Ein Film ist ein Film ist ein Film

NotesOnAScandal_.jpg

"Notes on A Scandal" von Richard Eyre (Wettbewerb a.K.)

Das Tolle an der Berlinale ist die Hysterie, in die alle Beteiligten langsam und unmerklich abgleiten. "Notes on a Scandal" ist ein gutes Beispiel dafür: während der Film auf dem Berlinaleradiosender Radio1 euphorisch bejubelt wurde ("kein Wunder, dass dieser Film außer Konkurrenz läuft, so gut wie der ist, würde er alle Preise auf einmal abräumen. Das Drehbuch ist super, Regie, Kamera und erst die Hauptdarstellerinnen..."), sah der Kollege Filmkritiker von der FAZ (vom 12.2.) im Film die ganze Mittelmäßigkeit und Langeweile der ganzen Berlinale verkörpert. Ein guter Grund, ihn sich anzuschauen.

Aber wie war er wirklich? Um es vorweg zu nehmen: ziemlich mittelmäßig. Klar: Cate Blanchett und Judi Dench sind großartig, aber auch die FAZ hat recht: einige Szenen dieser merkwürdigen Beziehungstragödie sind ziemlich "over-acted" und etwas weniger hätte dem Film bestimmt gut getan.

Zur Story: Cate Blanchett spielt eine Kunstlehrerin, die neu an eine englischen Schule kommt. Judi Dench eine latent lesbische und hochgradig einsame Lehrerin, die auf eine merkwürdig unnahbare Art der neuen Lehrerin verfällt (die ganze Geschichte wird begleitet von ihren herrlich süffisanten und ironischen Off-Texten, den Notizen der alten Lehrerin in ihren Tagebüchern - daher der Titel des Films). Als sie die sexuelle Beziehung zwischen der neuen Kunstlehrerin und einem ihrer minderjährigen Schüler entdeckt, nimmt sie dies als Druckmittel um sich die ersehnte Nähe und zweisame Zeit von ihr zu erpressen, womit ein kleiner Psychokrimi beginnt.

Leider will der Film viel zu viel und macht zu wenig. Da wird die Liebesgeschichte zwischen Lehrerin und Schüler nur skizziert (warum verfällt diese superattraktive Lehrerin, der auch das ganze Kollegium zu Füßen liegt, gerade einem Arbeiterkind, das so alt ist wie ihre Tochter?), bleibt die Sehnsucht der alten Lehrerin nur blass (sie kann so wunderbar eloquent-gehässig sein, dass ihre Naivität an andere Stelle unglaubwürdig erscheint). Da gibt es den unvermeidlichen Konflikt zwischen Upper-Class und Working-Class, die Familie der jungen Lehrerin (pubertierende Tochter, älterer Ehemann und Sohn mit Down-Syndrom) und und und.... Von allem erzählt der Film nur ein wenig, und von keinem genug, trotzdem macht es Spaß ihn anzuschauen: vor allem (aber nicht nur) wegen der Hauptdarstellerinnen, aber auch weil er manchmal herrlich komisch ist.

Und die widersprüchlichen Urteile der Krtikerkollegen? Dass ein netter, aber nicht sonderlich ambitionierter Film so leidenschaftliche Reaktionen hervorrufen kann ist verwunderlich, aber ich finde es persönlich großartig, dass in der sich langsam steigernden Berlinale-Hysterie die vermeintliche Objektivität (gibts sowieso nicht!) flöten gegangen ist und Filme ganz mutig aus dem Bauch heraus beurteilt werden.

Ach ja: Das Lustigste am gestrigen Abend war übrigens der Kinobetreuer im International, der mit wenigen Worten die Abwesenheit von Cate ("hab mit ihr telefoniert - sie muss sich um ihre Kinder kümmern") und Judi ("die hat es sowieso nicht nötig auf Filmfestivals zu kommen") erklärte. Nur mit dem Englisch muss er noch üben: "Der Film ist ausverkauft, bitte lassen sie keine Plätze frei" übersetzte er mit "please don´t leave any seats open" um dann, als das Kino nach seinen Worten irritiert verstummte noch anzufügen. "You can now talk .... äh ..... weiter".

Kommentare ( 1 )

Yes! The Big D is back!

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Titel

Orignaltitel

Notes On a Scandal

Credits

Regisseur

Richard Eyre

Schauspieler

Cate Blanchett

Judi Dench

Bill Nighy

Land

Flagge Vereinigtes KönigreichVereinigtes Königreich

Jahr

2006