Starke Frau, harte Welt
Was von diesem Film definitiv bleiben wird, ist das Gesicht von Félicité. Beziehungsweise die beiden Gesichter dieser Frau: das eine leer, desillusioniert, die Augen unglaublich hart. Das andere offen, fröhlich, voller Kraft und Leben. In Alain Gomis FÉLICITÉ kommen wir das zweite, das lebensbejahende Gesicht nur zu sehen, wenn Félicité singt. In einer Spelunke in Kinshasa ist sie mit ihrer rauen, kraftvollen Stimme und den mitreißenden Rhythmen die Königin der Nacht. Tagsüber kämpft sie ganz banal ums Überleben in einer knallharten Gesellschaft, die ihr nichts schenkt, und sonst auch keinem.
Kaputter Kühlschrank und schwerverletzter Sohn im Krankenhaus, der dringend eine Operation benötigt. Das sind die beiden ganz konkreten Probleme, die Félicité zu lösen hat. Für beides braucht sie Geld, mehr, als sie hat. Und nun beginnt eine Odyssee durch die kongolesische Hauptstadt, bei der die Hauptfigur ihren Stolz schlucken muss (was sie ohne weiteres tut), bei der sie sich allerhand anhören muss über ihre angebliche Hochmütigkeit (wozu sie schweigt) und wo sie bei jeder Gelegenheit übers Ohr gehauen wird (was sie nicht wirklich zu erstaunen scheint). Ein Nachbar, der ihr schon lange nachstellt, wird zum unerwarteten Verbündeten in dieser extremen Situation.
Wirklich gelungen ist an diesem Film zweierlei: die Präsenz der Hauptfigur und die Unmittelbarkeit, mit der man ein Gefühl für die Stimmung und den Pulsschlag von Kinshasa vermittelt bekommt. Die Nebenfiguren sind jedoch allzu holzschnittartig gezeichnet, der Plot ist abwechselnd allzu vorhersehbar (die Jagd nach dem Geld) oder seltsam unglaubwürdig (die Annäherung an den Nachbarn), die Dialoge wirken mitunter sehr bemüht. Dadurch verschenkt FÉLICITÉ viel von der Intensität, die durch die Hauptfigur und die stark spürbare Stimmung im Film aufgebaut wird.