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Juli 2018

Filmfest München: JANE FONDA IN FIVE ACTS von Susan Lacy

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Täglich laufen auf irgendeinem Sender Schauspieler-Dokus. Oft werden Filmzitate lieblos mit Interviews zusammengeschnitten. Meine Erwartungen an die HBO Dokumentation über Jane Fonda sind also nicht hoch. Doch dann werden sie bei weitem übertroffen.

Mit großer Offenheit beleuchten Regisseurin Susan Lacy und Jane Fonda herself das Leben von Jane Fonda. Dabei werden die dunklen Ecken nicht ausgelassen. Das ist ergreifend und spannend zugleich. Fonda hat über viele Jahrzehnte Zeitgeschichte mitgeschrieben.

1968 dreht sie BARBERELLA. Kurz darauf wird sie zur politischen Aktivistin. Im Vietnamkrieg protestiert sie öffentlichkeitswirksam gegen die Politik von Robert Nixon. Ende der 70ger macht sie mit ihren Videos Aerobic populär. JANE FONDA'S WORKOUT wird zur meist verkauften VHS Kassette aller Zeiten. Anfang der 90er trennt sie sich vom Bürgerrechtsaktiviten Tom Hayden und heiratet CNN Gründer Ted Turner, ...

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Allein die Aneinanderreihung der Ereignisse macht einen sprachlos. Doch etwas anderes macht JANE FONDA IN FIVE ACTS besonders wertvoll. Lacy und Fonda stellen die Zusammenhänge her. So entsteht ein Psychogramm über den Menschen Jane Fonda und eine einfühlsame Reflektion, wie Familiengeschichte uns zu dem macht, wer wir sind.

Filmfest München: IT MUST SCHWING - THE BLUE NOTE STORY von Eric Friedler

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Jazz hält jung. Das bewies auf dem Filmfest München Jazz-Sängerin Sheila Jordan. Sie war aus New York zur Premiere des Jazz Dokumentarfilms IT MUST SCHWING angereist. Die spontane Gesangseinlage der 89-jährigen Sängerin war beeindruckend.

Die weite Anreise von Jordan ist eine Verneigung vor den Gründern des Jazz-Labels Blue Note Records: Frank Wolf und Alfred Lion. Beiden ist der Film gewidmet. Jazz Größen wie Herbie Hancock, Sonny Rollins und Quincy Jones erzählen aus den Gründungsjahren von Blue Note. Aus allen spricht Bewunderung und Dankbarkeit. Mit viel Herz und Idealismus haben Lion und Wolf Jazz-Musiker in ihre Obhut genommen und mit Ihnen Meilensteine der Jazzmusik veröffentlicht.

Die Interviews werden durch Trick-Animationen verbunden. Anschaulich untermalen sie biographische Stationen der beiden Label-Gründer: von der Emigration aus Deutschland in den 30ern, über die ersten entbehrungsreichen Jahre in den USA bis zu den die nächtlichen Aufnahmen im Haus des legendären Tontechnikers Rudy Van Gelder in New Jersey.

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Nicht immer bleibt die Kontinuität der Erzählung gewahrt. Manchmal verliert man beim Sprung durch die Jahre den Überblick. Insgesamt ist der Film aber sehr sehenswert und das nicht nur für Jazz Fans. Er zeigt, wie aus inniger Liebe zur Musik große Kunst wird. Das ist nicht nur ungewöhnlich, sondern auch sehr ermutigend.

Filmfest München: WACKERSDORF von Oliver Haffner

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Sommer in München. Ein Fest, auch für den deutschen Film. Wackersdorf hat die 80er Jahre in der BRD stark geprägt. Der gleichnamige Film fasst das Phänomen gekonnt in zwei Stunden zusammen. Oliver Haffner entwickelt eine dramaturgisch geschlossene Geschichte rund um den Landrat Schuierer. Dieser hatte sich damals gegen die bayerische Strauß-Regierung gestellt.

Zur Seite steht Haffner ein herausragendes Schauspielerensemble. In der Hauptrolle brilliert Johannes Zeiler. Aber auch die anderen Rollen sind fantastisch besetzt. Nebenfiguren erwachen zum Leben, wirken durchgezeichnet. Eine Qualität, die heutzutage vielen Kinofilmen abgeht.

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WACKERSDORF ist oberpfälzisch unaufgeregt und doch emotional mitreißend. Zuschauer, die den Protest direkt oder indirekt mitbekommen haben, werden eine Gänsehaut bekommen. Der Film ist außerdem hochaktuell, fast ein politisches Statement. Wackersdorf hat großen Anteil am deutschen Atomausstieg. Die Bürgerrechtsbewegung steht wie kaum eine andere in Deutschland für Zivilcourage und Zivilgesellschaft.

Auf der anderen Seite zeigt der Film eine bayerische Landespolitik, die mit Unnachgiebigkeit und Gewalt zweifelhafte Politik umsetzt. Die Ergebnisse stehen für sich. Wer mag, kann bald daraus seine Schlüsse ziehen.