"Football Under Cover" von David Assmann und Ayat Najafi

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Marlene aus Kreuzberg lernt 2006 auf dem Berlinale Talentcampus den iranischstämmigen Ayat kennen. Beide hatten gerade einen Kurzfilm über Fußball gedreht, Marlene über ihre Kreuzberger Mannschaft BSV Al-Dersimspor, Ayat über eine Fußballspielerin in Iran. Die beiden Fußballbegeisterten haben eine gemeinsame Idee: Ein Fußballspiel von Marlenes Mannschaft in Teheran zu organisieren, gegen die iranische Frauen-Fußballnationalmannschaft. Die existiert, spielt aber unter erschwerten Bedingungen: In der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in der Halle - wegen der strengen „Sittenbestimmungen“, die Frauen vieles verbieten, was Männern erlaubt ist.

Die Skepsis von Marlenes Mitspielerinnen ist groß. Geht das überhaupt? Im Iran, diesem strengen Land? Ist die Reise nicht gefährlich? Und muss man dann verschleiert spielen?
Marlene und Ayat reisen in den Iran, um herauszufinden wie die Chancen stehen. Unerwartet sagt ihnen der Sponsor des iranischen Fußballverbandes, Iranoil, Unterstützung zu. Als die iranischen Fußballerinnen davon hören, sind sie begeistert: Endlich, endlich Gegnerinnen für das lang ersehnte Freundschaftsspiel, das erste überhaupt! Doch so einfach geht es dann nicht; Marlenes und Ayats Erkundungsreise ist erst der Anfang vieler Probleme. Monatelang wird das vorgesehene Spiel verschoben, der iranische Geheimdienst macht Probleme. Es wird deutlich, dass die Offiziellen unter der verschärfenten Regierung Ahmadinedschads wenig Interesse, haben ein solches Freundschaftsspiel zuzulassen. Aber es gibt auch Menschen, die helfen. Endlich ist es soweit, und nachdem die letzten Visaprobleme ausgeräumt sind, reist der Kreuzberger Club nach Teheran. Marlene und Ayat werden als Vertreter ihres Vereins von einer offiziellen iranischen Delegation begrüßt, VIP-Managerin und FIFA-Beauftragte (die als Beckenbauer des iranischen Frauenfußballs vorgestellt wird) inklusive. Nur die iranischen Spielerinnen dürfen sie vor dem Spiel nicht treffen.

Der Film zeigt die ganze Bandbreite der iranischen Widersprüche: Ein Land in dem die Rechte der Frauen mit Füßen getreten werden, die sich aber nicht mit der Opferrolle abfinden. Sie sind selbstbewusst und kämpferisch und lassen sich vieles nicht verbieten. Ein Land mit einer unberechenbaren Regierung und Menschen, die vor Sehnsucht nach Kontakten mit der Welt brennen. Football under Cover ist ein toller Film über die Hoffnung auf Veränderung in einem Staat, der seine eigenen Bürger, vor allem aber Bürgerinnen auf unerträgliche Weise bevormundet und eine widersprüchliche Gesellschaft, die viel offener ist als vielen westlichen Beobachtern bewusst ist. Ayat sagt: In Iran ist alles möglich und alles unmöglich.

Schon wieder ein iranischer Fußballfilm auf der Berlinale. 2007 war es „Offside“ von Jafar Panahi, der das Publikum begeisterte und sogar den Großen Preis der Jury gewann. Er handelte von Frauen, die sich als Männer verkleiden, um ins Stadion zu gelangen. Für ihre Leidenschaft, den Fußball, gehen sie das Risiko ein, wegen „unislamischem Verhalten“ bestraft zu werden und führen die Doppelmoral der „Islamischen Republik“ ad absurdum. „Football under Cover“ steht in seinem großartigen Humor ebenso wie in seiner Ernsthaftigkeit, abr auch in seiner gekonnten Dramarturgie der Qualität von „Offside“ in nichts nach. Auch die Kreuzberger Frauenpower-Truppe, nicht zuletzt aus vielen Berliner Musliminnen besteht, hat ihre Mühe mit dem unbequemen Schleier. Es sind zwar nur Frauen im Stadion, aber wegen der Filmaufnahmen ist er auch hier vorgeschrieben. Sie machen das alles mit, weil sie wissen, wie wichtig das Spiel für die Iranerinnen ist; aber nicht zuletzt weil sie neugierig sind und auch ihnen das Spiel viel bedeutet - schließlich kann man nicht jede Woche eine Nationalmannschaft besiegen.

Vor 1000 Zuschauerinnen steigt das Spiel in Teheran. Die Zuschauerinnen feuern ihr Team an. Der Blick in die Menge zeigt selbstbewusste junge Frauen, die in der Halbzeit skandieren: „Wir Frauen haben nur die halben Rechte.“ Und: „Stadionbesuch ist das Recht der Frauen!“ Dann geht es weiter. Auf beiden Seiten stehen gute Technikerinnen, und das Spiel ist so spannend wie der ganze Film: Am Ende steht es 2:2. Aber für die Hoffnung auf einen Iran, eine Welt ohne Diskriminierung erringt dieser Film einen haushoher Sieg.

Kommentare ( 4 )

Go! Iran Go! klingt klasse. Das Land kann positive Propaganda gebrauchen. Und die tollen Leute da (minus die meisten Bart- und Robenträger) auch.

Klingt nach einem sehenswerten Film. Wer hier das Wort Propaganda zu bemühen glaubt, kann ruhig vernachlässigt werden.
Was fehlt, ist vielleicht ein kleiner Hinweis darauf, dass das geplante Rückspiel in Kreuzberg nicht mehr stattgefunden hat. Der ganze Kiez war mobilisiert, und man hatte sich mehrfach am Fußballstadion in der Katzbachstraße verabredet. Erst zwei Tage vor dem Spiel wurde bekannt, dass die iranische Frauenmannschaft keine Ausreiseerlaubnis erhalten hatte...

Ich stelle mir gerade die Frage, ob es in andere islamische Länder auch Frauen-Fußball-Nationalmannschaften gibt. Weiß das jemand?

Ja, das Rückspiel wurde wie das Hinspiel schon mehrfach verschoben. Es soll aber noch statfinden, wie nach der Vorstellung berichtet wurde. Das ist zu hoffen, auch wenn es nach der Veröffentlichung des Films nicht eben leichter werden dürfte...

Ja, Sharam, fast alle islamischen Länder haben inzwischen Frauenfußball. Im Herbst 2005 hat die iranische Mannschaft an einem Turnier in Jordanien teilgenommen, bei dem ausschließlich islamische Länder vertreten waren - wobei die Iranerinnen als einzige mit langen Hosen und Kopftüchern gespielt haben und Vizemeister wurden.

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Titel

Orignaltitel

Football Under Cover

Credits

Regisseur

David Assmann

Ayat Najafi

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Jahr

2007

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