Berlinale 2004

Bei den 54. Internationalen Filmfestspielen in Berlin sieht es lange Zeit so aus, als ob die Ausbeute im Wettbewerb mager ausfallen wird: zu viele peinliche Streifen, zu viele belanglose Filme, zu viel Achselzucken und Ratlosigkeit. Doch ein paar richtig gute Filme sind auch darunter – und die Jury unter dem Vorsitz von Frances McDormand beweist ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Preise.

Riesenfreude: Der Goldene Bär für Fatih Akins wuchtiges Drama GEGEN DIE WAND bedeutet den internationalen Durchbruch des deutschtürkischen Regisseurs. In seinen eigenen Worten: "Ich war ein Leben lang eine Raupe - auf einmal bin ich ein Schmetterling". Akin hat seit KURZ UND SCHMERZLOSS über AUF DER ANDEREN SEITE bis hin zu SOUL KITCHEN gezeigt, dass er seine Geschichten in ganz unterschiedlichen Tonlagen unverwechselbar kaftvoll erzählen kann.

Großes Lob und Preise heimst auch EL ABRAZO PARTIDO des Argentiniers Daniel Burman ein – völlig zu Recht. Der Gewinner des Silbernen Bären für den Besten Film erzählt von einer Handvoll Menschen, die in einem heruntergekommenen Einkaufszentrum in Buenos Aires an ihrem Leben herumwerkeln. Brüchige Identitäten, Verlust und die Sehnsucht nach einem Lebensinhalt stehen im Zentrum dieses Films, der nie ins Betuliche abrutscht, sondern das Leben mit Gespür für Rhythmus und Tempo auf die Leinwand bannt. Hauptdarsteller Daniel Hendler bekommt einen Silbernen Bären.

Klar ist auch, dass die Südafrikanerin Charlize Theron für ihren atemberaubenden Auftritt in MONSTER den Silbernen Bären verdient hat. Dass ein zweiter Silberner Bär an die Kolumbianerin Catalina Sandino Moreno für ihre Rolle in „Maria, llena eres de gracia“ geht, ist wohl eher der politischen Relevanz dieses Drogenschmugglerfilms geschuldet.

Um ein künstlerisches Eltern-Kind-Paar geht es in Mario Van Peebles HOW TO GET THE MAN’S FOOT OUTTA YOUR ASS: der afroamerikanische Filmemacher hat sich an die Dokumentation eines Meilensteins der schwarzamerikanischen Filmgeschichte gemacht: der Entstehung des Independent-Films SWEET SWEETBACK’S BAADASSSSS SONG, den sein Vater Melvin Van Peebles 1971 unter den widrigsten Bedingungen gedreht hat. Während Melvin Van Peebles Film in der Retrospektive zu sehen ist, läuft das „Making of“ im Panorama. Familiensache ist Ehrensache.

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