Wettbewerb: "Find me guilty" von Sidney Lumet

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Einer für alle und alle für Einen

Nach eine wahren Geschichte. Diese Einblendung gab es bei auffallend vielen Filmen in diesem Jahr. Es ist Lumets dritter Gerichtsfilm in seinem über 50 jährigen Filmeschaffen. Unfassbar, was der Mann alles gemacht hat (Filmographie). Diesmal geht es um einen gigantischen Prozess gegen die Mafia, der mit hunderten Zeugen über zwei Jahre gegen 20 Angeklagte gleichzeitig geführt wurde. Vin Diesel spielt Jackie DiNorscio, der sich als Einziger der Angeklagten selbst verteidigt hat. Jackie ist ein sehr einfacher Typ, der die meiste Zeit seines Leben im Gefängnis verbracht hat, zu Wutausbrüchen und einer unflätigen Sprache neigt - alles Eigenschaften, die vor Gericht nicht unbedingt weiterhelfen. Weil das Ganze ein Gruppenprozess ist, fürchten seine Kumpanen, dass Jackie sie durch seine zunächst hahnebüchene Verteidigungsmethode mit runterzieht. Deshalb steht er bald völlig allein da, von seinen Buddies geschnitten, als Einziger im Knast, von Staatsanwalt und Richter mißtrauisch beäugt. Aber er läßt sich trotzdem nicht unterkriegen.

Ein sehr amerikanischer Stoff, einer gegen Alle, und dazu der vermeintliche Looser, der sich am Ende als die entscheidende Figur herausstellt.

Das ganze in der Tradition aller guter Mafiafilme, weil es wie bei Don Corleone gelingt, einen Verbrecher und Mörder zum Helden zu machen, den man als Zusschauer siegen sehen will, egal was er getan hat. Vin Diesel, der bis jetzt eher in Kloppifilmen einen Namen gemacht hat, spielt diesen schlichten, aber herzlichen Typen grandios. Dieser Jackie stellt Ehre und Anstand über alles. Das bedeutet für ein Mafiamitglied nie einen verpfeifen und immer zu erst an die Familie denken. Der Rest der Welt kann ihm gestohlen bleiben. Solange die Jungs, seine Frau und Kinder ihn lieben und achten.

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Vin Diesel

Wie Lumet auf der Pressekonferenz sagte, war er überrascht, die Einladung zur Berlinale bekommen zu haben, weil er seinen Film nicht für einen Festivalfilm hält: "It is not boring!", meinte er.

Ja, es ist ein ganz einfacher, klassischer, gerade erzählter Stoff ohne Mätzchen. Ein Gerichtsfilm mit 12 Geschworenen, einem ehrgeizigen Staatsanwalt, einem harten aber fairen Richter, all den emotionalen Plädoryes, vermeintlichen Rückschlägen, den Verschwörungen hinter den Kullissen und einem Täter, dem man das Beste wünscht.

Das Ende dieser sehr amerikanischen Geschichte ist mir dann aber zu amerikanisch geraten. Alle werden freigesprochen (das ist noch Faktenlage und geht in Ordnung), aber nun müssen natürlich alle Jackie feiern und jubeln, er wird wieder aufgenommen in die Gemeinschaft der Mobster. Und als er wieder ins Gefängnis kommmt an dem Tag, jubelt der ganze Zellenblock. Aber gut, der Film will ja in Amerika Kasse machen und da gehört die letzte Einstellung im Kreis der Familie oder eine jubelnde Menge, nachdem das Abenteuer überstanden ist, einfach dazu.

Kommentare ( 2 )

Ich höre zwar gerne den Italo-Brooklyn-NJ Akzent, aber ein ganzer langer Film voll mit American Mafia Stereotypen... Klar war er sehr amüsant, es mussten alle über die Bauernschläue vom vorlauten Jackie lachen. Irgendwie musste ich aber auch über diese Parade an Nebenrollenmafiosi schmunzeln. Sie haben hier wirklich alle, die je in diesem Genre mitgewirkt haben, zu diesem Klassentreffen herausgeholt. Als würde der eine Türsteher aus Der Pate I mit dem Schläger aus Good Fellas Hände schütteln, der Barmann aus Casino und ein Fahrer aus The Sopranos nicken sich anerkennend zu.
Der schale Nachgeschmack ist wirklich, dass alle frei kommen - weil man ihnen weder die Mafiastruktur nachweisen kann noch diese "kleinen Nebensächlichkeiten" wie Drogenhandel, Erspressung, Schmuggel und Mord nachweisen kann.
Das Ende sind aber nicht nur die Verbrecher, die mit ihrer Familie im Arm in die Freiheit spazieren, sondern der naive, einfältige Jackie, der sich für die Prinzipien Loyalität aufopfert - und den anderen nachsehen muss, wie sie wegspazieren, bevor er mit Hand- und Fussschellen in den Polizeiwagen steigt.

Und wäre das das Ende gewesen: Jackie steigt in Ketten in den Wagen und fährt zurück in den Knast, dann wäre es gut gewesen, hätte die Ambivalenz seines Sieges gezeigt. Aber nein; Da müssen sie unbedingt noch dieses oben beschriebene Jubelende einfügen. Das wäre überhaupt mal eine Kolumne wert, versemmelte Filmenden: Ich fallen zwei der größten Katastrophen der letzen Jahre ein Titanic, Gladiator...(Fortsetung folgt)

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Titel

Orignaltitel

Find Me Guilty

Credits

Regisseur

Sidney Lumet

Schauspieler

Vin Diesel

Peter Dinklage

Linus Roache

Annabella Sciorra

Ron Silver

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2005

Dauer

125 min.

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