Berlinale 2024: BLACK TEA von Abderrahmane Sissako

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© Olivier Marceny / Cinéfrance Studios / Archipel 35 / Dune Vision

Die Braut sagt „nein“: Aya, eine junge Frau aus der Republik Côte d’Ivoire, lässt am Altar ihren zukünftigen Mann und ihr bisherigen Leben hinter sich und wandert nach China aus. Cut. Aya lebt in einem quirligen Stadtviertel von Guangzhou, das wegen seiner großen afrikanischen Community „Chocolate City“ genannt wird. Sie arbeitet in einem kleinen Teeladen. Cai (!), der chinesische Besitzer des Ladens, teilt mehr mit Aya als die Liebe zum Tee. Doch nicht nur Aya hat eine komplizierte Vergangenheit – BLACK TEA von Abderrahmane Sissako ist eine Mischung aus Liebesfilm, Märchen und Selbstfindungsgeschichte. Mit der „Chocolate City“ kreiert er einen nahezu utopisch anmutenden Raum, der erwartbare Barrieren zwischen Menschen und Kulturen in Frage stellt. Leider kommt man sich als Zuschauer über weite Strecken hinweg wie in einer mittelmäßigen Seifenoper vor.

Sissako, 1961 in Mauretanien geboren und aufgewachsen in Mali, studierte von 1983 bis 1989 an der staatlichen Filmhochschule in Moskau und lebt seit den 1990er Jahren in Frankreich. Zuletzt hatte er mit Timbuktu (2014) einen riesigen Erfolg als Regisseur. In seinem Filmen spielen Globalisierung, Exil und, in Timbuktu, der stärker werdende Islamismus im subsaharischen Afrika, eine zentrale Rolle – mit genauem Blick auf das, was diese „großen Themen“ mit den davon betroffenen Menschen machen.

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© Olivier Marceny / Cinéfrance Studios / Archipel 35 / Dune Vision

BLACK TEA schaut auf das Thema Migration in unserer heutigen, globalisierten Welt. Aya nutzt die Möglichkeit, ein neues Leben in China zu beginnen, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Bräutigam sie am Tag vor der Hochzeit betrogen hat. Sie ist neugierig auf die chinesische Kultur und fühlt sich zu Cai, einem stillen und sanften Mann, hingezogen. Während er ihr die Geheimnisse der traditionellen Teezubereitung beibringt, kommen sie sich näher. Doch auch Cai hat seine Schattenseiten. Kann er die persönlichen Versäumnisse aus seiner Vergangenheit wieder gut machen? Und wird er tatsächlich zu Aya stehen?

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© Olivier Marceny / Cinéfrance Studios / Archipel 35 / Dune Vision

Ja, das hört sich ein wenig an, wie ein Groschenroman, und so ist der Film teilweise auch inszeniert. Die „heile Welt“ des kleinen Viertels ist allzu putzig, die Liebesgeschichte allzu schmalzig. Das kann man Nina Mélo als Aya und Chang Han als Cai nicht vorwerfen, sie machen das Beste aus ihren Rollen. Verschiedene Nebenfiguren, die die Geschichte bereichern, agieren jedoch zum Teil etwas hölzern. Hier und da wird auch die Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe gestellt: Auch wenn im Zeitalter der Globalisierung Menschen gezwungen sind, sehr schnell neue Sprachen zu lernen, ist es doch erstaunlich, wie schnell sämtliche Migranten in „Chocolate City“ fließend chinesisch sprechen. Sprachbarrieren gibt es nicht. Rassismus wird lange ausgeblendet und kehrt dann, fast als ob er vorher vergessen worden wäre, in die Geschichte zurück.

BLACK TEA stellt Grenzen in Frage, das ist seine Stärke. An mehreren Stellen löst der Film auch die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit auf, aber auf eine Art, die sich nicht immer erschließt und fast so wirkt, als ob erst im Nachhinein klar geworden wäre, wie der Plot nun eigentlich aussehen soll. Und auch das Ende ist – gelinde gesagt – rätselhaft. Man hätte dem Film, der spannende Fragen aufwirft und interessante Figuren erfindet, gewünscht, dass er besser funktioniert. Leider tut er das – aus meiner Sicht – nicht.

Worum geht's?

Eine Frau beginnt in der Fremde ein neues Leben und sucht die wahre Liebe.

Für Fans von...

...Kultur-Mix-Geschichten, die keine Angst vor Schmonzetten und seltsamen Volten im Plot haben.

Lieblingsmoment

Alle Szenen im Friseursalon.

Besonders gut gefallen hat mir

Der Blick auf den kleinen Kosmos der „Chocolate City“

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Titel

Orignaltitel

Black Tea

Credits

Regisseur

Abderrahmane Sissako

Land

Flagge FrankreichFrankreich

Flagge LuxemburgLuxemburg

Flagge MauretanienMauretanien

Jahr

2024

Dauer

111 min.

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