Wenn ausgerechnet der frisch gebackene Präsident des Berliner Sittlichkeitsvereins ein verrufenes Nachtlokal erbt, dann geht es hoch her! Dem Abgeordneten Bellmann passiert just an seinem Hochzeitstag genau dies. In Reinhold Schünzels und Alfred Schirokauers wunderbarer Stummfilm-Komödie DER HIMMEL AUF ERDEN (1927) zeigt das Weimarer Kino auf der Berlinale Screwball-Kunst in höchster Qualität. Bei all den Irrungen und Verwirrungen bleibt kein Auge trocken. Der überschäumende Witz und die unbändige Energie dieses Films, seine feine Situationskomik und großartige Figurenzeichnung, der Sinn fürs perfekte Timing und viele herrlich verrückte Regie-Einfälle machen DER HIMMEL AUF ERDEN zu einem echten Genuss. Schünzel, der sowohl im Filmgeschäft als auch auf der Bühne versiert war, spielt dabei die Hauptrolle gleich selbst. Und zeigt, Jahrzehnte vor Billy Wilder, wie man eine falsche Fummeltrine effektiv in einer Komödie einsetzt.
Der Film bietet – für uns späte Zuschauer – faszinierende Einblicke in das swingende Berliner Nachtleben der 1920er Jahre und entlarvt dabei auch gleich die strengen Sitten- und Moralwächter jener Zeit als Scheinheilige. Damit ist er natürlich ein direkter Angriff auf die Verabschiedung der sogenannten Schmutz- und Schundgesetze von 1926. In DER HIMMEL AUF ERDEN sitzen die im Parlament am lautesten krakeelenden Sittenwächter mit lüsternem Blick an den hinteren Tischen der einschlägigen Etablissements – natürlich nur zu „Studienzwecken“. In einer Art Nummernrevue treten im Film afroamerikanische Swing-Combos, falsche englische Mädchenpensionate und dressierte Affen auf - und rauben dem armen Bellmann allesamt den letzten Nerv. Doch gottseidank sind wir hier in der Welt der Komödie, und am Ende wird sowohl die verhinderte Hochzeitsnacht nachgeholt als auch der Haussegen und der Ruf des Herrn Abgeordneten gerettet. Und vor allem wird: weitergefeiert!
Tipp: Bei der Berlinale wird der Film mit Live-Musik auf dem Klavier begleitet.
Fotos Quelle: Deutsche Kinemathek