"It might get loud" von Davis Guggenheim

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Was für ein Film! Was für Musik! Was für ein Spaß!
Danke, Regisseur Davis Guggenheim. Danke für die ziemlich coole Idee, dieses Rock-Generationen-Treffen zu organisieren: Am nunmehr historischen 23. Januar 2008 kamen Jimmy Page, The Edge und Jack White zusammen um „über die E-Gitarre zu reden“, wie es zu Beginn des Films heißt – und gemeinsam zu rocken.

Neben dem grandios sympathischen und erstaunlich gut gelaunten Zusammentreffen und der Session begleitet die Dokumentation die drei Stars auf Ausflügen in ihre ziemlich unterschiedlichen Vergangenheiten. Dabei wird allerhand Erhellendes und Skurriles zu Tage gefördert. Wer wüsste schon, dass Jack White vor den Raconteurs und den White Stripes mit einem Kollegen in einer Band namens „Polstermöbelbezieher“ (upholstery) spielte – aus der Zeit einer dreijährigen Lehre als Polsterer. Aus dem Format, Drum und E-Gitarre, enstanden später gemeinsam mit seiner Schwester Meg die White Stripes. Außerdem erfahren wir eine Menge über die Entstehung der drei unterschiedlichen und einzigartigen Stromgitarrenstile. Vor allem aber wird klar: Für diese drei hat die Gitarre eine ganz besondere Bedeutung. Das Gitarren wie Frauen sind ist ein viel zitiertes Klischee, aber diese Liebe, diese Verehrung ist hier echt.

Erfreulich: In diesem Film wird nicht rumgelabert, sondern gerockt. Investigative Fragen nach dem Motto, „wie ist der Prozess des Songschreibens bei ihnen, Jimmy Page?“ werden abgebügelt: Da gibt es keinen Prozess, das ist wie mit jeder Kreativität, sagt der Meister: Das fließt raus. Und das haben diese drei Ausnahmekünstler gemeinsam: Die Energie; die Energie die entsteht, wenn die Gitarre eingesteckt wird, und die ungeheure Energie, die aus diesen drei Künstlern fließt. Irgendwie weiß man nicht, wer mehr unter Strom steht: Die Gitarren oder die Gitarristen. Die Energie die hier entsteht heißt „Rock ’n Roll“. Ich empfehle diesen Film als offiziellen Rock-Lehrfilm.

Die Erweckungserlebnisse der drei sind verschieden. Page legt Link Wrays „Rumble“ auf und freut sich einfach nur einen Ast über den grandiosen Sound. Jack White führt seinen Lieblingssong der schwarzen Delta-Blues-Ikone Son House vor, der nur aus rhytmischem Klatschen und Gesang besteht – aber rockt, so White. „Wir haben die White Stripes erfunden und hinter dieser infantilen Ästethik und dem ganzen Style versteckt“, sagt er. „Und dabei versuchen wir im Grunde immer nur diesen Song zu spielen – bis heute.“

Alle drei beziehen sich – natürlich – auf diesen schwarzen Blues, auf Robert Johnson, auf frühen Rock und auf Rockabilly, und natürlich, Punk, auf Clash, die Ramones, usw. Und: Top of the Pops, die bis in die achtziger Jahre einzige Fernsehsendung mit Live-Musik war – darunter jede Menge Schrott, Stilverbrechen und ein paar Rockperlen. (Bloß Jimi Hendrix, ohne den die E-Gitarre so schließlich auch nicht denkbar wäre, kommt in der Doku irgendwie nicht vor).

Die Begegnung der drei ist vergnügt und immer unterhaltsam; die Jam Session vom feinsten. Nur als Jimmy Page „Whole Lotta Love“ spielt, da schauen die beiden Jüngeren bewundernd dem Mann und der zu, die auch sie beide geprägt haben dürfte. Dafür wird bei „I will follow“ und „Dead Leaves and the Dirty Ground“ umso mehr gemeinsam gerockt. Jack White, der Jüngste, braucht sich hier gar nicht zu verstecken. Wenn einer überhaupt ein kleines bisschen abfällt, dann höchstens The Edge, der fast schon provozierend normal und verdammt nett rüberkommt (übrigens auch bei seinem kurzen Live-Auftritt im Friedrichstadtpalast) - während Jack White und Jimmy Page ihre Kreativität durchaus mit einer angemessenen Portion Verschrobenheit veredeln.

Ist das „nur“ einer der unterhaltsamsten Musikfilme aller Zeiten, der jeden begeistern wird, der die Stromgitarre schätzt – oder ist das auch ein „guter Film“? Nein, die Frage wird unverzüglich zurückgenommen, da überflüssig. This Film is Rock!

Kommentare ( 4 )

Ein Wahnsinnsfilm! Ich war gestern auch dabei und bin immer noch völlig begeistert. Es hat einfach nur gerockt und auch für ein paar Gänsehautmomente war gesorgt ('Where the Streets have no name' im Slane Castle Dublin oder 'Stairway to heaven'... einfach nur Wahnsinn)
Und ich find es einfach toll wenn sich drei gestande Männer noch wie kleine Kinder über die Musik freuen können!
Auch ich sage: Danke, David Guggenheim für diesen super Film!!!!

ja ein toller film, schade zwar, dass er nicht ganz auf die Musiker PR Sprechblasen (wir sind noch immer die Band von damals" oder "ich bin immer noch der kleine Junge, der...."). Aber als Page das Riff von Whola lotta Love anstimmt, haben die beiden anderen Pipi inne Augen. Ob sie denken; DAS hätt ich gern geschrieben oder einfach spüren, das hier ist Rock Geschichte- keine Ahnung. Jack White der Coole, Edge der zurückhaltende Tüftler, und Page der schlohweisse Grandaddy, der schon verdammt viel gesehen hat, keine Attitüden mehr braucht.
Neben uns saß H.U. Klose von der SPD - die könnten im Moment etwas mehr ROCK vertragen....

Großartig ist die Szene, in der Jimmy Page zu Link Wrays "Rumble" Air Guitar spielt. Da freut der sich wieder wie ein kleines Kind. Außerdem möchte ich ml eine Woche mit seiner Plattensammlung allein sein (oder besser ein Jahr).
Sehr schön auch: Wenn Jack White mal nicht seine ultracoolen "ich bin ein Freak"-Klamotten anhat (was selten vorkommt), sieht er aus wie der dicke Junge von nebenan.
Etwas mehr Jammen wäre schon gewesen. Ich wette, White und Page könnren zusammen einfach 20 Blurs-Klassiker hintereinander raushauen. Aber das ging mit "The Edge" dem begnatedeten Technik-Frickler eben nicht. Und weil das ein Netter ist, sollte man ihn auch nicht außen vorlassen.

...wenn ich drüber nachdenke, war es trotz all der Blues Verbeugungen eine ziemliche White-Guys nummer und wie Rene schon sagte, bei einer Doku über Gitarren, Jimi H. mit keinem Wort zu erwähnen, zumindest eigenartig. Und mit Ben Harper oder Vernell Reid gibt es ja auch einiger rockende Schwarze - wenn man schon so sehr die schwarze Musik abfeiert...sei's drum

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Titel

Orignaltitel

It Might Get Loud

Credits

Regisseur

Davis Guggenheim

Schauspieler

Jimmy Page

The Edge

Jack White

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2008

Dauer

97 min.

Impressum