Berlinale Countdown:
A THIN RED LINE von Terrence Malick (1999)

Sehr schweigsam hat der Film uns gemacht. So schweigsam, dass das rituelle Nach-Film-Bier ausfiel. Was gab es noch zu sagen? Nach solchen Bildern, solch einem Film. Inzwischen habe ich alle Malickfilme gesehen. Dieser bleibt der eindrücklichste und ausgewogenste.

Ebenfalls auf der Berlinale lief vor ein paar Jahren A NEW WORLD: Sehnlichst erwartet und dann eine Katastrophe. TREE OF LIFE gewann in Cannes - und kaum ein Gewinner dürfte so sehr gespalten haben. Malick riskiert etwas mit jedem Film und so manches Mal scheiterte er.

Zu finden sind die Malickzutaten aus roher, unbeeindruckter Natur und menschlichen Wünschen wie Unzulänglichkeiten in all seinen Werken. Auch in dem Gewinnerfilm A THIN RED LINE (Der Schmale Grat). Da gelang ihm darüber hinaus ein Ensemblefilm mit dutzenden Schauspielern, ein Naturfilm mit minutenlangen Einstellungen von Dschungel und Getier, ein Kriegsfilm mit den üblichen Zutaten, ein Essayfilm über den Mensch in der Masse, ein Drama um Leben, Tod und Sehnsucht. Alles, was in A NEW WORLD total und in TREE OF LIFE eher misslang, glückte hier: Einen Film zu schaffen, der irgendwie von allem handelt, was Menschsein ausmacht.

In Erinnerung geblieben sind die fast hippie-artigen Deserteure bei den vielleicht etwas zu unschuldig-schönen Wilden im Pazifik Atoll - und dann die Rückkehr in den Krieg, zu den Maschinen, in den Tod. Oder die Szene von dem Soldaten, dessen Optimismus und Lebenswille durch die Vorstellung der Rückkehr zu seiner geliebten Frau bestimmt ist - die ihm dann in einem Brief mitteilt, dass sie einen anderen hat. Oder wenn unten die Soldaten durch das Dickicht streifen, kurz vor der Schlacht, und oben ein Affe im Baum sitzt und einfach glotzt.

Das ist so sehr Kino, so sehr Malick und in dieser eigentlich unmöglichen Mischung so sehr das Gegenteil von Filmen, wie sie zu 95% sonst gemacht werden. Es ist so sehr Filmkunst, dass es uns eben die Sprache verschlug damals.

Ich wüsste gern, wie viele junge Männer in den Film gingen, weil er mit Sean Penn und Nick Nolte, mit Georg Clooney und John Travolta u.v.a. mehr war und als Kriegsfilm geteasert wurde. Eins ist sicher: Den nächsten Rambo, den nächsten Metzelfilm haben diese jungen Männer anders betrachtet. Und alle, die ein cineastisches Erlebnis und keinen Ballerfilm erwartet hatten, waren beglückt. Für mich ist A THIN RED LINE das Schlusswort zu allen Filmen über den Zweiten Weltkriegs.

Dass ausgerechnet das Heldendrama SAVING PRIVATE RYAN im selben Jahr in die Kinos kam und mit seiner eindimensionalen, spielbergigen Alles-wird-am-Ende-gut-Botschaft die Kassen klingeln ließ, dürfte Malick nicht gestört haben.

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Titel

Orignaltitel

Thin Red Line

Deutscher Titel

Der Schmale Grat

Englischer Titel

The Thin Red Line

Credits

Regisseur

Terrence Malick

Schauspieler

Adrien Brody

George Clooney

John Cusack

Woody Harrelson

Nick Nolte

Sean Penn

John C. Reilly

John Travolta

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

1998

Dauer

170 min.