Komplex mit Mutter
Die Straße am Anfang, minutenlang der Blick nach vorn durch platte Landschaft. Nichts geschieht und doch ist viel geschehen. Ein junger Mann wird von den Financiers einer Firma in die Provinz geschickt, um die Rentablität einer Fabrik zu überprüfen. Er hat einen Platten, sucht Hilfe, es passiert ein Unfall. Als er am nächsten Tag ankommt, ist in der Fabrik gedrückte Stimmung: der Eigentümer ist umgekommen. Der Mann im Anzug will nun die gemächlichen Prozesse in Schwung bringen und beginnt - man kann nur sagen aus dem Nichts - ein Verhältnis mit der Witwe. Deren Bruder ist nicht nur gegen die Reformen, sondern aus einem noch nicht erklärbaren Grund auch gegen die Beziehung. Aber alle Leidenschaft und Wut und Trauer ist nur zu erahnen.
Alles scheint innerhalb einer Woche zu geschehen, der tote Patriach wird nicht mehr erwähnt, auch die Töchter reden kein Wort mehr über ihn, die Mutter trifft ihren jungen Liebhaber, Unfälle in der Fabrik häufen sich.
Der junge Mann erfährt, dass seine Geliebte einen Sohn zur Zeit der Militärdiktatur bekam, den man ihr wegnahm. Er selbst wurde adoptiert. Es liegt also die Vermutung nahe, dass….
Genau diese Vermutung bestätigt sich und auch, dass die Reifenpanne vom Anfang zum Tod des Mannes geführt hat, der sein Vater war. Ein kurzer Dialog über eine antike Geschichte sind dann aber der einzige Verweis auf diesen klassischen Stoff, in dem Ödipus den Vater tötet und mit seiner Mutter schläft und das Imperium (in diesem Fall die Fabrik und die Familie) zerbricht.
Mit unbedingtem Stilwillen erzählt, ist der dialogarme, sehr langsame Film eine Art moderne Metapher auf das Schicksal und wie wenig wir Einfluss darauf zu haben scheinen. Unendlich langsame Kamerafahrten, Unschärfe, fixe Kameraperspektiven, wodurch viel Geschehen außerhalb des Bildrahmens geschieht, die Einteilung in dramaturgisch jedenfalls nicht erklärbare Kapitel tun ihr Übriges den Film zu einem sehr hermetischen Werk zu konstruieren. Der Regisseur schert sich nicht um Kausalitäten oder Erklärungen, auch nicht die Motivation der Figuren offenzulegen. Wir schauen nur zu, genau wie die Figuren, das Drama scheint von den Göttern vorbestimmt und alle spielen ihre Rolle bis zum Schluss.