Die Angst geht um in einer parkähnlichen eingezäunten Wohnanlage am Rande einer namenlosen Stadt irgendwo in Argentinien. Aber auch die Menschen, die in der Stadt wohnen, müssen mit einem ständigen Bedrohungsgefühl fertig werden. Der Sommer ist brütend heiß. Menschen verhalten sich seltsam. Vor allem – nichts funktioniert mehr so richtig: Der Lautsprecher des Hubschraubers, der zu Beginn der Films über die Stadt fliegt und die Menschen auffordert, die teils illegalen Siedlungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verlassen, setzt immer wieder aus. Alarmanlagen im bewachten Wohnpark fangen grundlos an zu heulen und Aufzüge bleiben immer wieder stecken. Es ist eindeutig: Hier rottet eine Gesellschaft langsam vor sich hin, alle misstrauen einander und niemand fühlt sich sicher.
Benjamin Naishtat erzählt keine Geschichte im eigentlichen Sinne. HISTORIA DEL MIEDO vermittelt ein Gefühl. Es geht dem Film um Atmosphäre nicht um Narration. Die unterschwellige Bedrohung ist immer spürbar und manchmal äußert sie sich auch in Aggression und körperlicher Gewalt. Naishtat setzt den nervtötenden Lärm des Polizeihubschraubers, von Sirenen oder von Zügen ein, um diesen Eindruck noch zu verstärken. Im Fernsehen der Stadt laufen rätselhafte Sendungen – über Polizeieinsätze, die anscheinend lange zurückliegen oder über die Folgen eines vermeintlichen Meteoriteneinschlags. Der Zaun, der die Welt des Parks vom Rest der Stadt trennt hat etwas Lächerliches. Es gibt die, die im Park leben, die die in der Stadt in Appartementhäusern leben und diejenigen, die für diese beiden Gruppen arbeiten. Am Ende treffen bei einer Feier Vertreter dieser drei Klassen zusammen. Angst haben sie alle. Die Frage bleibt: Wovor eigentlich genau?
Naishtat behandelt in seinem Film ein uraltes Thema. Das macht nichts. Mit Themen wie Angst und sozialer Gewalt werden wir uns auseinandersetzen solange es Menschen gibt. Das Problem von HISTORIA DEL MIEDO ist: Naishtat findet keine neuen Bilder und keine neue Erzählweise für seine Themen. Gerade im Forum der Berlinale waren sehr ähnliche Filme schon oft zu sehen. Was also hat ausgerechnet dieser Erstlingsfilm im Wettbewerb verloren? Der Zuschauer hat nach fünf Minuten verstanden, worum es geht. Dann gibt es keine Entwicklung, keinen neue Konflikt, keine Überraschungen mehr. So vermittelt HISTORIA DEL MIEDO außer einem Gefühl der Angst vor allem ein Gefühl der Langweile.