Die Kinder verlassen das Haus. Die Mütter Sylvia, Marliese, Rosemarie und Marianna erzählen vom Leben danach. Allein die Grundidee von FREIRÄUME ist schon interessant, denn normalerweise wird diese Konstellation von der anderen Seite aus aufgerollt. Der Abnabelungsprozess vom Elternhaus und der damit verbundene Prozess des Erwachsenwerdens ist Grundmotiv in verschiedensten Kunstgattungen. Müttern stehen dabei meist nur im Weg. Wie es Ihnen tatsächlich in dieser Phase des Umbruchs geht, ist selten von Interesse. Filipa Bauer hat mit ihrer Abschlussarbeit an der Kunsthochschule für Medien Köln eine sehr gelungene Umsetzungsform für das Thema gefunden. Gezeigt werden nur menschenleere Aufnahmen von Familienwohnungen, die zu Singlewohnungen geworden sind. In separaten Kapiteln erzählen Sylvia, Marliese, Rosemarie und Marianna aus dem Off. Unterschiede wie auch Parallelen im Umgang mit der neuen Situation treten hervor.
So lebt keine der vier Mütter mehr mit einem Lebenspartner zusammen, als das letzte Kind das "Haus" verlässt. Damit verstärkt sich noch zusätzlich das Moment des Verlassenwerdens. Sylvia, Marliese, Rosemarie und Marianna vermissen insbesondere den (Gesprächs-)partner, mit dem sie bis dahin ihren Alltag geteilt haben. Jede der Mütter findet einen eigenen Weg damit umzugehen. Marliese möchte eine klare Grenze ziehen. Sie ist nicht glücklich damit, dass Möbelstücke ihrer Tochter in der Wohnung zurückbleiben. Mit "weg ist weg" fasst sie ihre Haltung zusammen. Sie muss sich selbst ein neues Leben aufbauen.
In Bauers Film geht es aber nicht nur um den Moment des Abschieds und des Neufangs. Es werden auch Lebensentwürfe gegen das gehalten, was wirklich daraus geworden ist.
FREIRÄUME wählt eine schlichte Darstellungsform, auf die man sich einlassen muss. Doch der Raum den Bauer den Erzählungen der Mütter gibt und die behutsame Bebilderung mit Wohnungsstilleben macht FREIRÄUME zu einem überzeugenden Dokumentarfilm eines bisher vernachlässigten Themas.
Kommentare ( 1 )
... das klingt traurig. Und ganz nach dem Leben, wie es ist. Wäre spannend eine Fortsetzung mit den Vätern, so in 10 Jahren, wenn die erste Generation der "neuen Väter" ihre Brut in die Welt entlässt... Ob die dann alle wieder in der Kneipe sitzen und auf Festivals fahren und Longboard fahren, wo sie ja ohnenhin den Kapuzenpulli (meist) nie ausgezogen haben trotz Kinder...?
Posted by Christian | 11.02.15 15:33