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September 2014

Preise San Sebastian 2014

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Der Hauptpreis des Filmfestivals von San Sebastian, die Goldene Muschel, geht 2014 an den spanischen Film MAGICAL GIRL von Carlos Vermut. Vermut wurde ebenfalls mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Die Darstellerpreise gingen an Paprika Steen für ihre Rolle in Bille Augusts SILENT HEART und an Javier Gutiérréz für LA ISLA MINIMA (Regie Alberto Rodríguez).

Der deutsche Beitrag PHOENIX von Christian Petzold hat zwar keinen offiziellen Preis gewonnen, dafür aber den Preis der Filmkritikerinnen (Premio FIPRESCI).

SAN SEBASTIAN FILMFESTIVAL 2014: FELIX AND MEIRA von Maxime Giroux

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Meira ist eine junge Mutter und Ehefrau, die mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde in Montreal lebt. Trotz der sie umgebenden Millionenmetropole verläuft das Leben von Meira wie in einem abgeschotteten Paralleluniversum. Der Tagesablauf der Kleinfamilie ist von festgelegten Religionsvorschriften geprägt, die dem Individuum wenig Raum lassen. Es gibt genaue Verhaltensgebote und Kleidungsvorschriften für Männer und Frauen, die jeden Bereich des Lebens umfassen. Ein Kontakt mit außerhalb der Gemeinde stehenden Personen ist dabei ebenso verpönt, wie moderne Medien oder Unterhaltungsmusik. Meira wahrt zunächst den Schein, begehrt innerlich aber immer stärker gegen die sie umgebenden Zwänge auf. Ein kleiner Tabubruch reiht sich bald an den nächsten. Als sie durch Zufall auf den wohlhabenden Single Felix trifft, gerät eine Lawine ins Rollen, die nicht mehr aufzuhalten ist.

Giroux unterlegt weite Teile seines Films mit einer Sepia-Färbung, die perfekt zu der archaischen Welt passt, in der sich Meira bewegt. Zusätzlich unterstützt wird diese Atmosphäre durch die klug ausgewählte Filmmusik, die zwischen strengen Klarinettenklängen und verschiedenen Spielarten moderner Popmusik hin und her pendelt. Als weiterer Kunstgriff dient der verwendete Sprachenmix aus Französisch, Englisch und Yiddish, der zu einer realistischen Anmutung des Gezeigten beiträgt.

FELIX AND MEIRA nimmt den Zuschauer mit in eine durch und durch von religiösen Vorschriften und Riten dominierte Welt, die für Außenstehende normalerweise verschlossen bleibt. Das für sich genommen ist schon interessant und faszinierend. Das der Film dabei aber in der Darstellung seiner Charaktere ohne jede Schwarz-Weiß-Malerei auskommt, ist seine größte Stärke. So wird Meiras Ehemann nicht als verblendeter Fanatiker verteufelt, sondern in erster Linie als Liebender gezeichnet, der verzweifelt versucht, seine Frau zurück zu gewinnen. Langsam und unaufhaltsam entfaltet sich ein Ehedrama, in dem es kein glückliches Ende für alle Beteiligten geben kann. Egal, welche Entscheidung Meira letztlich auch treffen wird, stets muss dafür jemand einen hohen Preis bezahlen.

SAN SEBASTIAN FILMFESTIVAL 2014: EDEN von Mia Hansen-Løve

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Der Film BERLIN CALLING ist ein Beispiel, wie ein Stück elektronische Musikgeschichte mitreißen kann. EDEN ist ein ähnlicher Versuch, aus dessen Sog gleichbleibender Langeweile man sich nach spätestens 60 Minuten hinweg wünscht, aber weitere 60 Minuten gefangen bleibt.

Sven Hansen-Løve war in den 90ger Jahren erfolgreicher Garage und House DJ. EDEN ist ein Film seiner Schwester Mia über seinen Werdegang. Er selbst hat an dem Drehbuch mitgeschrieben

Über einen Zeitraum von 20 Jahren folgen wir Svens Alter Ego Paul durch Clubs, ziehen unzählige Lines und sehen eine Beziehung nach der anderen scheitern.

Mag sein, dass man zu EDEN einen Draht bekommt, wenn man damals selbst dabei gewesen ist. Es kann auch sein, dass die Oberflächlichkeit des Films die Oberflächlichkeit der Szene wiedergibt. Als Außenstehender bleibt EDEN aber nur ein selbstverliebter Film, der nicht die notwendige Distanz aufbaut, um aus dem Stoff eine interessante Geschichte zu machen. Daran ändert auch der Gastauftritt von Indiestar Greta Gerwig nichts.