Jesús ist ein junger Mann, der Aufmerksamkeit um jeden Preis will, dazu inszeniert er nur zur gerne die eigene Lebenskrise. Er ist ein unerschöpfliches Reservoir von negativer Energie. Und von dieser Energie wird Cem magisch angezogen. Es ist die alte Geschichte von den Gegensätzen, die sich anziehen, die Tim Staffel in der Verfilmung seines eigenen Romans auf die Leinwand bringt: Jesús der völlig ziellose, stets bekiffte Egomane, der lügt und betrügt, um sich auch nur den kleinsten Vorteil zu verschaffen und Cem, der beim Ordnungsamt arbeitet, das Abitur an der Abendschule nachmacht und studieren will. Aus einer zufälligen Begegnung entwickelt sich eine Beziehung, die immer mehr in den selbstzerstörerischen Irrsinn abdriftet.
Tim Staffels Film ist eine Zumutung und das ist nicht negativ gemeint. Die Schwäche von WESTERLAND sind, die Rückgriffe auf Klischees: Jugendliches Pathos, halbgare Selbstmordinszenierungen, schwache Nebenfiguren und der eine oder andere hölzerne Dialog. Seine Stärke ist Konsequenz in der Zumutung. Die Abwärtsspirale in der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten – ob falsch verstandene Freundschaft oder wahnwitzige Liebe, muss jeder Zuschauer für sich entscheiden – wird mit Härte vorgeführt.
Die Schwächen des Films werden durch die beiden Hauptdarsteller wettgemacht: Wolfram Schorlemmer als Jesús und Burak Yigit als Cem liefern eine sehr beeindruckende schauspielerische Leistung ab. Gleichzeitig schaffen die Bilder von Kameramann Fabian Spuck eine stimmige Atmosphäre. So düster und armselig hat man Sylt noch nicht gesehen. Der Inselwinter ist so trist wie die Zukunftsaussichten der Hauptfiguren. WESTERLAND bleibt im Gedächtnis, weil das darstellerische Vermögen von Schorlemmer und Yigit alle Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich zieht.