"Mammoth" von Lukas Moodysson


Man nehme eine sehr große Prise „Babel“, vermische diese mit dramatischen Szenen aus einem Operationssaal und garniere das Ganze dann mit Globalisierungskritik. Nun füge man noch den schon bewährten Gael García Bernal und Michelle Williams als Hauptdarsteller hinzu und backe daraus einen total kritischen aber natürlich auch emotional sehr bewegenden Film. So ähnlich könnte das Rezept für "Mammoth" von Lukas Moodysson gelautet haben.

Erzählt wird die Geschichte eines reichen, schönen Ehepaares, das mit seiner kleinen Tochter in einer traumhaften Wohnung in Soho lebt. Da die Ehefrau als Chirurgin auf einer Unfallstation jeden Tag von früh bis spät um das Überleben ihrer Patienten kämpft und ihr Mann als Besitzer einer erfolgreichen Internetplattform beruflich stark eingebunden ist, kümmert sich ein philippinisches Kindermädchen um den Haushalt und die Erziehung der Tochter. Als der Mann geschäftlich nach Thailand verreisen muss, setzt diese Reise eine Kette von Ereignissen in Gang, die das Leben der Kleinfamilie dramatisch verändert.

"Mammoth“ kopiert wirklich hemmungslos den sowohl formal als auch inhaltlich weit überlegenen „Babel“ von Alexandro González Iñárritu. Auch hier gibt es wieder eine Story, die weltumspannend an Schauplätzen in New York, Bangkok und den Phillipinen angesiedelt ist und auch hier sollen ganz große Fragen nach Schuld und Verantwortung behandelt werden. Dies geschieht aber auf einem Niveau, dass sich zu oft am Rande der Kitschschmerzgrenze bewegt. Möglicherweise hat Lukas Moodysoon mit „Mammoth“ eine gute Absicht verfolgt, die Umsetzung ist ihm aber vollständig misslungen. Was bleibt, sind 120 Minuten schöne Bilder aus dem Leben eines Yuppie-Elternpaares, das erst mühsam herausfinden muss, dass Geld alleine auch nicht glücklich macht, verquirlt mit einer oberflächlichen „we are the world“- Attitude.

Abschliessend sei als Randbemerkung noch darauf hingewiesen, dass nach Ozons „Ricky“ dies nun schon der zweite Film der diesjährigen Berlinale ist, in dem das Lied „The Greatest“ von Cat Power zur Untermalung von Familienszenen Verwendung findet.

Kommentare ( 5 )

Zitat: "Als der Mann geschäftlich nach Thailand verreisen muss, setzt diese Reise eine Kette von Ereignissen in Gang, die das Leben der Kleinfamilie dramatisch verändert."


Hat der Autor dieses Blogs den Film wirklich gesehen? Ich habe meine Zweifel.

Ich habe jedenfalls keine Veränderungen gesehen, die das Leben der Kleinfamilie drastisch verändert haben, jedenfalls keine die durch diese Reise "ausgelöst" wurden. Im Gegenteil der Film endet, wo er angefangen hat, die Reise löst eben gerade keine Veränderungen aus!

Die Ereignisse, die passieren, sind eben gerade keine Kette, die in Gang gesetzt wurde, sondern geschehen unabhängig voneinander. Leos Reise verursacht nicht die Vergewaltigung des Sohnes der Nanny, er löst auch nicht die finanziellen Probleme der thailändischen Mutter, die sich prostituiert, um ihr Kind zu ernähren. Ebenso sticht die Mutter nicht auf ihr Kind ein wegen Leos Reise. Der Blog-Autor suggeriert hier eine logische Kette, die nicht vorhanden ist. Hier geht es gerade eben auch um die Machtlosigkeit der Menschen gegenüber dem Unglück.

Sollte der Autor des Blogs den Film tatsächlich gesehen habe, bitte ich um Erläuterung, erweitere ja gerne meinen Blick auf den Film, den ich für überaus bemerkenswert halte.

Den Satz hat der Autor wohl aus der offiziellen Filmbeschreibung genommen ("Als Leo eine Ge­schäfts­reise nach Thailand un­ter­­nimmt, löst er ungewollt eine Ketten­reaktion aus, die dramatische Kon­se­quenzen für alle Beteiligten haben wird."). Ist mir aber auch aufgefallen - Kettenreaktion war wohl mal wieder "Babel", ist aber auch schwer, die beiden auseinanderzuhalten.
Wenn Du den Film gut fandest, wird Dir mein Review (www.rarara.de) wohl auch nicht so gut gefallen.

Vielleicht sollte man einfach aufhören, den Film mit "Babel" in einen Topf stecken zu wollen. "Babel" hatte andere Ansprüche und andere Ziele. "Mammoth" hat nicht den Anspruch ein neuer "Babel" zu sein, warum auch, den gibt es ja schon. Nicht jeder Film der sich mit dem Thema Globalisierung auseinandersetzt, muss das zwangsläufig so tun, wie es in "Babel" der Fall war. Das Thema Globalisierung hat eine Menge Facetten und dementsprechend vielfältig sind die Blickwinkel darauf. Wenn Du Dir den Film ohne "Babel-Blick" noch einmal anschauen würdest, würdest Du bestimmt auch seine Stärken erkennen, die eben ganz andere sind.

@Ben: Doch mir gefällt Deine Rezension. Zumindest gewinne ich den Eindruck, dass Du nicht einfach nachplapperst, was andere zu vor geschrieben haben, sondern den Film tatsächlich gesehen hast und eine stimmige Zusammenfassung gibst. Und wie ich oben bereits geschrieben habe, ohne Deine Rezension zu kennen, setze Deine "Babel-Brille" einmal ab beim Film gucken und erkenne wofür der Film für sich genommen steht. Für die Ohnmacht in alltäglichen Situationen, für den Wunsch, Dinge verändern zu wollen, auf die wir keinen Einfluss haben, für die leise Resignation am Ende, das sich-wieder-Eingliedern in die Rolle, die man in der Gesellschaft eingenommen hat "We need another nanny". Das tägliche Leben ist so oberflächlich, auch wenn wir es uns wohlmöglich anders wünschen. Wir sehen das Elend, wollen etwas verändern und kaum sind wir wieder in unserem Alltag, passen wir uns wieder an und verdrängen. Außerdem zeigt der Film, dass "Geld geben" nicht einfach die Lösung ist. Leo glaubt, er könne Cookie ein besseres Leben ermöglichen, in dem er ihr den wertvollen Füller dort lässt. Doch der Wert des Füllers wird in Cookies Kreisen gar nicht erkannt und bleibt so wertlos für sie. Leo fährt mit dem Gefühl nach Hause, geholfen zu haben, in Wahrheit jedoch blieb seine Hilfe wirkungslos. Ohnmacht.

Filmkritik ist wie alle Kunstkritik immer sehr subjektiv. Die eine Wahrheit gibt es nicht über einen Film. Daher ist doch spannend, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Um so grösser ist der Anreiz selbst in den Film zu gehen und sich seine eigenen Meinung zu bilden.

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Titel

Orignaltitel

Mammoth

Credits

Regisseur

Lukas Moodysson

Schauspieler

Gael García Bernal

Marife Necesito

Michelle Williams

Drehbuch

Produzent

Michal Leszczylowski

Kamera

Marcel Zyskind

Land

Flagge SchwedenSchweden

Jahr

2009

Dauer

120 min.

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