Ein Aussie-Western. Das klingt erst Mal seltsam. Wenn man dann noch erfährt, dass das Drehbuch von Nick Cave stammt, erwartet man etwas ganz Düsteres. Das ist "The Proposition" auch, aber düster im gleißenden Sonnenlicht. Brutal, heiß, laut, voller Blut, Fliegen, kaputten Zähnen und Dreck, ganz viel Dreck. Das sind die Bilder. Bei den Landschaftsaufnahmen, der flimmernden Hitze und totalen Leere, da erhebt sich ganz leise die Stimme von Nick Cave im Hintergrund, der auch die Filmmusik gemacht hat (natürlich!). Das ist einfach grandios. Wer Dead Man, auch Apokalypse Now und dazu ein bischen Antiwestern a la Peckinpah mag, der MUSS hier rein. Allerdings sollte der- oder diejenige auch Blut sehen können: davon gibt's ordentlich, inklusive zerschossener Schädel und zerschlagener Gesichter...
Die Gewalt in "The Propositon" ist direkt und authentisch, nicht nur eine Marotte wie bei Tarrantino: Wie Nick Cave sagte: "To build an Empire (in diesem Fall das Britische) you have to step on people." Das haben sie auch im Film umgesetzen wollen.
Apocalypse Now kam mir in den Sinn, weil es um die Suche nach einem Mann geht, der sich irgendwo mitten in der Wüste versteckt, nachdem er einige grausame Verbrechen begangen hat. Er wird von den Aborighines und den Weißen gefürchtet, man sagt ihm magische Kräfte nach, niemand traut sich ihm zu nahe zu kommen. Deshalb wird sein Bruder Charley (großartig: Guy Pearce aus "Memento") geschickt, während man den jüngeren Bruder Mickey einbuchtet. Captain Stanley lässt Charley 5 Tage, bis zum Weihnachtstag, Zeit seinen älteren Bruder, den irr gewordenen Arthur (Danny Houston) zu erledigen.
Der eine Teil der Story dreht sich nun um die zwei ungleichen Brüder Charley und Arthur, um Rache und Schuld - ganz alttestamentarische Themen, die auch in biblischer Weise, Auge um Auge gelöst werden in diesem Wild-West Australien.
Der zweite Erzähltrang handelt von Captain Stanley (Ray Winstone), der den Deal mit Charly gemacht hat und die Polizei in einem kleinen Ort befehligt, sowie seiner Frau Martha (Emily Watson), eine sehr blasse Engländerin, die auf Gedeih und Verderb englische Sitten und Nobelesse auch im Outback aufrecht erhalten will: Teatime, wallende Samtkleider und das ganze englische Kollonialunderstatement.
Als der Mob verlangt, dass gegen die Abmachung von Captain Stanley mit Charley die Geisel noch vor Weihnachten totgepeitscht werden soll, zieht Captain Stanley sich auf sein Anwesen zurück und wartet auf die Rache des großen Bruders...
Es ist sicher eine leichtere Aufgabe einen australischen Western statt einen Amerikanischen zu schreiben, weil man sich dann mit der ganzen amerikanischen Wild-West Mythologie nicht auseinander setzen muss. Nick Cave brauchte auch nur 3 Wochen ("The easiest gig I ever had.", wie er meinte), danach hat es nochmals 3 Jahre bis zur Fertigstellung gedauert. Die Filmarbeiten fanden unter schwierigsten Bedingungen im Sommer in Queensland statt, bis zu 55 Grad Hitze, Staub, kein Schatten, Millionen Fliegen, die auch im Film immer und überall sind, was aber offenbar dazu geführt hat, dass die Schauspieler ganz nah dran waren an dem Gefühl, in einer bitteren, brutalen Zeit ohne jeglichen Luxus zu leben. Eine Zeit, in der jede Auseinandersetzung zu einem exsitenziellen Kampf Gut gegen Böse wurde. Nur dass am Ende des Kampfes niemand mehr sagen kann, wer denn der Gute und wer der Böse ist, und ob der Sieg überhaupt ein solcher ist.
"The Propositon": Hart, heiß und dreckig, mit sirrender Musik - damn good.
Kommentare ( 3 )
klingt ziemlich cool!
Posted by rene | 14.02.06 00:35
ja, gut beschrieben. und wirklich nichts für zarte gemüter. eine kleine geschichte, super besetzt.
Posted by Anonym | 14.02.06 11:02
O-Ton des Schauspielers Charly Hübner zum Film: endlich mal jemand, der meine Gewaltphantasien bebildert.
Posted by jens | 14.02.06 15:32