Il Giardino dei Finzi-Conti (Der Garten der Finzi-Contini) von Vittorio de Sica

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Holocaust a la Hamilton

Der gigantische Garten, eher Park, der Finzi-Contini ist ein Garten Eden mit Tennisplatz. Dort treffen sich in den 30er Jahren die vom faschistischen Staat immer mehr ausgeschlossenen jungen Juden der Stadt Ferrara. Giorgio stammt aus einem bürgerlichen Haushalt und liebt Micòl, die Tochter derer von Finzi-Contini, einer sehr wohlhabende Familie Italiens. Seit Kindertagen kennen die beiden sich und Giorgios Hoffnung auch in diesen Zeiten der Diskriminierung und Ausgrenzung, seine Literaturstudien fortzusetzen und seine Liebe zu Micòl leben zu können scheitert am Ende. Allerdings weniger an den italienischen Rasse-Gesetzen, die denen in Deutschland gleichen, sondern einfach an den Gefühlen seiner Angebeteten, die ihn zurückweist, weil sie für ihn eher wie für einen Bruder fühlt.

In strahlenden, manchmal fast an David Hamilton Fotos erinnernden Einstellungen, erzählt der Film eine auch in Deutschland schön des öfteren erzählte Geschichte: jüdische Familien zur Zeit des Faschismus. Wie diese Menschen ausharren, nicht glauben wollen, dass es immer schlimmer wird und im Falle der Finzi-Contini und ihrer Freunde in eine durch Wohlstand ermöglichte Isolierung flüchten, um die „schlechten Zeiten“ zu überstehen. Das wird ihnen aber nicht gelingen: als wenn man es schon während der vielen Szenen im wunderbaren Park geahnt hätte, liegt am Ende das Anwesen verwaist und verfallen da, einziges Relikt der in den Vernichtungslagern ermordeten Existenzen.

Die langsame Erzählweise, das Gatsby-artige Treiben auf dem Anwesen, die Sorglosigkeit der Bewohner, dazu der kränkelnde Bruder Micòls (gespielt vom feschen Helmut Berger) als Metapher auf die italienische Gesellschaft, sowie der eigentlich abwesende Krieg, tragen zu der fast märchenhaften Atmosphäre bei. Aber es genügt ein Telefonanruf und Schweigen am Ende der Leitung, ein Blick in die Zeitung, und die vermeintliche Ausgelassenheit und Unbekümmertheit zerbricht. Eigentlich scheinen die Familien die Richtung zu erahnen, die all das für sie nehmen könnte, weigern sich aber, diese Tatsachen zu akzeptieren.

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Im Hinblick auf die Renaissance faschistischer Bewegungen im heutigen Italien, dem unverschämt selbstverständlichen Umgang der Regierung Berlusconi mit Vertetern solcher Gruppierungen und Parteien auch die Selbstverständlichkeit, mit der man auf italienischen Straßen Duce Büsten, Fahnen und ähnliches kaufen kann, bräuchte es wohl eine neue Welle solcher Filme und Bücher (der Film basiert auf dem Roman mit dem gleichen Titel von Giorgio Bassani). So könnte der zunehmenden Verklärung jener Zeit, der Verehrung des Duce oder dem Treiben seiner geistesgestörten Enkelin, die in Berlusconis Partei arbeitet, Einhalt geboten oder zumindest eine Diskussion hervorgerufen werden.

Il Giardino dei Finzi-Contini gewann 1971 auf der Berlinale den Goldenen Bären, ist aber in den Nachwehen des Chaosjahres 1970 und der dann folgenden Gründung des Forums ein wenig untergegangen. Der Film gewann aber darüber hinaus noch einen Oscar und wurde zum besten italienischen Film des Jahres gewählt.
Wiedersehen wird empfohlen.

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