Die Familie ist groß, der Zores ist größer

MENASHE erzählt eine kleine simple Geschichte, deren Kern der Grundkonflikt zwischen Mensch und Religion ist: Wie soll der Mensch den Ansprüchen der Religion genügen, wie dem bizarren religiösen Regelwerk folgen, ohne unmenschlich zu handeln? Am Beispiel des Menschen Menashe zeigt sich: Das ist unmöglich, ganz einfach. Und nun kommt ein nächster schöner Satz aus dem Film zum Tragen: Die Familie ist groß, der Zores (Ärger, Probleme) ist größer. Die Gemeinde ist in der Welt von Menashe nur eine Erweiterung der Familie und potenziert den Zores quasi. Menashe ist nicht fromm genug, er hat einen schlechten Job, wenig Geld und er hält sich nicht an die Regeln. Deutlich ist zu sehen, wie ihn die Regeln nerven, aber sie können ihm auch nicht egal sein – wenn ihn die Gemeinde verstößt, steht er vor dem Nichts.
Joshua Z Weinsteins Film ist ein kleiner Film. Mit Laienschauspielern, in Jiddisch. Sein Spielfilmdebüt ist manchmal komisch und immer tragisch. Es profitiert davon, dass Weinstein bisher Dokumentarfilme gemacht hat. Weil er so nah dran ist, zeigt er Sprache, Gebräuche und religiöse Regeln nicht von außen, sondern er bricht das Hermetische der orthodoxen Gemeinde auf. Wir schauen nicht nur drauf, sondern empfinden Empathie und verstehen die Probleme. MENASHE macht den großen Konflikt zwischen Mensch und Religion greifbar. Er stellt die kleine, simple Frage: Warum ist es falsch, dass ein Witwer seinem Sohn ein Vater sein will? Die Religion antwortet mit Tradition und Regeln, mehr hat sie noch nie gemacht. Sie kann nichts erklären, das hat sie noch nie gekonnt. Die kleine, simple Frage kann sich der Mensch nur selbst beantworten – die großen, schwierigen übrigens auch.