte, kindliche Weise hilft, bekommt dieser Panzer jedoch deutliche Risse. Nach einem schief gegangenen Auftragsmord strandet der Taiwanese Mr. Long halbtot in einem halbverlassenen Viertel in Tokyo. Hier trifft er nicht nur auf den Jungen und seine drogensüchtige Mutter, sondern auch auf eine Gruppe absolut herzlicher und hilfsbereiter, aber ziemlich durchgeknallter Nachbarn. Diese nötigen ihn geradezu, sein Glück mit einer mobilen Suppenküche zu versuchen. Und, siehe da: Das Konzept hat Erfolg. Nebenbei zwingt Mr. Long, noch immer weitestgehend stumm und emotionslos, die junge Mutter zu einem kalten Entzug, indem er sie gefesselt in ihrer Wohnung festsetzt. Nach diesem ruppigen Anfang tasten sich der Profikiller und die junge Frau dann aber doch ganz langsam aneinander an. Allmählich scheint sich alles auf glückliche Weise einer besseren Zukunft zuzuwenden. Doch natürlich können die bösen Mächte nicht einfach so Ruhe geben.
Sabu wäre nicht Sabu, wenn es hier nicht einige ziemlich abgedrehte Einfälle gäbe: Die japanischen Nachbarn fungieren als satirisch überzeichneter Chorus mit diversen Tanz- und Theatereinlagen; sie begleiten Mr. Longs Wandlung auf Schritt und Tritt und verkörpern das Gute, das Hilfsbereite, das Optimistische und Freudige im Menschen. Die Gangster-Kampfszenen, stilsicher choreographiert, haben in ihrer Realitätsferne etwas Comichaftes. Es fließt zwar viel Blut, aber man spürt, dass es kein echtes ist. Die Rückblenden, mit denen die Geschichte von Mutter und Sohn erzählt werden, ziehen sich leider etwas in die Länge, und auch ansonsten fehlt dem Film ein wenig der Biss und die Radikalität früherer Filme des Regisseurs. MR. LONG wirkt ein wenig wie ein blutiges und blumiges Märchen, das der Regisseur ganz konsequent bis zum Ende zu träumen wagt. Doch die Mächte des Bösen fordern ihren Tribut, und nicht jeder Verlust kann wieder gut gemacht werden. Unterm Strich ist MR. LONG ein originelles und unkonventionelles Plädoyer für das Kochen, das Glück und die Menschlichkeit.