Yoji Yamada, japanischer Regisseur Jahrgang 1931, ist ein Meister der leisen Töne. In seinem Wettbewerbs-Beitrag CHIISAI OUCHI (The Little House) zeigt er einmal mehr, wie man eine Geschichte großer Gefühle mit kleinen Gesten erzählen kann. Leider verliert er sich diesmal allzu sehr in einer betont harmlosen und beschwichtigenden Erzählweise – und nimmt dem Film damit die in ihm steckende Brisanz. Was bleibt, ist eine Geschichte, die eigentlich höchst erwachsene Themen verhandelt, sich aber so gibt, als müsse sie für ein Kind erzählt werden.
Der junge Takeshi findet nach dem Tod seiner Großtante Taki, die in hohem Alter unverheiratet und kinderlos gestorben ist, deren Memoiren. Diese führen zurück in das Tokio der unmittelbaren Vorkriegszeit und der Kriegsjahre. Als junges Mädchen vom Land tritt Taki als Dienstmädchen in den Haushalt der recht wohlhabenden Familie Hirai ein: Vater, Mutter Kind, die in einem modernen, nach westlichem Vorbild gebauten kleinen Haus mit rotem Giebeldach leben. Vater Hirai ist Spielzeugfabrikant, die Mutter – natürlich – Hausfrau, der kleine Junge äußerst wohlerzogen. Hier verliert Taki ihren hinterwäldlerischen Akzent und sie findet ein Vorbild in der bildschönen und liebevollen jungen Hausherrin. Als ein junger, künstlerisch interessierter Mann mit ausgeprägtem Beatles-Pilzkopf-Haarschnitt in Herrn Hirais Firma eintritt und die Familie regelmäßig besucht, bahnt sich eine komplizierte Liebesgeschichte an.
Mit feinem Gespür für die strengen Konventionen der damaligen japanischen Gesellschaft, für die absolute Zurückhaltung in Gefühlsdingen und gleichzeitige extreme soziale Kontrolle, für die immer stärker werdende nationalistische Propaganda und allem zugrunde liegende patriarchale Ordnung, zeigt Yamada auf, wie sich innerhalb dieses engen Korsetts aus Normen eigenständige, gar rebellische Gefühlsregungen behaupten können. Die Geschichte der Taki, im Grunde nur Beobachterin des eigentlichen Dramas, ist zugleich – auf mittelbare Weise – eine leise Emanzipationsgeschichte. Leider treten die Konflikte, die dadurch aufbrechen, nie wirklich an die Oberfläche, alles wird unter den Teppich gekehrt. Das ist auf Dauer zwar hübsch anzusehen, aber doch etwas unbefriedigend. Und so hätte man sich gewünscht, dass Yamada den Film dann doch ein wenig mehr für Erwachsene gemacht hätte.