Crossing Europe 2011 - Impressionen

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Wer sich bisher immer beschwert hat, dass es auf der Berlinale so frostig ist, seit dem sich die Gründungsväter dazu entschieden haben, das Festival vom Juli in den Winter zu legen, der sollte nicht vergessen, dass ein verregnetes Sommer- oder Frühlingsfestival-Festival den Wohlfühlfaktor auch nicht in unbekannte Höhen treibt. Und selbst wenn die Sonne scheint: Warum sollte man sich anstatt in einem Straßencafé das Fussgängerpanorama zu bewundern in einen dunklen Vorführraum einsperren lassen?

Linz konnte bisher in jedem Fall mit beiden Wetterstimmungen dienen. Der Empfang am Freitag war nasskalt und forsch. Schnell habe ich mich also in die erste Festivalvorstellung geflüchtet, die meine melancholische Grundstimmung aber nicht weg projizieren konnte. Heute am Samstag strahlt die Sonne und es scheint mir absurd, einen Spaziergang an der Donau gegen die erste Vormittagsvorstellung einzutauschen. Eigentlich sollte ich mich aber gar nicht darüber beschweren, dass die ausrichtende Festivalstadt so attraktive Nebenaspekte mit ins Spiel bringt. Sie trägt damit zum positiven Gesamteindruck des Festivals bei.

Crossing Europe ist vor allem ein entspanntes Festival. Man merkt das sofort, wenn man im Pressebüro seine Akkreditierung abholt. Unkompliziert bekomme ich mein Festival-Wecome-Package und dann lacht mich beim Herausgehen ein Kühlschrank an. Dieser Kühlschrank ist mit Gratis-Getränken für die Akkreditierten bestückt. Neben Wasser und diversen Säften finden hier heißgelaufene Cineasten-Seelen auch…man mag es kaum glauben…Bier! Man stelle sich so einem Kühlschrank im Festivalzentrum der Berlinale vor. Ich sehe bereits vor meinem geistigen Auge den Großstadtjournalisten, wie er siegesgewiss und im Vorgefühl seines Triumphes mit einem Trecking-Rucksack ins Hyatt stolziert.

Mit einem heiteren Kopfschütteln begebe ich mich wieder in das Foyer des OK-Festivalzentrums, das mit seiner ungewöhnlichen Betonarchitektur überrascht. Dann sehe ich durch die Glasscheide des Festival-Cafés eine lebendige Festivalgemeinde und fühle mich gleich in eine Zeit zurückversetzt, ohne genau sagen zu können in welche. Mein nostalgisches Gefühl verstärkt sich, als ich nach der ersten Filmvorführung das dringende Verlangen nach einem Verlängerten verspüre. Ein wohl bekannter und längst vergessener Geruch strömt mir entgegen: Rauch. Hier darf man also tatsächlich noch seine Leidenschaft für Zigaretten ausleben und in jeder Gesprächsgruppe sieht man dann auch einen Fan. Erst jetzt begreife ich richtig, was das Rauchverbot mit Deutschland macht: es nähert sich mit jedem Schritt der abschreckenden Werbehalluzination eine sterilen und heilen IKEA-Welt.

Bereits nach dem ersten Tag in Linz wird einmal mehr klar, das jedes Festival seine Einzigartigkeit jenseits seiner Projektionen lebt.

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