« April 2007 | Main | Juni 2007 »

Mai 2007

Cannes spricht deutsch

Wie kann man über ein Film-Festival an der Côte d’Azur schreiben, wenn man in Bayern festsitzt? Wenn vor dem Fenster nicht Angelina Jolie und Martin Scorsese vorbeiziehen, sondern deutsche Laster auf deutschen Autobahnen? Ich bin ein wenig sprachlos und ganz sicher neidisch, trotzdem aber auch voller Vorfreude, denn irgendwann werden es die vielen Entdeckungen von Cannes ja auch auf deutsche Leinwände schaffen.
Dass die deutschsprachigen Filme dieses Jahr besonders wohlwollend aufgenommen wurden, erfüllt die Abgesandten der deutschen Filmkritik hörbar mit Stolz.

andere_seite_cannes_2007.jpg

Fatih Akins neuer Film „Auf der anderen Seite des Lebens“ aber wird nicht nur von ihnen sondern auch von der internationalen Filmkritik als heißer Kandidat auf die goldene Palme gehandelt. So ist Akin (Jahrgang 73) für die spanische Tageszeitung El pais „la voz de una juventud que necesita una identidad no nacionalista, una juventud que busca sus orígenes pero que detesta las banderas, que en definitiva cree que se puede -y se debe- vivir entre culturas.” (die Stimme einer Jugend, die eine nicht nationalistische Identität braucht, einer Jugend die nach seinen Urprüngen sucht, die Grenzen hasst, die glaubt sie kann – und sollte – zwischen den Kulturen leben“). Nach „Gegen die Wand“ ist „Auf der anderen Seite des Lebens“ der zweite Teil einer Trilogie. Leitthema ist diesmal nicht Liebe sondern der Tod.

Continue reading "Cannes spricht deutsch" »

Cannes kanns!

dies vorweg: ich muss meine Kritik, Cannes sei doch nicht deutlich besser besetzt, als die Berlinale wohl revidieren. Vielleicht lag die Verteidigung unserer Berlinale in dem fast traditionellen Berlinalebashing begründet, das einfach nervt. Wenn es aber stimmt, was man so hört und liest, dann gibt es im Wettbewerb in Cannes in diesem Jahr hoch anspruchsvolle, wirklich politische (nicht welche, die laut Festivalleiter den Anspruch erheben), ungewöhnliche und ästhetisch herausragende Filme – also so ziemlich das Gegenteil von dem, was im Wettbewerb der Berlinale los war...Aber ich will nicht vorgreifen:

Import_Export_seidl_in_cannes.jpg

Als Favorit auf die goldene Palme sehen schon jetzt viele Ulrich Seidel „Import/Export“. Ähnlich wie in seinem beklemmenden, bis zum Ekel gehenden Film „Hundstage“ über einen heißen Sommertag irgendwo in Österreich ist auch sein neuer Film mit Laien gedreht und an Orginalschauplätzen in Österreich und der Ukraine. Diesmal offenbar eine Art negative Globalisierungsgeschichte, die vor allem zwei Charakteren folgt: zum einen Olga, die aus der Ukraine nach Österreich zum Arbeiten geht. In die andere Richtung geht Paul, der mit seinem Stiefvater in der Ukraine Kaugummiautomaten aufstellt. Eine düstere Kommödie, bei der den Kritikern das Lachen im Halse stecken blieb, ....

Continue reading "Cannes kanns!" »

Kann Cann-ES?

Der erste klassische Kalauer wäre mit der Überschrift vollbraucht! Genau wie wir ja die ersten typischen Bilder von schönen Menschen in schulterfreien Kleidern und Smokings, die auf einem roten Teppich mit Palmen im Hintergrund defilieren schon gesehen haben.
Zur Abwechslung eine fette Biene, die von einem Hotel an den Strand schwebt. In dem Kostüm Jerry Seinfeld, der für einen Film wirbt. Nur ein PR Gag, sagen alle, schreiben alle, senden alle. Und weil sie es alle tun hat er ja funktioniert, als schöner Kontrast zu den schicken, schlanken Schönheiten.

Ach ja, die Filme. Bisher ein Eröffnungsfilm, der „im Vergleich zu den auf Festival üblichen Eröffnungsfilmen“ gelungen genannt wird (SZ) Wong Karwais, erster Film in Amerika, eine Art Beziehung goes On The Road Movie. Wong Karwai ging es bisher fast nie um Handlung als viel mehr um Stimmung. Die Frage war, wirkt das auch in Amerika oder nur vor dem Hintergrund von Hongkong?

blueberry_nights.jpg

Wong Karwai zitiert sich offenbar selbst (sagen die einen), er ist sich treu geblieben (sagen die anderen), nur dass er seine Helden auf amerikanischem Territorium leiden lässt. Er benutzen dabei klassische Amerika Ikonographie irgendwo zwischen Hopper und Ford mit seinen eigenen klassischen Figuren: kettenrauchende, melancholische Männern und traurige, wunderschöne Frauen. „My Blueberry Nights“ sei also nichts Neues und nur wieder eine weitere Variation des Bekannten – was, wenn es gelingt, wie ich finde, jedoch auch schön sein kann.
Ich finde den Anspruch, dass Regisseure sich ständig neu erfinden sollen und am besten mit jedem Film eine neue Bildsprache und ein noch nie dagewesenes Thema oder einen noch nie dagewesenen Blick auf ein Thema präsentieren, doch sehr hegeliansch gedacht. Als wenn die Filmgeschichte durch ständigen Fortschritt einem Sinn zustrebe, einem Ende der Geschichte, also einer Art Überfilm / Endfilm, nach dem dann alles gesagt ist.
Worüber die Kritiker enttäuscht sind scheint nämlich nicht der Film selbst zu sein, sondern eher, dass ihre Erwartungen „nach etwas Neuem“ nicht erfüllt wurden. Man hat Wong Karwai immer für seinen unverwechselbaren, wunderbaren Stil gefeiert und genau das sehen wollen. Nun wollen das viele offenbar nicht mehr.

Die Coen Brüder haben einen Film abgeliefert, der....

Continue reading "Kann Cann-ES?" »