Der Sohn des Rabbis im japanischen Fischerdorf

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Berlinale, Tag drei. In der S-Bahn auf dem Weg zum Festivalgelände klage ich meinem Berlinale-Freund mein Leid: zu viele Filme, zu wenig Zeit! In ungebremstem Redefluss zähle ich die cineastischen Preziosen auf, die ich eigentlich alle an dem Tag anschauen möchte. Gemeinerweise überschneiden sich die Vorführzeiten. Wie soll man sich entscheiden zwischen einem Wettbewerbsfilm mit Hunden, einem Stummfilm aus den 1920er Jahren, in dem der Sohn des Rabbi einer Schauspielerkarriere wegen aus dem Schtetl flieht, einer Schwarzweiß-Doku über ein abgelegenes japanisches Fischerdorf, und der Geschichte einer aufmüpfigen Abitur-Klasse, die sich 1956 in der DDR mit dem Ungarnaufstand solidarisiert…? Ach herrje! Ich hole tief Luft, seufze, schaue meinen Berlinale-Freund an, der mir doch bitteschön aus diesem Dilemma heraushelfen möge.

Mein Berlinale-Freund hingegen, offensichtlich noch nicht ganz wach und vielleicht sogar in passivem Widerstand gegen meinen morgendlichen Informations-Überfluss, sieht mich verständnislos an und stellt die entscheidende Gegenfrage: „Verstehe ich nicht. Was macht denn der Sohn der Rabbis in dem japanischen Fischerdorf?“
Hinweis angekommen. Alles klar. Weniger ist hier mehr. Obwohl es ein interessanter Beitrag zur oft geforderten Entschlackung des Berlinale Programms wäre, würde man einfach verschiedene Filme in einen zusammenpacken.

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